Kapitel 15

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Am nächsten Tag um halb fünf saß Alisha in Louis Wohnzimmer und strich mit konzentriertem Blick eine Seite Seite des Würfels mit schwarzer Acrylfarbe, während ihr Arbeitspartner neben ihr hockte und seinen Blick durchs Zimmer schweifen ließ.

Innerlich war sie genervt, die Arbeit alleine erledigen zu müssen, während er neben ihr saß und nichts tat, doch nach außen hin zeigte sie von ihrer Wut nichts und dachte darüber nach, was sie sagen könnte und ob eine Unterhaltung in diesem Moment überhaupt angemessen war oder ob man nur in bestimmten Momenten sich unterhielt. Wieso konnte man nicht in irgendeinem Buch alle Regeln lesen, die es in einer Unterhaltung gab?

Auf einmal fiel ihr das Gespräch vom letztem Treffen wieder ein, als sie ihn angeschrien hatte und er ihr gesagt hätte, er war sich nicht sicher, ob sie so etwas konnte oder je zuvor in ihrem Leben gemacht hatte. Wollte er sie wieder dazubringen ihn anzuschreien?

Sie wollte nicht die einzige sein, die die Arbeit erledigt und dass Louis ihr hilft, doch sie möchte nicht, dass andere auf sie sauer sind, weswegen sie still blieb. Sie passte sich an, so wie sie es schon ihr ganzes Leben lang getan hatte.

„ Kannst du mir bitte helfen?", fragte sie vorsichtig und mit leiser Stimme.

Louis schaute genervt auf und verdrehte die Augen. Danach schaute er einfach wieder weg, als wäre nichts gewesen.

Eigentlich machte Alisha das nur noch wütender, doch mal wieder merkte sie, dass sich keiner dafür interessierte, was sie sagte oder was sie wollte. Da blieb sie doch lieber bei ihren Fantasiewelten, in die sie regelmäßig schlüpfte.

„ Wie weit bist du?", fragte Louis nach einer halben Stunde.

Am liebsten hätte sie gesagt, dass sie weiter gewesen wäre, wenn sie Hilfe bekommen hätte, doch stattdessen sagte sie: „Ich bin grade bei der zweiten Seite."

„ Beeil dich bitte ein wenig. Ich bekomme nachher noch Besuch."

„ Okay.", antwortete sie und arbeitete weiter. Sie war stolz darauf, dass sie ‚Okay' und nicht ‚In Ordnung' gesagt hatte, doch auf einmal verspürte sie für einen kurzen Moment Wut auf sich selber, die sofort darauf wieder verblasste.

Wieso gehorchte sie ihm und sagte nicht einfach etwas? Wieso schrie sie ihn nicht wieder an?

Die Antwort war einfach: Sie konnte nicht. Sie wollte nicht. Das war nicht sie, die gestern geschrien hatte, sondern irgendetwas in ihr, das sie selber noch nicht kannte. Irgendeine Zelle im Gehirn war dafür verantwotlich gewesen, die ihr restliches Leben geschwiegen hatte.

Wieso musste diese Zelle sich auf einmal zu Wort melden?

Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen, als die Frau das Zimmer betrat, die Alisha zuvor als seine Mutter gehalten hatte.

Erschrocken sprang Louis auf. „Was machst du denn schon hier? Ich dachte du kommst erst in einer Stunde?"

„ Ich bin schon früher gekommen.", antwortete sie mit ruhiger Stimme

„Das sehe ich.", meinte er mit schnippigem Ton.

Die Frau ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und setzte sich ohne das Gesicht zu verziehen auf das Sofa. Erst jetzt fiel Alisha auf, dass die Frau genau das selbe Armband trug, wie auch Louis. Es war ein einfaches, schwarzer Lederband an den ein blauer Stein hing. Erst bei genauerem Hinsehen merkte Alisha, dass in den Stein ein schwarzes Muster eingraviert war.

„ Hattest du nicht einen Schwur mit dir selbst eingewilligt?", fragte die Frau mit fester Stimme, ohne Alisha eines Blickes zu würdigen.

„ Könntest du bitte gehen?", stellte Louis die Gegenfrage.

„ Ich habe dich eine Frage gestellt." Die Frau betonte jedes einzelne Wort und verschluckte keine Silbe. Ohne es zu merken, fühlte sich Alisha klein und eingeschüchtert neben ihr.

„Ja das habe ich. Es ist nur ein Schulprojekt."

Zufrieden nickte die Frau. Auch wenn sie ziemlich streng wirkte, behielt sie ihr familiäres Lächeln auf den Lippen und redete in einer ruhigen und sanften Stimme.

Alisha begeisterte es, wie sich selbst Louis ihr unterordnete, wo er doch gerne den Superking spielte.

„Das Mädchen muss jetzt gehen.", befahl die Frau, die sich immer noch nicht vorgestellt hat. Doch auch wenn von Alisha die Rede war, schaute sie weiterhin nicht zu ihr herüber, sondern hielt den Blick zu Louis stand.

„Entschuldigung.", murmelte das Mädchen und packte ihre Sachen zusammen. Sie wollte Louis zum Abschied anlächeln, doch dieser schaute nur in das starre Gesicht der Frau.

Sobald Alisha den Raum verließ, entschied sich ihr Herz für einen kurzen Moment über ihren Kopf. Auf Zehenspitzen und bedacht kein Geräusch zu machen schlich sie sich erneut näher an die Wohnzimmertür und hielt ihr rechtes Ohr an das Holz. Doch was sie von innen hörte, lies sie zurück fahren.

„Einen Moment Louis. Wir können gleich weiter reden, sobald Alisha uns nicht mehr belauscht und ihr Ohr von der Tür nimmt."

Woher wusste die Frau, dass Alisha sie belauschte und woher kannte sie ihren Namen?

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Ich habe morgen endlich wieder venünftiges WLAN und werde dann dieses und das letzte Kapitel nochmal überarbeiten. Bin mit beiden nicht zu hundert Prozent zufrieden...


Who's that shadow?Where stories live. Discover now