Die Expedition

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Nach jahrzehntelanger Erfahrung auf meinem Gebiet, war ich mit der Topografie meiner Umgebung und der hier heimischen Flora und Fauna äußerst vertraut und kannte die Gefahren und Risiken, welche hier im nordöstlichen Teil des Amazonas residieren. Von den unzähligen Raubtieren, den giftigen lautlosen Wesen, die sich auf den Bäumen und im Gestrüpp rekeln mal abgesehen, wird hierzulande das heiß-schwüle Klima zur unterschätzten Bedrohung für den leichtsinnigen Reisenden. Prof. Dr. George Dilore, ein stets ruhiger, wortgewandter, wenn auch in seinen Anschauungen recht starrhälsiger Mann höheren Alters war vor vielen Jahren mein Mentor an der Yale University und allein seinen Lehren ist es zu verdanken, dass aus mir der heutige Dr. Theodor Welsh, ein wegweisender Vertreter der Menschenkunde wurde. Ich trat meine Reise in der Absicht an, weitere Erkenntnisse über den hier, vor ungefähr 200 Jahren lebenden eingeborenen Stamm zu sammeln und dessen angeblich schlagartiges Verschwinden mehr in Erfahrung zu bringen. Meine Forschungsreise begann damit, dass ich mich zu einem, meiner spärlichen, Unterkunft naheliegenden Bahnhof aufmachte der am südlichen Rand des kleinen, verwahrlosten Städtchen, im nordwestlichen Kolumbien lag, um weiter ins Herz des Kontinents zu gelangen. Der Bahnhof war dreckig und muffig und die Züge glichen überdachten Draisinen deren rostrote Räder bei der geringsten Bremsung aufkreischten. Ich reiste alleine, denn schienen mir meine Kenntnisse und Erfahrungen über diesen Winkel der Welt, sowie meine sorgfältig zusammengestellte Ausrüstung, meinem Vorhaben angemessen. Die Fahrt dauerte etwa 1 Stunde lang und verlief komplikationslos und ich machte mich daran meine Wanderroute zu studieren. Anschließend begann ich damit meinen ersten Forschungseintrag in mein Notizbuch einzutragen, welcher aus dem heutigen Datum, den Wetterverhältnissen und meinem persönlichen Befinden bestand. Es war der 18.05.1912, 09:13 Uhr als ich ausstieg. Die heiße Vormittagssonne schien erbarmungslos auf die ungeteerte Straße und versenkte die hier wachsenden Gräser, welche entlang dem Straßenabhang wuchsen. Mein Fahrer erwartete mich bereits in seinem Geländewagen und grunzte mich zur Begrüßung halbherzig an. Ich verstaute meinen Rucksack im Kofferraum und stieg zur Beifahrerseite ein. Mein Vokabular war mehr als ausreichend um mich mit den hier lebenden Menschen zu verständigen, wobei ich dabei jedoch mit zweifelnden Augen und argwöhnischen Blicken betrachtet werde. Vom Bahnhof parallel gelegen, erstreckte sich eine einzige breite Straße und um mich herum reichten die gigantischen Bäume bis hin zum Horizont. Mein Ziel war ein kleines Dorf, welches sich ca. 50 Kilometer südöstlich vom Bahnhof entfernt befand und auf jenes ich durch einen meiner Kollegen aufmerksam geworden bin. Zu Beginn der Fahrt band ich mir meinen Sonnenhut um den Kopf, da das Fahrzeug kein Verdeck hatte und ich der Sonneneinstrahlung entgegenzuwirken versuchte. Wir bogen vom Bahnhof aus nach rechts ab auf die Straße, deren Länge ich aufgrund einer steilen Senkung nicht überblicken konnte. Den Fahrtwind auf meiner schweißnassen Stirn empfand ich als äußerst angenehm und auch meine genauso durchnässten Arme wurden auf diese Weise erfrischt. Nachdem wir etwa ein Drittel des Weges zurückgelegt hatten, begann ich damit Nio - so nannte sich der Fahrer, über das vor uns liegende Dorf auszufragen. Er gab mir lediglich knapp zu verstehen, dort niemanden zu kennen da er in der entgegen gesetzten Richtung leben würde und sich auch sonst nicht dort aufhalten würde. Die dort lebenden Menschen seien nicht auf ihn angewiesen und somit würde er keinen Gewinn machen, erklärte er mir. Er kam nicht umhin mich zu fragen woher ich denn von diesem Dorf wusste, war es doch auf keiner, im Handel erhältlichen Karte verzeinet. Ich antworte ihm knapp, griff nach der Wasserflasche im Handschuhfach und trank einige große Schlücke daraus, im Geiste darüber grübelnd ob es womöglich ein Fehler gewesen war, sich alleine auf diese Expedition zu begeben. Letztendlich nahmen meine Bedenken ab, denn meine sprachlichen Fähigkeiten und die Tatsache, dass Nio bei unserer Ankunft auf mein Einverständnis zur Abfahrt warten würde, erfüllten mich mit Zuversicht. Der monströs gewachsene Wald zu unseren Seiten hatte sich seit unserem Start lückenlos fortgesetzt, was mich mit Ehrfurcht vor dieser kolossalen Größe erfüllte. Die Artenvielfalt, welche sich dem Anblick meiner geschulten Sicht nicht erwehren konnte war kaum in Worte zu fassen, selbst während dieser hohen Geschwindigkeit konnte ich Pflanzen und Tiere ausfindig machen für die der Laie keine Worte zu fänden vermochte. Bereits aus einiger Entfernung konnte ich zwischen den Bäumen etwas erspähen was man als Dorf hätte bezeichnen können; im engeren Sinne waren es ungefähr 16 Tipis undzwar in einem Kreis angeordnet in dessen Mitte sich eine große Feuerstelle befand, die nach großer Wahrscheinlichkeit eher für Rituale und Feiern eingesetzt wurde und den Anwohnern wohl zweitrangig als Kochstelle diente. Vor einigen Tipis waren ebenfalls Feuerstellen errichtet worden, indem eine kleine Grube ausgehoben und Steine darum platziert worden waren und deren Maße kaum mehr als 3 Fuß betrugen, was einen immensen Kontrast zur ersten, zentral gelegenen Feuerstelle bildete. Die Tipis bestanden aus einer Kombination von Stöcken, Schlamm und Blättern, welche in einer Trichterform aneinander gelegt und deren untere Enden ein Stück weit in den Boden gegraben und anschließend mit Steinen befestigt wurden. Einige Frauen, Männer und Kinder sahen zu uns herüber und ich war unfähig ihre affenartigen Gesichter zu durchschauen. Nachdem wir schlussendlich ankamen, legte ich die leere Wasserflasche zurück in das Handschuhfach, stieg aus und entlud meine Ausrüstung. Mein Herz begann heftig zu pochen und mein Puls raste als ich sah wie 3 Männer von außerordentlich bemerkenswertem Körperbau aus einem Tipi traten und mit schnellem Schritt auf uns zumarschierten. Ihr Oberkörper war frei von Kleidung, sodass uns ihre Muskeln und unzähligen Narben offenbart wurden, was zweifelsfrei von einem solchen primitivem Leben zu erwarten war. Ihre Unterkörper waren von der Hüfte an bis zu den Oberschenkel mit schlichten verdreckten Laken bedeckt und ihre Hautfarbe war die der Khoisanen sehr ähnlich. Nio, der sich an die zum Dorf gewandte Seite des Autos anlehnte, wurde von einem der drei Männer über den Zweck unseres Aufenthalts befragt und der drohende Unterton in seiner tiefen Stimme lies mich Unheil erwarten. Womöglich war es seine ebenfalls dunkle Hautfärbung die uns gewährte Stellung über unser Vorhaben abgeben zu dürfen, andererseits wären es zwei augenscheinlich wehrlose Männer sicherlich nicht wert gewesen, weitere Mühen an sie zu verschwenden. Diese Geste erhärtete in mir die Auffassung, ich wäre mit vernunftbegabten Wesen und nicht mit wilden Barbaren konfrontiert, wodurch sich meine früheren Annahmen als verfehlt entpuppten. Nachdem Nio seine Schilderungen abgeschlossen hatte, hielt der uns empfangende Mann, den ich mittlerweile als Stammesoberhaupt zu identifizieren glaubte, inne und wandt sich letztendlich mitsamt seinen zwei Gefolgsleuten mir zu. Er sprach kein Wort als er mich mit seinen glasig, trüben Augen anglupschte die wie eingestanzt in diesem leeren Primatenkopf lagen. Im Unvermögen darüber sich dieser überaus unangenehmen Situation zu entziehen, packte mich das vermeintliche Stammesoberhaupt an der Schulter und sprach mit lauter, herrischer und bestimmter Stimme darüber, mir die Finger abzuschneiden und zu verspeisen, bevor er mich kräftig schubste und ich zu Boden fiel. Die übrigen Dorfbewohner scherten sich nicht um unseren Verbleib und ergarben sich lethargisch in einem leisen, diabolischen und mir unverständlichen Singsang. Kurz nachdem ich mich aufgerichtet hatte, ging ich unter aufmerksamer Beobachtung desjenigen der mich zu Boden brachte zu Nio, der sich inzwischen zurück in sein Auto gesetzt hatte. Von den hier lebenden Menschen hatte ich laut seiner Aussage nichts außer Schikane und konsequenzlosen Drohungen zu befürchten, also verabschiedete ich mich von Nio, dem eine Bezahlung im Voraus als einzige akzeptable Vergütung im Sinne stand und erteilte ihm das Zeichen zur Abfahrt. Zum Abschied winkte er mir zu, ich bedankte mich und sah ihn die breite Straße zurückfahren wodurch das Auto eine hohe Staubwolke heraufwirbelte. Der Patriarch, dessen Erlaubnis, das Dorf zu passieren ich auf meiner Seite zu wissen durfte, schlurfte haltungslos mit seinem loyalen Anhängsel zurück zur dümmlich wirkenden Masse. Mit meinem Rucksack auf dem Rücken ging ich schnellen Schrittes, entlang den bescheidenen Behausungen quer durch diesen feindseligen Ort, darauf bedacht mein Haupt gesenkt zu halten, schließlich erschien mir der Gedanke nicht abwegig, diese Hinterweltler könnten einen, von mir ausgestrahlten Blick als Provokation deuten. Was mir sicherlich am geringsten behagte, waren diese grässlich anzuhörende Kakofonien und schiefen Äugungen, wie mein Unvermögen diese zu interpretieren, dass ich mir meiner Unversehrtheit nicht sicher sein konnte. Auf zitternden Beinen konnte ich endlich die gewaltbereite Meute hinter mir lassen, um nun vor dem geballten Ausmaßes des Dschungels mein eigentliches Ziel anzupeilen, dass sich 2 Tagesmärsche gen Süden von meiner Position entfernt befinden müsste, was meinen vergangenen Recherchen zu verdanken war und dessen gewissenhafte Ermittlung keinen Platz für Ungereimtheiten bot. Nach einigen Minuten des voranschreitens durch die üppige Vegetation, hielt ich an um mich mit meiner Ausrüstung auszustatten, die im Rucksack gelagert war und die ich nicht im Beisein des zurückliegenden Pöbels zutage tragen wollte, um eine mögliche Eskalation, ausgelöst durch den Anblick meiner Machete und Pistole, im Keim zu ersticken. Ich entnahm meinem Vorrat, neben den bereits genannten Gegenständen auch meinen Kompass, dessen Nadel sich glücklicherweise nach Süden und somit in entgegengesetzte Richtung zum Dorf auslegte und sich meiner Einschätzung, ausgehend vom Standpunkt der Sonne nur knapp entzog. Mein zusammengestellter Proviant langte für die, von mir ausgegange Dauer der Expedition, den ich auf Vollständigkeit und Qualität prüfte, bevor ich die 8 Patronen fassende, geladene Pistole in mein Hüftholster schob. Notizblock und Bleistift entnahm ich dem Seitenfach und machte mich daran die sich kürzlich zugetragenen Szenen zu dokumentieren, wobei ich auf größere Umschreibungen verzichtete, denn waren sie im Zuge meiner anstehenden Forschung keiner weiteren Aufmerksamkeit würdig. Am 18.05.1912, meine Armbanduhr zeigte inzwischen 11:47, setzte ich meine Machete schwingende Wanderschaft im Urwald fort. Wege, mühsam freigeschlagen, führten meinen durch Schwüle und Erschöpfung verschwitzten, stockend vorankommenden Leib durch allerlei, mir bekannte exotischste Flora auf derer sich Insekten niederließen um sich entweder am Nektar oder an Beutetieren gütlich zu tun. Die topoligischen Gegebenheiten wurden zu einem Hindernis, das von mir nur durch Rast und Wasser überwunden werden konnte, bis sich, zugunsten meines geschundenen Körpers, die steigende Anhöhe allmählich zur wohltuenden abgeflachten Mäßigung verschrieb. Monströs in alle Richtungen wachsende Bäume umgaben mich, tauchten den Wald in Halbschatten, verhöhnten die schwächliche Figur zu ihren Wurzeln und bargen mehrere, Brüllaffen die meiner Kenntnis nahmen; sie  schienen Spott über meine, aus ihrer Sicht herumirrenden, einsamen Situation zu treiben und kreischten lautstark sodass es mir in den Ohren schmerzte. Zwischen den breiten Stämmen und unter affenbewohnten Ästen mischten sich weitläufige Büsche und Sträucher. Ihre Höhe und Fülle raubte mir die Sicht und das Durchqueren nagte an meinen Kräften. Die spitzen Äste schnitten mir ins Gesicht und schon bald war es von brennenden Wunden übersät. Zu meiner rechten raschelte es im Gestrüpp und ich zog vor Schreck, augenblicklich meine Pistole, hielt sie gesichert und in die Richtung aus der das Geräusch gekommen war um mich rechtzeitig aus einer plötzlich auftretenden Notlage selbstständig zu befreien. Neben meinem langsam gewordenen Atem und hämmernden Herzen fühlte ich nur die Schweißtropfen die meinen beiden Schläfen herunterflossen. Als ich die längliche, herabhängende Schnauze aus dem Busch treten sah, beunruhigte mich das abartige Aussehen dieses Dinges derart, dass ich nicht davon ablies die Waffe darauf zu richten. Eine tief in meinem Unterbewusstsein verankerte, instinktive Angst breitete sich in meinem lahmen Körper aus, als es mir seine groteske und unmögliche Form darbot. Augen konnte ich keine ausfindig machen und die fünfgliedrigen Stummel an den Enden der vier Beine sahen menschlichen Händen bemerkenswert ähnlich, doch der nackte, fahle Rumpf zeigte keinerlei Verbindung zu mir bekannten Landlebewesen. Nachdem ich einige Zeit lang aus diesen augenlosen Höhlen angestarrt wurde, zog es sich still ins Dickicht zurück, ohne auch nur einen Ton von sich zu geben. Es begann zu dämmern, ich hatte meinen Weg seither weitestgehend unbeschadet fortgesetzt und die Uhr zeigte mir an, dass es nun 18:05 war. Abgesehen von den starken Niederschlägen, von mir durch meinen Regenponcho den ich bei mir trug abgehalten, geschah an dem restlichen Tag nichts Erwähnenswertes und ich machte mich dazu, mein Lager bestehend aus einem kleinem Zelt, einigen über mir festgemachten Planen und einer Feuerstelle im trüben Zwielicht zu errichten. Einige größere tote Baumstämme dienten mir als eine Quelle für Feuerholz. Ich trug die äußersten Schichten mithilfe eines, um mein rechtes Bein mit Riemen festgemachtes, Bowiemessers, und eines Steines, die von mir zum Hammer und Meisel umfunktioniert wurden, ab, um so an das trockene Innere des Stammes zu gelangen. Aus den größeren Holzstücken schnitzte ich dünne Spähne, legte sie zu einem Haufen inmitten der Feuerstelle und entzündete sie mit meinem Feuerstahl. Durch hinzugeben größerer Holzstapel wurde das Feuer gespeißt und schon bald wuchs es zu ausreichender Größe heran um mich für die Nacht zu wärmen. Erschöpft aß und trank ich eine großzügige Ration meines Proviants und ließ mich von meinem Schlafsack, wie den vornächtlichen Geräuschen des Urwalds, in tiefen Schlummer begleiten. Vom Lärm des erwachenen Dschungels wurde ich aus meinen Träumen gerissen. Mein Schlaf war so tief, erholsam und sanft, wie er es daheim immer seltener wurde; womöglich war die mich umgebende magische Athmosphäre und all die, in der Luft liegende Harmonie, abstammend von ungezählten friedvollen Jahren, daran nicht unbeteiligt gewesen. Die ausgefüllten Städte, gefüllt vom Trubel und Lärm haben die alte Magie verscheucht, die Götter haben in dem menschlichen selbstzerstörerischen Verhalten keinen Sinn mehr gefunden, der ihr aufopferndes Wesen, ihre Mühen und Zuneigung gerechtfertigt hätte, also wandten sie sich ab. Letztendlich blieben die Menschen sich selbst überlassen, zu bilden ihr eigenes Reich, das heutige Reich, welches überladen ist und überquillt von falschen Wahrheiten, das Reich, dass droht zu ertrinken innerhalb der eigenen schändlichen Werten aus löchrigen Köpfen. Dies war ein Versuch, meinen vergangenen Traum zu deuten und zu verstehen, welcher erschreckenderweise dem Inhalt der Gesänge jener Urwaldbewohner entsprach, deren misstönende Klagelieder ich nun fähig war zu verstehen und die mich begleiteten, als ich verängstigt durch ihr Dorf huschte. Ich pellte  mich aus meinem Schlafsack hoch und widmete mich meinem Notizblock. Der zweite Tag meiner Expedition war nun angebrochen und ich schrieb Vergangenes nieder, während ich eine kleine Mahlzeit zu mir nahm. Das Wetter war zum verstrichenen Tag nicht zu unterscheiden, weiterhin stickige, erdrückende Schwüle, ab und an heftige Schauer, dennoch lies ich mich von meinem Sehnsuchtsort nicht abbringen; Gedanken an die, zum Greifen nahe Möglichkeit, untergegangen geglaubte Kulturen wiederzubeleben, beflügelten mich und ließen meine Bedenken fast gänzlich verschwinden. Meine Position prüfte ich mittels einer Landkarte, die ich speziell für mein Vorhaben hab anfertigen lassen, sowie dem Kompass aus meiner Hosentasche. Ich durfte mich meiner Richtung richtig wissen und schätzte meine Ankunft auf ca 15:45 Uhr, worauf ich mich zum Aufbruch drängte. Im Verlauf der Reise wurden meine Ängste vor lauernden Gefahren, spürbar geringer; dies gründete sich wohl darauf, dass bereits unzählige Tiere meiner Präsenz Zeuge wurden und sich in ihrer Gegenwart blitzartig davonstahlen, wodurch es mich stetig aufschrecken lies und einiger Beruhigung bedurfte, ehe ich mich gesammelt hatte und weiterschritt. Nach Stunden des Wanderns begann ich in der Ferne ein mir vertrautes doch undefinierbares Geräusch wahrzunehmen. Ich entschloss mich kurzerhand dazu, den eingeschlagenen Kurs zu verlassen, um die Quelle dessen ausfindig zu machen, was mich derart beschäftigte, auch wenn ich mir bewusst war, dass ich mich dadurch meinem eigentlichem Ziel entfernen würde. Den mitgeführten Proviant ließ ich größer ausfallen, um anfallende Komplikationen zu kompensieren, was hieß, ich hatte genügend Ressourcen, um mich dieser unerträglichen Neugier zu ergeben. Weiterer Überlegungen zum Überdruss näherte ich mich und konnte ein plätschern heraushören, das an Lautstärke gewann, je näher ich ihm kam. Zwischen den eng beieinander stehenden Bäumen sah ich einen schmalen Fluss, trat hervor und fand mich auf einer kleinen, lichten, steinernen Stelle wieder. Der Fluss floss von östlicher in südwestliche Richtung und wurde von einem höhergelegenen, meiner Sicht entzogenen Plateau gespeist. Am Ufer füllte ich meine geleerten Feldflaschen auf, obgleich mein Wasservorrat für die Heimreise ausreichend gewesen war. Und als ich die nun volle Flasche schloss, erspähte ich etwas und um ein Haar, hätte es mich meiner Fassung gekostet. Am gegenüberliegenden Ufer dünkte es mich, zwischen klein gewachsenen Sträucher, weit hinter dem Ufer gelegen, im verborgenen ein Konstrukt zu erhaschen und nachdem ich es gründlich gemustert hatte, beschlich mich eine beinahe prophetische und groteske Vorahnung. Langsam ging ich, wie unter Trance, ferngesteuert auf meine jüngste Entdeckung zu, die mich über das seichte, klare Gewässer zwang. Könnte es sein, dass meine traute Abgeschiedenheit im Schwunde begriffen war; diese Frage stellte ich mir, als ich das verwahrloste Lager betrachtete, das einsam inmitten einer kleinen Lichtung lag. Es bestand aus einem, in sich zusammengefallenem Zelt vor einer kleinen Feuerstelle. Einige Planen befanden sich verstreut um das Zelt und rückschlüssig auf dessen Umfang fasste es mehr als einen Bewohner. Ich suchte die Umgebung nach Rückständen ab, in der Hoffnung, Informationen über den dafür Verantwortlichen in Erfahrung bringen zu können. Unweit des Lagers fuhr ich dann zusammen; eine schier göttliche Autorität beraubte mich zeitweise meiner Sinne. Und dann sah ich es, dieses markabre Grinsen, als würde es sich über etwas amüsantes auslassen. Ein beinahe vollständiges, noch dazu gut erhaltenes Skelett lag ausgestreckt vor mir, und es war nicht etwa die nüchterne Anwesenheit des Todes, die mich plötzlich in Paranoier versetzte, schließlich war ich nun mehrere Jahrzehnte Anthropologe und scheute mich nicht vor dem Anblick menschlicher Gerippe. Auch nicht die Erkenntnis, dass der Leichnam nur wenige Wochen alt sein musste, dieses Wissen war meinen Erfahrungen und den Lehren meines Mentors zu verdanken. Sondern die abnorme Todesursache die sich erbarmungslos in mein Innerstes einbrannte. Denn ich stellte eine unverkennbare Beobachtung fest; der Schädel wies zwei Löcher an beiden Schläfen auf, was sich wohl auf die Pistole zurückführen ließ, deren Schlitten mir deutlich zeigte, dass sie entladen war und sich in unmittelbarer Nähe zum Hinterbliebenen befand. Es entzog sich mir, ob es sich hierbei nun um Mord handelte, oder diese Person möglicherweise den Freitod gewählt hatte. Entgegen dem Verlangen, das Gesehene zu vergessen, beschloss ich die jüngsten Entdeckungen zu dokumentieren. Es war 14:21 Uhr, über mein körperliches Ergehen war nicht zu klagen, leider teilte meine mitgenommene Psyche diesen Zustand nicht. Ich musste in Erfahrung bringen, was diesem bemitleidenswerten Menschen zugestoßen worden war, schon um meiner eigenen Sicherheit willen. Vertieft in meiner verzweifelten Suche, trat ich plötzlich auf etwas feuchtes, schwammiges, das dem Druck meines Gewichtes nachgab. Erst glaubte ich, versehentlich auf ein gut getarntes Tier getreten zu sein, doch als ich zurückschrack konnte ich es deutlich erkennen. Vor mir lag ein einwandfreies, schwarzes, kleines Buch und ich versprach mir dadurch, Aufschluss über das vergangene Geschehen zu erhalten. Das Buch lag mit der Vorderseite zu mir, wodurch der Großteil des geschriebenen von Regen und Feuchte unkenntlich gemacht wurde. Lediglich ein paar, wenige, hintere Seiten konnte ich mithilfe meiner weitläufigen Sprachkenntnis entziffern und bedauernswerter Weise tat ich dies. Das nun Folgende, konnte ich den gefundenen Aufzeichnungen entnehmen:

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⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 18, 2021 ⏰

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