Part 4

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Als ich in den Wohnbereich zurückkehrte, saß Aiden an derselben Stelle, während Curtis auf dem großflächigen Sofa Platz genommen hatte. Er war so riesig und muskulös, dass Aiden, dessen Erscheinung an sich schon respekteinflößend war, wie ein Halbstarker neben ihm wirkte.

„Bitte setz dich", bat mein ehemaliger Klassenkamerad und deutete auf die Couch.

Tief durchatmend kam ich seiner Aufforderung nach und nahm dort Platz, wo ich aufgewacht war. Wenn ich ruhig und gesittet mit ihm sprach, ließ er mich vielleicht doch gehen.

„Wo sind wir hier?", fragte ich. „Sind wir noch in Chicago?"

Aiden antwortete mit einem schlichten „ja", dann schob er mir ein Glas Wasser über den Couchtisch zu. Ich rührte es nicht an. Nicht, bevor ich nicht wusste, was hier gespielt wurde. Kerzengerade saß ich da und schmulte zu Curtis herüber, der die massigen Arme auf die Knie gestützt hatte und mich mit seinen grau verhangenen Augen beobachtete. Mit seinem beeindruckenden Körperbau hätte er Türsteher oder Soldat sein können, und obwohl sein Blick neutral war, drückte seine Körpersprache Anspannung aus – was mich gleichermaßen amüsierte wie empörte. Ich saß in einem Bunker mit bewaffneten Männern fest und er benahm sich, als würde die Gefahr von mir ausgehen?

„Was ist das hier?", fragte ich wieder an Aiden gewandt. „Eine Art Versteck?"

„Versteck, Zuhause, Operationsbasis ... Wir nennen es einfach Quartier."

„Und was genau operiert ihr hier?"

„Betriebsgeheimnis." Sein Blick war verschlossen wie eine Auster, und auch Curtis machte keine Anstalten, näher auf meine Frage einzugehen. Alles klar, offenbar wollten oder durften sie nicht darüber reden. Wenn ich an die Ereignisse in der Gasse zurückdachte, konnte ich mir allerdings denken, womit sie ihr Geld verdienten. Wozu sonst versteckte man sich in einem Bunker, wenn man nicht mit Waffen, Drogen oder anderem illegalen Zeugs handelte?

Ich war weit davon entfernt, mich zu entspannen, merkte aber, wie mir die steife Körperhaltung auf den Rücken ging. Die Arme vor der Brust verschränkt lehnte ich mich deshalb zurück und fragte weiter: „Wie lange war ich bewusstlos?"

„Fünf Stunden."

So lange? Mich schauderte bei dem Gedanken, den Männern so viele Stunden hilflos ausgeliefert gewesen zu sein. Gerade wollte ich fragen, was sie in der Zwischenzeit getrieben hatten, als mir ein roséfarbener Trolley ins Auge fiel. Meine Kinnlade klappte herunter.

„Das ist mein Koffer!"

In diesem Moment wurde die Tür hinter Aiden geöffnet und Joker schlenderte in den Raum. Erleichtert stellte ich fest, dass er vollständig bekleidet war. Trotzdem schoss mir bei seinem Anblick die Röte ins Gesicht.

„Kann man sich der Märchenstunde anschließen?", fragte er vergnügt und ließ sich mit einer Tüte Chips auf den Platz neben Curtis fallen. Sein Lächeln war unbeschwert, doch sein Blick hatte etwas Lauerndes, als er mich fokussierte. Wenn meine Anwesenheit die Männer so nervös machte, warum ließen sie mich dann nicht einfach gehen? Weil du zu viel gesehen hast, antwortete eine leise Stimme in meinem Kopf.

Der Gedanke hätte mich vor Angst erstarren lassen sollen, aber die Tatsache, dass sie meine Handtasche nach meinem Ausweis und Wohnungsschlüssel durchsucht hatten und anschließend zu mir nach Hause gefahren waren, um meinen Privatbesitz zu durchwühlen, sorgte bei mir für eine Kurzschlussreaktion. Wütend stand ich auf, marschierte zu meinem Koffer und öffnete ihn.

„Was zur Hölle hattet ihr bei mir zu Hause verloren?!"

„Wir mussten überprüfen, ob du eine Spionin bist", kam es von Joker, der sich schmatzend an seinen Chips gütlich tat. „Hätte ja sein können, dass Richard recht hat und du nicht nur zufällig in der Gasse warst. Außerdem brauchst du Klamotten. Die Fetzen, die du unter dem Mantel trägst, kann man ja wohl kaum als solche bezeichnen."

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 11, 2021 ⏰

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AIDEN - Dark BrothersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt