Auf meiner Couch sitzend, starre ich auf das Glas Whiskey in meiner Hand. Mein Jackett liegt neben mir auf der Armlehne, ansonsten trage ich immer noch Hemd und Hose.
Immer wieder muss ich an unser Gespräch denken. Es war schön, mit ihr Zeit zu verbringen, doch genau das ist mein Problem. Es war zu schön. Mein Blick gleitet zur Kommode, auf dem Nataschas Foto steht. Es ist mittlerweile zwei Jahre her, seit diesem schrecklichen Unfall. Ich höre die Worte meiner Mutter, dass ich endlich wieder leben soll. Das es nicht meine Schuld war. Doch es fühlt sich so an. Ich habe ihr das angetan. Ich saß am Steuer, obwohl ich schon etwas getrunken hatte. Ich hatte nicht aufgepasst, als wir über die Kreuzung fuhren.
Mein Vater hat damals alles darangesetzt, um mich zu schützen. In keinem Bericht stand, dass ich alkoholisiert war. Oder die rote Ampel missachtet habe. Der andere Fahrer erhielt ein großzügiges Schweigegeld und macht es sich wahrscheinlich am Meer seitdem gemütlich. Und trotzdem bin ich am Tot einer Person schuld.
Was hätte sie zu alldem gesagt? Das ich eine Tochter habe?
Ein Schmunzeln verlässt meine Lippen. Natascha liebte Kinder. Sie hätte Kiara mit Freude empfangen. Da bin ich mir ziemlich sicher. Sie war so liebenswert. Half Menschen, denen es nicht so gut ging. Setzte sich für Kinder in anderen Ländern ein. Jeder liebte sie und ich weiß, dass sie derselben Meinung wie meine Mutter gewesen wäre. Sie hätte mir gesagt, ich solle wieder leben und mir keine Schuld geben. So war Natascha. Eine gütige, aufrichtige Frau mit großem Herzen.
Auch wenn ich sie geliebt habe, ist mir trotz alldem nie diese eine Person aus dem Kopf gegangen. Die Kleine mit den kurzen blonden Haaren aus der Diskothek. Wie konnte ich nur so blind sein und Chloe nicht erkennen? Diese braunen Augen, waren dass, woran ich mich am meisten erinnere. War ich wirklich all die Wochen so blind?
Schnaufend leere ich mein Glas, bevor ich mich erhebe. Die ersten Sonnenstrahlen sind mittlerweile am Horizont zu sehen. Langsam trete ich an meine Fensterfront und betrachte den rot-violetten Himmel. Stelle mir vor, wie Natascha nun an einem besseren Ort ist und kann die Wärme in meinem Herzen spüren.
Ich liebe sie und ich werde Natascha immer im Herzen behalten. Doch gerade schleicht sich ein anderer Mensch langsam hinein, ohne dass ich es verhindern kann. Es macht mir Angst. Doch nicht mehr so sehr, wie noch vor einem Monat.

Stunden später sitze ich mal wieder an meinem Schreibtisch im Büro, als mein Telefon klingelt.
Leyla ruft vom Empfang an, daher gehe ich ran.
„Mr. Callahn. Ich habe den Architekten aus Berlin am anderen Ende. Darf ich verbinden?" Kurz schließe ich die Augen. Hoffentlich keine bösen Überraschungen.
„Ja. Verbinden sich mich mit ihm." Ein kurzes Freizeichen ertönt, bevor ich jemanden am anderen Ende vernehme.
„Mr. Schmidt. Was verschafft mir ihr Anruf." Begrüße ich ihn auf Deutsch. Meinem Vater ist es immer wichtig, viele Sprachen zu sprechen, daher beherrsche ich einige fließend. Darunter auch Deutsch.
„Mr. Callahn. Leider haben wir schlechte Neuigkeiten." Sofort schlägt meine Stimmung um. „Wir haben ein kleines Problem. Eines der Wasserrohre wurde beschädigt und nun steht hier alles unter Wasser. Wir können den Schaden beheben, doch wir brauchen noch mindestens zwei Woche." Wütend springe ich von meinem Stuhl auf.
„Sie verarschen mich doch. Wir haben dieses Wochenende Eröffnung." Rufe ich ins Telefon.
„Na, das wird dann wohl nichts." Eine leichte Belustigung schwingt in seiner Stimme mit und kurz fühle ich mich verarscht.
„Es hören sie mir mal genau zu." Knurre ich in die Sprechmuschel. „Sie denken, nur weil sie auf der anderen Seite des Erdballens sitzen sind sie vor mir in Sicherheit. Falsch gedacht. In diesem Projekt stecken Millionen. Sie haben fünf Tage Zeit und keinen einzigen Tag mehr. Ich werde in einer Woche in Berlin sein und sollte dann meine Firma nicht abnahmebereit dort stehen, werden sie von mir hören." Ohne auf seine Antwort zu warten, lege ich auf. Meine Hand verkrampft sich um das Telefon. Fuck.
Das wird verdammt eng. Sonntag nach Berlin und Dienstag zurück. Am Wochenende die Messe und die Präsentation meiner neuen Marke.
Wütend schlage ich auf meinen Tisch.
„Mr. Callahn? Alles in Ordnung?" Chloe steht, mit einer dampfenden Tasse Kaffee, vor mir. Ich blicke sie verwirrt an, da ich nicht mal bemerkt habe, wie sie hereingekommen ist. Sie stellt die Tasse vor meinen Platz und sieht mich besorgt an.
„Nein. Es gibt Probleme in Berlin. Die Eröffnung verschiebt sich auf die Messe Woche." Bringe ich wütend heraus.
„Oh. Das ist natürlich nicht gut. Können wir die Messe nicht verschieben?" Doch ich schüttle schon den Kopf.
„Die Messe ist jedes Jahr in der letzten Augustwoche. Das Berlin so knapp fällt, haben wir der deutschen Bürokratie zu verdanken. Ich habe Monate gebraucht, um den Bau überhaupt genehmigt zu bekommen. Dann hat mir der Denkmalschutz einen Strich durch die Rechnung gemacht und es hat sich wieder um Monate verzögert. Der Zeitunterschied und die Distanz sind dabei auch keine große Hilfe." Schnaufend setze ich mich in meinen Stuhl und trinke einen Schluck des heißen Kaffees.
„Und wenn jemand anderes nach Berlin für die Eröffnung fliegt?" Abermals schüttle ich den Kopf.
„Das ist mein erster Weg zu expandieren. Europa ist ein großer Handelspartner, was Bourbon Whiskey betrifft. Das werde ich selbst in die Hand nehmen." Chloe nickt und lässt sich in einen der Besucher Stühle sinken.
„Und wie geht es weiter?" Ihre braunen Augen blicken mich motiviert an, daher treffe ich einen Beschluss.
„Du kümmerst dich um die Messe. Schaffst du das?" Doch ich sehe das Feuer in ihren Augen schon leuchten.
„Sag mir, was ich machen soll." Ein Lächeln umspielt meine Lippen.
„Mach Druck, bei den Messebauern. Sie sollen spätestens Montag fertig sein. In Halle 1 ist uns ein Stand weggebrochen. Sorg für Ersatz. Alle Aussteller sollen Mittwoch mit dem Aufbau beginnen. Unsere eingeschlossen. Caterer und Security brauchen noch eine Einweisung. Überprüf nochmal die Vorstellung für die Purple Marke. Ich will, dass dies ereignislos über die Bühne geht. Koordiniere nochmal die Show. Es soll alles perfekt sein." Chloe nickt und verwirrt ziehe ich die Augenbrauen nach oben. „Keine Notizen gemacht?" Frage ich sie.
„Keine Sorge. Ist alles gespeichert." Bringt sie belustigt heraus, bevor sie ernst wird. „Ich kümmere mich darum Alex." Versichert mir Chloe nochmal. Doch das muss sie nicht. Ich vertraue ihr.

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