Sophia und Henry waren sich schon immer so erschreckend ähnlich gewesen, dass ich dagegen auffiel wie ein bunter Hund. Sie sind ruhig, gesellig, können sich gut anpassen und verstehen sich eigentlich immer gut mit jedem. Während ich schon immer lauter gewesen bin. Impulsiver. Meinen Weg immer alleine ohne fremde Hilfe gesucht und mich nie darum geschert habe, was andere von mir denken. Wir sind Geschwister, aber durch den enormen Altersunterschied und die Tatsache, dass sie eben nur die ersten zehn Jahre mit mir in einem Haus verbracht haben, auch irgendwo Fremde.

Eine halbe Stunde später, ist das Flugzeug bereits in Boston gelandet und obwohl ich schon Angst gehabt habe, dass ich über den Mann neben mir, mit den wohl jetzt tauben Ohren, drüber steigen müsste, weil er wirklich so tief und fest geschlafen hat, ist er zu meiner Verwunderung genau im richtigen Moment aufgewacht, um das Flugzeug zu verlassen. Froh darüber, stehe ich auf. Lasse meine Schultern nach diesen zweieinhalb unbequemen Stunden sanft kreisen und nehme gleich darauf, das erlösende Knacken wahr, welches mich entspannt aufseufzen lässt.

Für ein paar Minuten schaue ich den anderen Fluggästen dabei zu, wie sie eilig die Maschine verlassen wollen. Sich aneinander vorbeidrängen und herumschubsen, damit sie auch ja die ersten sind, die aussteigen können. Bis die Menge sich langsam verkleinert und ich zu den letzten gehöre, die sich ihr Handgepäck von der Ablage über den Sitzen holt und an den freundlich lächelnden Stewardessen vorbeiläuft. Auch ein Job, der absolut nichts für mich wäre. Immer freundlich sein zu müssen, das Lächeln nie verrutschen zu lassen. Selbst, wenn man vor Wut innerlich kocht, weil irgendein Gast sich dermaßen daneben benimmt.

Ein für meinen Geschmack viel zu voller Bus, bringt uns dann zum eigentlichen Flughafen zurück. Dort angekommen, setze ich mich von dem eigentlichen Menschenstrom ab, hole mein Handy hervor und mache den Flugmodus wieder raus, um eine Nachricht versenden zu können. Drücke auf den Chat meines Bruders und schicke ihm wie ausgemacht eine Nachricht, dass ich jetzt angekommen bin. Da mein Flug beinahe eine halbe Stunde Verspätung hat, müsste er sowieso schon da sein. Umso mehr wundert es mich, als die Nachricht mit nur einem Haken durchgeht.

Kopfschüttelnd stecke ich mein Handy dann wieder zurück in meine Tasche und blicke hoch zu den Schildern, die die Richtung aufweisen und mir sagen, wo ich hin muss, wenn ich zur Gepäckausgabe will. Wir hatten sowieso ausgemacht, dass ich den Flughafen über den Hauptausgang verlassen würde, damit wir uns nicht ewig suchen müssen. Was bedeutet, das Henry ja spätestens dort vorfinden müsste. Auch ohne Nachricht, wo er sich genau befindet.

Meinen Koffer wiederzubekommen, ging im Endeffekt schneller, als ich erwartet habe. Denn als ich bei dem richtigen Fließband ankomme, fährt er in genau demselben Moment an mir vorbei, weshalb ich mich nur an einer Großfamilie mit mindestens fünf Kindern vorbeischieben und den Arm ausstrecken muss, um ihn zu fassen zu bekommen. Ächzend hebe ich ihn herunter, stelle ihn dann vor mir ab und untersuche ihn grob, um nachzusehen, ob beim Transport irgendetwas auf oder gar kaputtgegangen ist. Wäre zumindest nicht das erste Mal. Doch als ich feststelle, das alles in Ordnung ist, nicke ich zufrieden und lege mein Handgepäck auf ihm ab, damit ich das nicht auch noch tragen muss.

Obwohl ich die letzten Jahre oft hier gewesen bin, muss ich trotzdem nach einem Schild suchen, welches mir den Weg zum Ausgang zeigt. Langsam laufe ich dann los, ziehe meinen Lieblingskoffer mit den vier Rollen neben mir her und gehe in der Hektik der anderen Menschen unter. Irgendwann, kommt der Hauptausgang immer näher. Bis ich schlussendlich das stickige Innere des Flughafens verlasse und nach draußen trete. Das erste, was ich spüre, warmes Sonnenlicht auf meiner Haut ist. Überrascht stelle ich fest, dass das Wetter ausnahmsweise noch besser ist, als in Chicago. Fast keine einzige Wolke am Himmelszelt zu entdecken ist und meine Laune dadurch tatsächlich sofort ansteigt.

Fool for youUnde poveștirile trăiesc. Descoperă acum