Kapitel 19

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Am ersten Tag sollten unsere Austauschpartner*innen uns alles zeigen, wir sollten uns eingewöhnen und alle ein bisschen kennenlernen.

Cordan meinte, er will mich erst auf seinem Roller rumfahren um mir alles zu zeigen und danach treffen wir uns mit ein paar seiner Freunde.

Mit ein bisschen Recherche erfuhr ich, dass unter anderem Jay, Linda und Kilian bei der Gruppe dabei sein werden.

Das kann ja heiter werden...

Nach einem mal wieder köstlichen Frühstück von Abby, danach einem ausführlichen Telefonat mit Kessi, wo ich mich tausendmal entschuldigt hatte und sie mir tausendfünfhuntermal versichert hatte, dass es okay war und dann, nicht zu vergessen, der Besprechung ob die Gerüchte nun wahr sind oder nicht (laut Kessi, sind sie es wohl), ging es auch schon los.

Meine private Stadtrundfahrt war echt schön und das Dorf war mit all seinen Insider-Ecken und -Geschichten, die mir Cordan erzählte nur noch interessanter.

Nach einiger Zeit fuhr Cordan jedoch etwas raus aus der Stadt und wir fanden uns, wie ich merkte, bei dem Haus von gestern wieder.
Cordan fuhr jedoch noch ein Stück weiter am Strand entlang und wir kamen schließlich bei einer Bucht an, wo sich außer dem Wasser und dem Sand nur eine Art Hausboot auf dem Wasser befand.

Es war nicht allzu groß, aber auch nicht sonderlich klein und das dunkle Holz wirkte zwar etwas alt, aber nicht moder oder so.
Wir hielten an, neben ein paar anderen Rollern und einem Auto, die wohl den anderen gehören mussten.

»Wir sind da«, verkündete Cordan feierlich.

Ich strahlte ihn an.
Dieser Ort war eigentlich einfach nur unglaublich.

Die Bucht war versteckt und ich hatte eine Schild mit der Aufschrift: Privat gesehen, was wohl bedeutete, dass es wohl einem von Cordans Freunden oder so gehörte oder wir waren illegal hier.
Ich tippte auf ersteres.
Das Wasser, das Meer, es war einfach incredible.
Neben dem Häuschen führte ein langer Steg aufs Wasser hinaus und ich verspürte den großen Wunsch von ihm ins Wasser zu springen, da die Idee allerdings nicht so schlau war, ließ ich das dann doch.

Stattdessen rannte ich los, beim Sand angekommen, schlüpfte ich aus den Schuhen und rannte weiter, über den Steg und es war ein so befreienendes Gefühl, dass mir die Kälte des Sandes und später des Steges, entging.

Am Stegende blieb ich stehen und schaute einfach nur auf die See hinaus.

Sie war wunderschön.

Es war eher windstill und den kleinen Schäfchenwellen, die ab und zu auftauchten zuzusehen, waren beruhigend.

»Na, Kleine?«
Zwei große Hände legten sich auf meine Schultern und schubsten mich ein Stück nach vorne, nur um mich wieder zurückzuziehen, während ich den Schock meines Lebens bekam.

»Jay!«
Ich drehte mich um und schaute meinen großen Bruder mit zusammengekniffenen Augen an.

»Was soll das?«

Erst lachte er, doch dann gefror sein Blick.
»Eine, noch nicht angemessene Strafe dafür, dass du mit irgendwelchen Typen rumgemacht hast.«

Scheiße, stimmt.

Erst wollte ich erwidern, dass Killian nicht irgendein Typ war, bis mit wieder einfiel, dass Jay Kilian womöglich schon zur Rede gestellt hatte.

Noch mehr scheiße.

»Jay«, meinte ich streng, »sag mir nicht, dass du Kilian schon bedroht hast oder so, ich schwör Jay, wehe du-«

»Ich hab ihm gesagt, wenn er dir wehtut, tu ich ihm weh, Kleine und wenn du jetzt sagst, dass-«

Diesmal unterbrach ich ihn.

»Du kannst es echt nicht lassen, was?«, fragte ich in einem Ton von genervtem Aufseufzen und schmunzeln.

»Nein, kann ich nicht«, meinte Jay ernst und drückte mich an sich.

Ich stöhnte genervt auf, obwohl die Umarmung mir eigentlich gut tat.

»Jay, nein. Wie peinlich, wenn ich hier auch noch mit meinem hässlichem Bruder gesehen werde, mein Ruf wird doch komplett zerstört sein.«

»Deinem heißen Bruder, erstens und außerdem kann es deinem Ruf nur guttun, wenn man erfährt mit wem du so verwandt bist. Glaub mir, dass macht dich gleich attraktiver. Außerdem hast du gestern Abend deinen Ruf doch selbst schon so toll zerstört.«

Ich sah Jay verurteilenden an.
»Halt die Klappe, Jay, da kommt sowieso nur Zeugs über dich raus und dafür interessiert sich niemand.«

Ich wollte weggehen, doch er hielt mich zurück und wuschhelte mir durchs Haar.
»Pass auf wie du mit deinem großen Bruder redest«, lachte er.

Ich befreite mich von ihm, halb lachend, halb genervt, und richtete meine Haare.

»Das kannst du bei deiner Freundin machen«, ich machte eine kurze dramatische Pause, »ach, stimmt. Tut mir leid, Jakob hat ja keine Freundinnen, da ist er zu cool zu, sorry hab ich vergessen, passiert mir nicht noch mal.«

Ich schaute ihn unschuldig an und er schaute mich mit diesem typischen Ja und? So bin ich halt - Blick von ihm an und wir mussten beide lachen.

Auch wenn Jay manchmal das größte Arschloch ist, er ist dennoch der Mensch, der genau das Selbe durchgemacht hat und den ich schon mein ganzes Leben kenne.
Er ist mein Bruder und war eigentlich schon immer da und auch wenn es manchmal schwer einzusehen ist, weil er 24/7 nur am nerven ist, ich könnte nicht ohne ihn.
Nie.

C'est la fucking vieWhere stories live. Discover now