Kapitel 4: Überfordert

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Ravel war leichenblass geworden, als Susurrus das Video beendet und den Monitor abgeschaltet hatte. Er hatte geahnt, was passiert war und war sogar dabei sich damit abzufinden. Die fehlende Erinnerung war in dem Punkt tatsächlich hilfreich. Zu sehen, was passiert war, ließ ihn jetzt aber aus allen Wolken fallen.

Der Restant hatte so wild und unkontrolliert und wütend auf Corrival eingestochen, dass er gar keine Chance mehr hatte.

Der Restant in Ravels Körper.

Sich selbst dabei zu beobachten, wie er seinem Freund einen so gewaltsamen Tod beschert, brachte seine Gedanken völlig durcheinander. Ihm wurde auf einen Schlag heiß, dann kalt, dann übel. In ihm zog sich etwas zusammen. Er spürte, wie seine Beine langsam aber sicher nachgaben.

Zum Glück zog Grässlich schnell einen Stuhl heran und setzte ihn darauf. Mit fassungslosem Ausdruck sank er gegen die Lehne zurück, den Blick immer noch auf den Monitor gerichtet.

„Ich frage mich", begann Madam Misty, ihre Stimme kalt, wie Eis, „was die Räte rund um den Globus von einem Großmagier halten, der seinen Vorgänger ermordet hat."

„Es waren Restanten, das ist deutlich zu sehen!", verteidigte Grässlich seinen Freund.

„Was für ein ungeschickter Zufall, dass ausgerechnet die beiden besessen aufeinander losgingen", meinte Misty.

In Grässlich schwoll Wut an, aber er zwang sich zur Ruhe: „Ein Zufall, nichts weiter. Darüber hatte keiner von uns die Kontrolle und deshalb gibt es auch keinerlei Gründe dieses Video weiter zu verbreiten."
Er wandte sich an Susurrus: „Das bleibt unter uns, verstanden?"

Der Mann am Hauptrechner und all seine Kollegen nickten und murmelten Zustimmung.

Grässlich warf Misty einen vielsagenden Blick zu, auf den er keine Reaktion ihrerseits erkennen konnte.

„Wir machen uns lieber wieder an die Arbeit", murmelte er dann, zog Ravel hoch und verließ mit ihm, gefolgt von Misty, den Raum.

Auf dem Flur trennten sich ihre Wege schnell. Misty verschwand in ihrem Büro, Grässlich ging mit Ravel weiter bis zu seinem. Dort setzten sie sich gegenüber voneinander in den Sessel.

„Das... war heftig", sagte Ravel als erstes.

Grässlich nickte bestätigend: „Aber wir wollten es nicht vor dir geheim halten."

„Denkst du, Misty tut etwas Unüberlegtes?"

„Ich glaube nicht. Sie hat keinen Grund uns nicht zu mögen, denke ich. Und hätte es keine Neuwahlen gegeben, wäre sie gar nicht hier."

„Was sie gerade gesagt hat, über die anderen Räte..."

„Das halte ich für leere Drohungen. Und selbst wenn sie vorhätte das Video zu veröffentlichen, müsste an Susurrus und seinen Leuten vorbei, die ohne unsere Zustimmung nichts unternehmen. Mach dir darüber keine Sorgen."

„Ich mache mir im Moment über alles Mögliche Sorgen. Eine mehr oder weniger fällt nicht großartig auf."

Grässlich seufzte: „Du bist ja optimistisch. Wie geht es dir sonst mit dieser ganzen Sache?"

„Schwer zu sagen", gab Ravel schulterzuckend zu, „Es ist viel auf einmal. Aber ich komme klar."

„Sicher?", hakte Grässlich nach, „Du bist noch ziemlich blass."

Aber Ravel stand bereits wieder auf und wandte sich zur Tür.

„Es geht schon. Ich mache mich auch lieber wieder an die Arbeit."

"Was wäre wenn..." Teil 3: Hier und JetztWhere stories live. Discover now