Kapitel 27

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Erstaunlicherweise erschien Louis in den nächsten Tagen pünktlich zum Unterricht.

Er sah besorgt aus, hatte tiefe Augenringe, schaute nur auf den Boden und man sah, dass er keine Zeit hatte um sich zu rasieren oder die Haare zu machen, ganz zu schweigen davon, dass sie viel zu lang waren und einen Friseurbesuch nötig hatten.

Er hatte sich von Mark weg gesetzt und hatte nun einen Einzeltisch in der letzten Reihe des Klassenraums. In der Pause sah Alisha ihn nie und er stand nicht bei Marks Clique, so wie er es sonst getan hatte.

Die Mädchen, die kichernd ihre Köpfe zusammen gesteckt hatten, sobald Louis in den Klassenraum kam, wendeten sich von ihm ab.

Alisha wusste, dass ihn etwas bedrückte, doch sie wusste nicht, wie sie auf ihn zugehen sollte und ob sie überhaupt auf ihn zugehen sollte.

Die vielen Fragen ihn ihrem Kopf waren noch immer unbeantwortet und sie hatte keine Ahnung, ob sie überhaupt eine Antwort wissen wollte.

Das Wochenende war furchtbar langweilig.

Durch ihr Zimmer tanzten die Noten von This i love und normalerweise liebte sie es, sich auf jeden einzelnen Ton zu konzentrieren, doch heute konnte sie nicht still auf ihrem Bett liegen. Als sie am Schreibtisch saß, hämmerte sie undgeduldig mit den Fingern auf das Holz, was sie selber noch nervöser machte. Sie entschloss sich ihr Zimmer aufzuräumen, doch da nur ein paar Klamotten auf der Erde lage und ansonsten komplett ordentlich war, konnte sie damit nicht viel Zeit tot schlagen.

Sie hatte das Gefühl sich bewegen zu müssen und zu laufen.

Sie ging ihr Zimmer auf und ab, doch noch immer kribbelten ihre Beine.

Sie schnappte sich ein Buch und verschwand in den Park, nachdem sie sich von ihrer Mutter verabschiedet hatte.

Auf dem Weg zu ihrem Stammplatz unter der Weide, achtete sie genau auf jeden ihrer Schritte.

Rechts.

Links.

Rechts.

Links.

Das Kribbeln hörte nicht auf und ihre Beine schienen noch weiter gehen zu wollen, doch sie stoppte an dem Baum mit den herunter hängenden Ästen und lehnte sich gegen die raue Rinde.

Sie öffnete ihr Buch und war bereit in eine andere Welt zu verschwinden, aber sie konnte sich einfach nicht auf die Buchstaben und Wörter vor ihrem Auge konzentrieren. Sie verschwammen und setzten sich in anderen Kombinationen zusammen.

Alisha atmete durch den Mund ein, hielt den Atem für einige Sekunden und atmete durch die Nase wieder aus. Diesen Vorgang wiederholte sie, während sie ihre Augen geschlossen hatte und hoffte, dass sie dadurch wieder ruhiger wurde, allerdings war dem nicht so.

Die Wörter vor ihr wollten einfach keinen Sinn ergeben.

Wütend klappte sie das Buch zu.

Was war nur los mit ihr?

Erst tritt sie gegen ihr Regal und wirft Sachen um sich und nun kann sich nicht mal auf ihr Buch konzentrieren. Lesen war schon immer ihre Flucht gewesen, wenn um ihr herum nichts mehr stimmte und wenn sie nicht wusste, was sie tun sollte. Noch nie war es vorgekommen, dass sie nicht lesen konnte.

Sie stand auf und schaute auf den See.

Was sollte sie tun?

In der Bücherei wurde sie sicherlich auch kribbelig und im Musikgeschäft hatte sie Angst, sie würde erneut Regale demolieren. Zuhause würde sie nur ihr Zimmer auf und ab laufen.

Kurzerhand entschloss sie sich um den See zu gehen.

Vielleicht würden ihre Beine diese Bewegung reichen.

Sie war noch nie um den See gegangen und wusste nicht, wie lange der Weg dauern würde. Hoffentlich genug um das Kribbeln in ihren Beinen zu beenden.

Während sie den schmalen Pfad entlang ging, fragte sie sich, wieso sie hier nicht schon vorher einmal spazieren gegangen war.

Die Blätter waren orange und rot verfärbt und wenn man seine Füße hob, raschelte das Laub unter den Sohlen. Im klaren See spiegelten sich die Farben und warfen alles in einer noch schöneren Farbe zurück.

Die Luft war frisch und die Sonne, die durch die Äste fiel, wärmte nicht mehr so stark.

Und auf einmal fing Alisha an zu laufen.

Ihre Beine liefen und hörten nicht mehr auf zu laufen.

Sie wurde immer schneller, doch spürte keinen Schmerz, ihr Atem wurde nicht schneller und sie fühlte sich, als könnte sie noch Kilometer weiter laufen.

Ihre Füße rannten durch die heruntergefallenden Blätter und sie kam einige Male ins Straucheln, da sie die Steine und Wurzel unter der Laubdecke nicht sehen konnte, doch trotzdem hörte sie nicht auf zu laufen. Sie hielt ihr Buch fest in einer Hand und bewegte ihre Arme im Rhythmus neben ihrem Körper. Ihre Beine bewegten sich gleichmäßig voran.

Links.

Rechts.

Links.

Rechts.

Ihr Pferdeschwanz bewegte sich von der rechten Seite zur linken Seite und schlug einige Male gegen ihren Hinterkopf. Alisha merkte, wie ihr wärmer wurde, doch sie schwitzte nicht. Einige Menschen gingen mit ihren Hunden an ihr vorbei und schauten sie groß an, da sie in ihrer normalen Jeans und einer dicken Jacke joggen ging, doch das machte ihr nichts aus. Ihr Blick war nach vorne gerichtet und auch wenn der Weg sich in mehrere Abbiegungen aufteilte, blieb sie nicht stehen, sondern lief.

Viel zu schnell war sie bei sich zuhause angekommen. Als sie vor der Haustür stand und den Schlüssel im Schloss herum drehte, waren es nicht mehr nur ihre Beine, die weiter rennen wollte. Ihr gesamter Körper sehnte sich nach der Bewegung.

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In diesem Kapitel passiert zwar nicht viel, aber trotzdem gefällt es mir irgendwie :) Ich hoffe euch auch und ihr lasst mir ein Vote oder Kommentar da :*

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Vielen Dank an saphiramelody für die ausführliche Rückmeldung!

ly xx



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