„Du...", knurrte Ben und sah Thomas an. „Ich habe dich gesehen. Du bist an allem Schuld!" Er schrie und spuckte beim Reden. Thomas stand wie versteinert neben mir. Ich drückte ihn mit meinem Ellbogen nach hinten.
„Lauf.", raunte ich. „Hol Newt, Alby, Gally. Ganz egal."
„Du bist an allem Schuld!", schrie Ben erneut, außer sich vor Wut.
„Geh schon.", zischte ich.
„Ich kann doch nicht...", begann Thomas.
In dem Moment stürzte Ben auf ihn zu. Ich schubste Thomas zurück und stellte mich Ben in den Weg. Er rannte mich um und wir beide landeten auf dem Boden.
„Mach endlich!", schrie ich Thomas entgegen und versuchte Ben am Boden zu fixieren. Er zeigte keinerlei Interesse an mir. Er war viel zu sehr auf Thomas konzentriert, der endlich losgerannt war. Ich hoffte, dass Ben sich beruhigen würde, sobald er den Grund seiner Wut nicht mehr sehen konnte, doch ich lag falsch. Sobald Thomas zwischen den Bäumen verschwunden war, übertrug Ben seine Wut auf mich. Er schubste mich mit einer ungeahnten Kraft von sich herunter, setzte sich auf mich und legte eine Hand um meinen Hals. Ich schnappte verzweifelt nach Luft. Panik bereitete sich in meinem Körper aus.
„Wegen dir konnte er entkommen.", knurrte Ben und drückte fester zu. Ich röchelte und schlug um mich, doch meine Schläge kümmerten ihn nicht im Geringsten. Meine Lunge schrie nach Sauerstoff. Schwarze Punkte tanzten vor meinen Augen und begannen Ben zu verdecken, der mich mit seinen irren, unruhigen Augen anstarrte. Mit der rechten Hand tastete ich am Boden entlang. Ich brauchte irgendetwas, egal was. Endlich bekam ich einen Ast zu fassen und schlug ihn Ben so hart ich konnte gegen den Kopf. Es funktionierte. Er heulte auf, rollte von mir herunter und hielt sich den Kopf vor Schmerzen. Ich hustete und schnappte heftig nach Atem. Mein Körper kribbelte. So schnell wie möglich kämpfte ich mich hoch, obwohl ich am ganzen Körper zitterte und rannte los. Ich war nicht sonderlich schnell, aber das Adrenalin trieb mich an. Schon nach wenigen Schritten hörte ich, dass Ben die Verfolgung aufnahm. Ich rannte den Hügel hoch. Ben griff nach meinem Fuß. Ich hielt mich an einem herabhängenden Ast fest, bevor ich fallen konnte, trat Ben so fest ich konnte ins Gesicht und lief weiter.
Ich wollte ihm nicht wehtun. Er sollte nur liegen bleiben. Ich brauchte einen deutlichen Vorsprung. Ben war aus gutem Grund ein Läufer. Wenn er es darauf anlegte, hatte ich keine Chance.
„Hilfe!", brüllte ich so laut ich konnte. Meine Stimme klang gereizt und mein Hals tat furchtbar weh, wenn ich schrie, doch ich brüllte immer weiter um Hilfe. Ben war dicht hinter mir. Bald würde er mich haben. Als es bergab ging, schaffte Ben es mich am T-Shirt zu packen. Ich verlor das Gleichgewicht und fiel. Ben schien damit nicht gerechnet zu haben. Ich hörte seine Füße auf der Erde rutschen und er ließ mein T-Shirt los. Es war zu spät, um mich abzufangen. Ich rollte den Hügel hinunter. Ich wurde immer schneller. Mein Knie schlug gegen eine Wurzel, ich rollte über meinen Arm. Mein Becken schlug auf dem harten Untergrund auf. Als ich endlich ruhig liegen blieb, tat mir alles weh. Direkt neben mir konnte ich Ben ächzen hören. Die Panik war nicht verschwunden. Sie verbot mir, wieder zu atmen zu kommen. Stattdessen kämpfte ich mich hoch und rannte weiter. Ich spürte, dass Ben nach meinem Knöchel griff, doch es waren nur noch seine Fingerspitzen, die meine Haut streiften. Viel zu schnell hörte ich seine Schritte wieder hinter mir. Ich atmete pfeifend und spürte, dass ich langsamer wurde. Vor mir konnte ich durch die Bäume schon die Lichtung sehen. Wo war Thomas?
Ich brach durch die letzten Bäume des Waldes und erreichte die offene Wiese.
"Hil..."
Unerwartet lastete plötzlich Gewicht an meinen Beinen. Ben hatte sich nach vorne geworfen und hielt meine Füße fest. Ich schaffte es nicht mehr mich abzufangen. Mein Körper prallte hart auf der Wiese auf und für eine kurze Zeit war ich gelähmt vor Schmerz. Das war genau die Sekunde, die Ben gebraucht hatte. Er hielt meinen linken Arm fest, setzte sich auf meinen Rücken und drückte mein Gesicht in den Boden. Reflexartig nahm ich einen Atmemzug, doch ich atmete nur Staub und Erde ein. Der Dreck blieb in meinem Rachen hängen. Wegen der langen Dürrezeit war der Boden staubtrocken. Meine Nase wurde so fest in den Boden gedrückt, dass ich das Gefühl hatte sie würde gleich brechen. Ich wollte atmen, doch ich durfte nicht, wenn ich nicht an der Erde unter mir ersticken wollte.
Wieso hatte mich niemand gehört? Wo waren alle? Ich stemmte meinen rechten Arm in den Boden und versuchte mich hochzudrücken, doch Ben war zu schwer. Ich konnte weder mein Becken, noch meine Brust anheben. Ich winkelte mein Bein an und versuchte ihm in den Rücken zu treten, doch erreichte ihn nicht.
Der Drang zu atmen wurde übermächtig. Ich konnte es nicht mehr aushalten. Ich atmete gierig ein, erwartete Sauerstoff, bekam aber nur Erde. Es schien meine Atemwege zu verstopfen.
Ich sah keinen Ausweg mehr. Mein Körper wurde schwer und der Gedanke einfach loszulassen schoss mir für eine Sekunde durch den Kopf.
"Hey!", hörte ich jemanden rufen. Es klang gedämpft, so als wären meine Ohren mit Watte gefüllt. Kurz darauf wurde das Gewicht auf meinem Rücken leichter und verschwand schließlich ganz. Zwei Arme drehten mich auf den Rücken. Sonnenschein traf auf mein Gesicht. Ich hörte viele Stimmen, die miteinander redeten. Jemand schrie wirre und unverständliche Dinge.
Meine Augen wollten sich nicht öffnen. Plötzlich lief mir Wasser über das Gesicht. Ich spürte die Kälte, die es hinterließ. Etwas kratziges wischte mir durch das Gesicht, über die Nase.
"Verdammt! Marie atme!", schrie ein Junge und schlug mir einmal auf die Brust. Gierig schnappte ich nach Luft, brachte die Erde in meiner Kehle in Bewegung. Ich hustete und würgte. Hände drehten mich zur Seite. Mit Gewalt öffnete ich meine Augen und sah unscharf die grüne Wiese vor meinen Augen. "Wasser.", krächzte ich und jemand hielt mir eine offene Flasche hin. Ich trank und spuckte. Trank erneut, gurgelte und spuckte. Das Wasser, das ich ausspuckte war bräunlich verfärbt. Ganz vorsichtig atmete ich ein und spürte mit Erleichterung, dass es funktionierte. Ich konnte wieder halbwegs normal atmen. Kurz lag ich einfach nur da, nahm tiefe Atemzüge und spürte, wie das Adrenalin meinen Körper verließ.
"Kannst du dich aufsetzen?", fragte eine bekannte Stimme neben mir. Ich drehte den Kopf.
"Newt...", flüsterte ich erleichtert. Erleichtert zum sehen das er normal war. Erleichtert zu wissen das ich jetzt sicher war. Er kniete neben mir, eine Hand auf meine Schulter gelegt. In der anderen hielt er noch den Lappen, mit dem er mir das Gesicht abgewischt hatte. Er lächelte mir zu und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
Er nahm die Hand, die ich ihm hinstreckte und zog mich langsam in eine aufrechte Position.
"Wie geht's dir?", fragte er nachdem ich saß.
"Ich kann atmen." Mehr konnte ich nicht bieten. Alles an meinem Körper schmerzte, meine Stimmbänder taten weh, sobald ich redete. Doch jeder Atemzug fühlte sich herrlich an.
Newt lächelte mir noch einmal zu und stand dann auf. "Warte hier. Ich bin gleich wieder da."
Ich hatte nicht vorgehabt irgendwo hinzugehen. Stattdessen sah ich Newt hinterher. Es brauchte Alby, Gally und Zart um Ben halbwegs unter Kontrolle zu bringen. Der Junge hatte aufgehört zu schreien, stattdessen schluchzte er und versuchte sich aus ihren Griffen zu befreien. Er blutete an der Stirn.
"Woher kommt die Wunde an seinem Kopf?", fragte ich Chuck, der ungewohnt still neben mir saß. Dieser zeigte auf eine Schaufel, die auf dem Boden lag.
"Newt musste ihn irgendwie von dir runterbekommen. Er hat nicht lange überlegt.", erzählte Chuck, ohne seinen Blick von Ben abzuwenden.
"Zieh sein Shirt hoch.", hörte ich Alby zu Newt sagen. Dieser tat genau das und fand auf Anhieb die Einstichstelle des Griewers. Ich würgte und sah weg. An seinem Bauch befand sich eine kreisrunde schwarze Fläche. Blut sickerte langsam heraus. Die blauen Venen, die er auch an den Armen hatte, zogen sich über die gesamte Brust. Es sah unglaublich schmerzhaft aus. Obwohl er mich gerade fast erstickt hatte, empfand ich nur Mitleid für Ben.
Die Jungen hatten auch erkannt, was die Wunde bedeutete. Ein Raunen ging durch die Runde und verwirrte Blicke wurden ausgetauscht. Griewer liefen tagsüber nicht draußen herum. Es sollte unmöglich sein tagsüber gestochen zu werden und doch lag Ben immer noch schluchzend am Boden.
„Wir sollten ihn in den Bau bringen, während wir beraten was jetzt mit ihm passiert.", schlug Newt vor. Er half Ben zu fesseln und dann brachten Gally und Zart den Jungen weg, der jetzt wie ein Irrer schrie. Die Sanis folgten der Gruppe. Der Rest der Jungs verteilte sich wieder auf der Lichtung.
Newt und Alby kamen mit Thomas im Schlepptau zu mir.
"Tut mir leid das ich so lange gebraucht habe.", sagte Thomas, bevor jemand anderes die Chance dazu hatte.
"Ich lebe noch, also würde ich sagen du warst rechtzeitig genug dran.", antwortete ich. Meine Stimme klang immer noch kratzig und ich hatte so eine Ahnung, dass das noch eine Weile so bleiben würde.
"Trink was.", forderte Newt mich auf und ging wieder neben mir in die Hocke. Alby und Thomas taten es ihm gleich.
"Kannst du erzählen, was passiert ist?"
Ich nickte, stellte die Flasche weg und erzählte.
"Was wird jetzt mit ihm passieren?", fragte Thomas nachdem ich geendet hatte.
Newt und Alby warfen erst ihm und dann sich gegenseitig einen Blick zu.
"Er hat gegen die Grundregeln verstoßen und wir haben keine Möglichkeit ihn zu heilen." Alby seufzte.
"Wir müssen ihn verbannen."

Lauf, solange du noch kannst [Maze Runner Fanfiction]Where stories live. Discover now