19 - Entenverfolgung

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Ganze zehn Minuten zu früh erreiche ich die kleine Eisdiele in der Innenstadt. Da ich wie eine Geisteskranke - oder auch wie eine Verliebte - in die Pedalen getreten habe, bin ich nun außer Atem und muss mir erstmal mit der Hand Luft zufächeln.

Glücklicherweise ist Trace nicht so überpünktlich wie ich, denn würde er mich in diesem Zustand sehen, würde er mich sicherlich auslachen.

Gut, dass mir noch zehn Minuten bleiben, um Luft zu bekommen und meine Körpertemperatur zu senken.

Oh Gott, hoffentlich habe ich keine Schweißränder unter den Armen!

Gerade als ich unauffällig meinen rechten Arm hebe und nach dunklen Flecken Ausschau halte, lässt mich eine bekannte Stimme zusammenzucken. „Na wenn das nicht unsere Hyperventilations-Queen Rayla ist", begrüßt mich Tory mit einem breiten Grinsen.

Anstatt etwas auf ihre Worte zu erwidern, verdrehe ich bloß meine Augen.

Warum war es eigentlich klar, dass mich Tory damit wochenlang aufziehen würde?

„Was machst du hier so ganz alleine in der Stadt?", hakt die Schwarzhaarige neugierig nach. „Mit deinem süßen Sommerkleidchen könnte man ja fast schon meinen, dass du ein Date hättest."

Erst lacht Tory, doch als sie meinen Blick sieht, der vermutlich Bände spricht, schlägt sie sich überrascht die Hand vor den Mund.

„Du hast wirklich ein Date, oder?", fragt sie mich wenige Sekunden später aufgeregt. „Wer ist der Glückliche? Lass mich raten! Er hat blonde Locken und blaue Augen, richtig?"

Wieder ist es mein Blick, der mich verrät.

„Ich wusste es!", reckt Tory triumphierend ihre Faust in die Luft. „Seit ihr euch auf der Kennlernfahrt im Schwimmbad beinahe mit euren Augen ausgezogen habt, wusste ich, dass ihr irgendwann zueinander finden würdet."

Da wusste Tory anscheinend mehr als ich, denn zu jenem Zeitpunkt waren mir Pommes noch deutlich lieber als Trace.

Unglaublich, wie schnell sich alles innerhalb von ein paar Wochen ändern kann.

„Ist das heute euer erstes Date?"

„Nein", sage ich ehrlich. „Wir haben uns schon gestern Abend getroffen. Ich-"

„Was?! Du hast schon wieder bei ihm im Bett übernachtet?", unterbricht mich Tory, indem sie voreilige Schlüsse zieht. „Ich hatte ja keine Ahnung, dass du ihn so schnell ranlassen würdest."

„Wir haben nicht miteinander und auch nicht beieinander geschlafen", berichtige ich sie sofort. „Aber eventuell haben wir uns geküsst."

Torys Augen werden so groß, dass ich Angst habe, sie könnten ihr ausfallen.

„Eventuell habt ihr euch geküsst?"

„Ja, aber nur ganz eventuell."

Ein paar Sekunden herrscht Stille zwischen uns, ehe die Schwarzhaarige wissen möchte: „Wie war es? Ich erwarte Details - vor allem die Schmutzigen!"

Automatisch muss ich lachen. Torys aufgeweckte Art macht es einem echt unmöglich, sie nicht zu mögen. Ich wünschte, wir hätten schon eher damit angefangen, mehr Zeit miteinander zu verbringen.

„Wie schon gesagt - es gibt keine schmutzigen Details", seufze ich. „Jedenfalls noch nicht."

Auch wenn mich die Gedanken an körperliche Nähe im Sinne von Intimität momentan noch abschrecken, weiß ich, dass Trace und ich irgendwann die Grenze vom Küssen überschreiten werden. Bis es allerdings so weit ist, muss noch einiges geklärt werden.

Fries before guysWhere stories live. Discover now