Stay away

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Eine kalte und nasse Nase stupst mir gegens Kinn. Ich schlage sie weg und drehe mich seufzend um. Wieder werde ich angestupst. Ich will noch nicht aufstehen, ich fühle mich als hätte ich fünf Minuten geschlafen. Vorsichtig blinzle ich durch die Wimpern und brauche einige Sekunden um mich zu orientieren. Der saure Geruch einer alten Matratze beißt mich in der Nase. Gut, ich bin bei keinem Freier. Es ist kalt, sodass sofort eine Gänsehaut meinen Körper überzieht. Ich hebe die Hand ein wenig und taste neben mir die Matratze ab - dort liegt niemand. Ich drehe mich auf den Rücken und starre an die Decke. Mir fällt es wieder ein, die zwei Tage die schon vergangen sind seit Fuchs Tod, die Erinnerung, dass ich gestern noch an Drugs geschmiegt eingeschlafen bin. Ich atme tief durch, dann setze ich mich auf.

Blut bellt erfreut als sie bemerkt, dass ich endlich aufstehe. Ihre Zunge schlabbert mir über die Wange. Ich kraule ihr den großen Kopf und sehe auf; in der Tür steht Drugs und grinst mich an. Das Veilchen an seinem Auge ist inzwischen dunkellila. Er hat irgendetwas im Arm, doch ich kann nicht erkennen was es ist.

„Hast so süß geschlafen, da wollt' ich dich nich' aufwecken", erklärt er und macht ein paar Schritte auf mich zu. Neben mir angekommen hockt er sich auf den Boden und beugt sich zu mir. Seine Lippen brennen auf meiner Stirn, als er mir einen Kuss gibt. „Siehst echt niedlich aus, wennste verschlafen bist"

Verlegen fahre ich mir durch meine wilden Haare und deute auf das Ding, das er immer noch festhält. „Was ist das?", will ich wissen. Die schwarz-weißen Zotteln beginnen zu zittern. „Erkennste ihn nicht?", lacht Drugs. „Das is' Skorbut. Sein Herrchen macht nach Fuchs den kalten Entzug, da kann er keinen Köter gebrauchen" Der kleine Hund in seinen Armen gibt ein Fiepen von sich. „Ich wollt' mit den beiden in den Park. Magste mitkommen?" Die Leichtigkeit dieser Frage verschwindet, als er besitzergreifend nach meinem Arm greift. Der Hund springt auf den Boden. Ich nicke unsicher. Drugs grinst, er steht auf und zieht auch mich auf die Füße. „Super. Dann komm. Blut! Skorbut!"

„Wie spät ist es eigentlich?", frage ich, als wir die U-Bahn-Station verlassen. Drugs hat Bluts Leine links und Skorbuts rechts in der Hand und versucht die beiden Hunde davon abzuhalten, auf die Straße zu rennen. „Oh, sicher schon nach Mittag", meint er gelassen und tritt Blut in die Seite, als die Hündin eine Frau auf der gegenüberliegenden Straßenseite ausbellt.

„So lang habe ich geschlafen?", stelle ich erschrocken fest. „Wieso hast du mich nicht geweckt?" Dabei war ich am Abend noch gar nicht so müde, ich habe ein wenig getrunken und mich irgendwann als man schon nicht mehr die Hand vor Augen sehen konnte an Drugs gekuschelt. Dieser zuckt die Schultern und grinst mich an. „Bist echt knuffig wennste schläfst, außerdem hab ich ja nur Skorbut geholt. Und du hast schon lang nicht mehr ausgeschlafen, was ich mitbekommen habe" Er gibt mir einen Kuss auf die Wange und ich drehe mich verlegen weg. Er hat Recht. Es hat mir wirklich gut getan mal ein wenig länger zu schlafen, ich fühle mich besser und munterer. Das schwere Metalltor des Parks kommt in Sicht und die Hunde drehen fast durch. Auf ein Nicken von Drugs drücke ich das Tor auf sodass er hindurch schlüpfen kann.

Als er auf dem kiesbestreuten Weg steht zögert er nicht lange sondern schlägt eine Richtung ein. Ich folge ihm schnell, als ich wieder auf selber Höhe mit ihm bin legt er einen Arm um meine Schulter und zieht mich an sich heran. Ich stolpere ein paar Meter, aber dann gewöhne ich mich an seine Nähe.

Drugs' Ziel ist eine große Wiese auf der entfernt schon ein Hund herumrennt. Blut beginnt dumpf zu bellen. Drugs lässt mich los und beugt sich zu den Tieren herunter um die Leinen von ihren Halsbändern zu lösen. Die beiden preschen sofort los. Drugs lacht. Ich beobachte die Hunde dabei wie sie über die Wiese jagen, glücklich endlich von ihren Fesseln los zu sein. Ich merke erst, dass Drugs näher an mich getreten ist als er sein Gesicht in meine Halsbeuge drückt und mit der Zunge über meine Haut über dem Halsband fährt. Ich erschauere. „Is' dir auch so kalt?", nuschelt Drugs. Sein heißer Atem trifft mich und seine Nase stößt gegen meine Kehle.

Have you lost your fighting spirit?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt