Kapitel 16

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Der Atem der junge Frau ging schnell.
Sie musste sich beeilen.
Der dunkler Mantel verschmolz förmlich mit der Dunkelheit, doch eigentlich passte sie nicht hinein.
Nicht in diese grausame Welt und besonders nicht in diesen kalten Keller.
Die Schatten machten ihr Angst.
All die bleichen Gestalten, die gegen ihre Türen lehnten und alles tun würden, um ihren Platz einzunehmen.
Und ja, sie hätte mit ihnen getauscht.
Um jeden Preis der Welt.

Endlich war sie angekommen.
Zelle 6.
Als das Licht einer Neonlampe auf ihr schmales Gesicht fiel, erkannte sie der Insasse.

"Endlich." Sein Grinsen war eiskalt.
"Das wird ja auch Zeit."

Die nächsten Tage erschienen wie in Nebel gehüllt.
Ich lag in meinem Bett, erduldete Grahams Berührungen und starrte an die Wand.
Ich starrte viel an die Wand.

Erst als Graham mich plötzlich hochhob und aus dem Hotel trug, wachte ich langsam aus meinen Tagträumen auf.
Ich wollte mich wehren.
Am liebsten hätte ich ihn sofort getötet, doch irgendwann wurde mir klar, dass ich Geduld haben musste.
Ich hatte Ivan etwas versprochen.
Also ließ ich mich schweigend weiter transportieren.

Wir fuhren nicht weit, irgendwo in einen Vorort der Stadt.
Bäume umringten eine großzügige Villa.
Es wirkte wie der Ort, an dem die Stars ihre vier und halb Kinder und einen Wurf Chihuahuawelpen großzogen.

Als der Wagen zum Stehen kam, stieg Graham aus, trug mich kommentarlos in das Hausinnere und legte mich auf das Bett.
Dieses Mal hatte ich keinen Blick mehr für die Einrichtung und ließ meinen Blick nur halbherzig über die alten Holzvertäfelungen gleiten.
Vermutlich würden wir wieder umziehen.

Ich kam mir vor wie eine Gejagte, eine Namenslose, getrieben von einem Krieg, denn ich noch immer noch nicht verstand.

Dieser Krieg hatte Ivan das Leben gekostet und er würde noch unzählige weitere Menschen töten.
Ivan war nicht mal erwachsen gewesen.
Er hatte mich nur retten wollen.

Meine Hände begannen wieder zu zittern und Übelkeit stieg in mir auf.
Es war so unwirklich und ein Teil von mir wollte immer noch glauben, dass Ivan lebte.
Fast wäre mir der Gedankenstrom wieder entglitten, doch ich fing mich.
Ich hatte eine Aufgabe.
Zwar schwankte ich etwas, als ich von meinem Himmelbett aufstand, doch das Lächeln in meinem Gesicht sprach Bände.

"Graham?", rief ich und klopfte gegen die Tür.
"Wo sind wir hier?"

Wartend legte ich mein Ohr gegen die Holztür.
Schritte von draußen.
Kurz bevor Graham die Tür öffnete, sprang ich zurück und ließ mich auf dem Bett nieder.

"Freut mich, dass es dir besser geht", begrüßte er mich, doch an seinem Gesicht erkannte ich, dass er in Gedanken nicht bei mir war.

"Das hier ist unser neues Quartier. Ein Rudel hat-" Graham ließ sich auf meinem Bett nieder und zwinkerte mir zu.
"Nun, nach den vielen Kämpfen hielt es der Alpha für klüger, Abstand zu uns zu halten."
Ich versuchte verständnisvoll zu nicken und jeglichen Wiederstand im Keim zu unterdrücken.

"Hier werden wir die nächsten Jahre leben." Graham lächelte mir zu und zog mich an einer Hand zu sich.
"Ich liebe dich."

Statt Wärme fühlte ich nur Ekel in mir aufsteigen, doch ich erduldete den stürmischen Kuss, der folgte.

Auch Graham schien nicht bei der Sache zu sein.
Als sein Handy klingelte, verließ er kommentarlos den Raum.

Wenigstens hatte er dieses Mal nicht abgeschlossen, doch ich wollte etwas warten, um meine Erkundengstouren nicht auffallen zu lassen.

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