Moonchild {VKOOK}

By solnoctem

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[ABGESCHLOSSEN] Die Menschen seien in der Regel Meister darin, zwei grundlegende Dinge zu unterschätzen: Wie... More

Vorwort
Intro
Prolog
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Epilog
Nachwort

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By solnoctem

Taehyung

Immer wieder musste ich mit meinem Arm die langen Äste von Trauerweiden aus meinem Sichtfeld schieben, um in dem Dämmerlicht überhaupt noch irgendwie sehen zu können, wohin mich die leichte Strömung des Flusses trieb. Mein hölzernes Boot folgte dem schmalen Gewässer, bahnte sich einen Weg durch die herabhängenden Blätter und gab schließlich einen Blick auf eine Art Flussbett frei.

Links und rechts von mir bäumte sich das Flussufer zu grasbewachsenen Hügeln auf, über denen ein paar Glühwürmchen müde tanzten, und große Steine inmitten des Wassers, brachten die Strömung beinahe zum Erliegen. Vorsichtig versuchte ich mit dem langen Holzstab in meiner Rechten etwas näher an den Rand zu gelangen und konnte ein paar Meter entfernt eine Art Steg erkennen.

Genau hier, irgendwo im Nirgendwo, wo ich zuvor noch niemals gewesen war, befand sich ein Steg? Er ragte dort einfach so ins leichte Gewässer rein, als wäre es das Selbstverständlichste. Ein kalter Schauer wanderte meinen Rücken hinab, bei dem Gedanken daran, wer hier schon vor mir gewesen sein mochte.

Kraftvoll stieß ich mich mit dem Holzstab ab und schipperte zu der Anlegestelle herüber. Dort angekommen, befestigte ich das Boot mit einem dicken Seil und trat dann mit wackligen Beinen heraus auf die Holzbretter. Sie schienen morsch und mit Moos bewachsen zu sein, so als ob sie schon seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr betreten wurden.

Langsam, darauf achtgebend nicht auf eine brüchige Stelle zu treten und in das kalte Wasser zu plumpsen, tapste ich über den Steg auf die trockene Grasfläche gleich daneben. Überall ragten die Trauerweiden aus der Erde und verdeckten ihre schrumpeligen Stämme mit den wallenden Ästen. In der Nähe des Flusses ragte Schilf empor, der sogar mir über den Kopf reichte.

Ich sah mich weiter um, auf der Suche nach einem Weg oder einem Hinweis, wohin ich gehen müsste, doch meine Augen sahen nicht mehr, als die alten Bäume und funkelnden Glühwürmchen. Doch mit einem Mal konnte ich erkennen, wie eines der leuchtenden Tierchen sich auf einem Grashalm, nahe dem Boden niederließ und den Fleck Erde unter sich spärlich erleuchtete.

Aber dennoch reichte dieser schwache Lichtkegel aus, um ein Lächeln auf meine Lippen wandern zu lassen. Hastig machte ich die paar Schritte zu dem Insekt herüber und ging in die Hocke. Zögernd zog ich meine Hand hervor und ließ sie zitternd gen Boden wandern. Vorsichtig wischte ich etwas Erde zur Seite und entfernte ein paar Grashalme von der Stelle. Sofort weiteten sich meine Augen und ich ließ meine Hand noch etwas schneller über die Stelle fahren. Dann hielt ich abrupt inne.

Ich traute meinen Augen kaum. Vor mir tat sich das auf, wonach ich all die letzten Monate gesucht hatte, das worüber ich mir Tage und Nächte lang den Kopf zerbrochen und beinahe schon die Hoffnung aufgegeben hatte, es überhaupt zu finden.

„Das ist unglaublich", kam es mir staunend über die Lippen und ich konnte nicht verhindern, dass sich eine Träne in meinem Augenwinkel bildete. Niemals hätte ich nach all der Zeit noch damit gerechnet, es wirklich zu finden. Aber jetzt hockte ich hier, vor der moosbewachsenen Marmorplatte, die in den feuchten Boden eingelassen war und ließ meine Augen schnell über den darin eingravierten Text wandern.

...da wo der Mond untergeht und die Sonne wieder aufgeht.

Nachdem ich meine Augen noch für einen kurzen Moment auf der Platte verweilen ließ, wanderte mein Blick schließlich wieder nach vorne. Konzentriert starrte ich geradeaus, zwischen den Gräsern und Schilfen hindurch. Dann stand ich auf, entschlossen, bereit meinen Weg fortzusetzen. Mit großen Schritten lief ich einfach immer weiter meiner Nase nach. Ich sah mich nicht mehr um, geschweige denn zurück. Inzwischen pochte mir mein Herz bis zum Hals und meine Atmung ging flach.

Nach ein paar Minuten hatte ich die Flusslandschaft hinter mir gelassen und vor mir tat sich eine Art Wald auf. Große Laubbäume mit dicken Stämmen ragten in den dunklen Sternenhimmel empor und warfen unheimliche Schatten über die Wiese zu meinen Füßen. Doch ich dachte gar nicht daran jetzt umzukehren. Nicht, nachdem ich schon so weit gekommen war.

Eilig und mit bebendem Herzen trat ich zwischen die Bäume und wurde sogleich von der Dunkelheit eingehüllt. Hier flogen keine Glühwürmchen mehr und ich konnte meine eigene Hand kaum vor meinen Augen sehen. Eine Gänsehaut zog über meinen gesamten Körper und ich fing an zu zittern. Je weiter ich in den Wald hineinlief, desto kälter wurde es. Oder bildete ich mir das nur ein?

Doch plötzlich konnte ich einen Lichtstrahl sehen, wie er sich durch die dichten Baumkronen hindurchzwängte und auf dem Boden zwischen zwei erhabenen Eichen aufkam. Er wirkte anders als die kalte Luft um mich herum, so warm und beschützend. Ich war mir nicht sicher, ob es wirklich das war, wovon ich dachte, dass es das war. Aber falls es so war, dann war ich wirklich am Ziel.

Schnell sprintete ich zu den zwei Eichen herüber und je näher ich ihnen kam, desto wärmer wurde auch die Luft. Meine Haut fing an zu kribbeln, als wenn tausend Ameisen darüber laufen würden. Die warme Brise umfing mich schon, obwohl ich noch gut einen Meter von dem Lichtkegel entfernt stand. Und dennoch bemerkte ich schon jetzt, dass hier etwas anders war.

Ich zögerte. Sollte ich noch einen Schritt wagen? Sollte ich es versuchen? Was wäre wohl, wenn ich jetzt einfach wieder umkehren würde? Die Fragen überschlugen sich in meinem Kopf und ich begann unruhig auf der Stelle herumzutippen.

„Nein, ich werde jetzt keinen Rückzieher machen", redete ich mir selbst ein und fasste keine Sekunde später meinen Entschluss. Langsam machte ich einen weiteren Schritt auf das Licht zu, berührte mit meinen Zehenspitzen bereits den Lichtkegel auf dem Boden und trat schließlich vollends in den Schein zwischen den Bäumen.

Und mit einem Mal konnte ich nur noch sehen, wie das Licht, welches mir soeben noch den Weg gewiesen hatte, mit einem letzten Aufblitzen hinter dem Horizont verschwand, welchen ich in weiter Ferne zwischen den Bäumen ausmachen konnte. Hatte ich es etwa geschafft?

Ganz langsam hob ich meinen Fuß erneut an und trat einen Schritt weiter vor. Zuerst passierte gar nichts und alles schien so wie immer. Doch plötzlich wurde mein Inneres geflutet. Ich konnte gar nicht so schnell reagieren, da fing ich schon vor Überforderung an zu weinen und die Tränen rannten unaufhörlich meine Wangen hinunter. Das konnte doch gar nicht sein? Das durfte nicht sein!

Eine gewaltige, zuvor noch nie gespürte Kraftwelle flutete meinen gesamten Körper, nahm jeden Winkel ein und ließ meine Finger hektisch aufzucken. Noch nie in meinem Leben hatte ich so etwas gespürt. Meine Atmung ging schnell und nachdem ich mich etwas beruhigt hatte, hockte ich mich langsam zu dem grasgrünen, saftigen Boden hinab.

Zitternd breitete ich meine Hand aus und legte sie flach auf dem Gras ab. Das Kribbeln wurde noch um einiges stärker, fing aufregend in meinen Fingerspitzen an, breitete sich weiter in meinem Körper aus und brachte mich schließlich sanft zum Lächeln. Ich zog die kühle Waldluft tief in meine Lungen ein und genoss für einen kurzen Augenblick einfach nur den Moment. Noch nie hatte ich mich so gut gefühlt. Zum ersten Mal verspürte ich kein Leid, keine Schmerzen. Es tat einfach nur gut. Ich fühlte mich gut. Geerdet. Beruhigt.

Doch dann traf es mich wieder wie einen Schlag und ich zog meine Hand schnell von dem Boden zurück. Wie konnte das sein? Was passierte hier? Schnell öffnete ich meine Augen und sah mich forschend um. „Konzentriere dich, Taehyung", versuchte ich mir selbst wieder vor Augen zu rufen, weshalb ich eigentlich hier war „du hast eine Mission."

Gerade wollte ich mich wieder aufrichten, um mich weiter umzusehen, doch mit einem Mal sah ich, wie ein funkelnder Schmetterling vor meinen Augen tanzte. Fasziniert beobachtete ich ihn und fing dann selig an zu lächeln. Es war also wirklich möglich.

Vorsichtig streckte ich meinen ausgestreckten Zeigefinger etwas empor und beobachtete ruhig, wie der kleine Freund ganz aufgeregt darauf zuflatterte und sich schließlich niederließ. „Bist du mir hierher gefolgt?", fragte ich den Kleinen und lächelte ihm, für einen Moment all meine Sorgen vergessend, glücklich entgegen.

Doch auf einmal konnte ich eine Veränderung spüren. Schnell wandte ich meinen Blick, von dem hübschen Wesen ab, bevor ich mich suchend umsah. Was hatte das nur zu bedeuten? Irgendetwas stimmte hier nicht. Immer wieder scannte ich die Umgebung mit meinen Augen ab, während sich allmählich die Angst in mir breit machte.

Wie hatte ich auch nur so unvorsichtig sein können? Ich saß hier inmitten eines Waldes und hatte es nicht in Betracht gezogen, mich hinter einem Busch oder Baum zu verstecken? Nein, ich hatte mich seelenruhig auf einer Lichtung niedergelassen. Was wäre, wenn sie mich jetzt finden würden? Was wäre, wenn sie mich gesehen hätten? Hatte ich soeben alles aufs Spiel gesetzt, nur weil ich so fasziniert von alledem war?

Und plötzlich spürte ich es. Sofort fixierte ich den Strauch, der ein paar Meter von mir entfernt stand und ein dichtes Blattwerk trug, das den Blick auf das Etwas dahinter verbarg. Was sollte ich jetzt tun? Mein Kopf war mit einem Mal wie leergefegt und als ich noch eine weitere Anwesenheit verspüren konnte, handelte ich mehr aus einer Kurzschlussreaktion heraus als irgendwie noch weiter darüber nachzudenken, was in diesem Augenblick wohl das Beste gewesen wäre.

Ich schüttelte den kleinen, blauen Falter von meinem Finger, so gerne ich mich auch um ihn gekümmert hätte und wie sehr es auch gegen meine Natur sprach, doch ich musste hier weg. Mit einem Satz war ich aufgesprungen, zurück zu den beiden Eichen gerannt und keine Sekunde später hinter den Bäumen verschwunden.

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