Die Verlierer - Sklaven des E...

By traumjaegerin

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[TEIL 2] Während Jay alles gibt, um der gefürchtetste Dealer der Stadt zu werden, dafür, dass jeder in Berli... More

1 | Immer noch am Gewinnen
2 | Wie in alten Zeiten
3 | König von Berlin
4 | Irrelevant
5 | Warum Herzen unnötig sind
7 | Gnadenlos untergehen
8 | Dealer, kein Therapeut
9 | Kopflose Pläne
10 | Von Spitzentangas und Boxershorts
11 | Echte Männer brauchen keinen Trost
12 | Kaffee und Provokation
13 | Paranoia
14 | Fast Geschäftspartner
15 | Keine Moral
16 | Nur ein bisschen cool
17 | Pornos und Probleme
18 | Nicht in Hollywood
19 | Taten und Träume
20 | Ein Whirpool voller Nutten
21 | Nur Freundschaft
22 | Leggings, Tanga und Arschdellen
23 | Nur noch Dreck
24 | Gehirnmatsch
25 | Vaginas sind keine Controller
26 | Ertrunken in Wut
27 | Ausbrennen
28 | Aufgeschmissen
29 | Nehmen, was man will
30 | Wer vertraut, wird gefickt
31 | Worauf wichst du?
32 | Blut, Schweiß und Wodka Melone
33 | Niemals entschuldigen
34 | Niemals bedanken
35 | Niemals
36 | Die Welt soll bluten
37 | Keine Gefühle
38 | Kein Bock auf Menschen
39 | Zwei Flaschen Sterni
40 | Rücksichtslos
41 | So viel Hass
42 | Nichts als Verlierer
43 | Verliebt in Geld
44 | Lila Scheine
45 | Shopping Queen und Whisky
46 | Niemals daten, nur ficken
47 | Para und Palaver
48 | Marode Männlichkeit
49 | Leicht zu haben
50 | Pinke Wattewelten
51 | Angst vor Schwänzen
52 | Vom Kotti bis zum Xenon
53 | Loslassen
54 | Auf Abruf bereit
55 | Kokainrausch
56 | Okay, gut
57 | Braun, Gelb, Grün
58 | Ich will dir wehtun
59 | Lösch meine Nummer
Ankündigung

6 | Ihr habt Gift geleckt

918 108 242
By traumjaegerin

»Weißt du, was das Ding wert ist?« Kiral hielt die Uhr in die Luft und seine Mundwinkel zuckten so belustigt, als würde er jede Sekunde in einen Lachanfall ausbrechen. Zwischen seinen Fingern brannte wieder eine Zigarette und seine Haare waren noch fettiger als beim letzten Mal.

»Weiß ich nicht, Statussymbole jucken mich einen Dreck. Das' für Leute, die ihre Schwanzlänge kompensieren müssen.« Ich lehnte mich in dem Sessel zurück. So entspannt, als würden mich seine Worte überhaupt nicht jucken.

»Keine fünfzig Euro.« Er sah die Uhr einen Moment lang verächtlich an und schmiss sie dann in den Müll. Spott lag auf seinem Gesicht, als er sich mir wieder zuwendete. Ein gedämpftes Licht fiel von der Deckenlampe, die von Zeit zu Zeit ein wenig flackerte.

Wie erbärmlich. Wie er einfach erwartete, ich würde mich von so einer Reaktion verunsichern lassen.

Einen Moment lang sahen wir uns einfach an und ich tat ihm nicht die Genugtuung, nachzugeben und wegzuschauen, auch wenn alles in mir danach schrie. Angespannt wartete ich seine Reaktion ab. Ich war nicht von ihm abhängig, aber ich wusste, dass es eine verdammt große Chance war, mit ihm zusammenarbeiten zu können. Er gehörte zu den Leuten, mit denen ich es mir nicht wegen Kleinigkeiten verscherzen wollte.

Ich war ersetzbar für ihn, das wusste ich. Also war es definitiv nicht an der Zeit, mich zu überschätzen. Eine große Fresse riskieren, ja, aber immer genau so weit, wie ich gehen konnte.

»Ich will morgen den Rest sehen«, forderte er dann und griff sich die einzelnen Geldscheine, die ich eben auf den Glastisch zwischen den beiden Sesseln geknallt hatte. In aller Seelenruhe stapelte er sie aufeinander, so ordentlich, als wäre er ein verdammter Autist oder so.

Ich ließ meinen Blick flüchtig in Richtung der Tür gleiten und verengte ihn dann, fokussierte Kiral. Auch heute trug er ein weißes Hemd. »Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Ich bin Dealer, kein Laufbursche. Sei froh, dass ich das überhaupt mach'.«

Kiral lachte. Ich hasste sein ekelhaftes Lachen, das ein wenig klang wie eine zugedröhnte Hyäne. »Ich kenne Jungs wie dich. Die das erste Mal Macht spüren und jetzt glauben, sie hätten alles erreicht. Lass mich dir eins sagen: Ihr überschätzt euch alle. Ihr alle. Ihr habt Blut geleckt, aber in Wahrheit war's Gift, dass euch innerhalb ein paar Tage zu Fall bringen wird.«

Beim Reden drehte er den dicken, goldenen Ring, den er um seinen kleinen Finger trug, ließ aber seinen Blick weiterhin auf mir ruhen.

»Hörst dich selber gerne reden, was? Aber ich bin nich' hier für irgen'welche Predigten.« Ich zog meine Zigarettenschachtel aus der Hosentasche. Warf sie in die Luft und fing sie wieder, während ich meinen Blick mit zusammengezogenen Brauen auf Kiral ruhen ließ.

»Du hast keinen Respekt«, sagte er mit seiner widerlichen trägen Stimme. Ehrlich, das weckte noch mehr Aggressionen in mir, als ich ohnehin schon verspürte. »Du bist wie sie alle.«

Ich hob die linke Braue ein wenig. »Okay«, meinte ich dann desinteressiert. Auf seine Meinung gab ich keinen Fick, wie die aller anderen. Da war es mir egal, was für Geschichten man über ihn hörte. Dass er was damit zu tun hatte, als letztens auf dem Mehringdamm ein Typ aus einem fahrenden Auto heraus erschossen wurde.

Er beugte sich ein wenig vor und sah mich aus seinen dunklen Augen heraus an. »Wir sehen uns morgen. Mit dem ganzen Geld«, sagte er und in seinen Worten schwang so viel Bestimmtheit mit, dass ich kurz zögerte und dann nickte.

Ich erhob mich und nickte ihm flüchtig zu. »Hau rein«, sagte ich knapp.

»Auf Wiedersehen, Junge«, sagte er und klopfte die mittlerweile recht lange Asche von seiner Zigarette. »Pass auf dich auf.« Das falsche Grinsen auf seinem Gesicht ließ die Worte nach einer Drohung klingen.

Ich zog die Tür hinter mir ins Schloss und durchquerte dann den dunklen Flur, in dem die Luft genauso stickig war wie in der restlichen Spielothek. Das Geklimper der Automaten drang zu mir durch, überlagert von elektronischer Musik. Was eine nervige Scheiße. Am Tresen hatte sich noch immer der Schrank aufgebaut, der gerade einem Gast eine Cola zuschob. »Schlechte Laune?«, spottete er, als ich an ihm vorbeistapfte. Ich ignorierte ihn. Auf das Niveau von so 'nem absolut unwichtigen Dreckssack musste ich mich echt nicht runterlassen.

Erst, als ich die Tür mit dem Einschussloch hinter mir ins Schloss warf, fühlte ich mich verdammt gestresst. Ich hatte noch genug mit meinen eigenen Verkäufen in den nächsten Tagen zu tun. Konnte es wirklich der Weg nach oben sein, für einen Typen wie Kiral die Drecksarbeit zu übernehmen? Sollte ich mich nicht lieber drauf konzentrieren, mehr Gewinn zu machen, ihn in größere Drogenmengen zu investieren und an aufhören, direkt an Konsumenten zu verkaufen?

Aber Kontakte waren in diesem Geschäft nun mal alles. Und es konnte definitiv Gold wert sein, mich mit einem Kerl wie Kiral gutzustellen.

Es war schon spät in der Nacht, als ich auf den Plattenbau am Stadtrand zusteuerte, in dem Rashid lebte. Am Himmel waren nur ein paar Sterne zu sehen, dafür das rote Leuchten der Flugzeuge, die hier niedrig über den Häusern hinwegflogen. Die letzten paar Stunden hatte ich damit verbracht, das Gras an meine Kunden auszuliefern. Jedes Mal andere Treffpunkte, irgendwo in Seitenstraßen, an uneinsehbaren Orten. Ein kurzer Handschlag, Geld gegen Ware.

»Ja, wer's da?«, erklang eine verschlafene Frauenstimme, als ich bei Al-Asmari/ Labenski klingelte. Die Luft war frisch und langsam wurde mir kalt, nachdem ich die letzten Stunden überwiegend draußen verbracht hatte.

»Jay.«

Der Summer erging und ich trat mit meiner Sporttasche auf der Schulter in den dunklen Hausflur. Knoblauchgeruch empfing mich und mein Magen begann hungrig zu knurren. Im Aufzug angekommen lehnte ich mich gegen die Metallwand und drückte die Taste mit Fünfzehn, ehe sich der Fahrstuhl mit einem Ächzen in Bewegung setzte. Der wirkte alles andere als vertrauenswürdig, dafür stank er nicht wie der bei uns zuhause nach Pisse.

Die Wohnung der beiden lag am Ende des langen Flurs. Rashid war wahrscheinlich der einzige aus der Schule, mit dem ich noch Kontakt hatte, die restlichen Versager gingen mir alle hart am Arsch vorbei. Mittlerweile kannten mich die Leute und kamen von alleine auf mich zu, ich es nicht mehr nötig, wie 'ne Nutte im Park rumzustehen und um Käufer zu betteln. Das war eben der Vorteil daran, einen festen Kundenstamm zu haben.

Nadja öffnete mir. »Hey, Jay«, grinste sie und gähnte, ehe sie zur Seite trat. »Komm rein.«

Die braunen Haare waren in einem hohen Zopf zusammengebunden, dazu trug sie ein viel zu weites Shirt, das mit Sicherheit Rashid gehört. Eine Hose hatte sie keine an und so konnte ich das dunkle Tattoo auf ihrem Unterschenkel sehen, ein paar Rosen die sich dort entlangrannten.

Ich nickte ihr zu und streifte meine Schuhe ab, ehe ich sie zur Seite kickte und an Nadja vorbei in die Wohnung ging. Es war viel zu ordentlich für meinen Geschmack. Lag an Nadja, die sich echt Mühe gab, es wie in einer Einrichtungsshow aussehen zu lassen, mit Deko und so einem Dreck, den keiner brauchte. Änderte auch nichts daran, dass das ne kleine Zwei-Zimmer-Bude mit Schimmelflecken an den Wänden war.

Schon im Flur empfingen mich die Schussgeräusche eines Videospiels. Rashid saß im Wohnzimmer auf der schwarzen Kunstledercouch, vor sich eine aufgerissene Tüte mit Salzstängeln. Er grinste breit und stoppte das Game, als er mich entdeckte. »Jay, Alter. Endlich.«

»Was geht?«, grinste ich, als ich die Sporttasche auf den dunklen Laminatboden schmiss und mich selbst auf die Couch. Hinter mir trat Nadja ins Zimmer. Ich griff nach dem Knabberzeug.

»Junge, du bist so verfressen«, seufzte er, als ich mir eine Handvoll davon in den Mund schob.

»Hast du mal gesehen, wie viel ich trainier', ey«, lachte ich.

Nadja trat an ihn heran und bückte sich ein wenig, um Rashid einen sanften Kuss zu geben. Ihr Shirt rutschte nach oben und entblößte den pinken Spitzenslip, den sie trug. Die Ranken ihres Tattoos reichten bis auf ihren Arsch. Sie war schon echt heiß.

Nicht so heiß wie Fede.

Oh, verdammt. Ich presste meine Zähne aufeinander, fühlte den Druck, der sich auf meinem Kiefer ausbreitete. Das hatte ich eben nicht ernsthaft gedacht.

»Ich geh' jetzt pennen. Gute Nacht, Schatz«, lächelte sie. Das Piercing oberhalb ihrer Lippe glitzerte im orangenen Licht der Stehlampe.

Warum machte ich mir eigentlich so viel daraus, dass ich Fede vorhin wiedergesehen hatte? All die letzte Zeit hinweg hatte er mir doch auch überhaupt nicht gefehlt.

Aber ihn heiß zu finden hatte auch nichts damit zu tun, dass ich ihn auf einmal brauchte oder so, dass er für mein Leben wichtig war. Das war auch nochmal was völlig anderes. Also kein Grund, weiter darüber nachzudenken.

»Nee, komm her«, murmelte Rashid und zog seine Freundin auf seinen Schoß. Schlang die Arme fest um sie und legte seinen Kopf an ihrer Schulter ab. Keine Ahnung, warum die beiden immer noch zusammen waren, obwohl sie in den letzten Jahren mehr Drama verursacht hatten als in Kitschfilmen. Beziehungen waren doch eh etwas total Bescheuertes. Keine Ahnung, welcher Idiot sich so etwas ausgedacht hatte.

»Eigentlich wollt' ich jetzt pennen. Ich arbeite morgen früh«, seufzte Nadja und drehte sich zu Rashid um.

»Mir egal«, grinste er und hielt ihr sein Bier hin. »Arbeiten ist scheiße.«

Sie nahm es entgegen und trank einen Schluck daraus, während er seine Hand unter ihr Shirt schob. »Ja, schon. Aber irgendeiner muss ja Kohle hier ranschaffen«, lachte sie. »Wenn's schon der starke Mann nicht tut.«

»Alter, ich hätte gar kein Bock, die ganze Zeit nur zuhause rumzuhängen. Ich bin froh über meinen Job«, lachte ich und zog die Sporttasche zu mir ran. »Über die Kohle, die ich mach'.«

»Du klingst wie so'n Typ aus Mitte, der bei 'ner Versicherung arbeitet und nächstes Jahr 'n Burnout kriegt.« Rashid schüttelte lachend den Kopf. Grob schlug ich gegen seinen Oberarm, doch er wehrte meinen Schlag gekonnt ab und zog Nadja noch ein wenig näher an sich ran.

»Wo wir schon dabei wären, dein Gras.« Ich griff in die Sporttasche und reichte ihm die Plastiktüte mit dem Gras darin. Er gehörte zu meinen besten Kunden, die auch mal größere Mengen bestellten. Nicht nur, weil er sich selbst oft genug die Birne zukiffte, sondern weil er angefangen hatte, mein Zeugs an ein paar seiner Freunde weiterzuticken.

War irgendwie ein verdammt geiles Gefühl, wie ich nach und nach nicht mehr direkt an die Konsumenten verkaufte.

Rashid nickte mir dankend zu. Er griff in seine Hosentasche und holte sein abgenutztes Portemonnaie hervor, dann reichte er mir drei Fünfziger. Ich faltete den kleinen Geldstapel und schob ihn in meine Hosentasche.

»Willst 'n Bier, Alter?«, fragte er mich, nachdem er das Gras

»Ihr alle und euer scheiß Geschmack, ey«, seufzte ich und schmiss meine Zigarettenschachtel auf den Tisch, ehe ich meine Füße darauf ablegte.

»Jaja«, lachte er und schmiss den Controller neben sich auf die Couch, ehe er sich erhob und zu der Küchenzeile ging. Er öffnete den kleinen, surrenden Kühlschrank. »Ich versteh' nicht, warum Menschen nicht einfach vernünftigen Whisky trinken können«, äffte er mich mit einem Grinsen nach.

Schnell griff ich nach seinem Controller. »Fresse«, zischte ich und hob das Teil drohend in die Luft. Nadja dagegen lachte und winkte uns dann zu. »Gute Nacht, Jungs. Und seid bitte nicht so laut.«

»Nacht«, verabschiedete ich mich knapp, während Rashid ihr lächelnd hinterher sah.

»Willst doch eh eins«, grinste er dann und hielt mir die Flasche hin, die ich mit einem Nicken entgegennahm. Ich holte mein Feuerzeug hervor, um den Kronkorken zu öffnen.

Mit einem Grinsen auf den Lippen stießen wir miteinander an, der herbe Geschmack breitete sich auf meiner Zunge aus. »Ey, hast morgen was vor?«, fragte ich ihn dann.

»Alter, nein, du kennst mich.« Lachend trank er aus seiner Flasche.

»Bock, so'n Typen zusammenzuschlagen? Springt auch was raus für dich.«

Ich würde das natürlich auch alleine schaffen, doch zum einen machte es definitiv mehr Eindruck, würden wir zu zweit dort auftauchen, und zum anderen würde es absolut nicht schaden, ihn ein bisschen für mich arbeiten zu lassen.

»Immer«, stimmt Rashid mit einem breiten Grinsen zu. Ausgerechnet er, der früher nur seinen Basketball im Kopf gehabt hatte und alle Probleme am liebsten mit Reden gelöst hätte. Doch sein Traum ein berühmter Sportler zu werden, war wie eine verfickte Seifenblase in der Luft zerplatzt. Vor einem Jahr hatte er sich in eine Schlägerei von ein paar Kerlen eingemischt, hatte eigentlich schlichten wollen.

Typische Sache, er war zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen. Die paar Monate im Knast danach hatten ihn härter gemacht, den träumenden Jungen in ihm vollkommen ausgelöscht. Danach hatte er keinen Bock mehr auf Basketball spielen und kümmerte sich lieber darum, die ein oder andere krumme Aktion zu drehen.

Das war, wie die Dinge hier liefen.

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