155 Tage vorher

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FAITH

Als ich aufwachte, lag ich in einem Bett. Ich Kniff die Augen zusammen, weil die Sonnenstrahlen direkt in mein Gesicht schienen und ich nichts erkennen konnte, weil es zu hell war.

Als ich meinen Orientierungssinn wieder bei mir hatte, sah ich mich um. Ich war eindeutig nicht mehr in der Umkleide, oder bei mir zu Hause. Ich kannte dieses Zimmer nicht. Es war riesig und in einem vintagelook eingerichtet.

Ich schlug die weiße Decke zur Seite und setzte mich so langsam es ging auf. Alles begann sich zu drehen, als ich versuchte aufzustehen und schwarze Flecken beeinträchtigten mein Sehvermögen erheblich.
Meine Beine wurden weich wie Pudding und ich konnte nicht anders, als mich wieder hin zu setzen.

Ich stützte meine Ellenbogen auf meine Beine und meinen Kopf auf meine kalten Hände, die das erste mal nützlich für etwas waren. Sie stillten den Schmerz in meinem Kopf. Ich atmete tief ein und langsam wieder aus, bis ich Stimmen vor der Tür wahrnahm.

Ich hatte ein mulmiges Gefühl im Bauch, was immer stärker wurde, weil ich nicht jeden Tag bei jemandem aufwachte, wo ich nicht weiß wem das Zimmer gehört und vor allem wer mich hergebracht hatte.

Ich lauschte verwirrt den lauten Tönen und hielt die Luft an, damit ich besser hören konnte, wo ich war, oder mit wem ich hier war.

Eigentlich müsste ich garnicht so leise sein, da die Stimmen nicht zu überhören waren. Irgendjemand stritt sich gerade vor der Tür, doch ich wollte nicht auffallen. Eigentlich wollte ich sogar nicht nur wissen zu wem die Stimmen gehörten, sondern auch was sie sagten.

"Harry, wieso Faith!", jammerte eine weinerliche Frauenstimme.

Sofort sprang mein Herz im Dreieck, als ich meinen Namen hörte und es klopfte stärker als je zuvor gegen meinen Brustkorb.

Jetzt war ich noch stiller.

"Du hast mir nichts mehr vor zu schreiben!", schrie eine raue und laute Stimme aufgebracht.

"Harry..." , hauchte ich und bekam einen Schock, als ich seine gefährlich laute Stimme hörte. Am liebsten wäre ich rausgerannt, um zu sehen wer das Mädchen war.

"Sie ist so eine Schlampe und du?! Du verletzt mich und lässt mich im Stich! Und jetzt rennst du so einer auch noch hinterher?", die Frauenstimme war nicht zu überhören, aber ich hatte keine Ahnung wer das war. Es war zu schwer die Stimme zu einem Bekannten Gesicht zu zu ordnen, weil die Frau die ganze Zeit weinte, doch ich verspürte kein Mitleid, weil sie mich beleidigt hatte, aber dafür hatte ich Angst. Ich hatte Angst, dass einer der beiden bemerken würde, dass ich lauschte.

"Sag das nicht noch mal!", drohte Harry.

Die beiden Stimmen wurden immer leiser, es hörte sich an , als würden sie von der Tür weggehen.

Plötzlich hörte ich einen lauten Knall und zuckte erschrocken zusammen.

Ich hielt die Luft an, wartete ab, was als nächstes passieren würde. Mit aufgerissenen Augen starrte ich Minuten lang auf die Zimmertür, doch danach hörte man nichts. Es war eine Stille in dem Zimmer, die fast nicht auszuhalten war.
Ich hörte die ganze Zeit nur meinen leisen Atem und wie mein Herz schnell in meiner Brust schlug und das pochen, was davon abging war auch in meinen Ohren zu hören und man spürte es überall. Es war als würde nur noch mein Herzschlag das einzige lebende hier sein.

Ich stand langsam auf, ein anschwellender Knoten machte sich in meinem Hals breit und ich bekam weniger Luft als zuvor, weswegen ich durch meinen Mund atmen musste.

Mein Atem wurde schneller, als ich an die Tür ging und meine Augen die Türklinke suchten und ich dann vorsichtig meine bleiche und kalte Hand auf die silberne Klinke legte, aber ich traute mich nicht hinunter zu drücken . Ich wusste nicht genau wieso ich so eine Angst hatte, aber diese Stille verursachte etwas in mir, von dem ich keinen blassen Schimmer hatte, was es war.

Langsam, ganz langsam drückte ich immer weiter die Türklinke hinunter und öffnete die Tür einen Spalt.

Neugierde trieb mich voran und ich schlüpfte durch den kleinen geöffneten Türschlitz. Ich hatte die ganze Zeit alles im Blick und schloss so leise wie ich konnte die Tür hinter mir.

"Harry?", rief ich , als ich all meinen Mut zusammen genommen hatte und ging immer weiter den endlosen Flur hinab. Ich sah mir beim vorbeigehen die vielen großen Bilder an der Wand an, die Familienmitglieder der Styles-Familie zeigten und bei einem Bild blieb ich stehen, weil es mich so faszinierte. Als hätte ich mein Ziel vergessen und müsste mir dieses Bild genau jetzt ansehen, es war so ein Drang stehen zu bleiben.

Es war Harry und er schaute ernst in die Kamera. Sein Lächeln war auf dem Bild verschwunden und er sah irgendwie nachdenklich aus. Ich kannte ihn nicht so. Ich kannte ihn zwar kaum musste man dazu sagen, aber ich hatte einen frechen Harry kennengelernt, mit wunderschönen grünen Augen und einem schiefen Grinsen, was fast über sein ganzes Gesicht reichte.

"Du bist wach." , sagte eine raue Stimme , die sich so weit entfernt anhörte.

Ich fuhr zusammen und hielt mich an der Kommode neben mir fest, um nicht wieder auf den Boden zu fallen. Mein Herzschlag verdoppelte sich und es war, als würden jegliche Hormone gerade frei in meinem Körper herumschwirren und mir ein Gemisch aus Angst und Freude in mein Blut zu kippen.

Es war ein schrecklicher Blutcocktail und er hinterließ den beißenden Geschmack von Liebe in meinem Körper.

"H-Harry...", war das einzige, was ich aus meinem Mund bekam. Ich fühlte mich wieder schwach, ich mochte dieses Gefühl nicht. Immer wenn er mich beobachtete fühlte ich mich nicht stark, ich fühlte mich schwach!

"Was war das eben?", fragte ich und erinnerte meine Lungen daran, dass sie atmen sollten. Es war, als hätten sie es vergessen!

"Du stellst zu viele Fragen!", mit einer rauen Stimme ließ er die Worte aus seinem Mund fließen und er hörte sich immer noch wütend an, was mir Angst machte. Ich brauchte keine Angst vor ihm zu haben, er würde mir niemals etwas antun, aber ich hatte Angst und das ließ sich nicht ändern, weswegen ich auch einen Schritt zurück ging, als Harry nur noch Zentimeter von mir entfernt war und nach meiner Hand griff.

"Du hast angst vor mir..." , stellte er fest und ich konnte nicht antworten. Stattdessen sah ich runter auf den Boden und spürte, wie meine Haare in mein Gesicht fielen, doch ich machte keine Anstalten sie wieder nach hinten zu streichen.

Eine stille entstand zwischen uns und trotzdem merkte ich seinen Blick auf mir und es beunruhigte mich, weil ich nicht wusste was ich sagen sollte. Er klang eben so böse und sauer und ich wollte ihn nicht verärgern und Nerven, indem ich weiter fragte, was eben passiert war und vor allem wer eben da war! Er würde nur unnötig sauer werden.

"Ich habe keine angst...", murmelte ich unverständlich, damit er mich nicht mehr so anstarrte und ehrlich gesagt war die Angst, die eben noch in mir war verschwunden.

"Was?", fragte er.

"Ich habe keine angst!", sagte ich nun lauter und hob meinen Kopf. Sofort trafen sich unsere Blicke. Ich sah Angst in seinem Blick. Ich wusste nicht wovor er Angst hatte, ich wollte ihn auch nicht fragen, ich wüsste seine Antwort schon : "Du fragst zu viel!"

Also blieb ich still und sah ihn nur an.
Ich verstand es nicht, er könnte so ein wundervoller Junge sein und trotzdem hatte er diesen Hass gegenüber der Welt und dem Gesetz in sich. Er hatte diese grünen Augen, die immer funkeln und perfekt zu ihm passten, ich hatte ehrlich gesagt noch nie so schöne Augen gesehen und trotzdem sah man die Furcht vor etwas in ihnen.

"Worüber denkst du nach?", fragte Harry nach Minuten der Stille, die sich wie eine Ewigkeit anfühlten und sah mich mit zusammen gezogenen Augenbrauen an. Ich war wie hypnotisiert von ihm und antwortete auf seine Frage, obwohl ich lügen wollte, doch ich sagte die Wahrheit.

"Wovor hast du Angst, Harry?"

Captured | H.SWhere stories live. Discover now