Atlantis

By Mone-Autorin

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Toni geht während einer Kreuzfahrt über Bord des Schiffes und erwacht, an der Seite von Killian, dem gut auss... More

Kapitel 1 - Toni
Kapitel 2 - Toni
Kapitel 3 - Kira
Kapitel 4 - Killian
Kapitel 5 - Toni
Kapitel 6 - Toni
Kapitel 7 - Killian
Kapitel 8 - Toni
Kapitel 9 - Toni
Kapitel 10 - Kira
Kapitel 11 - Toni
Kapitel 12 - Toni
Kapitel 13 - Kira
Kapitel 14 - Toni
Kapitel 15 - Killian
Kapitel 16 - Kira
Kapitel 17 - Killian
Kapitel 18 - Toni
Kapitel 19 - Kira
Kapitel 20 - Killian
Kapitel 21 - Kira
Kapitel 23 - Killian
Kapitel 24 - Toni
Kapitel 25 - Kira
Kapitel 26 - Killian
Kapitel 27 - Toni
Kapitel 28 - Toni
Kapitel 29 - Kira
Kapitel 30 - Killian
Kapitel 31 - Toni
Kapitel 32 - Killian
Kapitel 33 - Toni
Kapitel 34 - Toni
Kapitel 35 - Kilian
Kapitel 36 - Toni
Epilog - Toni

Kapitel 22 - Toni

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By Mone-Autorin


Nachdem wir weitere zwei Tage unterwegs sind, lässt Kilian uns auf Marutea ausruhen. Es ist ein kleines unbewohntes Atoll, welches mich mehr an eine paradiesische unbewohnte Insel erinnert. Wenn man nicht an die Umstände denkt, könnte man meinen man wäre im Urlaub. Vor allem weil auch das Wetter einfach herrlich ist. Am Strand lehne ich mich zurück und genieße einfach das herrliche Gefühl der Sonne auf meiner Haut. Dabei wandert mein Blick immer wieder zu Kilian hinüber, der es sich auf einem Felsen gemütlich gemacht hat und das Gesicht zum Himmel gehoben hat. Er scheint das Wetter und die Oberfläche genauso zu genießen wie ich. Ein Schatten fällt auf mich und zwei Beine verstellen mir die Sicht auf Kilian.

»Hallo Hübsche.« Helios lässt sich neben mir im Sand nieder und ich lächele ihn an.

»Ich finde es wirklich erstaunlich, dass du all die Strapazen auf dich nimmst, Toni«, sagt er leise und schaut dabei hinaus aufs Meer.

»Ich meine es ist nicht einmal deine Heimat. Und man sieht dir an, dass es dir an der Oberfläche am besten geht. Du blühst förmlich auf und strahlst so eine innere Ruhe aus. Wie eine Sonne, von der alles um sie herum angezogen wird. Und die Atlanter haben versucht, dich dazu zu zwingen eine von ihnen zu werden und all das hier aufzugeben. Sie wollten dich zu ihrer Königin machen, ohne dass du auch nur ein Mitspracherecht hattest. Trotzdem gibst du alles um das Unterwasserreich zu retten.«

Helios hört sich vorwurfsvoll an und ich verrate ihm lieber nicht, dass sie nicht nur versucht haben mich dazu zu zwingen, sondern es sogar geschafft haben. Aber ich kann den Atlantern nicht böse sein. Nicht mehr. Ich weiß, dass sie nur das Beste für mich wollten und nun wo ich von Aiolos und meines Vaters gemeinsamer Vergangenheit weiß, bin ich mir sicher, dass er mich einfach nur schützen wollte. Auch wenn sein Weg etwas drastisch war.

»Ich mag euer Reich«, antworte ich etwas verspätet. »Wenn ich könnte würde ich abwechselnd im Wasser und an der Oberfläche leben. Der Abschied wird mir sehr schwer fallen. Es ist eben doch ein Teil von mir. Ich bin nicht umsonst eine halbe Atlanterin.«

Helios schweigt eine Weile. »Was wenn du beides haben könntest?«, fragt er dann leise ohne mich anzusehen.

»Wie meinst du das?« Forschend schaue ich ihm ins Gesicht, welches leicht rosa anläuft, was mich ziemlich verwirrt. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich glauben Helios wäre verlegen. Aber auf unserer bisherigen Reise, kam er mir immer souverän und selbsbewusst rüber. 

»Angenommen Kilian würde dir ermöglichen, bei ihm zu bleiben und dennoch ab und zu an der Oberfläche zu leben. So im Wechsel. Würdest du dann bei ihm bleiben?« Nun sieht er mir in die Augen. Die Gefühle die ich in seinem Blick sehe, verwirren mich noch mehr. Ich kann sie nicht alle entziffern, doch die Intensität, mit der sie mir entgegen schlagen, bringt mich dazu den Blick abzuwenden. Die Frage ist schwierig, denn sie zwingt mich dazu, mich mit meinen eigenen Gefühlen auseinander zu setzen und das ist etwas, das ich die ganze Zeit zu vermeiden versuche. Ich will nicht über meine eigenen Gefühle nachdenken. Dadurch werden sie einfach zu real. 

»Ich weiß es nicht«, antworte ich ehrlich. Helios beobachtet mich noch einen Moment. »Du bist verliebt«, stellt er dann fest und ich laufe rot an.

»Wie kommst du darauf?«, frage ich etwas zu schnell. Er zuckt mit den Schultern.

»Es war geraten.«

Danach verfallen wir in Schweigen und ich hoffe, dass er nicht merkt, dass ich auf seine Feststellung nicht reagiert habe. Ich bin verwirrt und weiß nicht so Recht, was ich denken soll. Helios' Feststellung hat etwas in mir berührt, was ich bisher erfolgreich verleugnet habe, doch nun kann ich nicht anders, als mich der Wahrheit zu stellen. Immer wieder ertappe ich mich dabei wie mein Blick zu Kilian wandert und wenn unsere Blicke sich treffen, steigen Schmetterlinge in meinem Bauch auf und ich werde rot, egal wie schnell ich meine Augen abwende. Mein Herz schlägt schneller und mein Puls steigt an. Manchmal denke ich, dass diese Hochzeit doch nicht so schlecht war, aber dann fällt wir wieder meine Bedingung ein und dass ich Atlantis verlassen werde, sollten wir diese Mission erfolgreich beenden. Dann versuche ich all meine Gefühle zu unterdrücken und errichte eine Mauer um mich herum.

Helios' Feststellung hat diese Mauer gefährlich ins Wanken gebracht. Bevor ich noch mehr nachdenken kann und ich vielleicht irgendwas dummes tue, wie mir einzugestehen, dass ich mich wirklich in meinen Ehemann verliebt habe, stehe ich auf.

»Ich werde mir mal ein bisschen die Beine vertreten«, sage ich entschuldigend zu Helios und dieser sieht mich mit traurigem Blick an und nickt. Es tut mir leid, dass er so geknickt aussieht, aber ich kann nichts dagegen tun.

Während ich das Atoll erkunde, bewundere ich die vielfältige Pflanzenwelt. Der Wind spielt in meinen Haaren, die heute offen sind und ich lausche dem Rascheln der Blätter. Als ich eine Weile gegangen bin, finde ich ein Plätzchen, mit einem umgestürzten Baumstamm, der schon mit Moos bewachsen ist. Dort lasse ich mich nieder und lasse meinen Gedanken freien Lauf. Wir sind jetzt bereits neunzehn Tage unterwegs und haben erst ein Artefakt gefunden. Ich kann nur hoffen, dass wir die nächsten schneller finden werden. Das Meer rauscht und die Wellen schlagen an den Strand, während über dem blauen Himmel einige Schleierwolken ziehen. Nach nicht einmal fünf Minuten höre ich ein Geräusch. Suchend blicke ich mich um, ob mir jemand gefolgt ist, doch es ist niemand zu sehen und nun ich bin mir nicht mehr sicher ob ich mir das Geräusch nicht doch nur eingebildet habe. Also schließe ich wieder die Augen und lausche dem Zwitschern der Vögel und dem Rauschen der Blätter in den Bäumen. Wenige Momente später, spüre ich eine Berührung am Arm und fahre erschrocken zusammen.

»Hey, ganz ruhig, ich bin es nur«, erklingt Kilians Stimme ganz nah und als ich ihm den Blick zu wende stößt meine Nase fast an seine. Einen Augenblick lang schauen wir uns in die Augen und ich nehme seinen Geruch wahr, der mich immer an das Meer und den Wind erinnert und dennoch etwas ganz eigenes hat. Kilian schluckt, bricht den Blickkontakt ab und setzt sich neben mich.

»Du scheinst die Ruhe zu suchen«, sagt er leise als ich mich wieder dem Meer zuwende. Mein Herz schlägt schnell und ich habe das Gefühl, dass es gleich aus meiner Brust galoppieren möchte. Das Pochen muss über die gesamte Insel zu hören sein.

»Eigentlich bin ich ein geselliger Mensch«, antworte ich leise. »Ich versuche nur, die Zeit hier zu genießen, denn man weiß nie wieviel Zeit einem noch bleibt.« Ich spüre seinen Blick auf mir ruhen, vermeide es aber ihn anzusehen.

»Es gab mal eine Zeit, in der ich keine Menschen um mich herum haben wollte. Eigentlich will ich das immer noch nicht. Bis auf wenige Ausnahmen«, erzählt Kilian und ich weiß nicht genau was er damit sagen will. Ob ich auch zu den Ausnahmen gehöre? Die Vorstellung, dass es nicht so sein könnte, tut weh. Mein Blick wandert wie von selbst doch zu Killian. Verstohlen beobachte ich ihn und studiere sein Gesicht. Präge mir seine Gesichtszüge so gut wie möglich ein. Alles an ihm wirkt unendlich vertraut, als würde ich ihn mein Leben lang kennen. Ich empfinde definitiv etwas für meinen Ehemann, das muss ich mir eingestehen, aber ich kann beim besten Willen nicht sagen, was es ist und wie tief das Gefühl geht. Ich bin verdammte achtzehn Jahre und komme mir vor, als wäre ich bereits achtundzwanzig. Und während das Schicksal einer ganzen Spezies auf meinen Schultern lastet, denke ich darüber nach, was ich für jemanden empfinde, den ich noch gar nicht lange kenne. Schuldgefühle überkommen mich und ich kann sie nicht mehr abschütteln. Mein Kopf sollte gefüllt sein mit Plänen, wie wir die restlichen Artefakte finden können, doch stattdessen denke ich nur über Killian nach.

»Woran denkst du?«, fragt Kilian der mir forschend ins Gesicht blickt und meinen Gemütswechsel gesehen haben muss.

»Darüber was ich empfinde«, antworte ich ehrlich, wobei ich das »für dich« geflissentlich verschweige und hoffe, dass er es falsch interpretiert.

»Und was empfindest du?«

Mein Instinkt sagt mir, dass er meine Worte nicht falsch interpretiert hat und seinerseits einige Worte verschweigt. Sein Gesicht ist so nahe, dass ich die Stoppeln auf seinem Kinn sehe. Er hat sich schon seit mehreren Tagen nicht mehr rasiert, weshalb er schon einen kleinen Bart hat, der ihn deutlich älter aussehen lässt als zwanzig. Sein Bart lenkt meinen Blick auf seine Lippen und ich muss mich zwingen, den Blick zu heben und ihm zu antworten.

»Ich weiß es nicht. Ich habe gerade versucht es herauszufinden, aber ich bin zu keinem Schluss gekommen.«

Kilian nickt nur und sein Blick ruht weiterhin auf mir. »Du bist erstaunlich Antonia Lacus.« Er spricht meinen neuen Namen so leicht aus, als wäre es das normalste der Welt. Stolz schwingt in seiner Stimme mit und Emotionen, die ich nicht deuten kann. Mit einem Lächeln fährt er fort: »Ich frage mich immer, womit ich so ein Schicksal verdient habe.« Seine Worte versetzen mir einen Stich, denn man kann sie so oder so auslegen, doch sein lächelnder Blick sagt mir, dass er die Worte nicht böse gemeint hat. Langsam frage ich mich, warum ich mich so sehr gegen diese Hochzeit gewehrt habe. Kilian hat so viele Facetten und ich glaube er ist es wert, dass man jede davon kennenlernt. Bevor ich mich daran hindern kann, lehne ich mich vor und küsse Kilian. Ich weiß nicht woher ich den Mut dazu nehme und es ist auch egal. Seine Lippen auf meinen zu fühlen ist wie nach Hause kommen. Im ersten Moment ist Kilian überrascht, doch schnell fängt er sich und erwidert den Kuss. Seine Hand landet in meinem Nacken und hält mich fest, als hätte er Angst, dass ich mich zu früh zurückziehen könnte. Aber diese Gefahr besteht nicht. Meine Lippen prickeln und ich kann gar nicht genug von Kilian bekommen.

Als wir den Kuss beenden, lehnt Kilian seine Stirn an meine und ich halte die Augen geschlossen. Sein Atem geht genauso schnell wie meiner.

»Sieh mich an, Toni«, flüstert Kilian und ich öffne die Augen.

Sein Blick brennt sich in mir ein, das Türkis seiner Iris strahlt wie zwei Sterne. Er hat seine Mauern fallen lassen und ich kann jede einzelne Regung in seinen Augen sehen. Was ich dort erkenne raubt mir den Atem. In seinem Blick steht so viel Zärtlichkeit und Zuneigung, dass ich das Gefühl habe zu träumen.

»Was machst du nur mit mir?« Seine Stimme ist nur ein Wispern, so dass ich die Worte kaum verstehen kann.

»Ich habe keine Ahnung«, erwidere ich genauso leise. Langsam zieht Kilian sich zurück, ohne den Blick abzuwenden. Er fasst mich an den Hüften und zieht mich sanft auf seinen Schoß, drückt meinen Kopf an seine Schulter und hält mich einfach nur fest. Es gibt mir Kraft und ich habe das Gefühl, dass alles gut werden wird. Er gibt mir das Gefühl meiner Aufgabe gewachsen zu sein. Dass wir alles schaffen können, wenn wir nur wollen.

Viel zu früh müssen wir wieder zu den anderen zurückgehen. Es haben sich Grüppchen gebildet und während Alessio und Lope, Helios, Kira und Silas sich unterhalten, sitzt Lethe etwas abseits und grübelt vor sich hin. Als sie Kilian und mich kommen sieht, durchbohrt mich ihr finsterer Blick. Kilian gibt uns noch eine halbe Stunde zum Ausruhen, dann will er weiter zum Mururoa Atoll. Ich setze mich wieder in den Sand und versuche Ordnung in meine Gedanken zu bekommen. Doch wie immer bleibe ich nicht lange alleine, denn wenige Minuten später, setzt sich Helios wieder neben mich. Ich muss mich beherrschen und das Seufzen unterdrücken, denn im Moment wäre ich lieber allein, doch anscheinend ist das in dieser Gruppe nicht möglich.

»Ich habe dir etwas zu Essen mitgebracht und auch zu trinken«, sagt Helios und hält mir etwas Brot und eine Flasche Wasser hin.

»Danke«, antworte ich und nehme ihm beides ab. Schweigend esse ich das Brot, welches sich in meinem Mund einfach nur pappig anfühlt und Helios sitzt nur da und sagt kein Wort. Das Schweigen ist nicht unangenehm, aber ich weiß auch nicht was ich davon halten soll. Helios ist immer so fürsorglich und hält sich oft in meiner Nähe auf.

»Ich wünschte, ich könnte dir deine Aufgabe abnehmen«, bricht Helios das Schweigen und ich schaue ihn überrascht an.

»Warum?«, frage ich, weil ich mir nicht wirklich vorstellen kann, was ihn zu so einem Wunsch treibt.

»Du bist so strahlend. Wie ein Stern. Zumindest kam es mir so vor, als ich dich das erste Mal sah. Aber je mehr Zeit vergeht, desto schwächer wird dein Leuchten und ich habe Angst, dass es ganz erloschen ist, wenn wir diese Aufgabe beendet haben.«

Seine Worte verschlagen mir die Sprache. Helios klingt so mutlos, als wäre er dabei, etwas Wichtiges zu verlieren. Dabei bin ich es doch, auf der das Schicksal von Atlantis liegt.Aber vielleicht hat er auch einfach nur Angst um seine Stadt.

»Keine Sorge«, tröste ich ihn. »Ich werde diese Aufgabe erledigen und genauso strahlen wie eh und je.« Mit einem Zwinkern versuche ich der ganzen Situation den ernst zu nehmen, doch Helios' Augen blicken traurig.

»Wenn du meine Frau wärst, würde ich dir alle Sterne vom Himmel holen. Ich würde dir die Welt schenken und ich würde niemals zulassen, dass du so eine Aufgabe erfüllen musst. Wenn ich dein Ehemann gewesen wäre, hätte ich dir diese Bürde niemals auferlegt, so wie Kilian es getan hat.«

Bei seinen Worten werde ich rot. So etwas hat noch nie jemand zu mir gesagt und irgendwie fühlt es sich viel zu intim an. Dazu ist sein Blick so intensiv, dass ich ihm nicht standhalten kann. In meinem Kopf herrscht Verwirrung. Ich scheine heute von einem Gefühlswirrwarr ins nächste zu stürzen. In mir regt sich das Bedürfnis Kilian zu verteidigen, doch ich habe das Gefühl, dass ich Helios damit verletzen würde, also sage ich nichts.

»Ich weiß, dass du der Meinung bist, dass ich dich nicht gut genug kenne um solche Sachen zu sagen, aber... Ich habe vom ersten Moment an eine Verbindung zu dir gefühlt. Ich habe dich gesehen und wusste, dass ich dich nicht allein gehen lassen kann.«

»Helios, ich... « Der Satz bleibt unvollendet, da ich absolut nicht weiß, was ich erwidern soll. In seiner Stimme schwingen all die Emotionen mit, die er nicht ausspricht. Ich fühle mich geschmeichelt, doch gleichzeitig auch furchtbar. Denn ich weiß, dass ich Helios Gefühle niemals erwidern kann.

»Du musst dazu nichts sagen. Ich weiß, dass du nicht das Gleiche für mich empfindest, aber ich möchte dennoch, dass du weißt, dass du dich immer auf mich verlassen kannst.«

Ich erröte noch mehr und bin nun völlig Sprachlos. Auch wenn ich etwas sagen will, um den Schmerz aus seinen Augen zu verbannen, kann ich es nicht. Weil ich seine Worte nicht erwidern kann. Weil ich nicht weiß, wie ich mit seinen Gefühlen umgehen soll und weil ich nicht weiß, wie ich seinen Schmerz lindern kann. Ich mag Helios. Er ist zuvorkommend und freundlich und er ist jemand, der sich immer um andere kümmert. Aber ich empfinde nicht auf die gleiche Weise wie er.

Während ich noch überlege, was ich sagen könnte, nimmt Helios mir die Entscheidung ab und geht. Er sagt kein weiteres Wort, doch das muss er auch nicht. Ich fühle mich schlecht, obwohl ich weiß, dass ich ihm niemals Hoffnungen gemacht habe, habe ich doch das Gefühl Schuld an seinen Gefühlen zu sein. Während ich Helios hinterher schaue, trifft mein Blick auf Kilian. Ich weiß nicht was er in meinem Gesicht sieht, aber es veranlasst ihn dazu, seine Augenbrauen zusammen zu ziehen und sich wieder hinter seiner Mauer zu verschanzen. Seufzend wende ich mich ab und während ich mich bereit mache wieder ins Meer zu gehen, kommt Lethe herüber. Es ist das erste Mal, dass sie von allein meine Nähe sucht und eigentlich will ich nur verschwinden. Ich habe für heute genug Drama gehabt und wenn Lethe freiwillig zu mir kommt, dann kann das nichts Gutes bedeuten.

»Warum tust du das alles?«, legt sie auch schon los und Lethes Stimme klingt feindselig.

»Um Atlantis und die anderen Städte zu retten«, antworte ich resigniert, denn ich weiß, dass sie die Antwort nicht durchgehen lassen wird.Aber egal was ich sage, sie wird es nicht akzeptieren. Außerdem sind meine Gedanken immer noch bei Helios und Killian.

»Aber du gehst doch eh wieder an die Oberfläche. Es kann dir doch egal sein, ob die Städte weiter existieren oder nicht. Du wirst eh nichts davon haben.«

Ihr Ton lässt mich ins hier und jetzt zurückkehren. Lethe hört sich an, als würde sie gar nicht wollen, dass ich Atlantis rette und das irritiert mich. Schließlich ist sie doch dort zu Hause.

»Aber ich habe euch kennengelernt. Und ich habe Freunde unter euch gefunden. Ich will nicht, dass sie ihr Zuhause verlieren. Und du müsstest doch froh sein, wenn ich deine Heimat rette.«

Lethes Gesichtsausdruck wird finster anscheindend habe ich genau das Falsche gesagt.

»Du gehörst nicht hier her!« Lethes Stimme ist laut und sie klingt so überzeugt, dass ich zurück zucke. »Vielleicht glaubst du, dass du Freunde gefunden hast, aber du bist nur eine halbe Atlanterin. Sie sind alle reinrassig und tausend Mal mehr wert, als du es je sein wirst.«

Ich weiß nicht warum, aber Lethes Worte verletzen mich tiefer als ich es je gedacht hätte. Doch sie ist noch nicht fertig. Sie hat sich so in Rage geredet, dass sie anscheinend nicht einfach aufhören kann.

»Und für Kilian brauchst du es auch nicht zu tun. Er gehört nicht zu dir und das wird er auch niemals. Er wird dich niemals lieben! Er hat eine richtige Atlanterin verdient. Eine die weiß, was sich für eine Frau gehört und ihn so liebt und unterstützt wie er ist. Die ihm den Rücken stärkt und tut was er sagt. So wie es sich für eine richtige Atlanterin schickt.«

»Eine wie du?«, frage ich bissig, weil ihre Worte mehr schmerzen, als ich vor ihr jemals zugeben würde. Sie sind wie Peitschenhiebe die direkt auf mein Herz treffen.

»Ja genau!«, antwortet Lethe hitzig und merkt erst zu spät, dass sie sich selbst verraten hat. Die Überraschung auf ihrem Gesicht, spiegelt meine wider und eh ich noch ein Wort sagen kann rauscht sie davon. Ein irrwitziger Anfall von Eifersucht überkommt mich, als ich sie in Kilians Richtung davon laufen sehe. Er bereitet unsere Abreise vor und hat von dem Streit nichts mitbekommen. Lethe geht an ihm vorbei und als sie sich noch einmal in meine Richtung dreht, sieht sie so verletzlich aus, wie ein kleines Kind.

Plötzlich tut sie mir leid, denn ich glaube, selbst wenn ich wirklich wieder an die Oberfläche gehe, wird Kilian auch ihre Liebe niemals erwidern. Jetzt verstehe ich, warum sie mich so sehr hasst. Ich habe ihr den Mann weggenommen, den sie liebt und wahrscheinlich, hatte sie die Hoffnung niemals aufgegeben. Obwohl er Alexandra versprochen war. Doch jetzt ist er verheiratet und damit außerhalb ihrer Reichweite. In Atlantis ist die Ehe heilig und selbst wenn ich an die Oberfläche zurückgehe, wird er immer ein verheirateter Mann gewesen sein. Zum ersten Mal mache ich mir Gedanken, was es für Kilian bedeutet, wenn ich nicht mehr da bin. Ob es das Volk beeinflussen wird? Werden sie ihm trotzdem als König folgen auch wenn seine Ehefrau ihn verlassen hat? Was mag das in Atlantis bedeuten?

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