4. Ich kann mit den ganzen Leuten ohne Suff nicht chill'n

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Charlotte II

Die bunten, tanzenden Lichter an den Wänden und der Decke verschmelzten in ihrer Vorstellung zu bunten Galaxien. Die Trips, die sie geschmissen hatte, leisteten ganze Arbeit und Charlotte befand sich in einem unfassbar gut anfühlenden Zustand. Sie lächelte die mit Gläsern in der Hand an der Wand stehenden Mädchen glücklich an und spürte wie das Blut durch ihren Körper strömte. „Hey Ruhi", rief sie, als sie den dunkelhaarigen Typen in einer Ecke stehen sah. Er unterhielt sich mit einem Freund und hatte sie wohl nicht gehört. Da Charlotte sich nicht sicher war, ob ihr lauter ruf in ihrer Vorstellung lauter als in der Realität war ging sie lieber zu ihm und tippte ihm selbstbewusst auf die Schulter. Er lächelte als er sie sah und sein Freund widmete sich jemand anderem. „Na", sagte sie und er guckte ihr tief in die Augen. Gerade als sie sich fragte, ob er die Farbe einfach schön fand oder ihn ihr glitzerndes Augen Make Up so in den Bann gezogen hatte meinte er leicht amüsiert „was hast du Junkie eigentlich schon wieder genommen, dass deine Pupillen so groß sind?". Verunsichert lachte die Blondine nur darüber und sagte: „Ich hab gar nichts genommen, was denkst du denn". „Jaja und was soll die Frisur dann?", fragte er weiter und deutet auf ihr zwei Zöpfe, sie wusste nicht ganz ob er das ernst meinte. „Pipi Langstrumpf oder wie heißt nochmal dieser Kinderfilm", lachte er. Das Lächeln aus ihrem Gesicht entwich so langsam. Jemand rief nach Ruhi und er ging gut gelaunt zum DJ Pult. Charlotte stand immer noch mit offenem Mund mitten im Gedränge und wusste nicht wie ihr geschah. Plötzlich packte sie ein würg Reiz und sie bahnte sie den schnellsten weg durch zu den Toiletten.

Als sie über der Kloschüssel hang und sich erbrach, war sie wieder nüchtern. Ruhis Wort hatten sie aus ihrer bunten Welt gezerrt und in einem leeren dunklen Raum zurückgelassen. Schluchzend lehnte sie sich an der Toiletten Wand an und zog wütend die Haargummis aus ihren Zöpfen, sodass ihr die Haare wieder normal über die Schultern fielen. Mit dem Arm wischte sie ihren Mund ab und blieb dann noch ein wenig schluchzend auf dem Boden sitzen. Charlotte wünschte sie gerade nichts sehnlicher als Liras Rückkehr, obwohl sie wusste, dass sie alleine klarkommen musste. Am Waschbecken spülte sie ihren Mund aus. Als sie im Spiegel das beschädigte Make Up und ihre unordentlichen Haare sah, hasste sie sich selber so sehr wie noch nie zuvor.

Sie hätte alles für diesen Jungen getan, dem ihre Gefühle so gleichgültig zu sein scheinen. Was machte sie falsch? Warum liebte er sie nicht? Wie eingefroren stand sie vor dem Spiegel über dem Waschbecken und sah zu, wie die warmen Tränen ihre Wangen runterliefen. Als Charlotte wieder zu sich kam, fummelte sie mit zittrigen Händen ihr Handy aus der Tasche. „Lira🌺"
lautete der Kontakt, den sie anrief. Es tutete eine Weile und als nach zwanzig langen Sekunden immer noch nicht Liras Stimme ertönte, legte Charlotte von selbst auf. Die schläft bestimmt schon, dachte sie bei einem Blick auf die Uhr. „1:30". Lina wollte sie nicht anrufen, die hatte sie schon eine Weile nicht mehr gesehen und es wäre seltsam sich plötzlich bei ihr auszuheulen. Nach kurzem Überlegen rief sie doch noch jemanden an.

„Hallo?", meldete sich eine verschlafene Stimme am anderen Ende der Leitung. „Hallo Papa", murmelte Charlotte. „Kannst du mich bitte abholen kommen? Ich bin auf einer Party in Kreuzberg." Er seufzte.
„Ich schicke dir die Adresse" redete sie weiter.
„Okay ich komme."

Der Flur bis zur Haustür war voller Leute und Charlotte musste sich zwischen rauchenden Jungs und knutschenden Pärchen durchquetschen.„Ey, Charlotte wohin gehst du", rief ihr jemand nach. Sie drehte sich um. Es war Rb. „Lass mich bitte", sagte sie kopfschüttelnd und lief aus der Tür nach draußen. Das silberne Auto ihres Vaters stand schon auf der anderen Straßenseite und sie überquerte den Asphalt, ohne sich umzusehen. Weder nach links oder rechts, noch nach hinten, wo sie Ruhis Blick spürte, welcher ihr verwirrt zum Eingang gefolgt war.
Charlotte öffnete die Beifahrertür und ließ sich auf den Ledersitz fallen. „Danke Papa", sagte sie und der braunhaarige Mann fuhr los die Straße runter.
Die ganze Fahrt über sagte er kein Wort. Er war nicht sauer, sondern eben einfach still und strahlte eine Ruhe, aus die sich auch auf seine Tochter übertrug. Sie war heilfroh, dass er keine Fragen stellte und fühlte sich in dem Auto tausendmal wohler als auf der Party.

„Gute Nacht", sagte ihr Vater als sie in der Wohnung angekommen waren und gab ihr einen Kuss auf die Stirn, bevor er in seinem Schlafzimmer verschwand. Gähnend betrat Charlotte ebenfalls ihr Zimmer und schlief augenblicklich ein, nachdem sie sich auf ihr Bett fallen gelassen hatte.

Heut fahr'n wir durch Hood und woll'n Tausender verdienenWhere stories live. Discover now