Zwischen Masken und Musik

By MetaruKitsune

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Es ist viel Zeit vergangen. Thaddeus und Manuel sind beide nicht nur erwachsen, sondern reifer geworden. Die... More

Jahre her
Kontakt
Unsicherheiten
Er ist wirklich hier
Alter Schmerz
Es ist nur ein Shirt
Alte Freundschaft rostet nicht
Hau ab!
Blind
Wird es ernst?
Dreh' nicht durch!
Unter die Haut
Liebe und Musik
Schlagfertig
Fremde Welten
Schuldgefühle
Panik
Lass mich allein!
Im Falle eines Falles fixt Ardy wirklich alles
Vergebung
GLPaddl für immer?
Happy Ends sind nicht real
Trennung
Geheimniskrämerei
Verlustängste
Die Wahrheit
Schlusswort
Fortsetzung folgt

Flucht

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By MetaruKitsune

POV: Manuel

Es ist schwer zu glauben, wie viel Spass es macht, gegen die drei zu spielen. Zwar bin ich in diesem Spiel noch ziemlich eingerostet, aber das legt sich schnell und der Kampf ist hart, den ich zweimal sogar gewinne. Wir schreien, brüllen, fluchen und werfen uns nicht ernst gemeinte Beleidigungen an den Kopf. Während das Spiel lädt, drückt Taddl ganz kurz meine Hand, sieht mich schnell an und legt wieder los. Irgendwann gibt Ardy verzweifelt auf und lässt den Controller vor sich auf den Boden plumpsen.

„Ey, ehrlich Leute, bin ich der Einzige, der fair spielt?", jammert er und Liv knuddelt ihn liebevoll.

„Ach was, wir sind einfach nur besser als du", neckt sie ihn und gibt ihm einen Kuss auf die Wange.

„Ich hab Hunger, gehen wir essen." Im Vorbeigehen zwinkert sie mir kurz zu und ich mag sie langsam wirklich ganz gerne.

„Jetzt?", fragt Ardy verdutzt.

„Sieh mal auf die Uhr, Schatz. Ich hab wirklich Hunger und will wieder mal ausgehen. Taddl, Manu, ihr kommt sicher mit?", fragt sie und ihr Gesichtsausdruck erlaubt keine Widerworte. Langsam werde ich doch nervös. Am Schluss sitze ich alleine auf der Couch und starre den schwarzen Fernseher an. Alle drei ziehen sich noch um, ich höre sie über irgendwas Belangloses reden, Taddl legt eine spontane Rapeinlage ein. Ausgehen ist nicht wirklich mein Ding. Zwischen den Wohnungen, dem Studio und der Arbeit pendeln ist eines, aber Restaurants sind etwas ganz anderes. Von Bars, Clubs und dergleichen ganz zu schweigen.

Liv ist die Erste, die mich offensichtlich sucht.

„Du bist ja noch hier", stellt sie fest.

„Soll ich etwa gehen?", frage ich zynisch zurück und starre sie an.

„Ne, so meine ich das nicht. Du sitzt immer noch hier. Komm mit", sagt sie und greift nach meinem Handgelenk. Sie ist stärker als erwartet und zieht mich auf. Eigentlich mag ich das gar nicht und ihr spielt es keine Rolle. Alle drei sind fröhlich und aufgestellt, sie haben sichtlich Spass. Mit etwas Abstand laufe ich den drei Freunden nach, steige in die Bahn und setze mich zu ihnen ins Viererabteil. Irgendwie komme ich mir vor die das fünfte Rad am Wagen. Ihr Hauptthema ist die Musik, da kann ich nicht mitreden. Währenddessen sehe ich aus dem Fenster und beobachte die Umgebung, die vorbeizischt. Taddl greift nach meiner Hand und zieht mich nach draussen, sonst hätte ich die Station verpasst.

„Alles in Ordnung bei dir?", raunt er leise.

„Ja", ist meine knappe Antwort. Zweifelnd sieht er mich an, hakt aber nicht weiter nach. Liv hat ein Restaurant ausgesucht, in dem sie speisen will und schnappt sich einen der Tische im hinteren Bereich, der etwas abgeschottet ist. Etwas mehr Ruhe.

„Ich sterbe gleich vor Hunger", stöhnt sie.

„Das sagst du jedes Mal", gab Taddl zurück und sie kicherte.

„Weil es stimmt. Oooh ja Essen! Trinken!" Der Kellner bringt uns die Karten, nimmt etwas später die Bestellungen auf und verschwindet wieder. Mit den Getränken bringt er mir etwas, woran ich mich klammern kann. Eine ganz dekadente Cola Light. Sie haben tausend Themen, von denen ich noch nie etwas gehört habe, reden über Dinge, über die ich nichts sagen kann und generell fühl ich mich, als gehöre ich nicht hierher. Das ist nicht meine Welt. Meine Welt ist einfacher gestrickt, hat seine Muster und Abläufe, mit denen ich mich wohlfühle und es spielt mir keine Rolle, ob es langweilig ist oder nicht. Ich bin nicht spontan, nicht gesellig, ziemlich verschlossen, sarkastisch und stur. Keine Attribute, um schnell viele Freunde zu machen. Die drei haben sich davon bisher nicht abwimmeln lassen. Nun gut, Ardy wurde über Taddl ein Freund und Liv über die beiden, sonst hätte ich nie gross etwas mit ihnen zu tun gehabt.

Ich zucke zusammen, als ich plötzlich Taddls Hand auf meinem Bein spüre, er sucht nach meiner Hand und hält mich fest. Er lässt erst los, als das Essen kommt. Irgendwie überstehe ich das Ganze hier. Es hat wenige Besucher, die meisten ignorieren uns und so kann ich etwas entspannen. Ich liebe ihn, ich stehe zu ihm, aber ich bin keiner, der die Gefühle gross öffentlich bekunden will. Das ist für mich Privatsache. Aber er ist in der Sache das genaue Gegenteil und ihn stört es nicht, mich an sich zu drücken, zu küssen und all das. Aber ich will ihn nicht zurückweisen, das verletzt ihn sowieso nur wieder und dann spinnt er sich was auch immer zusammen.

Er hält mich fest, als wir gehen und ich spüre, wie uns ein paar dabei ansehen. Kopf runter und durch. Wir sind gleich draussen und ich ziehe frische Luft in meine Lungen. Zittrig atme ich aus. Als offensichtliche zwei Pärchen schlendern wir weiter durch die nächtliche Stadt. Von allen Seiten fühle ich mich angestarrt und blossgestellt.

„Können wir nach Hause?", platze ich irgendwann heraus.

„Willst du nicht mit in den Club?", fragt Liv überrascht und mir spannt sich jeder Muskel abweisend an.

„Nicht mein Ding", sage ich zerknirscht. Taddl ist hin- und hergerissen, das sehe ich ihm deutlich an. „Sonst...ich kann auch allein gehen. Is okay."

„Bist du sicher?", fragt er nach und ich nicke tapfer. „Soll ich später vorbeikommen? Weiss nicht, wie lange wir weg sind."

„Du hast ja einen Schlüssel." Hauptsache, er kommt noch vorbei. Sie begleiten mich noch zur Strassenbahn und er küsst mich zum Abschied, was ich sehr schnell abbreche und in die Bahn stürze. Es ist mir gerade egal, wie blöd er sich fühlt, aber er sollte wissen, wie es mir dabei geht. Im engen Kreis ist es kein Problem mehr, aber alles andere ist eins. So viele Stationen, bis ich endlich zu Hause ankomme und direkt in die Wohnung renne. Meine vier Wände, in denen ich mich sicherer fühle, alles aussperren kann, was mich da draussen belastet. So schnell ich kann, fliehe ich in meine Wohnung und lehne mich gegen die geschlossene Tür.

Mitten in der Nacht wache ich auf. Es rumpelt. Ein leiser Fluch, Taddl hat sich wohl irgendwo auf dem Weg ins Bad gestossen. Ich höre, wie er sich wenig später für die Nacht umzieht, spüre, wie er ins Bett steigt und sich neben mich legt. Er riecht immer noch nach Club. Wie immer kuschelt er sich an mich und schläft direkt ein. Die Atemzüge werden regelmässig, er schnarcht sogar leise. Es ist nicht einfach, direkt wieder einzuschlafen. Eigentlich kann ich gerade gar nicht mehr schlafen. Vierzig Minuten warte ich, ehe ich aufstehe und ins Wohnzimmer gehe. Der Computer startet leise hoch und mir fällt nichts Besseres ein als ihn zu googeln. Die neusten Fotos sind bereits online und zeigen die drei beim Feiern mit irgendwelchen Fremden. Ardy und Liv, die unbekümmert feiern, sich küssen und tanzen. Taddl, der sich um seine Fans kümmert. Ein Foto ist schlimmer als das nächste. Flirten kann er. Und er tut es ausgiebig. Bisher habe ich das immer nur am Rande mitbekommen, aber jetzt sehe ich das Ergebnis. Wie sie sich freuen, sich an ihn pressen und ein paar küssen ihn sogar auf die Wange. Der Killer ist eine junge Blondine, die von ihm einen Kuss auf die Wange bekommt. Nicht cool. Wenn ich mich also weigere, öffentlich irgendwelche Zärtlichkeiten auszutauschen, dann tut er es mit irgendwelchen fremden jungen Weibern?

Die halbe Nacht verbringe ich im Netz, habe mich in meinem Kontrollwahn verloren und drehe immer mehr durch. Es gibt tausende solcher Fotos. Ein paar deutlich ältere Aufnahmen zeigen ihn mit den Exfreundinnen, sogar einem Exfreund, der gar kein Problem hatte, ihn zu umarmen. Einmal mehr frage ich mich, was er dann von mir will. Einem verklemmten Spasti, der am Liebsten in seinen eigenen vier Wänden hockt.

Mir ist schwindelig und schlecht, Kopfschmerzen melden sich zu Wort und mit einem Blick auf die Uhr schrecke ich auf und verlasse die Wohnung überstürzt. Zu spät kommen will ich nicht.

> Alles klar bei dir? T

Die Nachricht trudelt um die Mittagszeit herum rein und ich stecke das Telefon weg. Nein, es ist nicht alles klar. Aber das will ich nicht in einer dummen Nachricht schreiben, das will ich direkt besprechen. Am Abend habe ich deutlich mehr Nachrichten, die immer pissiger klingen. Mir fällt ein, dass ich den Computer nicht ausgeschaltet habe. Es läuft mir eiskalt den Rücken hinunter und jetzt habe ich sogar Angst, in mein eigenes Zuhause zu gehen. Bestimmt hat er gesehen, was ich mir angesehen habe. Und mein Kopf spinnt sich Szenen zusammen, die immer schlimmer werden.

Also steige ich in die nächstbeste Strassenbahn in die Gegenrichtung und fahre einfach nur herum, steige ab und zu um und fahre stundenlang quer durch Köln. Beim Friedenspark steige ich aus und suche mir eine Ecke, in der ich mich genug allein fühlen kann. Das Telefon summt die ganze Zeit schon in meiner Tasche. Acht verpasste Anrufe allein in den letzten fünfzehn Minuten. Er ballert mich zu und ich werde panisch. Vorsichtig lese ich nur die letzten Nachrichten. Langsam lasse ich mich auf eine Parkbank sinken, die schneefrei ist.

> HEB AB!

> Bitte heb ab, wo bist du?

> Alter! Was soll das?

> Manu, red mit mir!

> Du machst mir Angst!!!!!!!

> Yo, Manu, wo bist du?

> Was ist los?

> Steckst du in der Scheisse?

> Wir machen uns Sorgen.

> Er dreht durch, ruf bitte zurück, wenn du das liest.

Selbst Ardy schreibt mir. Auch er hat versucht mich zu erreichen. Während ich das Teil anstarre, summt es wieder und ich zucke zusammen, es fällt mir beinahe aus den Fingern. Ardy ruft an. Zitternd hebe ich ab, bringe aber keinen Ton hervor.

„Manu, bist es du?", fragt Ardy und klingt gestresst. Im Hintergrund brüllt Taddl herum, Liv schreit dazwischen und ich schliesse die Augen. Fuck. Ich vermassle es hier doch gerade richtig.

„Ich nehme an, du bist es. Wo bist du? Bitte, sag irgendwas, T will gerade zu den Bullen gehen!"

Mein Hals ist staubtrocken. Es fühlt sich an, als könne ich gar nicht mehr reden.

„Egal, komm nach Hause, schreib einfach, tu irgendwas, verdammt! Nein, nicht irgendwas, tu nichts Dummes. Bitte, sag was. Soll ich dich holen? Geht es dir gut?"

„Nein", bringe ich nur knapp hervor und er atmet trotzdem erleichtert auf.

„Scheisse, gut, dich zu hören. Soll ich dich holen? Wo bist du? Geh nicht weg!"

„Friedenspark", presse ich hervor und er legt hastig auf. Ich weiss nicht einmal, wie man von hier wieder zurückkommt. Ich hab von Köln immer noch keine Ahnung. Also selbst wenn ich wollte, ich kann doch nicht einfach zurück. Immer noch starr sitze ich da, als Ardy gefühlt eine Minute später um die Ecke gerannt kommt und mich keuchend entdeckt.

„Tu. Das. Bitte. Nie. Wieder.", bittet er zwischen den Atemzügen und stützt sich auf den Knien ab. Er ist allein hier.

„Was ist los mit dir? Findest du das irgendwie lustig?", fragt er nun barsch und sieht mich unverwandt an. „Wir machen uns alle ernsthaft Sorgen und du sitzt hier einfach nur rum?"

„Sorry", krächze ich matt und er sieht mich komisch an. Es ist langsam richtig kalt, was ich erst jetzt langsam realisiere.

„Manu?", fragt er vorsichtig und greift nach meiner Schulter.

„Nein", bitte ich und er lässt mich sofort los.

„Was ist passiert? Du siehst fürchterlich aus. Frierst du nicht?"

„Ich...ich kann nicht", bringe ich hervor und er setzt sich einfach neben mich, nimmt mich in die Arme und lässt keine Gegenwehr zu.

„Du kannst mir alles erzählen, das weisst du. Wir sind Freunde."

„Das...ist es nicht."

„Und was dann?"

„Es ist so kindisch..."

„Lass es raus."

Er redet auf mich ein, lockt alles aus mir heraus, alles, was mich stört und die Angst, was Taddl jetzt von mir hält. Ardy hört zu, versucht mich aufzumuntern. Einmal mehr wird mir bewusst, wie verdammt kompliziert ich eigentlich bin und was es genau ist, das Taddl so an mir mag. Ich bin ihm einfach nicht gewachsen.

Ardy bringt mich zum Auto, dreht die Heizung auf, fährt mich zu sich nach Hause und lässt nicht zu, dass ich einfach wieder abhaue.

*****

Wortanzahl: 1994

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