Für den Zonenschutz und Jäger in der vierten Zone galt eine Sonderregelung. Es gab nicht viele Jäger, weshalb jegliche Aktivitäten, die etwas mit den Waffen zu tun hatten, überwacht werden konnten. Sie durften Gewehre oder mitunter auch Bögen zwar besitzen, jedoch nicht an einfache Bürger wie mich weitergeben. Das hieß, dass das, was Maddox hier gerade tat, nicht ganz legal war.

»Bekommst du deshalb keinen Ärger?«, fragte ich und nahm ihm das Gewehr ab.

Mads schüttelte den Kopf. »Ich hab' einen der Wächter vom Zonenschutz bestochen, der heute Überwachungsdienst hat. Der wird niemandem was erzählen.«

»Was hast du ihm geboten?«, hakte ich neugierig nach und auf seinem Gesicht bildete sich ein teuflisches Grinsen.

»Ich sag's mal so: Ich hab 'n paar Informationen über ihn. Wenn er die Klappe hält, erfahren's seine Vorgesetzten nicht.«

Ich schnaubte amüsiert und musste ebenfalls grinsen. »Also hast du ihn erpresst?«

»Eher höflich gebeten ...« Maddox zwinkerte mir zu, wurde aber schnell wieder ernst. »Komm jetzt, es ist schon spät.«

Er schulterte sein Gewehr und lief voraus. Ich folgte ihm.
Während wir auf dem Weg zum Wald waren – Mads' Laden befand sich glücklicherweise ganz in der Nähe – schwiegen wir. Es war ein seltsames Gefühl so früh draußen unterwegs zu sein. Der gedämpfte Lärm, der sonst tagsüber in der Vier das geschäftige Treiben der Arbeiter verriet, war verstummt und die Straßen lagen ruhig, fast schon gespenstisch still vor uns. Nur unsere Schritte ließen auf dem unebenen Boden ein Knirschen hören.

Der Wald war noch dunkler als der Rest der Zone. Ich zog die dünne Jacke meines Vaters enger um mich und richtete den Kragen auf. Obwohl es Sommer und am Tag unmenschlich heiß war, kühlte sich die Luft in der Nacht ordentlich ab. Im Wald, der sich aufgrund der dichten Baumkronen kaum erhitzte, war es deshalb nun ziemlich kalt.

Der Mond sandte sein bereits schwächer werdendes Licht in unterbrochenen Strahlen auf den Boden. Ab und an raschelten die Blätter und das ein oder andere Tier flitzte über den trockenen Boden.

Maddox dirigierte mich mit einem kurzen Zischen und Kopfrucken ins Dickicht hinein, weg von dem Weg, der durch den Wald führte.

Der Alte nahm das Gewehr in beide Hände, den Lauf gen Boden gerichtet und schlich nun jedes Schrittes bedacht durch das Unterholz. Ich tat es ihm nach und versuchte so wenig Geräusche wie möglich zu machen.

Als ich jedoch auf einen Ast trat, der ein lautes Knacken von sich gab, hielt Maddox ruckartig an und bedachte mich mit einem grimmigen Blick. Ich formte mit dem Mund ein lautloses »Entschuldigung« und er setzte seinen Weg fort. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, bis wir schließlich stehen blieben.

»In diesem Gebiet des Waldes lebt 'n Sprung Rehe. Spürst du das hier?« Ich konnte nur die Umrisse von Maddox erkennen, der nun meine Hand nahm und sie zu einem Baumstamm führte.

»Die Rinde ist teilweise verschwunden, oder?«, antwortete ich.

»Genau«, flüsterte er. »Der Sommer ist so heiß wie schon lange nicht mehr. Die natürliche Nahrung der Rehe geht ein. Sobald das Wild keine Gräser oder Kräuter mehr findet, fressen sie die Knospen oder die Rinde von Bäumen.«

Noch einmal tastete ich an dem Stamm entlang und fand auch weiter unten eine kahle Stelle.

»Wir legen uns hier ins Dickicht«, verkündete Maddox entschlossen. Umständlich kniete er sich hin und legte sich schließlich auf den Bauch. Sein Bein schien ihm immer mehr Probleme zu bereiten, doch ich wusste aus Erfahrung, dass er sich nicht gerne helfen ließ. Dazu war er zu stolz.

Captured | Band 1Where stories live. Discover now