Kapitel 26

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Herr Oppermann versuchte sich Kaffee einzugießen. In letzter Zeit wurde das immer schwieriger, weil sich der Zustand seiner Nerven zusehends verschlechterte. Es krachte, als verschiedene Wurfgeschosse aus dem Nachbarhaus auf die mit Brettern vernagelten Fenster trafen. Seine Hand zuckte, und ein Teil des Kaffees ergoss sich auf das Tablett. Er sah zu seiner Frau hinüber.

„Tilda, Schatz...“, begann er vorsichtig.

Frau Oppermann sah nicht auf. Sie saß in einem der großen Ohrensessel im altmodisch eingerichteten Wohnzimmer des Ehepaars und war damit beschäftigt einen Katalog mit dem Titel 'Militärausrüstung für den Hausgebrauch' zu lesen. Das Wohnzimmer hätte anheimelnd gewirkt – wenn nicht alle Ohrensessel Kissen in Tarnfarben gehabt hätten, und das wenige Licht, das durch die Ritzen zwischen den Brettern hereinströmte, dem Ganzen die Atmosphäre eines Bunkers verlieh. Frau Oppermann schien dies nicht zu stören. Sie war weiterhin in den Katalog vertieft. Auf der Rückseite prangte der Werbespruch 'Bestellen Sie heute, zahlen Sie nach dem Sieg!'

„Ja, Hermann?“

„Ähm... könntest du vielleicht nicht doch einmal über einen Waffenstillstand nachdenken? Ich meine, ich habe mit Herrn Tecklenbörg von Nummer 15 gesprochen, und...“

Frau Oppermanns Kopf tauchte aus dem Katalog auf. Ihre Augen blitzten wie das Mündungsfeuer eines Maschinengewehrs. Ihr Mann wich einige Schritte zurück und verschüttete dabei noch mehr Kaffee.

„Was?! Du hast was getan?“

„Da ist doch nichts dabei! Wir kennen uns doch schon recht lange, sind mal zusammen Kegeln gegangen. Ich weiß, die Blätter vom Walnussbaum der Tecklenbörgs fallen immer auf unseren Rasen, aber es sind ja nicht so viele Blätter, und mir macht das Rechen eigentlich wirklich Spaß, du weißt ja wie sehr ich Gartenarbeit liebe und...“

„Du hast mit dem Feind fraternisiert?!“

„Ich weiß gar nicht was fraternisieren bedeutet!“ beteuerte Herr Oppermann. „Ich kann gar nicht fraternisieren. Ich kann mich nicht einmal mehr rasieren, seit sie uns den Strom abgestellt haben. Nur... ich habe es satt, jeden Morgen wenn ich zur Arbeit gehe mit fauligem Gemüse beworfen zu werden.“

„Hermann...“

„Und wie gesagt, ich habe mit Herrn Tecklenbörg gesprochen und er dachte vielleicht könnte er auch mit seiner Frau reden und alles ins Reine bringen. Es ist ja nicht so, dass...“

Frau Oppermanns Blick brachte ihren Mann zum schweigen. Sie hätte ein ganzes Bataillon in ihrem Bann halten können.

„Du zeigst Feigheit vor dem Feind!, Hermann! Schämst Du dich nicht?“

Herr Oppermann ließ den Kopf hängen.

„Doch, Schatz.“

„Ich will nichts mehr davon hören!“

„Ja, Schatz.“

„Und jetzt hol den Fleckenentferner! Du hast Kaffee auf den Teppich verschüttet.“

„Sofort, Schatz.“

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Wie viele von meinen Lesern sind verheiratet oder haben so nette Nachbarn wie die Oppermanns? Bitte gebt mir Feedback, ist meine Darstellung realistisch? :D :D :D

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GLG

Robert

Die Staats-AGWo Geschichten leben. Entdecke jetzt