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Sonnenallee. Dann konnte es keine zehn Minuten mehr dauern, bis sie bei mir waren. Verdammte Scheiße. Eigentlich hatte ich ziemlich Lust darauf, mit Fede zu frühstücken, aber na ja, das musste jetzt warten.

»Alles gut?«, fragte Fede angesichts meines angespannten Blicks, als ich genervt mein Handy zurück in die Hosentasche steckte. Nochmal an der Kippe zog und sie dann im Aschenbecher ausdrückte. Das war der einzige Vorteil von Tommys Existenz: Dass er im Gegensatz zu meiner Alten so dekadent war und statt benutzten Joghurtbechern tatsächlich Aschenbecher verwandte.

Ich nickte. »Nur Arbeit, dies, das«, meinte ich dann und stand auf. »Ich muss los.«

»Ich komm noch kurz zur Tür mit.«

Bei Fedes Vorschlag schaffte ich es nicht, mein Lächeln zu verbergen. Fand ich irgendwie verdammt süß, wie er extra mit mir mitkommen wollte. Von Lexie verabschiedete ich mich mit einem Nicken, sie mit: »Lass dich nicht killen, Bruderherz.«

Im Flur schlüpfte ich in meine schmutzigen schwarzroten Sneakers und band sie im Gegensatz zu sonst etwas enger zu. Klang alles so, als könnte das vonnöten sein. In meiner Hosentasche fühlte ich neben meinen Kippen das Gewicht von meinem Messer. Alles dabei, was wichtig war.

Die bevorstehende Konfrontation war jedoch nicht das einzige, das mein Herz schneller schlagen ließ. Da war auch Fede, der nur ein paar Zentimeter von mir entfernt stand und der so gut roch. So männlich. Fede, mit dem ich die ganze Nacht gekuschelt hatte.

»Also dann, wir sehen uns.« Aus Gewohnheit streckte ich ihm die Hand hin.

»Keine Umarmung?«

»Will doch nicht 'nem Kerl so nahe kommen.« Auf meinen Lippen tauchte ein Grinsen auf, ehe ich meine Arme für ihn öffnete.

»Dafür hattest du deinen Schwanz echt tief in meinem Mund.« Grinsend schloss er seine Arme um mich. »Pass auf dich auf«, murmelte er an meiner Schulter und in meinem Inneren tauchte so viel Wärme auf, dass ich am liebsten kotzen würde. Alter. Ich wollte das nicht. Nicht das mit uns so schön finden, denn das raubte nur wertvolle Zeit. Und doch war es das. Es bedeutete mir viel, wie er sich Sorgen machte. »Im Knast werd ich dich nämlich nicht besuchen«, setzte er hinzu.

Er entlockte mir ein Lachen. »Arschloch«, murmelte ich und griff bestimmt an sein Kinn, zog seinen Kopf zu mir. Gab ihm einen kurzen, aber innigen Kuss. Hektisch, weil ich jetzt echt los musste und es doch verdammt schön war, seine Lippen auf meinen zu fühlen.


Kaum, dass ich unten auf die Straße trat, ging alles ganz schnell. Der fette Geländewagen mit den dunkelgetönten Scheiben fuhr vor, ich stieg ein. Türenschlagen, Moussa ging aufs Gas. Auf der Beifahrerseite saß ein Kerl, dessen Fettmasse sogar die von Tarek übertrumpfen könnte. Mit hoher Geschwindigkeit rasten wir aus unserer Siedlung raus, die nächste Hauptstraße runter. Moussa auf der linken Spur, drängte die Autos vor ihm weg, wenn das nicht ging, überholte er rechts.

»Was'n eigentlich los?«, hakte ich nach und legte eine Hand auf der Sitzlehne vor mir ab. Saß breitbeinig und klang so, als würde mich die ganze Scheiße nicht jucken. Tat sie ja auch nicht. War halt nervig, weil sie mich um mein Frühstück gebracht hatte, ansonsten aber ganz praktisch. Ne weitere Chance, mich zu beweisen und so. »Fühlse GTA bisschen zu sehr, oder was?« Ich lachte herablassend.

Im Rückspiegel konnte ich sehen, wie er genervt die Augen verdrehte. Ein Grinsen konnte ich mir da nicht verkneifen. War schon unterhaltend, anderen auf den Sack zu gehen.

»Ich weiß nur, dass Aljoscha heute Morgen von ein paar Typen aufs Maul gekriegt hat, als er wie immer auf der Hasenheide stand. Wir haben die ausfindig gemacht und jetzt kassieren die. Das wars«, klärte mich Moussa auf und drückte die Bremse, weil vor ihm zwei langsame Autos die beiden Spuren belegten. Im Gegensatz zu den Fahrten mit Tarek musste man nicht mit einem Zusammenstoß rechnen.

Die Verlierer - Sklaven des ErfolgsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt