Kapitel 10

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•Gwendolyns Sicht•
Heute würde Leslie endlich wieder zur Schule kommen. Aufgeregt wartete ich mit Gideon und Raphael vor dem Schultor auf Leslie. „Da scheint sich aber jemand zu freuen", neckte mich Gideon und ich boxte ihm lachend in die Schulter. „Uuh, Stress im Paradies", lief Gordon vorbei und versuchte uns zu provozieren. „Halt die Klappe Gordon, nur weil du keine abbekommst", sagte ich und er schaute mich überrascht an. Ja, seit ich mit Gideon zusammen war, war ich auch in der Schule viel aufgeschlossener und sprach auch mehr mit meinen Mitschülern. Die meisten haben mich erst verwundert angesehen, sich aber schnell daran gewöhnt. Nur Gordon verstand anscheinend noch nicht ganz, dass ich mich nun auch ganz gut selber wehren konnte. Leider hat sich Gordon schnell wieder gefangen und sagte: „Ah, da ist ja Leslie. Hats dir in Amerika gefallen? Ich habe gehört, du seist in den Ferien gewesen und der Schule hast du angegeben, dass du Krebs hast." Ich erstarrte, das hatte er jetzt nicht gerade ernsthaft gesagt. Auch Leslie war in Schockstarre und ich konnte sehen, dass ihr die Tränen zuoberst standen. Und Leslie weinte sonst nie. Erst als ich sah, wie Raphael und Gideon auf Gordon losgingen, löste ich mich aus meiner Starre. „Macht das nicht, Gideon, Raphael, bitte", flehte ich. „Was wir sollen ihn nicht verprügeln? Er hat gerade Leslie beleidigt. Und darüber macht man keine Witze", fuhr mich Raphael an und Gideon stimmte zu. „Ich weiss, aber ihr müsst ihn doch nicht verprügeln, sonst zeigt er euch womöglich noch an", sagte ich mit zittriger Stimme. Doch sie hörten nicht auf mich und gingen wieder auf Gordon zu. Hilfesuchend blickte ich zu Leslie, die sich inzwischen wieder aus ihrer Starre gelöst hatte. Gemeinsam stellten wir dazwischen. Und das hatte die gewünschte Wirkung, Gideon und Raphael hörten sofort auf, aus Angst, Leslie oder mir weh zu tun. „Verzieh dich Gordon", fuhr Leslie ihn an und Gordon ging dann wirklich. Raphael und Gideon waren immer noch wütend. „Kommt, ist nicht so schlimm", lenkte Leslie ein und so langsam beruhigten die Jungs sich wieder. Schnell blickte ich auf meine Uhr. „Shit, in fünf Minuten müssen wir in der Aula sein, heute ist ja eine Informationsveranstaltung", erinnerte ich die anderen. Schnell begaben wir uns zur Aula und setzten uns in die hinterste Reihe. Unser Schuldirektor Mr Gilles betrat die Bühne: „Wie die meisten bestimmt wissen, findet hier alle zwei Jahre ein Schulball statt. Diesen Samstag ist es wieder so weit." Leslie sah mich begeistert an: „Mein erster Tag an dem ich wieder in der Schule bin und schon gibt es einen Ball. Wir müssen unbedingt shoppen gehen." Ich schluckte, ich war noch nie auf einem Ball, vor zwei Jahren habe ich mich krank gemeldet. „Komm schon Gwen, das wird bestimmt super", versuchte mich Leslie fröhlich zu stimmen. Auch Gideon sah mich an: „Wir können ja hingehen und wenn du gehen magst, können wir gehen, ok?" „Ok, vielleicht wird es ja auch ganz toll", lächelte ich schliesslich.
„Leslie, muss das jetzt wirklich sein?", ich sah Leslie an. „Ja, muss es Gwen", erwiderte sie, „ Sonst sind alle schönen Kleider schon weg." Leslie wollte heute nach der Schule unbedingt shoppen gehen. „Na gut", ergab ich mich meinem Schicksal. Ich hatte nicht wirklich Lust auf shoppen, da Gideon mich für heute eigentlich ins Kino eingeladen hatte. Doch Leslie meinte, wir können auch ein anderes Mal ins Kino gehen. „Komm schon Gwen, etwas motivierter", versuchte mich meine beste Freundin aufzumuntern, „Und du kannst ja nach dem shoppen immer noch zu Gideon." Ich nickte, sie hatte mich überzeugt. Wir hatten doch so viel nachzuholen, durch die Zeit, in der sie im Spital war. Also schlenderten wir durch die Strassen und gingen in die Läden, nach einem Kleid Ausschau halten. Nach zwei Stunden haben wir noch immer nichts gefunden und gingen frustriert in das nächste Geschäft. Kaum haben wir den Laden betreten, kam uns eine fröhliche Frau entgegen, die sich als Madame Rossini vorstellte. „Na meine Mädschen, sucht ihr was bestimmtes?", fragte sie mit französischem Akzent. „Wir suchen ein Kleid für den Schulball", sagte Leslie. Madame Rossini bedeutete uns zu warten, verschwand kurz und kam mit zwei Kleidern zurück. „Probiert sie mal", sagte sie und wir probierten die Kleider. Sie passten wie angegossen und waren wunderschön. „Die kaufen wir", bestimmte Leslie und wir bezahlten. Nachdem wir uns bei Madame Rossini verabschiedet hatten, verliessen wir den Laden und machten uns auf den Heimweg. „Was hältst du davon, wenn wir die Jungs überraschen?", schlug ich vor und Leslie nickte. Sie war ja jetzt mit Raphael zusammen und sie waren ein süsses Paar, obwohl ich sie nur einmal so richtig als Paar sah. Nachdem wir unsere Einkäufe abgeladen hatten, machten wir uns auf den Weg zu ihnen. Als wir klingelten öffnete Selina und liess uns lächelnd hinein: „Gideon und Raphael sind im Wohnzimmer." Also gingen Leslie und ich ins Wohnzimmer. Doch noch bevor wir das Wohnzimmer betraten stockte mir der Atem. Das konnte doch nicht sein... Betrog mich Gideon etwa? Denn ich sah, wie er einem hübschen Mädchen einen Kuss auf die Wange drückte und dabei lächelte.

•Gideons Sicht•
Ich fand es schade, dass Gwen heute mit Leslie shoppen ging, doch ich mochte es ihr auch gönnen. Sie konnte so lange nichts mit Leslie unternehmen. Ausserdem wollte ich nicht, dass unsere Beziehung die Freundschaft zu Leslie zerstört. Ich habe schon viel zu oft gesehen, wie Beziehungen jahrelange Freundschaften zerstört hatten. Als ich zu Hause ankam und ich mich zu Raphael in die Küche setzte, kam Mam zu uns. „Heute kommt Michelle zu Besuch", teilte sie uns mit. „Michelle?", fragte ich erfreut und sie nickte. „Wer ist Michelle?", wollte Raphael wissen. „Du kannst dich nicht mehr an Michelle erinnern? An DIE Michelle?", erstaunt sah ich ihn an. Raphael überlegte und man konnte ihm ansehen, wie es in seinem Gehirn ratterte. „Ach so, doch ich kann mich erinnern. Sie hatte mir die Haare pink gefärbt", meinte Raphael verstimmt. „Ja, als du vier warst. Und ausserdem war es nur eine Tönung", lachte ich. „Das war nicht witzig. In der Vorschule haben mich alle ausgelacht", beschwerte sich Raphael. „Komm, sie ist jetzt auch grösser. Und sicher nicht mehr so fies. Und ausserdem war es meine Idee", meinte ich belustigt. „Na und? Ich wurde trotzdem ausgelacht", sagte Raphael. „Komm, sei nicht so. Als sie vor einem Jahr zu Besuch war, warst du gar nicht hier, sondern mit deinen Kollegen in den Ferien", versuchte ich ihn zu beschwichtigen. Ich wollte nicht, dass Raphael sich mit Michelle wegen eines Spass vor über zehn Jahren stritt. Wir sassen uns schweigend gegenüber, als es klingelte. Mam öffnete und wir konnten hören, wie sie Michelle erfreut begrüsste. Als Michelle die Küche betrat, begrüsste sie zuerst Raphael mit einer Umarmung: „Sieht man dich auch wieder einmal." „Ja, das letzte Mal hatte ich nachher pinke Haare", brummte Raphael. Und sie lachte. „So nachtragend? Das ist schon über zehn Jahre her", meinte sie belustigt. „Ich fand es trotzdem nicht komisch. Ich wurde die ganze Zeit gehänselt", meinte Raphael mit einem Grinsen, „Aber ok, Schwamm drüber." Michelle kam zu mir und auch ich umarmte sie. „Michelle, endlich sehe ich meine Lieblingscousine wieder", lachte ich. „Lieblingscousine?", fragte sie mit hochgezogener Augenbraue, „Ich bin deine einzige Cousine." „Ja, deshalb gleichzeitig auch meine Lieblingscousine", meinte ich und wir alle mussten lachen. „Sollen wir ins Wohnzimmer gehen, dort ist es viel gemütlicher", schlug ich vor. Wir setzten uns aufs Sofa und begannen über belanglose Dinge zu sprechen. „Und wie siehts in eurem Liebesleben aus? Gibt's besondere Mädchen, die ich unbedingt kennen lernen muss?", fragte Michelle interessiert und sah Raphael und mich erwartungsvoll an. Raphael begann und erzählte von Leslie, während ich an Gwen dachte. „Hallo, Gideon? Hallo?", Michelle fuchtelte mit ihrer Hand vor meinen Augen herum. „Ja", schreckte ich hoch. „Und? Muss ich deine Freundin auch unbedingt kennen lernen?" fragte sie lächelnd. „Wie kommst du darauf, dass ich eine Freundin habe?", stellte ich eine Gegenfrage. „Das sah ja ein Blinder, dass du an jemand ganz besonders dachtest", lachte sie und ich gab ihr Recht. „Sie heisst Gwendolyn und ist das bezauberndste Mädchen, dass ich je kennen gelernt habe", schwärmte ich und erzählte ihr von Gwendolyn und Michelle erzählte uns von ihrem Freund Luke. Die Zeit verging schnell und schliesslich musste Michelle gehen. Wir umarmten uns und ich drückte ihr lächelnd einen Kuss auf die Wange, als ich Gwendolyn im Türrahmen stehen sah. Hoffentlich dachte sie nun nichts Falsches.

Love HurtsWhere stories live. Discover now