Kapitel 10

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Felicia

Jetzt wo Felicia eine Märtyrerin kannte hatte ihr Christsein eine ganz neue Dimension angenommen. Der Preis, den sie und ihre Glaubensgenossen bereit waren zu zahlen, wurde ihr erneut bewusst. Durch die Eiserne Jungfrau zu sterben musste grässlich sein. Man wurde in eine Figur aus Holz oder Eisen gestellt, die meistens die Gestalt einer Frau hatte- daher auch der Name. Im inneren dieser Figur waren Nägel befestigt. Wenn man die Figur schloss bohrten sich die Nägel in den Körper der Person und brachten dieser, große Schmerzen und manchmal sogar auch den Tod- so wie in Melinas Fall.

Felicia sah wie sehr Elin unter dem Verlust dieser Freundin litt. Eines Abends setzte sich Lici zu ihr. „Du sahst heute so traurig aus. Was war los mit dir?" 

„Ich musste an Melli denken. Sie hatte ein Geheimnis vor mir und ihr alle wusstet es, nur ich nicht. Wir haben uns in dieser kurzen Zeit immer alles gesagt, aber das hat sie mir nicht anvertraut." 

Felicia schluckte. Auch sie kannte dieses Geheimnis nicht. Elin schien schwer daran zu kauen. „Frag doch Sonia. Sie wird es dir sicher erzählen." 

„Meinst du?" 

Felicia nickte und tätschelte ihrer Freundin aufmunternd die Schulter. „Meine ich." 

Elin erhob sich schwerfällig. „Na dann probiere ich es mal." 

„Tu das." 

„Kommst du nicht mit?" Elin sah zu ihr herunter. 

„Wenn du willst. Ich weiß es nämlich auch nicht." 

Die beiden gingen zu Sonia hinüber, die sich gerade mit Ramona und ein paar anderen unterhielt. „Soni, kann ich dich was fragen?" Elin setzte sich neben die alte Frau. 

„Schieß los." 

Elin fummelte an ihrer Bluse herum. „Was haben Melli und ihr mir die ganze Zeit verheimlicht? Welches Geheimnis hatte sie? Und warum hat sie mir nichts davon erzählt?" 

Sonia seufzte und streckte die Beine von sich. „Ich wusste, dass du mich das fragst. Melina wollte nicht, dass du es weißt, weil du dir dann nur noch mehr Sorgen um sie machen würdest." 

 „Was war es, Soni?", drängte Elin ungeduldig. 

Sonia blickte ihr lange in die Augen und Felicia kam es vor, als würde sie nie antworten. „Sie... sie erwartete ein Kind, Elin. Deshalb war sie so krank." 

„Was?" Elin sackte in sich zusammen. Sie war ganz blass geworden. 

„Ja. Jetzt sind sie beide tot. Das Kind war es vielleicht schon längst." 

„Und sie hat mir nichts gesagt." Elin bedeckte das Gesicht mit ihren Händen und ihre Schultern bebten. Felicia hatte Mitleid mit ihr. Ihre beste Freundin hatte ihr ein großes Geheimnis nicht verraten. Kein Wunder, dass sie das alles so mitnahm. „Ich versteh das nicht", brachte Elin endlich unter großem schluchzen hervor. 

Felicia legte einen Arm um ihre Schultern und drückte sie an sich. Was konnte sie sagen? Was würde Elin trösten? 

„Ich hätte doch alles versucht, um ihr zu helfen. Warum wollte sie meine Hilfe denn nicht?" 

 „Weil es gefährlich ist, Elin." Sonia schaute sie mitfühlend an. „Du konntest nichts für sie tun. Du hast viel versucht und ihr damit geholfen, aber sie konnte nicht mit ansehen, wie du um ihretwillen geschlagen wurdest." 

„Nur ein Mal." 

„Trotzdem. Sie hatte ein schlechtes Gewissen und wollte dich nicht in Schwierigkeiten bringen." 

Bis in den TodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt