Kapitel 45: Der Plan

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Lucius

Luana war nun inzwischen seit zwei Tagen fort. Und ich hatte das Gefühl, dass es meine Schuld war.

Wir hatten unseren ersten, richtigen Streit. Ich hätte ihr sagen sollen, wie sehr ich sie liebe. Ich hätte nicht so aggressiv sein dürfen. Mich sofort wieder mit ihr vertragen sollen. Ich hätte bei ihr sein sollen, als sie die Waldhütte verließ.

Mein totes Herz wurde aus meiner Brust gerissen. Zumindest fühlte es sich so an. Wo war sie denn nur? Nicht einmal die Waldgeister, die ihre Fühler überall hatten, konnten sie ausfindig machen. Ich schrie meinen Schmerz hinaus. Vor Wut riss ich Äste aus Bäume, boxte gegen die Stämme. Jeder Kreatur riet ich, sie zu suchen wenn sie nicht wollten, dass ich den Wald umgrieb. Kein Stein würde auf den Anderen bleiben.

Ich war so ausser mir. Ihr war etwas zugestoßen, das konnte ich tief in mir fühlen. Ich hatte sie nicht beschützt. Ich hatte vollkommen versagt. Meine geliebte Luana, mein Engel.

"Wir werden sie finden. Ich hätte es gespürt wenn sie uns freiwillig verlassen hätte, Lucius." Silas legte seine Hand auf meine Schulter. Warum hatte er überhaupt seine menschliche Gestalt angenommen? Warum war er kein Wolf und suchte weiter nach seiner Gefährtin? Wo war er als sie verschwand? Warum hatte er es nicht verhindert?

"Und warum haben wir sie noch nicht gefunden? Warum nutzt du nicht deine Verbindung zu ihr um sie zu finden? Ganze zwei Tage ist sie nun weg! Wie kannst du nur so ruhig bleiben, Silas? Verdammte Scheisse, finde sie!"

Ich wusste ja, dass es ihm nicht möglich war zu erspüren wo sie war. Aber ich war am verzweifeln. Was, wenn Lilith sie bereits geschnappt hatte? Was, wenn andere Kreaturen ihr aufgelauert hatten, gegen die sie nichts ausrichten konnte?

Silas antwortete mir nicht. Ich konnte den Schmerz, den meine Worte in ihm ausgelöst hatten, in seinem Gesicht sehen. Aber ich war im Moment nicht fähig darauf Rücksicht zu nehmen. Statt etwas zu sagen, begann Silas wieder mit der schmerzvollen Prozedur der Verwandlung, um ein Wolf zu werden.

Marita versuchte es mit Ritualen. Zaubersprüchen. Alles was ihr möglich war. Sie war doch eine Hexe, verdammt. Wieso funktionierte ein einfacher Ortungszauber nicht?

Arik hatte seine Zentaurenkrieger in die verschiedenste Regionen des Waldes geschickt, um Luana zu suchen. Aber was, wenn sie längst nicht mehr im blauen Wald war? Wie sollten wir sie außerhalb nur finden?

Niemand schien auch nur den geringsten Anhaltspunkt für ihren Aufenthalt zu entdecken. Also musste ich einen Weg finden, den unsere Freunde niemals in Betracht ziehen würden. Doch zuvor musste ich etwas anderes erledigen.

Ich stand vor dem Eingang der Vampirhöhle. Scheiß egal was Lestat gesagt und verlangt hatte. Ich brauchte ihn jetzt.
"Lestat!" rief ich. Doch keine Antwort. Wieso tat er mir das an? Es war Nacht. Vielleicht waren sie wo anders im Wald? Vielleicht jagten sie gerade ein Tier?

Dann musste ich meinen Plan eben allein durchziehen. Gerade als ich gehen wollte, kam jemand auf mich zugelaufen und umklammerte mich. Es war eine liebevolle Umarmung. Erleichtert seufzte ich auf und streichelte über ihre weißblonden Haare.
"Isabella."

Bevor ich ihr allerdings erklären konnte was los war, wurde sie von mir weg gezogen.

"Was tust du hier? Ich dachte ich hätte mich deutlich ausgedrückt?" Lestat. Natürlich. Sein Ultimatum spielte keine Rolle mehr. Denn wenn Luana etwas zugestoßen wäre, würde er mich so oder so verlieren. Ohne Luana, würde ich nicht mehr weiter machen wollen.

"Vater. Sie ist weg. Einfach verschwunden. Niemand kann auch nur die geringste Spur von ihr finden. Wenn ich wirklich dein Sohn bin, und du mich liebst, dann springst du jetzt verdammt noch mal über deinen Schatten und hilfst mir! Hilf mir die Frau zu finden, die ich liebe! Denn ohne sie, hat alles keine Bedeutung mehr!"

Ich merkte nicht, wie mir die roten Tränen hervor traten. In der Vergangenheit hatten wir uns immer gegenseitig Halt gegeben. Egal wie sehr unsere Meinungen auseinander gingen. Nun würde sich zeigen, ob mein Erschaffer auch wirklich mein Vater war.

Er nickte. Meine Augen weiteten sich.
"Ich helfe dir, mein Sohn. Wie ist dein Plan?"

"In das schwarze Tal zu gehen. Die Dämonen. Über sie werde ich Kontakt zu Lilith aufnehmen."

"Was?" fragte Isabella geschockt.
"Was ist wenn sie dich gefangen nimmt? Sie weiß bestimmt was du Luana bedeutest. Ich will sie auch finden, aber... Wie willst du die Hexe überzeugen wenn sie Luana denn tatsächlich hat?"

Ich fuhr mir verzweifelt durch das Gesicht.
"Keine Ahnung, aber ich muss es versuchen. Soll sie mich doch gefangen nehmen wenn das der einzige Weg ist, wie ich Luana wieder finden kann!"

Lestat legte verständnisvoll seine Hand auf meine Schulter. "Ich würde es auch tun, wenn du an ihrer Stelle wärst, Isabella." sagte er an seine Gefährtin gewandt.

"Ich komme mit euch." ertönte eine quälende Stimme die aus dem Dickicht kam. Silas war gerade dabei sich zurück zu verwandeln, in einen Menschen. Um mit uns kommunizieren zu können. Wie oft hatte er sich in den letzten Tagen gewandelt? Viel zu oft und jedes Mal erlitt er furchtbare Schmerzen dabei.

Selbst wenn ich vorhin so schroff zu ihm war, war Silas doch zu meinen Freund geworden und ich litt jedes Mal mit ihm mit, wenn er diese Qualen erleidete. Aber es war nichts im Vergleich zu dem Schmerz, den er fühlen würde, wenn Luana diese Welt wirklich verlassen würde.

Ich nickte ihm zu. Zusammen machten wir uns nun auf den Weg zum schwarzen Tal, in dem all die dunkeln Kreaturen waren, teilweise dorthin verbannt wurden. Es war der Ort, an dem sie fest saßen. Man munkelte, dass man dort sogar ein Tor in die Unterwelt finden könnte. Durch einen Zauber war dieses Tal vom Rest des Waldes abgeschnitten. Aber diese Todesfee hatte es mit Lilith Hilfe hinaus geschafft. Dies bedeutete für mich, dass dort der Ort war, wo diese Schlange von Hexe Fuß im blauen Wald gesetzt hatte.

Luana, Gefangene des ÜbernatürlichenWhere stories live. Discover now