»49. Kapitel

27.7K 1.6K 563
                                    

„Pass auf dich auf.“

„Was soll ich hier denn schon großartig machen? Etwa aus dem Fenster springen?“

Lachend schaltete ich den Föhn aus und zog den Stecker aus der Steckdose. Mein Vater sah mich für einen Augenblick lang erschrocken an, bevor ihm klar wurde, dass ich es als einen Scherz gemeint hatte. Nun ebenfalls grinsend wuschelte er mir noch einmal durch die frisch gemachten Haare - wofür er einen tödlichen Blick einkassiert bekam - und drückte mir einen kurzen Kuss auf die Stirn. Dann schnappte er sich seine Zeitung und verließ das Zimmer. Kopfschüttelnd sah ich ihm so lange hinterher, bis die Tür wieder zugefallen war.

Es waren nun schon ein paar Tage vergangen, seitdem ich die Wahrheit über den Brand erfahren hatte. Mein Vater war zwar jeden Tag vorbeigekommen und hatte sich mit mir die Zeit vertrieben, doch ich wartete immer noch vergebens darauf, dass sich Zayn wieder zeigen würde. Schließlich hatten wir noch einige Sachen zu klären. Der erste Aspekt, den ich ihm an den Kopf werfen würde, war die Frage weshalb er mich angelogen und somit auch maßlos enttäuscht hatte. Wieso, fragte ich mich nun schon zum tausendsten Mal selbst, während ich zum Bett humpelte und mich wieder auf das Laken fallen ließ, wieso hat er mir nicht gleich die Wahrheit gesagt? Wäre ich nicht von alleine darauf gekommen, hätte ich Liam damit wahrscheinlich Unrecht getan.

Liam.

Automatisch begann es in meinem ganzen Bauch zu kribbeln, als ich an seinen Namen dachte. Auch mit ihm musste ich noch vieles klären, doch bevor ich dies tun würde, musste ich ihn zuerst ausfindig machen. Schließlich war er zum Zeitpunkt unseren ‚Treffens' gerade auf eine andere Station verlegt worden. Auf welche hatte ich allerdings noch nicht herausgefunden.

Seufzend suchte ich nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher an, der oben in der Ecke des Zimmers hang und nur darauf zu warten schien, endlich wieder benutzt zu werden. Seitdem meine Wunden sich noch mehr gebessert hatten, war ich aus dem Rollstuhl befreit worden und durfte mich seit einem Tag frei bewegen. Zwar schmerzte es weiterhin, wenn ich mich streckte oder bewegte, doch ich ignorierte die kleinen Stiche einfach und konzentrierte mich stattdessen auf das Wesentliche. Schule verpasste ich glücklicherweise auch nicht, da sie erst renoviert werden musste und noch für eine Woche geschlossen blieb. Als ich mich bei meinem behandelnden Arzt erkundigt hatte, wann ich denn endlich wieder nach Hause konnte, hatte er mir nur gesagt, das ich noch mindestens solange in diesem Zimmer verbringen musste, bis das Schlimmste verheilt war. Unmotiviert verfolgte ich solange gelangweilt die Tagesnachrichten, bis es leise an der Tür klopfte.

Zuerst überhörte ich es und schloss für einen kurzen Moment die Augen, als es jedoch etwas lauter an der Tür hämmerte, schreckte ich auf und schaltete den Fernseher auf stumm. Dann rief ich ein kratziges „Herein“ und setzte mich in eine aufrechte Position. Gespannt, wer sich dazu entschlossen hatte mir einen Besuch abzustatten, legte ich den Kopf schief und sah zu, wie die Tür aufschwang und ein mir nur zu bekannter Kopf in dem neu entstandenen Spalt auftauchte.

„Karen?“

Ungläubig kniff ich die Augen zusammen und reckte eine Augenbraue in die Höhe. Unsicher, ob sie die Erlaubnis bekommen hatte den Raum zu betreten, verharrte sie an der Stelle und lächelte mich schief an.

„Darf ich reinkommen?“

fragte sie mit leiser Stimme, woraufhin ich nur eifrig nickte und sofort aufstand. Schnell humpelte ich um das Bett herum, um einen der vollgepackten Stühle frei zu räumen, um ihr eine angemessene Sitzgelegenheit zu bieten, doch ich wurde von einer kleinen Hand abgehalten.

„Warte, ich mache das schon selber. Setz dich mal lieber wieder hin.“

Schon beinahe mit einem diktatorischen Ton in der Stimme, drückte Karen mich behutsam nach hinten, sodass ich wieder auf der weichen Matratze landete. Eingeschüchtert verfolgte ich mit, wie sie den Kleiderhaufen auf den danebenliegenden Tisch platzierte und ihn an mein Bett schob. Dann ließ sie sich darauf nieder und lächelte mich an. Verwirrt erwiderte ich es. Wieso ist sie überhaupt hier, fragte ich mich innerlich und zupfte nervös an meinen Haaren herum, nachdem was alles passiert war müsste sie mich eigentlich mehr alles andere auf der Welt hassen.

Rock meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt