27. Die Entscheidung

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Der Vormittag vergeht wie im Flug. Wir reden und lachen viel. Mama erzählt ein paar Kindergeschichten von mir und auch den Jungs als wir noch gemeinsam gelebt haben. Und schon ist es halb eins und wir müssen zum Flughafen. Die Jungs verabschieden sich zuerst und gehen dann schon einmal vor die Tür. Mama hat bereits jetzt die ersten Tränen in den Augen.

"Ich hab dich ganz doll lieb, mein Schatz! Pass auf dich auf und denk daran, was ich dir gesagt habe. Ich melde mich bei dir, sobald ich mit deinem Vater und Ambers Mutter gesprochen habe. Schreib mir, wenn ihr gut gelandet seid", jetzt lösen sich die ersten Tränen aus ihrem Auge. Fast zeitgleich fange ich auch an zu weinen.

"Ich hab dich auch lieb, Mama! Werd schnell wieder gesund. Bis hoffentlich nächste Woche!"

"Bis nächste Woche! Außer du änderst deine Meinung noch einmal. Dann sag Bescheid."

"Mach ich! Tschüss!"

Wir umarmen uns noch einmal feste und meine Mama wischt mir die Tränen aus dem Gesicht. Dann nehme ich meine Jacke und meine Tasche und gehe auch.

"Können wir?", fragt Phil. Ich nicke und schon machen wir uns auf den Weg zum Flughafen. Wir sind schnell durch die Kontrollen durch und haben dann noch etwas Zeit und setzen uns in den Wartebereich. Ich schreibe in der Zeit mit meinen Freunden aus Dublin und hier aus London. Dabei versuche ich meine Gedanken zu ordnen und mich zu entscheiden.

Ich denke wieder an Phils Worte, der mir, obwohl er Noah nicht mag, gesagt hat, dass ich Noah wichtig zu sein scheine. Dann denke ich an Jerks Worte. Auch er hat mir gesagt, dass Noah mich gern hat. Gleichzeitig denke ich aber auch an die Gangs. Wirklich sicher wäre ich nie. Und auch wenn Noah mich angeblich gern hat, hat er mich auf dem Ball zurückgelassen und sich dafür nie bei mir entschuldigt. Und dann ist da noch die Sache mit einem Jones und einer Evans. Das würde niemals funktionieren. Und hier in London sind meine Mama und meine Mädels. Ja, in Dublin habe ich auch eine Clique, die ich auch sehr ins Herz geschlossen habe, aber egal was Alicia ist nicht Amber. Meine Entscheidung steht fest, ich komme zurück nach London.

"Sky? Kommst du?", fragt Joe. Ich gucke verwirrt hoch und sehe, dass das Boarding für unseren Flug bereits begonnen hat. Ich nicke und sammle schnell meine Sachen zusammen. Zu dritt gehen wir zum Flieger. Es dauert wieder eine Weile bis alle Passagiere drin sind. Dann rollen wir endlich los und die Sicherheitshinweise gehen los. Als wir auf die Startbahn zu rollen, merke ich wie mein Herz wieder schneller schlägt und meine Hände anfangen zu schwitzen. Ich versuche ruhig zu bleiben und konzentriere mich auf meine Atmung. Ich schließe meine Augen und schon spüre ich denk bekannten Druck auf den Ohren, den ich trotz Kaugummi kauen immer bekomme. Und dann sind wir auch schon in der Luft und ich entspanne mich langsam wieder.

In knapp einer Stunde setzen wir wieder zum Landeanflug an. Bis dahin kann ich mich entspannen. Ich stecke mir meine Kopfhörer in die Ohren und höre etwas Musik. Dabei lehne ich mich zurück und schließe meine Augen ein bisschen. Wie erwartet kommt nach etwas über einer Stunde die Durchsage, dass wir gleich zur Landung ansetzen. Ich nehme meine Kopfhörer aus den Ohren und gucke zu meinen Brüdern, die beide mit mir in der Reihe sitzen und beide eingeschlafen sind. Ich wecke beide auf und sage ihnen, dass wir gleich landen. Und schon kommt der Druck wieder und wir landen.

Als wir aufsetzen und über die Landebahn rollen, atme ich erleichtert aus. 'Geschafft', denke ich mir. Ich schaue mich um und bemerke, dass es beim Fliegen immer das Gleiche ist. Die Leute wollen so schnell wie möglich raus und stehen schon früh auf und reißen die Klappen auf, um an ihr Handgepäck zu kommen. Dann fällt ihnen auf, dass wir noch über den halben Flugplatz rollen müssen und sie stehen alle unnötiger Weise im Gang rum. Wenn man dann zum Stillstand kommt und die Türen aufgehen, dauert das Aussteigen genauso lange, wie wenn sie alle etwas länger sitzen geblieben wären. Und die, die von weiter hinten aus dem Flugzeug kommen, verstehen nicht, dass sie nicht durch Menschen hindurch gehen können, und schieben alle Leute aus dem Flieger. Aus genau diesen Gründen bleibe ich ganz entspannt sitzen, bis sich der Gang geleert hat.

Sobald das geschehen ist, stehen Joe, Phil und ich auf, nehmen unsere Sachen und verlassen das Flugzeug. Wir laufen Richtung Parkhaus und fahren dann mit dem Auto nach Hause. Als wir da ankommen, ist es bereits halb sechs.

"Wollen wir noch etwas machen heute Abend? Oder habt ihr schon was vor?", fragt Joe, nachdem wir unsere Sachen in unsere Zimmer gebracht haben und jetzt auf dem Sofa sitzen.

"Ich habe überlegt, heute schon mit Alicia zu sprechen, dann habe ich es hinter mir", antworte ich. Ich möchte erstmal nur mit Alicia sprechen, sie kennt schließlich die gesamte Geschichte rund um Noah und die Gangs. Ich weiß nach wie vor nicht, ob und was sie den Anderen erzählt hat.

"Mach das. Soll einer von uns dich dahin bringen?", fragt Phil mich. Ich schüttle den Kopf. So weit ist es nicht bis zum Alicia, das kann ich auch laufen.

"Was ist mit euch? Was macht ihr?", stelle ich jetzt die Gegenfrage.

"Mal schauen, vielleicht bleiben wir einfach hier oder wir treffen und noch mit Freunden. Aber Skylar, kannst du uns bitte schreiben, wenn du nach Hause kommen möchtest? Dann holen wir dich ab, wenn es dann schon spät ist", bittet Phil mich jetzt noch.

"Mach ich. Jetzt schreibe ich erstmal Alicia und mache mich nochmal frisch." Und genau das mache ich auch. Alicia antwortet innerhalb von Sekunden und so gehe ich ins Badezimmer auf die Toilette, wasche mir einmal das Gesicht und kämme meine Haare durch. Dann gehe ich wieder die Treppe runter und ziehe mir meine Schuhe und meine Jacke wieder an. Ich verabschiede mich von meinen Brüdern und mache mich auf den Weg zu Alicia. Wie wird sie wohl reagieren? Wir sie enttäuscht sein? Wütend?

Da fällt mir ein, dass sie mir den einen Tag als ich in London war, geschrieben hatte und etwas fragen wollte, es dann aber nicht gemacht hat. Vielleicht finde ich auch noch heraus was sie wollte.

Wo gehöre ich hin?Where stories live. Discover now