2 - Kayla und Trash

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„Wow." Clarissa verdreht ihre Augen.

Nur weil sie nicht so ein Pommessuchti ist und sich lieber mit Salatblättern vollstopft, muss sie meine Essgewohnheiten nicht gleich schlechtreden. Ich mache ja schließlich Sport zum Ausgleich, also kann ich mir ab und zu auch mal eine große Portion Pommes mit Ketchup erlauben.

Oder?

Meine Überlegungen werden von einem jungen Mann durchforstet, der uns mit einem „Bitte schön, eure Bestellung" die beiden Pommes überreicht und uns dann einen guten Appetit wünscht.

Ohne etwas auf seine Worte zu erwidern, falle ich über die goldgelben Fritten her.

Es ist jedes Mal aufs Neue ein purer Geschmacksorgasmus, wenn ich die erste Pommes in meinen Mund schiebe. Da kann mir niemand erzählen, dass ein Orgasmus, ausgelöst durch Befriedigung, geiler wäre.

„Ich glaube, der Kellner hat mit dir geflirtet."

„Hä?" Vor lauter Verwirrung verschlucke ich mich beinahe an meiner Pommes. „Der Kerl hat doch höchstens fünf Wörter gesagt."

Daraufhin rollt Clarissa mal wieder mit den Augen. Eigentlich dachte ich immer, dass ich die Weltmeisterin im Augenverdrehen wäre, aber momentan befindet sich meine beste Freundin auf der Überholspur.

„Blicke sagen so viel mehr aus als Worte, Rayla", erklärt sie mir mit einem frustrierten Seufzen.

Seit geschlagenen drei Jahren versucht mich Clary ständig mit irgendwelchen Typen zu verkuppeln. Dass ich das gar nicht möchte und weiterhin meinem Lebensmotto „Fries before guys" folge, scheint ihr vollkommen egal zu sein.

Wahrscheinlich bin ich so etwas wie ihr persönliches Liebesprojekt.

„Dann wirst du bestimmt auch sehen, wie verliebt ich meine Pommes anschaue, nicht wahr?"

Ich kann genau beobachten, wie Clarissa zu einem weiteren Augenrollen ansetzt, sich dann aber doch dazu entscheidet, ihre Augen weit aufzureißen. „Oh mein Gott", raunt sie röchelnd, weil sie sich an ihrer Pommes verschluckt hat.

Hilfsbereit wie ich manchmal sein kann, klopfe ich ihr kurz auf den Rücken, ehe ich mir für meine lebensrettenden Fähigkeiten eine Handvoll Pommes von ihr klaue.

„Da vorne ist doch tatsächlich Trace!"

Nein, oder?

Das hier ist mein Laden! Hier haben Lederjackenjungs mit protzigen Armbanduhren nichts zu suchen.

Leider scheint das Clarissa anders zu sehen, denn sie springt übermütig von der Sitzbank auf, winkt überschwänglich und ruft zusätzlich quer durch den halben Laden: „Hey, Trace! Setz dich doch zu uns!"

Als wären ihr Geschrei und die verstörten Blicke der anderen Gäste nicht schon schlimm genug, muss ich in diesem Moment feststellen, dass meine Pommes bereits leer sind.

Grauenhafter kann es nicht mehr werden, oder?

„Hey, ihr zwei!" Traces Stimme überzeugt mich vom Gegenteil. Mit seinem typischen Sunnyboy-Lächeln kommt er vor unserem Tisch zum Stehen und fährt sich einmal mit der Hand durch die Haare. „Clarissa und Kayla, richtig?"

„Rayla", korrigiere ich ihn genervt. Was ist so schwierig daran, sich meinen Namen zu merken? „Und du bist Trash, richtig?", kann ich es mir nicht nehmen lassen, ihn ebenfalls zu provozieren.

Während Clarissa bloß entrüstet die Luft einzieht, zupft ein freches Grinsen an Traces Mundwinkeln. „Ich schätze, diesen Seitenhieb habe ich verdient", beantwortet er meine Frage humorvoll.

Fries before guysWo Geschichten leben. Entdecke jetzt