Moonchild {VKOOK}

By solnoctem

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[ABGESCHLOSSEN] Die Menschen seien in der Regel Meister darin, zwei grundlegende Dinge zu unterschätzen: Wie... More

Vorwort
Intro
Prolog
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Epilog
Nachwort

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344 52 15
By solnoctem

Jungkook

Verdattert sah Taehyung mich an.
„W-wie meinst du das?", wollte er wissen und schien nicht so ganz verstanden zu haben, was ich gerade von mir gegeben hatte.
„Naja...", fing ich zögerlich an, „versteh mich nicht falsch... dieser Ort ist wunderschön, so wie alles in dieser Welt, aber irgendwie liegt hier einfach so eine Traurigkeit in der Luft."

Nachdenklich legte ich meinen Kopf in den Nacken und versuchte, diese  erdrückende Atmosphäre, die mich umgab, zu begreifen. Ich verstand ja  selbst nicht genau, was es war... aber es schien fast so, als würde dieser Ort weinen, als würde ich tief in mir drinnen ein Wimmern vernehmen, ausgelöst durch diesen Ort. Es war so, als hatte ich alle Orte, die Tae mir bis jetzt gezeigt hatte, nur mit meinen Augen gesehen  und als würde ich jetzt plötzlich anfangen, meine Umgebung um mich herum auf andere Art wahrzunehmen. Das Wimmern in mir hörte nicht auf.

„Eine Traurigkeit?", wiederholte der Hellhaarige meine Worte. „Aber du warst doch so begeistert?!"
Niedergeschlagen blickte er wirr hin und her, wobei sein Blick kurz immer wieder den meinen traf.
„Ja, ich weiß...", murmelte ich etwas leiser. Ich wollte nicht, dass Tae durch meine Worte traurig wurde, denn er hatte sich schließlich so auf diesen Moment gefreut. Aber was sollte ich machen? Ihn anlügen?

„Spürst du das denn nicht auch?", fragte ich vorsichtig. „Also diese Traurigkeit, meine ich?"
Ein ungläubiges Schnauben verließ den Hellhaarigen, während er auf den Boden starrte und es mir unmöglich machte, sein Gesicht zu erkennen.
„Tae?", fragte ich deshalb vorsichtig. Ich wusste nicht, was plötzlich mit ihm los war, aber meine Aussage schien ihn irgendwie extrem zu belasten. Impulsiv hob er auf einmal seinen Kopf und funkelte mich direkt an.

„Ob ich es denn nicht auch spüre?", fragte er fassungslos, während mich sein entgeisterter Blick durchbohrte. „Jungkook, hast du eigentlich eine Ahnung, was hier abgeht?!"
Ein trockenes Lachen verließ seine Kehle, während er kopfschüttelnd zur Seite sah.
„Man Jungkook, diese verdammte Traurigkeit ist doch überall...", rief er  frustriert, „die ganze Zeit rennst du wie ein fröhliches Kind herum und jetzt plötzlich willst du mir was von dieser Traurigkeit erzählen?"

Verdattert sah ich ihn an. Ich wusste nicht, dass er anscheinend so ein  Problem mit mir hatte. Klar, wir hatten einen schweren Start, aber ich dachte eigentlich, dass wir das die letzten drei Tage überwunden hätten. 
„Keine Ahnung", murmelte ich betroffen, „ich meine... was weiß ich schon."
Überfordert sah ich zu ihm herüber. Taehyung war inzwischen in die Hocke  gegangen und hatte sein Gesicht in den Händen versteckt.
„Tae...", kam es mir erneut, diesmal jedoch um einiges verzweifelter über die Lippen.

„Ja, Jungkook", fiel dieser mir energisch ins Wort und stand abrupt wieder auf, „was weißt du schon?"
Überrascht wich ich einen Schritt zurück.
„Du rennst pfeifend durchs Leben, siehst das Ganze nur als eine reine  Entdeckungstour, während andere richtige Sorgen haben!", blaffte er mich  an und kam Schritt für Schritt immer näher.
Wieder verließ ihn ein trockenes, ungläubiges Lachen: „Ich kann nicht  glauben, dass ich mich so hab' von dir ablenken lassen. Beinahe hätte ich diese ganze Scheiße vergessen... aber das geht nicht. Sie ist da und ich kann sie nicht ignorieren."
„Wovon redest du denn überhaupt?", wollte ich zutiefst verwirrt wissen,  während ich versuchte, Taehyungs wütend funkelnden Augen standzuhalten.

„Davon, dass du überhaupt keine Ahnung davon hast, mit was wir hier tagtäglich zu kämpfen haben und ich mich von dir tatsächlich auch noch dazu überreden lassen habe, dir meine Welt zu zeigen, als sei es ein verdammter Freizeitpark", er hielt einen Moment inne, während er  inzwischen nur noch einen Schritt vor mir stand und ich die Verbitterung in seinen Augen geradezu wüten sehen konnte.

„Und jetzt kommst du und erzählst mir etwas von Traurigkeit?", hauchte er fast fassungslos. „Und das so, als würde es rein gar nichts mit dir zutun haben!"

Schweigend sah ich ihn an. Ein Gedanke nach dem anderen schleuderte gerade nur so durch meinen Kopf und es fühlte sich beinahe so an, als würde ich in diesen ertrinken. Wieso war Taehyung plötzlich so sauer auf mich? Was hatte sich denn mit einem Mal geändert? Hatte sich überhaupt etwas geändert oder hatte er so vielleicht schon die ganze Zeit über mich gedacht?

„Tae...", raunte ich schließlich, wobei mir der Kloß in meinem Hals das Sprechen erschwerte, „was habe ich denn mit alle dem zu tun?"

Wütend sah der Hellhaarige mich an. Sein Kiefer war angespannt und seine  Atmung zitterte leicht, als er schließlich seinen Mund öffnete und sagte: „Du bist ein verdammtes Sonnenkind, Jungkook."

„A-aber...", protestierte ich, „du meintest doch, dass ich anders bin als das, was du von den Sonnenkindern weißt!"
„Das ändert nichts an der Tatsache, dass du eines von ihnen bist... dass du aus dieser gottverdammten Sonnenwelt kommst", erklärte er verbittert.
„Aber was genau hat meine Welt getan, dass du so wütend auf sie bist", fragte ich verzweifelt und legte ihm meine Hand auf die Schulter, „dass du jeden aus dieser Welt hasst... dass du mich hasst?"

Alleine nur diese Worte auszusprechen, schmerzte mehr als mir lieb war. Hatte Taehyung mich die ganze Zeit gehasst und all die Freundlichkeit nur vorgetäuscht?
„Deine Welt", fing Taehyung mit bebender Stimme an, seine Augen waren  glasig, während die sich aufbauenden Tränen in ihnen ebenfalls zu beben  schienen, „deine Welt zerstört die meine."

Misstrauisch sah ich ihn an. Was meinte er damit? Wie konnte denn die eine die andere zerstören? Ich hätte es doch mitbekommen, wenn Omelas einen anderen Ort angreifen würde...
„Während deine eigene Sorge ist, dass du dich bei dir daheim nicht zuhause fühlst", fuhr er verbittert fort, „und das in einer Welt, die nur so vor Kraft strotzt, Jungkook."

Ich bemerkte, wie seine Stimme leiser und zittriger wurde und auch seine Körperhaltung schien allmählich zusammenzusacken.

„Währenddessen versuchen wir hier zu überleben, verdammt. Du hast doch  überhaupt keine Ahnung und trotzdem kommst du her und erlaubst dir, diesen Ort in Frage zu stellen?! Ich kann dir-", seine Stimme versagte, während er zu Boden sank und sich zusammen krampfte.
„Tae!", rief ich erschrocken und bückte mich zu ihm herunter. Er musste wieder einen dieser Anfälle haben.
„Lass mich in Ruhe, Jungkook!", keifte er, doch das überhörte ich einfach und hakte meine Arme stützend unter seine. Doch entgegen meiner Erwartung, ließ er sich diesmal nicht widerstandslos von mir helfen, sondern drückte mich mit einer Hand energisch weg, während er versuchte, sich mit der anderen auf dem Boden abzustützen.
„Fass mich nicht an!", keifte er mit mehr Nachdruck. „Ich hab' gesagt, du sollst mich in Ruhe lassen!"

Niedergeschlagen rückte ich ein Stück von ihm weg und sah mit an, wie sein zitternder Körper nach Kraft suchte.
„Ich kann dir sagen, warum dieser Ort so traurig auf dich wirkt...",  flüsterte seine gebrechliche Stimme, während er kraftlos auf dem Boden hockte, „nicht nur dieser Ort, sondern diese ganze Welt stirbt und das ist deine verdammte Schuld!"

Seine Worte versetzten mir einen Stich. Wie es aussah hatte Taehyung mich die gesamte Zeit über verabscheut. Wie es aussah, war ich tatsächlich ein Feind in seinen Augen. Aber wie konnte er mir die  Schuld an etwas geben, von dem ich gar nichts wusste... ich hatte doch nicht einmal von der Existenz mehrerer Welten gewusst, wie sollte ich demnach daran Schuld sein, dass die eine die andere zerstörte?

„Also bin ich in deinen Augen doch ein Feind?", fragte ich schockiert, obwohl ich die Antwort inzwischen ja eigentlich kannte.
„Ich hätte dich jedenfalls niemals mit hierher nehmen dürfen", seufzte er frustriert und sah nicht vom Boden auf. Unruhig fing mein Herz an schneller zu schlagen. All das hier fühlte sich so surreal an. Hatte sich das, was mir eigentlich wie ein schöner Traum vorgekommen war, soeben in einen Alptraum verwandelt?

Verzweifelt versuchte ich in meinem Gedankenchaos eine Antwort zu finden. Warum hatte Taehyung mich mitgenommen, wenn er mich eigentlich  verabscheute? Der Deal, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich kannte seinen Teil des Deals nach wie vor nicht, aber wenn ich in seinen Augen nur ein Feind war, war es bestimmt nichts Gutes. 

Gerade als ich mich etwas vorlehnen wollte, um ihn darauf anzusprechen,  drangen entfernte Stimmen an uns heran. Panisch hob ich den Kopf und suchte die Umgebung nach Gestalten ab. Wer auch immer da gerade kam, würde uns bald sehen.
„Versteck dich", knurrte Taehyung leise und sah zu mir herauf. Fragend musterte ich ihn. Ich konnte ihn doch nicht einfach so hier sitzen lassen...
„Na los!", blaffte er erneut. „Wenn sie dich finden sind wir beide dran."

Hastig nickte ich und rannte los, während das kraftlose Keuchen Taehyungs hinter mir immer leiser wurde. Weg vom Lichtschein der funkelnden Kugel, rannte ich an einigen Beeten entlang, bis ich  schließlich einen größeren Stein entdeckte und mich dahinter  niederkauerte. Vorsichtig spähte ich an diesem vorbei und erkannte, dass sich drei ältere Gestalten dem auf dem Boden hockenden Taehyung genähert hatten.

Besorgt bückten sie sich zu ihm herunter und ich konnte erkennen, wie er anfing mit ihnen zu sprechen. Eine plötzliche Angst, dass er mich verraten könnte, machte sich in mir bemerkbar. Wie konnte ich die ganze Zeit über jemandem so blind vertrauen, der mich eigentlich hasste?

Mit rasendem Herzen und zusammengekniffenen Augen musterte ich das Geschehen, welches sich einige Meter entfernt von mir abspielte. Mit  Ausnahme davon, dass die drei Gestalten alle deutlich kräftiger aussahen als Tae, unterschieden sie sich sonst fast gar nicht voneinander. Ihre hellen Haare funkelten im Licht der Säule und ihre blasse Haut  unterschied sich aus dieser Entfernung kaum von der Farbe ihrer Klamotten.
Nachdenklich sah ich an mir herunter. Auch ich trug diese hellen Gewänder, doch meine Hand stach braunhäutig neben dieser hervor. Was hatte ich mir nur gedacht? Ich würde in dieser Welt niemals einen Platz  finden und wie es aussah wollte mich auch niemand hier haben... Tae wollte mich nicht hier haben.

Mit einem letzten Blick auf die drei Gestalten, welche Taehyung  inzwischen aufgeholfen hatten, drehte ich mich schließlich um und schlich langsam und gebückt über das sanfte Gras. Ich hätte früher oder später ohnehin nach Hause gemusst und bevor ich es so weit kommen ließ, dass Tae mich verraten würde, verschwand ich lieber. Vermutlich hätte  mich dieser ohnehin nie zurück gebracht.

Erleichtert kam ich schließlich an den Rand des Gartens, welcher von großen Mauern umgeben war. Grübelnd sah ich mich um und entdeckte einen größeren Baum nahe der Mauer. Das müsste funktionieren. Vorsichtig prüfte ich, ob mich von hier aus jemand sehen konnte und hechtete anschließend leise zu dem Baum herüber. Die morsche Rinde bot einen guten Grip, um problemlos an dem Stamm hinaufzuklettern. Mit Leichtigkeit erreichte ich schließlich einen höheren Ast und sprang von diesem über die Mauer.

Dumpf landeten meine Füße in dem raschelnden Laub auf der anderen Seite.  Für einen kurzen Moment erstarrte ich und hoffte, dass mich niemand gehört hatte, doch erleichtert stellte ich fest, dass ich mich mitten im Wald befand und hier wohl kaum auf Mondkinder treffen würde. Einmal tief durchatmend machte ich mich schließlich auf den Weg.

Auch wenn ich Taehyung mein Vertrauen geschenkt hatte, hatte ich mir meine Umgebung trotzdem immer wieder eingeprägt, um den Rückweg im Notfall doch noch finden zu können. Den Blick auf den Mond am Himmel gerichtet, welcher mich leiten sollte, rannte ich schließlich durch die Wälder und hoffte,  dass ich bald den Fluss finden würde, über welchen Taehyung mich in diese Welt gebracht hatte.

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