Der Zerstörer pirscht sich näher heran. Er thront über Mammon mit einem Blick in seinen Augen. Belustigung. Mammon fühlt sich krank in seinem Magen. 

Es ist Jahrhunderte her, seit Mammon das letzte Mal gekämpft hat. Er würde lieber versuchen, so viel Ärger wie möglich zu vermeiden. Wenn einer der Avatare dabei gesehen würde, wie er auf wehrlose Dämonen einprügelt, würde das missbilligt werden. Er kann Luzifers Stimme hören. Sie haben einen Ruf zu bewahren. Mammon ballt seine Hände zu Fäusten, während er sich zurückzieht. Wenn Luzifer herausfindet, dass er...

"Du bist der erbärmlichste von allen Brüdern." 

Die Aussage bringt den Ring zum Schweigen. Die Worte hallen an den Wänden wider und driften durch die schockierte Stille. Es ist selten, dass jemand so offen gegen die Avatare spricht. Der Zerstörer lehnt sich näher heran. 

Es ist erbärmlich ." Spucke fliegt aus seinem Mund. Mammon schaut angewidert weg. Als seine Augen die Menge erfassen, kann er sehen, wie sich ihr Schock in wölfisches Grinsen verwandelt. Mammon dreht sich um und starrt den Dämon an. 

"Was? Zu viel Angst, um etwas zu tun? Liegt es an mir?" Er wendet sich an die Menge. "Oder ist es der mächtige Luzifer?... Diavolo? Ihr wollt eure Bosse nicht verärgern, was? Habt ihr zu viel Angst vor dem, was sie tun könnten?" Er schwenkt und drückt Mammon gegen die Seile. Das Grinsen spaltet sich in seine Wangen, Reißzähne beißen in seine Lippen. Mammon beäugt die Blutspritzer in seinem Gesicht. "Häh?!" Er bellt und stößt seinen Rachen in Mammons Gesicht. 

Seine Hand kracht über Mammons Gesicht und die Menge schreit auf. Sie wollen Gewalt. Sie wollen Blut. 

Mammons Gesicht brennt, ein Hauch von Scham blüht über seine Wangen. Er spürt, wie seine Entschlossenheit zerbricht. Er bewegt sich zur Kante des Rings, bereit zu gehen. Um etwas anderes zu finden, etwas, das ihn weiterbringt. Sein Rücken entzündet sich vor Schmerz, als sich seine Flügel durch seine Haut bohren und durch das Leder seiner Jacke stechen. 

"Komm schon, Abschaum!" In seinem Spott liegt jetzt Wut. Mammon sieht es nicht, aber er kann spüren, wie sich die Luft verändert. Es gibt eine Bewegung, das Schlurfen von Füßen, bevor eine Klaue die Haut seiner Flügel zerreißt. Und in diesem Moment ist es ganz still. 

Die Dämonen sehen zu ihm auf, beobachten ihn in kranker Erwartung. Das Licht scheint auf sie herab, fängt sich in ihren Augen und dem Schimmer ihrer glänzenden weißen Reißzähne ein. Hunderte von Augen blicken zu ihm auf, doch er sieht nur die Brechung. 

Du bist nur eine Platzverschwendung, Mammon.

Er sollte einfach nach Hause gehen. Es ist schon spät. Er ist müde. Es tut ihm weh. Seine Faust pulsiert, die Knöchel zischen vor Schmerz. Sein Flügel flattert, sengt heißen Schmerz durch die Muskeln und auf seine Finger. Es tut weh, es tut so verdammt weh. 

Wie geht es dir, mein Bruder? Ernsthaft, es ist erbärmlich. 

Er wünscht sich nur, er könnte zu dir gehen, sich in deine warmen Arme rollen. Dir all seinen Kummer und seine Sorgen erzählen. Du würdest zuhören, das hast du immer getan, deine Fingerspitzen in seinen Nacken legen. Drückten ihm düstere Küsse auf die Stirn. Ihn endlos und voll zu lieben.

Obwohl er es nicht verdient hat. Warum sollte Abschaum wie er bedingungslose Liebe verdienen?

Ich habe dich nur um diese eine Sache gebeten, Mammon, und nicht mal das kannst du. 

Aber...würdest du es jetzt tun? Wie du die Stirn runzelst, die Lippen nach unten ziehst und mit den Fingern fummelst. Du sahst damals so verloren aus. Du beobachtetst ihn, strichst mit den Fingern über sein Haar, das ihm aus den Augen fiel. In diesem Moment erinnerten deine Augen ihn an die von Luzifer. Augen, kalt vor Enttäuschung. 

Geh sterben, Mammon. Stirb einfach, von mir aus. 

Er wünschte, Lilith wäre hier. Er wünschte, du hättest ihm vertraut. Er wünschte, Luzifer würde ihn noch lieben. Er wünschte, seine Brüder würden ihn noch lieben.

"Komm schon!" Die Stimme des Dämons knackt, als er wieder nach vorne stürmt. Seine Krallen wühlen sich in das Leder seiner Jacke und reißen ihn nach hinten. Mammon holt mit der Faust aus, erwartet den nächsten Schlag, bevor er sich wieder den Seilen zuwendet. Das Gefühl seiner Kraft schwingt in ihm nach. Ihn zu brechen und durch seine Knochen widerhallen zu lassen. 

Aber er spürt den Schmerz nicht mehr. Nicht wirklich. Er vermischt sich mit allem anderen. 

Warum musste ich so einen Abschaum als Bruder haben? 

Noch ein Schlag. Ein Tritt

Warum konnte er nicht anstelle von Lilith sterben? Vielleicht wären seine Brüder dann glücklich gewesen. Vielleicht wäre dann alles anders. 

Seine Krallen reißen in seine Haut, zerren an ihm. Ziehen ihn ins Rampenlicht. Mammon lässt sich ziehen, den Kopf tief hängend. Er beobachtet seinen Schatten. Er kann fast den Glanz seines Heiligenscheins sehen. Das Ausbreiten seiner Flügel. Das himmlische Glühen des Wohlstands. 

Wohlstand. Ha. Was für ein beschissener Scherz. 

So wird er sterben. Mit dem Bild, dem Gedanken an Wohlstand. Von einem strahlenden Leben im Himmel mit seiner Familie, die wie eine Last über ihm hängt. 

Vielleicht hat Vater dieses Mal genug Mitleid, um ihn mit Lilith zusammen sein zu lassen.

Der Abschaum unter deinen FingernägelnWhere stories live. Discover now