Kapitel 5: Auseinandersetzung

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Ravel zog die Robe aus und hängte sie über die Lehne seines Sessels, dann kratzte er sich im Nacken. Die Stelle war leicht gerötet. Tipstaff betrat das Büro des Großmagiers und servierte zwei Tassen Tee. Kurz bevor er den Raum wieder verließ musterte er den Schwarzhaarigen skeptisch. Er sagte jedoch nichts, sei es aus Ehrfurcht oder Sorge.

Das weiße Hemd und sein schwarzes Jackett ließen Ravels Teint kein bisschen gesünder wirken, als die Robe es zuvor getan hatte. Aber Grässlich hielt es nicht für nötig das auszusprechen.

„Also?", fragte Ravel, „Was willst du mir sagen?"

„Einiges. Aber ich hätte lieber Antworten von dir", gab Grässlich zurück und trank einen Schluck Tee.

Ravel wartete stumm darauf, dass sein Gegenüber weitersprach.

Grässlich stellte die Tasse wieder ab und nahm den Faden auf: „Was ist los mit dir? Du hast dich so verändert in den letzten Wochen. Klar, es ist viel zu tun, aber ich habe das Gefühl, du reißt dich förmlich darum, nicht gehen zu müssen. Jeder sieht dir an, dass du nicht schläfst und dass es dir dabei nicht gut geht. Es sind sogar schon Leute zu mir gekommen und haben gefragt, ob du überfordert oder krank bist. Und ehrlich gesagt stelle ich mir langsam die selben Fragen. Wird dir das alles nicht zu viel?"

„Es liegt nicht an der Arbeit. Abgesehen davon wolltet ihr doch, dass ich den Job annehme", war alles, was Ravel darauf erwiderte.

„Woran liegt es dann?", wollte Grässlich als nächstes wissen.

Ravel hüllte sich in Schweigen, trank Tee und lehnte sich zurück.

„Geht es um Misty?"

„Nein, mit ihr komme ich klar. Sie arbeitet hart."

„Liegt es an mir?"

„Was? Nein, natürlich nicht. Wie kommst du darauf?"

„Ich frage nur. Ist es immer noch wegen Corrival...?"

Die letzte Frage stellte Grässlich vorsichtiger, da er befürchtete, einen Nerv getroffen zu haben. Er beobachtete die Reaktion seines Freundes.

Ravel senkte den Blick und zögerte, bevor er antwortete.

Grässlich wusste sofort, dass er ins Schwarze getroffen hatte.

„Ich werde dieses Video nicht los...", gab Ravel schließlich zu, „Solange ich arbeite, bin ich abgelenkt. Aber wenn es ruhig wird kommen diese Bilder wieder und nachts..."

„... Kommen die Alpträume", schlussfolgerte Grässlich.

„Ich würde im Moment alles für eine ruhige Nacht und erholsamen Schlaf geben."

„Das erklärt vieles."

„Tut es das?"

„Zumindest, warum du so aussiehst. Aber wieso hast du nichts gesagt?"

„Was hätte ich denn sagen sollen?", Ravel verschränkte die Arme vor der Brust.

Die ganze Situation war ihm mehr als unangenehm und Grässlich ließ nicht locker. Ihm schien es so, als würde der Schneider nur zu gern auf seiner Schwäche herumreiten und ihm mehr Geheimnisse entlocken wollen. Alles, was ihn und andere nichts anging.

Davon musste doch niemand wissen, oder? Alles könnte normal weiterlaufen.

Aber Grässlich blieb dran: „Du hättest sagen können, dass du kaum noch schläfst. Nicht allen, aber vielleicht mir oder einem Arzt, oder..."

„Hör mal zu", meinte Ravel gereizt, „Ich bin über 400 Jahre alt, ich bin der Großmagier von Irland und ich habe in Kriegen gekämpft. Ich sehe nicht ein, dass alle mich plötzlich wie ein Kind behandeln wollen, weil ich nicht topfit bin."

"Was wäre wenn..." Teil 3: Hier und JetztWhere stories live. Discover now