Arbeit auf der Lichtung

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Teresa war nicht so rau, wie ihr erster Eindruck hatte vermuten lassen. Während ich frühstückte, stellte sie mir die unterschiedlichsten Fragen. Im Gegensatz zu Thomas fragte sie nichts über das Labyrinth. Stattdessen wollte sie alles über unser Leben auf der Lichtung wissen. Wie wir die Jobs verteilt hatten und wieso es die Regeln gab. Sie fragte nach meiner Meinung zu unserem Tagesablauf und zu wem ich hier welche Beziehung hatte. Es war ein bisschen, wie in einem Verhör. Trotzdem versuchte ich alles so gut es ging zu beantworten. Sie war geduldig, ruhig und höflich. Es war ganz angenehm mit ihr zu reden.
„Also mit wie vielen Jungen hier warst du zusammen?", fragte Teresa aus dem Nichts, während wir zu den Gärten gingen.
„Warte, was?!", fragte ich überrascht von der direkten Frage.
„Ich weiß es geht mich nichts an, aber ich kann gegen meine Neugier nichts machen."
Ich hob eine Augenbraue. „Mit keinem.", antwortete ich langsam.
„Ach komm, echt jetzt? Du bist seit über einem Jahr hier und du willst mir erzählen, dass du hier nie für jemanden etwas gefühlt hast oder jemand etwas für dich gefühlt hat?"
„Ich lasse deine Traumblase ja nur ungern platzen, aber wir sind von irgendwem in ein riesiges Labyrinth gesperrt worden und versuchen zu überleben. Da sind für romantische Gefühle keine Zeit." Ich war mir nicht sicher, ob es wirklich daran lag. Viel mehr ging ich davon aus, dass Alby den Jungs eingetrichtert hatte sich von mir fernzuhalten.
„Schade. Ich hätte gerne all die dramatischen Geschichten gehört."
Ich lachte auf. „Klar, natürlich."
„Kann ich dich noch etwas anderes fragen?" Sie wirkte plötzlich zögerlich.
„Schieß los."
„Was ist mir dir passiert?" Sie betrachtete meinen Hals, wo Ben mich gewürgt hatte und einen Teil an meiner Hüfte, an der mein Top hochgerutscht war und so die blauen Flecken des Griewers offenbarte.
Schnell zog ich den Stoff nach unten. „Ich hatte anstrengende Tage. Vielleicht sollten wir es dabei belassen." Ich wollte ihr mit den Geschichten keine Angst machen. Es war auch ohne meine Erlebnisse schlimm genug ein Frischling zu sein. Teresa schien meine ausweichende Antwort zu akzeptieren, worüber ich froh war.
Zart sah von seiner Arbeit auf, als ich mit Teresa zu den Gärten kam. „Ah die Steineschmeißerin."
Ich verdrehte die Augen. „Ignorier ihn.", murmelte ich in Teresas Richtung und tat so, als würde ich Zart an den Hinterkopf hauen wollen. „Und du, sei lieb."
„Bin ich immer.", erwiderte dieser und zwinkerte mir zu.
Lächelnd ging ich weiter in die Gärten hinein. „Das war Zart, er ist der Hüter der Gärtner. Er ist frech, aber auch sehr freundlich.", erklärte ich.
„Das hier habt ihr alles alleine aufgebaut?" Teresa betrachtete staunend die Pflanzen um uns herum.
„Jap. Hat die anderen viel Schweiß gekostet."
„Dich nicht?", hakte sie nach.
„Als ich kam war alles schon aufgebaut. Ich helfe nur noch beim erhalten."
„Sag das nicht so, als wäre es etwas schlechtes." Newt tauchte vor uns auf.
„Mache ich doch gar nicht. Ich meine ja nur. Ihr hattet die Hauptarbeit." Ich drehte mich zu Teresa. „Newt kennst du oder?"
Sie nickte. „Er hat mich gestern Abend noch ein wenig rumgeführt." Sie sah sich um. „Also, was gibt es zu tun?"

Im Gegensatz zu Thomas packte Teresa richtig mit an. Sie schaufelte, schleppte Eimer voller Erde, jätete Unkraut, ging Dünger holen. Gegen Mittag war ein Großteil der Arbeit erledigt. Den restlichen Tag könnten wir den anderen zur Hand gehen. Durch die Vorfälle in letzter Zeit, war bei vielen die Arbeit liegen geblieben. Jetzt mussten wir die verpasste Zeit wieder nachholen. Doch zuerst setzten wir uns zum Mittagessen zusammen. Während Teresa auf ihr Essen wartete, fragte ich Newt nach Alby.
„Er ist noch nicht aufgewacht. Aber die Venen sind verschwunden. Selbst die Einstichstelle sieht wieder normal aus. Es ist unglaublich." Er schüttelte fassungslos den Kopf.
„Ich frage mich nur...Die Schöpfer hatten die ganze Zeit ein Heilmittel. Wieso schicken sie es erst jetzt?", fragte ich. Newt zuckte mit den Schultern. Keiner von uns sprach es aus, aber wir dachten das gleiche. Wir hätten Ben retten können. Die Schöpfer hätten Ben retten können, doch das hatten sie nicht. Waren wir so ersetzbar, dass es keine Rolle spielte wenn jemand starb? Zählte das zum Plan? Ich konnte mir keinen Reim aus unserer Situation machen. Winston, Chuck und Gally setzten sich zu uns und rissen mich aus meinen Gedanken. Ich sah das Gallys Hand verbunden war. Er bemerkte meinen Blick und sagte warnend: „Sei nur ja still."
Alle außer Gally brachen gleichzeitig in Gelächter aus.
„Tut mir wirklich leid Gally, aber fairerweise musst du doch zugeben, dass ihr sehr darum bemüht seid euer Image zu bewahren.", japste ich.
„Wie gesagt, du kannst gerne für mich übernehmen.", forderte er.
„Ok. Heute Mittag helfe ich euch. Was bekomme ich, wenn ich mir nicht eine Verletzung zufüge?"
Chuck grinste, offenbar amüsiert von unserem Wortwechsel.
Gally sah mich erstaunt an. In letzter Zeit überraschte ich ihn oft. „Dann solltest du über einen Berufswechsel nachdenken.", antwortete er schließlich.
„Hey, warte mal. Willst du mir hier etwa meine Gärtnerin wegholen?", mischte Newt sich ein.
Ich winkte ab. „Bauen ist auf Dauer nichts für mich, keine Angst. Dieser eine Mittag reicht, um zu beweisen das ich besser bin, als er."
Gally grinste überheblich. „Werden wir ja sehen."
In dem Moment stieß Teresa zu uns und setzte sich neben mich. Wir wechselten das Thema, beantworteten ein paar ihrer Fragen und genossen die Sonne.
„Ist es in Ordnung, wenn ich nach dem Mittagessen Jeff und Clint bei ihrer Wache über Alby Gesellschaft leiste?", fragte Teresa, während Winston unser Geschirr zurückbrachte.
Newt nickte. „Wir sind eh fast fertig mit der Arbeit."
„Kann ich mitkommen?", fragte Chuck begierig. Man merkte ihm an, wie wenig Lust er hatte zu seiner Arbeit zurückzukehren. Ich nickte an Newts Stelle und die beiden gingen sofort los.
„Sie stellt komische Fragen.", sagte Newt, sobald die beiden außer Hörweite waren.
„Jap, aber es hat etwas erfrischendes."
Newt grinste mich an. „Du freust dich nur das hier jetzt ein weiteres Mädchen ist. Egal wie schräg sie auch sein mag."
„Möglich."
Gally sah mich abwartend an. „Bereit?"
„Klar." Ich winkte Newt. „Bis heute Abend." Dann folgte ich Gally in Richtung des Platzes, auf dem die neue Hütte entstehen sollte. Die nächsten Stunden half ich Bretter zu schleppen, auszumessen und schließlich so aufzustellen, wie sie später befestigt werden sollten. Dabei bemerkte ich, dass es einen guten Grund hatte das ich kein Schlitzer geworden war. Die Arbeit langweilte mich. Ich war zwar die ganze Zeit beschäftigt, aber die Aufgaben erschienen so stumpfsinnig und eintönig. Ich vermisste meine Pflanzen und das Unkraut das noch gejätet werden musste. Trotzdem gab ich mir Mühe und packte überall mit an. Zwischendurch holte ich mir einen Schleiter, an einem der Bretter, doch ich ließ mir nichts anmerken. Stattdessen zog ich, während Gally abgelenkt war, so lange daran herum, bis er raus war. Ohne ein Wort darüber zu verlieren, half ich weiter mit. Kein Schlitzer verletzte sich an diesem Mittag.
„Ich muss zugeben: Das war nicht schlecht.", sagte Gally, als wir das letzte Brett für diesen Tag befestigten. „Du hast es geschafft, also..." Er zögerte. „Darfst du in Zukunft deine Witze auf meine Kosten machen."
Ich zog überrascht eine Augenbraue nach oben. Das hatte ich nicht erwartet. Im ersten Moment, wusste ich nicht was ich sagen sollte. „Wow...ähm...Danke? Aber ich denke du solltest das Angebot zurück nehmen."
„Wieso das denn?"
„Wo bleibt denn der Spaß, wenn ich die Erlaubnis habe dich zu ärgern?"
Gally lachte leise. Er wollte etwas sagen, doch wurde von einem Rumpeln unterbrochen. Es hörte sich an wie das Geräusch, wenn das Labyrinth sich nachts veränderte. Doch es war noch hell und die Tore waren noch offen. Was war hier los?

Lauf, solange du noch kannst [Maze Runner Fanfiction]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt