Kapitel 42

1.1K 43 9
                                    

Jaschke, der Gefängniswärter, kam gerade an der Zelle seiner beiden Gönner vorbei, als er schallendes Gelächter aus dem Inneren hörte.

Er öffnete die Sichtluke zur Zelle.

„Was ist denn bei euch los?“ fragte er. „Hat jemand eine Lachgasbombe durchs Fenster geworfen?“

„Nei- nein!“ keuchte Schmidt und zog sich vom Boden zurück aufs Sofa, von dem er vor lauter Lachen gefallen war. „Wir beobachten nur ein paar hängende Geheimagenten.“

„Wo denn?“

„Im Fernsehen.“

Jaschke steckte den Schlüssel ins Schlüsselloch. „Ich komme rein. Das muss ich sehen.“

*~*~*~*~*~*

Mackensen saß in seinem Büro und starrte auf einen Bildschirm. Diagramme erschienen, verschwanden wieder und machten Karten mit Hunderten von Pfeilen und pulsierenden Symbolen Platz: politische Darstellungen der Erde. Früher sahen diese Karten tatsächlich aus wie Karten. Jetzt sahen sie aus wie ein Flickenteppich. Inzwischen gab es kaum noch einen Staat, der nicht schon in kleine Stücke zerhackt worden war.

Eine Statistik erschien und Mackensen lächelte ironisch. Der größte noch existierende Staat war Island – weil dort ein großer Schneesturm tobte und noch kaum jemand etwas von der Sache mitbekommen hatte.

Doch dann wurde er wieder ernst. Zuerst hatte er geglaubt, gegen Schmidt und Braun ankämpfen zu können wie gegen einen ausländischen Agitator. Doch er hatte bald einsehen müssen, dass die Staats-AG dafür längst zu bekannt war. Zu bekannt und zu beliebt.

Nun... Es gab noch Möglichkeiten. Gefährliche zwar, aber wenn es gelingen würde...

Ah, die Macht, die unvorstellbare Macht.

*~*~*~*~*~*

Am Morgen nach einem sehr vergnüglichen Saufgelage vor dem Fernseher zusammen mit Jaschke war es schließlich soweit. Die Tür zu Schmidt & Brauns Zelle öffnete sich, und sie wurden durch die Gänge des Gerichtsgefängnisses nach draußen geführt.

Schmidt und Braun blinzelten als sie zum ersten Mal seit langer Zeit wieder ans Sonnenlicht geführt wurden. An ihrer Seite marschierten zwei Dutzend der Söldner, die nun den Platz der immer noch gefesselt in den Zelten liegenden Soldaten eingenommen hatten.

„Ich habe schon ganz vergessen, wie frische Luft riecht“, seufzte Herr Braun.

„Und ich habe schon ganz vergessen, wie frisches Bier schmeckt“, seufzte Herr Schmidt.

„Du hast jeden Tag mindestens 6 Flaschen Bier gesoffen. Jaschke hat dich gut versorgt.“

„Ja, aber es war kein frisches Bier,“ erklärte Schmidt. „Das ist genau wie mit der Frischen Luft, die gibt es nur draußen in der Natur. Wirklich frisches Bier gibt es nur in Kneipen mit ordentlich Gegröle und genug anderen Besoffenen.“

„Du bist der Experte.“ Braun hob einen Finger in einer typischen Lehrerpose. „Da sieht man mal wieder wie die öffentlichen Gelder verschwendet werden: Wozu braucht man Entziehungskliniken? Ein Gefängnisaufenthalt ist billiger und weit gründlicher.“

„Ja, leider.“

„Kopf hoch, Schmidt. Da kommt Haake.“

„Und das soll ein Grund zur Freude sein?“

„Hallo Jungs!“ Der Links- und Rechtsvertreter, der über den Marktplatz auf sie zugelaufen kam, nahm seine Perücke vom Kopf und winkte damit.

„Wie geht’s denn so?“

„Besser als man denken sollte. Aber lass uns reingehen.“ Braun nickte in Richtung des Gerichts. „Die Leute warten sicher schon auf uns.“

*~*~*~*~*~*

Nachdenklich kratzte sich Alois Huber am Hinterkopf. Das würde keine einfache Arbeit werden. Er war Holzfäller von Beruf, und er hatte eine große Säge mitgebracht, aber diese alte Eiche würde ein hartes Stück Arbeit werden. Fast zwei Meter Durchmesser hatte der Stamm, und er war so krumm und verästelt, dass man kaum voraussagen würde können, in welche Richtung der Riese stürzen würde.

Huber schüttelte den Kopf.

„Das muss ich mir noch mal überlegen. Vielleicht sollte ich ein paar von den Jungs mitnehmen um mir zu helfen.“

*~*~*~*~*~*

Schoman saß im Gerichtssaal und tippte nervös mit seinen schwarzen Lackschuhen auf den Boden. Er hatte es geschafft, einen Platz in der Nähe des Tisches der Anklage zu ergattern, so dass er sich mit Nolting unterhalten konnte.

Der Geheimdienstchef beugte sich vor.

„Wir wollten doch Richter Thammsen für dieses Verfahren, oder?“ zischte er.

Nolting nickte. „Ja.“

„Der Richter da vorn... Das ist nicht Richter Thammsen.“

„Natürlich nicht. Ich weiß nicht einmal, ob der Kerl überhaupt ein Richter ist.“

„Warum zum Teufel sitzt er dann am Richtertisch?“

Nolting verzog keine Miene. „Höchstwahrscheinlich weil Schmidt und Braun gesagt haben, er soll da oben sitzen.“

„Aber das ist illegal! Die Zwei können nicht einfach bestimmen, wer in ihrem eigenen Prozess Richter ist.“

„Sie meinen wohl sie dürfen es nicht. Aber sie können es, und sie tun es.“

„Wo steckt Richter Thammsen?“

„Soweit ich weiß auf Hawaii.“

„Wie ist er nach Hawaii gekommen?!?“

„Mit dem Flugzeug natürlich. Schmidt und Braun haben ihn bestochen, damit er verschwindet. Wahrscheinlich mindestens 2 Millionen Euro.“

Zu Noltings großer Erleichterung hatte diese Antwort Schoman die Sprache verschlagen. Denn der Staatsanwalt, der sich zunehmend unangenehm staatenlos fühlte, wollte sich ganz auf die Angeklagten konzentrieren, die soeben den Saal betraten.

Der Richter stand auf und klopfte mit dem Hammer auf den Tisch. „Man erhebe sich für die ehrenwerten Angeklagten Herr Schmidt und Herr Braun,“ verkündete er.

Schoman war so verdattert, dass er tatsächlich aufstand. Als er es bemerkte, biss er die Zähne zusammen und setzte sich mit verschränkten Armen wieder hin.

Die Direktoren der Staats-AG erreichten die Anklagebank, oder genauer gesagt, den Ort, wo sich bis gestern die Anklagebank befunden hatte. Jemand hatte sie entfernt und durch zwei mit schwarzem Leder bezogene Chefsessel ersetzt.

Braun setzte sich, winkte einigen Anwesenden freundlich zu, und sagte schließlich: „Man darf sich wieder setzen.“

Alle außer Schoman, der schon wieder saß, und Nolting, der nie aufgestanden war, nahmen ihren Platz ein.

Der Staatsanwalt erhob sich.

„Euer Ehren, wenn ich mein Eröffnungsplädoyer beginnen dürfte...“

„Bitte, tun Sie sich kein Zwang an“, erwiderte Braun.

„Meine Worte waren nicht an Sie gerichtet, Angeklagter.“

„Wie schade. Richter, lassen Sie ihn ruhig anfangen. Die Sachen, die er nicht sagen darf, stehen auf Seite 5 bis 7 der Liste die ich Ihnen gegeben habe.“

----------------------------------------------------------------------------------------

Jipieh, der Prozess hat angefangen :) Und, wie ist er soweit? Kritik und Tips von entrüsteten Anwälten werden besonders gern entgegengenommen ;) aber auch Feedback von allen anderen ist gerne willkommen!

GLG

Robert 

PS: Per externem Link erreicht ihr diesmal meinen Twitter-Account. auf dem es alle News zu meinen Stories gibt :-)

Die Staats-AGWo Geschichten leben. Entdecke jetzt