Die gescheiterte Räuberschwes...

By Mailienchen

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Man nennt sie die Räubergeschwister. Er bleibt eher unauffällig, während sie Händler und Banditen ausraubt. D... More

Prolog - Gefangen
Kapitel 2 - Das Leben im Schloss
Kapitel 3 - Die Krönung
Kapitel 4 - Das Auswahlverfahren
Kapitel 5 - Die Verabredung
Kapitel 6 - Die Schatzkarte
Kapitel 7 - Das Wasser
Kapitel 8 - Florenz' Bruder

Kapitel 1 - Die Angst

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By Mailienchen



Ich musste nicht lange auf mein Ende warten. Gleich am nächsten Morgen wurde ich abgeholt und in den Thronsaal gebracht. Ich war nicht die Einzige, die bald sterben würde. Es waren genau achtzehn andere.

In der Stunde, die ich im Saal verbrachte, war mein Kopf vollkommen leer. Ich dachte an gar nichts. Ich konnte es einfach nicht wahr haben, dass ich bald sterben würde. Das Mädchen vor mir, etwa zwei Jahre jünger als ich, weinte die ganze Zeit unaufhörlich.

Irgendwie war es tröstlich, nicht die Einzige zu sein, die bald sterben würde. Außerdem gab es hier bestimmt Menschen, die aus einem weitaus harmloseren Grund als bei mir (oder gar keinem Grund) umgebracht wurden.

Erst, als der Thronfolger in den Saal kam, das Schwert in der Hand, bekam ich richtige Angst. Mit meiner Angst kamen wieder die tausend Gedanken. Gibt es ein Leben nach dem Tod? Wenn ja, werde ich in den Himmel kommen oder in die Hölle? Werden meine Eltern um mich trauern? Wird mich hier irgendjemand vermissen? Wird mein Tod vielleicht Sachen in der Welt bewegen? Warum muss ich nur so früh sterben?

Ich sah dabei zu, wie die erste Person erstochen wurde. Ein kleiner Junge, höchstens sieben Jahre alt. Ich fragte mich, warum er sterben musste. Dann kam ein älterer Herr an die Reihe, der vor seinem Tod nochmal betete. Auch er wurde nicht verschont.

Nach der fünften Person wechselte der Prinz zur Keule und schlug damit den Opfern die Köpfe weg. Der Mörder zuckte nicht mal mit der Wimper, als er dem kleinen Mädchen den Kopf wegschlug.

Dann war ich dran. Mein Kopf wurde plötzlich wieder ganz leer, als ich auf den harten Steinboden gedrückt wurde. Der Herrscher wechselte von der Keule zu der Axt, ehe er sich vor mich hinstellte. Ich achtete darauf, ihm furchtlos in die Augen zu sehen. Für eine kurze Zeit erwiderte der Herr meinen Blick und versuchte, mich einzuschüchtern, doch ich ließ es nicht zu. Wir sahen uns eine lange Zeit nur stumm an. Je länger wir uns ansahen, umso mehr stieg meine Hoffnung, doch noch zu überleben. Bis er die Axt hob und ausholte. Ich achtete darauf, nicht den Kopf zu senken oder die Augen zu schließen. Außerdem versuchte ich meine Angst nicht zu zeigen. Ich würde würdevoll sterben!

„HALT!" Doch es war zu spät, ich spürte, wie sich die Klinge in mein Fleisch bohrte und kurz danach der Schmerz eintrat. Ich biss mir auf die Zunge um nicht aufzuschreien.

„Was gibt's?" hörte ich den Prinzen fragen. Als der Schmerz ertragbar wurde, atmete ich hörbar aus und versuchte, meinen Puls unter Kontrolle zu bekommen. Alles ist gut. Ich lebe noch., redete ich mir ein. Er hatte mich nur am Arm getroffen. Eine schwere Wunde, aber ich lebe noch.

„B-bitte, ich flehe Sie an. Bitte bringen Sie sie nicht um. Ich kenne sie. Ich weiß, dass sie ihre Fehler einsieht." Ich drehte den Kopf zu meinem Retter und erkannte... Mirko. Das hatte ich ja ganz vergessen, er arbeitete im Schloss!

„Ich bin mir sicher, viele dieser Menschen bereuten ihre Fehler – und trotzdem sind sie jetzt tot."

„Ja, ich weiß, aber... Bitte, bringen Sie sie nicht um. Ich..." Mirko fiel kein passendes Argument ein. „... bitte. Vertrauen Sie mir einfach. Ich garantiere Ihnen, egal, was sie getan hat, sie wird es nicht wieder tun."

„Mirko..." Der Prinz ließ die Axt wieder sinken. „Was... was hat sie denn überhaupt getan?" fiel Mirko ihm ins Wort. „Hat sie jemanden bedroht? Getötet?"

„Hm... Shadow, was hat sie nochmal getan?" fragte der Thronfolger. „Ich habe sie dabei erwischt, wie sie im Schloss herumgeschlichen ist. Als ich sie angesprochen habe, ist sie weggelaufen. Äußerst verdächtigt." Das war der Mann von gestern. Shadow... Wenigstens sagte er die Wahrheit, nicht so, wie die anderen Männer.

„Hm..." Der Prinz ließ die Axt nun vollkommen los, die krachend auf dem Boden landete. „J-jeder hat doch eine zweite Chance verdient, oder?" fand Mirko. „Hm..." machte der Tyrann wieder. Dann wandte er sich an mich. „Ich gebe dir die Wahl. Ausnahmsweise. Entweder, ich gebe dir jetzt einen schnellen Tod oder beim nächsten Mal werde ich dich foltern bis du stirbst. Drei Tage und drei Nächte lang sollst du Qualen erleiden, ehe dein Schicksal besiegelt ist. Wofür entscheidest du dich nun?" Ich wusste, was er vorhatte. Er wollte mich quälen. Er liebte es, Leute zu quälen. Unter diesen Umständen hätte ich gesagt, dass ich hier und jetzt getötet werden möchte, doch dann kam mir die Idee, dass ich mit Henry einfach abhauen konnte. Vielleicht in das Königreich der Windkönigin, so wie sie genannt wurde.

„Ich entscheide mich für die zweite Chance." verkündete ich. „Gut. Lasst sie los." Die beiden Männer ließen mich los und traten ein paar Schritte von mir weg. „Ab jetzt gebe ich dich  in die Obhut von Mirko. Du darfst dieses Schloss nie wieder ohne mich verlassen. Außerdem wirst du meine persönliche Dienerin..." Das war aber so nicht ausgemacht!, wollte ich protestieren, doch meine Stimme versagte. „Mirko, ich übergebe sie dir, da ich dir mein Vertrauen gegeben habe. Missbrauchst du es, wirst du mit diesem Gör hier sterben, also pass gut auf sie auf! Geht jetzt, ich muss weiter machen!" Der Herrscher nahm wieder die Axt und wandte sich dem nächsten Opfer zu.

Ich wollte aufstehen, doch mein Körper gehorchte mir nicht. Zum Glück half Mikro mir auf und begleitete mich zur Krankenstation, wo meine Wunde behandelt wurde.

Danach verfrachtete mich Mirko in sein Zimmer, das im zweiten Stock lag. „Mensch, das war knapp." stieß er aus und ließ sich aufs Bett fallen. Ich blieb einfach stehen. Ich konnte es immer noch nicht glauben, dass ich jetzt eigentlich tot sein sollte.

„D-danke." bedankte ich mich bei ihm. Mirko setzte sich auf und guckte mich traurig an. Ich fragte mich, worüber er nachdachte, bis er mich aufklärte: „Was hattest du geplant?"

„Ich wollte dich besuchen."

„Lüg mich nicht an!" befahl er. Mirko war plötzlich ziemlich wütend. Er hatte schon immer schnell seine Gefühle gewechselt. Trotzdem antwortete ich ihm nicht, sondern sah ihm nur in die Augen. Er hatte wirklich schöne Augen. Grau-blaue Augen. „Warum hast du mir nicht Bescheid gesagt, was du vorhattest? Warum sagst du mir immer noch nicht, was du vor hattest? Ich dachte, du vertraust mir und ich kann dir vertrauen." Nun klang er gekränkt.

„Was meinst du, warum ich nach der Karte des Schlosses gefragt habe?" wollte ich von ihm wissen. Jetzt war er dran zu schweigen. Ich verkniff mir einen Seufzer und setzte mich stattdessen neben ihn hin. Ich guckte ihn noch eine Weile lang schweigend an, ehe mein Blick übers Zimmer wanderte.

Es war sehr schlicht. Der Boden sowie die Decke waren aus Holz. Außer dem Bett befand sich nur noch ein Tisch mit einem Hocker in dem Raum.

„Das beantwortet noch nicht die Frage, was du hier im Schloss wolltest." bemerkte Mirko. Dieses Mal konnte ich mir das Seufzen nicht verkneifen. „Mirko, sag mir, was mein Hobby ist." verlangte ich. „Du wolltest uns also bestehlen."

„Uns? Mirko, ich bitte dich!" Dazu sagte er nichts. Stattdessen setzte er sich in den Schneidersitz hin und murmelte: „Wäre ich nicht gewesen, wärest du jetzt tot."

„Danke, dass du mich dran erinnert hast." sagte ich spitz und stand auf. Mirkos Blick folgte mir. „Ich habe Hunger! Kommst du mit?" Er guckte nur beleidigt. Wieder seufzte ich. Mirko war einfach ein hoffnungsloser Fall. Ich marschierte aus dem Zimmer und lief den Gang entlang.

Eigentlich war Mirko ganz in Ordnung, außer, dass er eine riesige Spaßbremse war. Ich kannte ihn schon seit... naja, eigentlich immer. Meine und seine Eltern waren miteinander befreundet. Irgendwann war er aus seinem Elternhaus ausgezogen und durch die Gegend gereist, bis er sich hier im Schloss eingenistet hatte. Ich persönlich lebte auch nicht mehr bei meinen Eltern, besuchte sie aber dauernd und gab ihnen immer wieder einen Teil meiner Beute ab. Warum ich nicht mehr im Dorf meiner Eltern wohnte sondern hier, war einzig und allein Henrys Schuld. Laut ihm gab es hier mehr Händler und Banditen, die wir ausrauben könnten. Ach Henry, wann hatten wir uns nur das letzte Mal gesehen?

Ich kam vor der Küche an und trat hinein. In dem Raum befand sich keine Menschenseele. Ich sah in die Speisekammer und ließ ein Stück Käse und eine Scheibe Wurst mitgehen. Ich sah mich gerade nach dem Brot um, als ich eine Person bemerkte. In der Speisekammer war es ziemlich dunkel, weshalb ich die Person zunächst nicht erkannte. „Was tust du hier." Es war dieser blöde Typ, dem ich das alles hier zu verdanken hatte. „Ich habe seit drei Tagen nichts mehr gegessen!" verteidigte ich mich. „Aha, du beraubst uns also schon wieder." interpretierte er. Ich stöhnte. „Und was willst du jetzt machen?"

„Ich lasse es dir nochmal durchgehen." Er ging zu einem der Regale und holte eine Kiste heraus. „Hier, bedien dich!" In der Kiste befand sich jede Menge Obst. Ich nahm einen Apfel, sowie ein paar Weintrauben und eine Orange. Dann stellte er die Kiste wieder zurück. „Gut. Das war das letzte Mal, dass du das getan hast. Beim nächsten Mal sage ich es Florenz." drohte der Mann mir. „Warum nennst du ihm bei seinen Vornamen? Darfst du das überhaupt?" Ich biss in den Apfel hinein. „Falls es dir noch nicht aufgefallen ist, ich bin sein bester Freund." verkündete er. „Echt? Wow." sagte ich, ehrlich begeistert. „Gut, genug geplaudert. Er hat mich geschickt, um dir dein Zimmer zu zeigen." Wir gingen aus der Speisekammer, durchquerten die Küche und liefen hinauf in den ersten Stock.

Er führte mich zu einer hübschen Eichenholztür und öffnete diese. Drinnen sah es nicht sehr spektakulär aus. Ein Bett, ein Tisch mit einem Hocker und einer Öllampe, an der Wand hang ein kleiner Spiegel. Auf dem Bett befanden sich zwei identisch aussehende Kleider. „Das wirst du jetzt anziehen. Außer diesen beiden Kleidern darfst du nichts anderes anziehen, verstanden? Komm danach in Florenz' Büro." Mit diesen Worten verschwand er.

Ich ließ mich aufs Bett nieder und betrachtete die Kleider, dann sah ich meine Kleidung an. Ich trug ein schwarzes Oberteil, schwarze Lederstiefel und eine schwarze Hose. Ziemlich merkwürdig, dass sich noch keiner aufgeregt hatte, dass ich als Mädchen eine Hose trug.

Ich zog meine Schuhe, Shirt und die Hose aus, dann streifte ich mir das hässliche Kleid über.

Ich sah darin aus wie eine Zofe. Das Kleid ist komplett weiß und sehr schlicht. Ich entdeckte in der einen Ecke des Zimmers weiße Pantoffeln, die ich mir anzog und machte mich dann auf den Weg zum Prinzen.

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