Epilog

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Ich saß in einem Helikopter, der über eine Wüstenlandschaft flog. Alles wirkte ausgestorben. Vereinzelt sah man Bauten, die wohl mal Wohnhäuser gewesen waren. Jetzt waren sie von der Witterung so zerfressen, dass man sie kaum noch als Gebäude erkannte. Wie schiefe Zähen ragten sie aus dem Sand heraus. Alles wirkte so eintönig. Es war immer das gleiche. Abwechslung gab es keine. Es war so wenig zu sehen, aber doch zu viel zu verarbeiten. Vor allem aber bemerkte ich das ich nichts davon wiedererkannte. Mein Kopf war leer. Ich war zu müde, um klare Gedanken zu fassen. Um mich herum saßen die anderen Lichter. Manche betrachteten die Landschaft, andere starrten Löcher in die Luft. Thomas tat nichts von beidem. Er betrachtete seine Handfläche, auf der die kleine Holzfigur von Chuck lag. Alles, was in diesem Raum vorhin passiert war, kam mir wie ein Traum vor. Gally mit dem Speer in der Brust. Chuck, dessen Brust sich rot färbte, während die Farbe aus seinem Gesicht verschwand. Newt, der mich am Arm hinaus in die Sandlandschaft gezogen hatte. Die Rotorenblätter des Helikopters waren immer noch gelaufen und hatten den Sand aufgewirbelt, sodass wir kaum etwas sehen konnten. Blind waren wir den Männern in den schwarzen Uniformen gefolgt. Zu müde, um uns zu wehren oder Fragen zu stellen. Irgendwann hatten wir alle im Frachtraum gesessen, doch auch dort hatte keiner Fragen gestellt. Genau wie ich, hingen alle ihren eigenen Gedanken nach.
Ein Mann war zu uns geklettert und hatte sich an eine Wand gesetzt. Er hatte braune Haare und einen Vollbart. „Ihr seid jetzt in Sicherheit." Das war seine ersten und vermutlich auch letzten Worte gewesen. Der Helikopter hatte abgehoben. Das Wummern der Rotorenblätter war das einzige Geräusch. Es sah ganz so aus, als wären wir entkommen. Trotzdem war keinem von uns nach Feiern zumute. So hatte ich mir die Welt nicht vorgestellt. Zerstört. In der ganzen Zeit, die wir schon geflogen waren, hatte ich nicht eine Menschenseele auf dem Boden entdecken können. Beinahe wirkte es so, als wären wir die letzten Menschen auf diesem Fleck Erde. Beinahe glaubte ich Chucks Geplapper zu hören. Er wäre sicher begeistert und hätte die verrücktesten Ideen, was wohl in den Ruinen dieser Welt leben würde. Mein Blick traf kurz den des fremden Mannes. Sofort sah ich weg. Das Mitleid in seinen Augen ertrug ich nicht. Ich wollte kein Mitleid. Als ich jedoch alle nach der Reihe betrachtete, verstand ich woher der Ausdruck in seinen Augen kam. Wir waren dreckig, verwundet, verschwitzt. Die Körper waren zerschunden und die Augen leer. Ich löste den Stoff von meinem Knie und band ihn erneut darum. Irgendwann musste ich mich an einer der Scherben geschnitten haben. Vermutlich, als ich zu Chuck gerobbt war.
Chuck...egal, wie sehr ich mich ablenken wollte, er drängte sich immer wieder in meine Gedanken. Seine letzten Worte würden mich wohl auf ewig begleiten. Mir war nicht bewusst gewesen, wie viel ihm an mir lag. Zumal ich niemals gedacht hätte, dass er es vor den anderen einfach so zugeben würde. Ob es ihm jetzt wohl besser ging? Ich lehnte den Kopf an das kühle Metall hinter mir und schloss die Augen. Vermutlich saß er jetzt mit Alby, Zart, Gally und allen anderen zusammen. Chuck würde vor sich hin plappern und die anderen wären genervt von ihm. So wie jeder normale Abend auf der Lichtung ausgesehen hatte. Ich schmunzelte kurz. Meine Gedanken begannen zu wandern. Kurz nachdem der Helikopter abgehoben hatte, konnten wir einen Blick auf die Lichtung und das Labyrinth werfen. Zuerst war mir ins Auge gesprungen, wie leer die Lichtung ohne uns aussah. Die Geschäftigkeit, die ich so geliebt hatte, war nirgends zu sehen. Wir waren schon fast zu weit weg, als ich meinen Blick endlich von meinem Zuhause losreißen konnte und mir die Mauern genauer ansah. Erst da fiel mir auf, was für ein großes Komplex das Labyrinth darstellte. Wie deplatziert der massive Stein und das viele Beton zwischen den verfallenen Bauten und dem Sandboden wirkten. So wie wir nicht hinein gehört haben, gehörte der Gebäudekomplex nicht mitten in eine Wüste.
„Alles in Ordnung? Hast du Schmerzen?", fragte Newt leise.
Ich öffnete meine Augen wieder und schüttelte den Kopf. „Wie gehts deinem Bein?"
Er lächelte. „Naja. Ging schonmal besser." Newt sah genauso fertig aus, wie wir alle. In seinem Gesicht befanden sich mehrere Schnitte. Manche blutig, andere nur oberflächlich. Ich legte meinen Kopf auf seine Schulter. „Was wird jetzt mit uns passieren?", fragte ich.
„Ich weiß nicht. Wir sind frei. Das ist momentan das einzige was zählt. Um den Rest können wir uns später kümmern."
Oh ja...später...nach einem kleinen Nickerchen. Ich war so müde. Mein Körper hatte endlich aufgehört zu zittern und war mittlerweile ganz entspannt. Seitdem fiel es mir schwer die Augen offen zu halten.
„Was glaubst du..", murmelte ich, schon halb am Schlafen. „...wo bringen sie uns hin?"
Newt schien ernsthaft über diese Frage nachzudenken. Ich hielt mit aller Mühe meine Augen offen. Seine Antwort interessierte mich.
„Es könnte überall sein oder? Vielleicht landen wir ja erst am anderen Ende der Welt wieder? Auf einem Fleck, der von der Sonne nicht verbrannt wurde. Mit Bäumen und Sträuchern."
„Ein Ort wie die Lichtung?", hakte ich schläfrig nach.
„Ganz genau. Ein Ort wie die Lichtung." Seine Stimme war so sanft und warm. Ich lauschte, während er die verschiedensten Bilder malte. Wir könnten in einer intakten Wohngegend landen. Nur wir wären dort und würden bis an unser Lebensende dort wohnen bleiben. Oder vielleicht brachte unser Transportmittel uns in eine Halle voller Essen. Es wäre das erste Mal seit anderthalb Jahren das wir so viel essen konnten, wie wir wollten.
„Es kann auch sein das sie uns zu unseren Familien bringen. Einfach nach Hause. Zu denen, die wir geliebt haben."
„Du sagst das nur alles damit ich einschlafe oder?" Es fiel mir schwer die Worte klar auszusprechen. Meine Zunge schien schon zu schlafen. Die Augen hatte ich längst geschlossen.
„Vielleicht." Ich hörte das Lächeln in Newts Stimme. „Klappt es?"
Ich schaffte ein Nicken. Ich spürte Newts Finger, die sich mit meinen verschränkten.
„Schlaf gut Marie.", flüsterte Newt mir ins Ohr.
Ich wollte antworten, doch ich driftete ab. Mein Kopf gab auf und alle Gedanken verschwanden auf einmal, als ich in der Schwärze des Schlafs versank.

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Lauf, solange du noch kannst [Maze Runner Fanfiction]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt