52 | Vom Kotti bis zum Xenon

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»Komm, raus damit. Was willst du sagen?«, forderte sie mich mit einem leichten Lächeln auf und verdammt, manchmal konnte das Mädchen genauso bestimmt sein wie ich.

»Nichts Besonderes. Nur, dass ich auch bi bin, wenn wir schon bei dem Thema sind, ey.« Meine Stimme klang beiläufig.

Lexies gepiercte Lippen verzogen sich zu einem leichten Lächeln. Brauchte sich gar nichts drauf einbilden, dass ich ihr vertraute. So besonders war das jetzt nicht.

»Dann hast du ja hoffentlich noch ne Motivation mehr, homophobe Wichser zu boxen«, lachte sie und auch über mein Gesicht huschte ein kurzes Grinsen. Ich genoss es, wie es kein Ding für sie war. Einfach normal, wie es immer sein sollte. Und nicht so wie bei den ganzen Deppen aus dem Viertel. Damiano, dieser Hundesohn, Alter.

In diesem Moment spürte ich das Vibrieren meines Handys in meiner Hosentasche, das ich gestern nicht mal mehr rausgenommen habe. Tareks Name stand auf dem Display. »Was willste?«, meldete ich mich gewohnt genervt.

»Komm mal ins Café rum, sobald du Zeit hast«, trug er mir auf und mir war klar, dass es Zeit war, darauf zu hören. Dass ich mir nicht noch so eine Aktion wie letztens mit Kiral erlauben konnte.

»Mhm. Bis gleich.« Nach dem Auflegen schmiss ich mein Handy weg und ließ mich stöhnend auf das Bett zurücksinken. Scheiß Drogen. Und der Ernst in Tareks Stimme hatte mir noch viel weniger gefallen.


Als wir im Hinterzimmer beieinander saßen, der fruchtige Rauch und das beruhigende Blubbern der Wasserpfeifen mein Empfinden umschloss und ich doch angespannt auf der Couch saß, trug Tarek mir auf, vorsichtig zu sein. Er sprach ausführlich von Hamads Leuten, die nach und nach in unser Revier eindrangen. Uns die Orte streitig machten, an denen wir immer vertickten. Vom Kotti bis runter zum Parkeingang und weiter zum Xenon. Immer wieder kam es zu Konfrontationen und sie waren zu einer ernsthaften Bedrohung für Tareks Geschäfte geworden.

»Treib du dich die Tage mal unauffällig da rum und find raus, wo die sin, ja?« Tarek fixierte mich, zwei tiefe Falten zwischen den zusammengewachsenen Augenbrauen. »Und wer von denen. Ich will alles wissen.«

»Klingt, als würdest du doch was gegen die planen«, grinste ich und führte das Mundstück an meine Lippen. Wie alle Shisha, die Aziz besaß, war es kunstvoll gearbeitet, mit orientalischen Mustern in dem dunklen Holz. Vorfreude schwang in meiner Stimme mit, denn irgendwie hatte ich Bock auf ein bisschen Eskalation. Wurde Zeit für neue Erfahrungen.

Auch wenn ich mich danach wieder in meinem Bett verkriechen würde. Auf der Flucht der Welt oder so, weil Dealen einen manchmal hart fickte.

So wie das Kokain mich heute schon, das mir so seltsame Gedanken aufdrängte.

Tarek verpasste mir eine schallende Schelle gegen den Nacken. So hart, dass ich scharf die Luft einsog. »Du machst den gleichen Fehler, den alle am Anfang machen. Du glaubst, es is'n Spiel und es ist lustig, da bisschen Action zu machen. Ihr unterschätzt das. Ihr alle. Immer.«

»Ja, bla bla. Warts ab, wir zerficken die sowas von«, grinste ich überzeugt. Er würde definitiv sehen, dass er auf mich zählen konnte.

Das war ich ihm schuldig.


»Hey, Jay!«, vernahm ich auf einmal ein Rufen, als ich ein paar Tage später auf dem Heimweg vom Fitnessstudio war. Ich war müde und wollte eigentlich nur noch in mein Bett, auch wenn es gerade mal früher Abend war. Gerade stand viel an, hauptsächlich weil ich das Dealen zuletzt so schleifen gelassen hatte.

Ich hob meinen Blick und entdeckte Fede, der dort auf dem Klettergerüst saß und lachend seinen Arm vors Gesicht hielt. Bei ihm war seine kleine Schwester. Alessia musste es sein, deren schwarzen Haare auf ihre Schultern fielen. Mit Sand schmiss sie nach Fede. Wollte gar nicht wissen, wie sehr das Zeugs nach Pisse stank.

Die Verlierer - Sklaven des ErfolgsWhere stories live. Discover now