Waves - Oneshots BoyxBoy

By springroleinsummer

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Hier findet ihr verschiedene Szenarien zwischen Jungs, manchmal dirty, manchmal romantisch und ab und an beid... More

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Drosselbart II
Drosselbart III
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Dr. Garrett Alvin x Tucleatham

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By springroleinsummer

Wüste von Ägypten - Al Haram - Tagebucheintrag des 6. Septembers 1931

Meine Wenigkeit, Garrett Alvin, Professor der Archäologie und tätig für die britische Krone, untersucht mit meinem vierzehnköpfigen Team seit etwa fünf Wochen eine der bisher unentdeckten Pyramiden von Gizeh. Sie soll die Mumie des Pharaos Tucleatham und seinen großen Schatz beschützen - versprechen zumindest alte Manuskripte aus den Kellern noch älterer Bauten in Kairo (siehe Eintrag vom 14. April).

Wir haben die volle politische und finanzielle Unterstützung Ihrer Majestät, denn sollten sich die Gerüchte um den verschollenen Pharao bewahrheiten, dann wäre das ein bahnbrechender Erfolg.

Um Tucleatham ranken sich viele Gerüchte und Spekulationen - er soll tatsächlich mit den Geistern kommuniziert haben und von seiner eigenen Familie ermordet worden sein, weil er in jungen Jahren schon zu viel Macht erlangt hatte.

Heute ist ein sengend heißer Freitagnachmittag und wir haben endlich einen Eingang in die Pyramide finden können. Nun wollen wir ein kleines Team hineinschicken, um das Gängesystem zu erkunden, damit wir uns später, wenn wir den Sarkophag bergen, nicht verirren.

Zu viele Forscher sind schon in den Pyramiden gestorben, weil sie von den ausgeklügelten (wenn nicht sogar genialen) Mechanismen der Ägypter ausgetrickst worden sind und den Ausgang nicht mehr gefunden haben. Eine jämmerliche und überhaupt nicht erstrebenswerte Art zu sterben.

„Das Glück ist mit den Mutigen, oder so reden es sich die Dummen zumindest ein."

Das hat mein Großvater immer gesagt und ich finde, es passt überaus gut zu unserer heutigen Exkursion. Wir werden entweder Geschichte schreiben oder versagen, aber ich habe ungeachtet des Ausgangs vor, es herauszufinden.

Gezeichnet,

Garrett Alvin

...

Tief durchatmend fahre ich mir durch den leichten Bart, den ich mir seit ein paar Tagen nicht mehr rasiert habe. Man wird pragmatisch, wenn man auf unbestimmte Zeit in der Wüste zeltet. Die anderen in meinem Team ignorieren das zum Glück, auch wenn sie mich immer nur mit perfekt rasiertem Kinn und gepflegter Frisur kennen.

Um mich herum warten Martha, Lewis und Paul, die mit mir ins Innere der Pyramide gehen werden. Ihre Mienen sind angespannt, aber auch vom Glanz der Vorfreude erhellt, denn es ist wahrlich unglaublich, dass wir die ersten sein werden, die diese unentdeckte, sagenumwobene Grabstätte betreten werden.

Wir kontrollieren also noch einmal unsere Taschenlampen, die Kreide und unsere Kameras, dann machen wir uns auf den Weg. Es ist ein beschwerlicher Weg, denn wir müssen erst auf etwa die halbe Höhe der östlichen Wand steigen, um zum Eingang zu gelangen.

Bei dem Gedanken daran, was die Menschen vor über 2000 Jahren schon bewerkstelligt haben - unter größtem Aufwand und unter Verlust vieler vieler Leben - , kann einem nur ehrfurchtsvoll der Atem ausbleiben.

Es dauert etwa eine Stunde, bis wir den kleinen Vorsprung auf der ansonsten glatten Oststeine der Pyramide erreichen, deren riesige Sandsteinblöcke perfekt aufeinander liegen. Der Eingang wird von einigen kleineren Steinbrocken verengt, die sich über die Jahrhunderte aus den Wänden gelöst haben.

Nach einem kurzen Blickaustausch mit Lewis und Paul machen wir uns ans Werk und schaffen die größten Steine aus dem Weg, sodass wir den dunklen, abfallenden Gang betreten können. Ein letztes Mal sehe ich mich nach dem Sonnenlicht um, atme die frische Luft ein und räuspere mich, dann gehe ich vor, die Taschenlampe in der Hand.

...

"Wir müssten langsam zu der Kleinen Kammer kommen, wenn die Pläne hier stimmen", murmelt Martha, vollkommen auf das alte Pergament in ihren Händen konzentriert. Mittlerweile ist es bitterkalt und jeder Atemzug macht den Modergeruch unerträglicher, und dass, obwohl wir bis jetzt nichts gefunden haben, außer noch mehr Gänge.

"Da hinten müsste eine Rechtsbiegung kommen, dann sollte es nach oben gehen", klinkt Lewis sich ein, der Martha über die Schulter schaut. Diese nickt.

Ich hebe meine Taschenlampe und entferne mich ein wenig von den anderen, bis mein Lichtpegel gegen die Wand der angekündigten Biegung leuchtet.

"Das stimmt! Kommt her", winke ich die anderen zu mir und sie setzen sich auf sofort in Bewegung. Gerade, als ich mich wieder umwenden und weiterlaufen will, ertönt ein knirschendes, unheilvolles Krachen.

In entsetzter Vorahnung wirbele ich herum und will die anderen warnen, aber da ist die Felsplatte bereits heruntergekracht und hat Martha und mich von Lewis und Paul abgeschnitten, die etwas weiter hinten gelaufen sind.

"Oh mein Gott", murmelt Martha mit großen, ängstlichen Augen. "Wie sollen wir denn wieder hier raus kommen? Doktor?"

Ich hole einmal tief Luft, um meinen eigenen Schock unter Kontrolle zu bringen, dann lege ich ihr so beruhigend wie möglich die Hand auf die schmale Schulter und rede auf sie ein:

"Martha, es wird alles gut werden. Es gibt immer einen zweiten Ausgang in Pyramiden - wir müssen nur die Sarkophag-Kammer finden, denn die Luftschächte reichen bis ins Freie. Die Jungs werden umdrehen und rausfinden.

Vertrauen Sie mir, wir schaffen das, in Ordnung?"

Sie nickt, aber ich sehe selbst im dumpfen Licht unserer Taschenlampen, dass sie schwer schlucken muss. Verübeln kann ich es ihr nicht, aber es macht mir Sorgen, denn wenn sie jetzt schon der Mut verlässt, macht sie es uns nicht leichter.

Entschlossen nehme ich ihr die Pergamentkarte ab und studiere die verblichenen, skizzenhaften Darstellung der Pyramide, in der wir gerade stehen. Wieder einmal bin ich dankbar dafür, das hier nicht zum ersten Mal zu machen und mich so auf meine Erfahrung und meinen gewonnenen Instinkt verlassen zu können.

"Komm, wir gehen weiter", murmle ich schließlich nach einer Weile, ohne den Blick vom der Karte zu lösen und setze mich in Bewegung. Martha folgt mir, das höre ich an ihren Schritten hinter mir. So laufen wir eine Weile schweigend den Gang entlang, unsere Taschenlampen erhellen den Weg und enthüllen immer neue Wände aus glattem Sandstein.

Ab und an finden unsere Lichtpegel eine verirrte Hieroglyphe, denen ich aber so keinen Sinn entnehmen kann. Auffällig ist jedoch, dass wir stetig nach unten steigen, uns also der Karte zufolge immer weiter der Sarkophag-Kammer nähern, in der Tucleatham begraben ist.

Die Stille schient Martha irgendwann unheimlich zu werden, denn sie holt zu mir auf und räuspert sich verhalten, bevor sie fragt: "Doktor, Sie haben mal erwähnt, dieser Pharao sei ein Magier gewesen? Erzählen Sie mir davon, bitte."

Ich seufze. Krame in meiner Erinnerung nach den gewünschten Informationen. Dann warne ich Sie:

"Lassen Sie sich diese Sachen aber nicht zu Kopf steigen, Martha. Wir müssen konzentriert und vernünftig bleiben."

Das scheint Wirkung zu zeigen, denn sie blinzelt verhalten, dann strafft sich ihre Körperhaltung und sie nickt, was ich zufrieden feststelle. Eine panische Assistentin ist das Letzte, was uns aus dieser Pyramide rausholen wird.

„Tucleatham ist sehr jung zum Pharao geworden. Als er gerade elf Jahre alt geworden war, hat sein älterer Bruder seinen Vater in einem Kampf besiegt und ihn als Pharao abgelöst. Dieser Bruder wurde wahnsinnig, verfolgt von Träumen und Halluzinationen - und das nur wenige Wochen nach seiner Machtübernahme.

Es muss fürchterlich gewesen sein. Einige Schriften berichten von dem „verfluchten Pharao" und den immer schlimmer werdenden Angstzuständen, die ihn plagten. Immer wieder soll er behauptet haben, jemand würde zur Strafe Geister nach ihm schicken.

Da er aber gerne trank und ohnehin durch den Vatermord einen äußert unguten Ruf erworben hatte, ignorierte man sein Leiden, so gut es ging, ohne als Verräter hingerichtet zu werden.

Nur ein halbes Jahr später stürzte er tot von seinem Thron, der Legende nach mit einer blaue Träne in seinem Augenwinkel."

Ich halte kurz inne, lasse die geheimnisvolle Stimmung der Legende auf Martha und mich wirken. Egal, wie oft ich sie erzähle, sie treibt mir immer noch eine Gänsehaut auf die Arme.

"Tucleatham musste das Amt seines Bruders übernehmen, weil er dem Brauch nach schon alt genug war. Er war ein guter Herrscher, streng obwohl gerecht, großzügig obwohl nie verschwenderisch und er schaffte es innerhalb eines Jahres, die Bevölkerung von sich zu überzeugen.

Leider floss das hinterhältige Blut seines großen Bruders auch in den Adern seiner Mutter und Geschwister. Sie merkten schnell, wie mächtig Tucleatham wurde - mächtiger, als ihnen geheuer war.

Mit nur einem Wort hätte er Zehntausende dazu bringen können, die Welt für ihn aus den Angeln zu heben, weil sie an ihn glaubten. Er hatte das Land zum Guten verändert und niemals war die Bevölkerung von Ägypten so satt, so friedlich und so einig mit den Entscheidungen ihres Pharaos gewesen wie in den Jahren von Tucleathams Herrschaft.

Aber wie Sie es sich sicher denken können, klingt das zu gut, um wahr zu sein", wandte ich mich an Martha, die mir gebannt lauschte. Nebenbei navigierte ich uns durch einige Abzweige, ohne den Faden zu verlieren. Tucleathams Geschichte hätte ich auch im Schlaf erzählen können.

„Mit nur fünfzehn Jahren musste er sich den Vorwürfen seiner Mutter und auch einiger Berater stellen, er nutze dunkle Magie und die Hilfe böser Geister, um Unmögliches zu schaffen. Und jetzt wird es spannend:

Tucleatham hat seiner Mutter in Bezug auf diese Anschuldigungen immer die Stirn geboten und widersprochen. Trotzdem wurde er fortan zunehmend mit Misstrauen und Angst behandelt und zog sich immer mehr zurück, bis die Leute ihn schlichtweg nicht mehr zu Gesicht bekamen.

Irgendwann, er war gerade siebzehn Jahre alt geworden, hat man ihn tot in seinem Garten gefunden, einfach zusammengebrochen. Keiner konnte er seinen frühen Tod erklären.

Man hat es auf seinen Pakt mit den Geistern geschoben und ihn begraben. Noch bevor der letzte Stein dieser Pyramide gesetzt war, hatte die Mutter schon das Zepter übernommen und ließ alle Aufzeichnungen über ihren Sohn verschwinden, die seine Herrschaft oder seine magischen Fertigkeiten erwähnten."

Martha schweigt einen Moment lang.

„Was eine düstere Geschichte. Tucleatham kann einem leidtun bei diesem Schicksal. So etwas hat keiner verdient."

Ich nicke. Damit hat Martha zielsicher ausgesprochen, was mich an der Geschichte des jungen Pharaos beschäftigt.

Eine Weile laufen wir schweigend nebeneinander her, bis mich ein sanfter Luftzug innehalten lässt. Nur einen winzigen Moment zu lange brauche ich, um das Zeichen zu verstehen und Martha zu warnen.

Wir haben uns nicht vom Fleck bewegen können, da ertönt schon das nächste steinerne Knirschen. Marthas furchterfülltes Japsen erfüllt die Dunkelheit, dann zischen die Pfeile auch schon durch die Gänge.

Es sind kurze, hölzerne Bolzen mit breiten Metallspitzen, die wahrscheinlich von einem ausgeklügelten Mechanismus aus der Wand geschossen werden. Unsere Schritte müssen die Falle ausgelöst haben, denn sie geht nur rund um unseren aktuellen Standort los.

„Renn!", schreie ich Martha an, dann presche ich, angetrieben durch das rauschende Adrenalin in meinen Adern, vor.

Sekundenlang höre ich nur das Klacken der Pfeile, die an den Steinen abprallen und mein wummerndes Herz. Dann ist es plötzlich wieder totenstill. Ich werde langsamer und erlaube es mir, nach Luft zu schnappen und mich umzudrehen.

„Martha, alles in-", setze ich an, halte dann aber entsetzt inne. Sie hat es nicht geschafft, ihr lebloser Körper liegt etwa zwanzig Meter hinter mir, einige Pfeilschäfte ragen daraus empor.

Mit einem Fluch fahre ich mir durch die Haare. Das hätte nicht passieren dürfen. Mühsam schlucke ich meine rasenden Schuldgefühle herunter - dafür habe ich immer noch Zeit, wenn ich es lebend aus diesem Steinhaufen voller Todesfallen geschafft habe.

„Es tut mir leid", murmle ich in Richtung der Toten, dann atme ich tief durch, werfe einen Blick auf die Karte in meiner Hand und laufe los.

Die nächsten Minuten fühlen sich an wie eine Ewigkeit. Meine einsamen Schritte hallen sanft in den dunklen Gängen wieder, die nun immer öfter von alten Hieroglyphen geschmückt sind. Auch jetzt noch kann ich ihnen keinen Sinn entnehmen.

Irgendwann höre ich ein leises Wispern. In der Annahme, es sei erneut ein Windzug, ignoriere ich es, mache mich aber auf eine weitere Falle gefasst.

Stattdessen wird das Wispern lauter, bis es schließlich verstummt. Eine kalte Gänsehaut zieht sich über meine Arme und ich erschaudere. Irgendwas ist anders.

Doch bevor ich mir darüber ernsthaft Gedanken machen kann, öffnet sich der Gang bereits und offenbart mir einen großen Raum: Es ist die Sarkophag-Kammer Tucleathams, das Ziel meiner Suche und Grund für Marthas Tod.

Mit angehaltenem Atem betrete ich die Kammer, studiere die Schrift in den Wänden, die die Geschichte des jungen Pharaos erzählt. Ich verstehe sie problemlos und sie weckt ein tief trauriges, reuevolles Gefühl in mir.

Der Sarkophag in der Mitte des Raumes ist erstaunlich einzigartig. Erst glaube ich, er ist aus bemalten Holz oder Sandstein gefertigt, aber als ich näher trete, stelle ich fest, dass das glänzend schwarze Material polierter Onyx ist.

Nur verzierende Elemente aus Lapislazuli, rotem Jaspis, Türkis und anderen Steinen, die ich nicht erkenne, schmücken ihn. Filigrane Goldbeschläge zeichnen die schönen Gesichtszüge des ruhenden Pharaos nach.

Fasziniert betrachte ich dieses Kunstwerk eine Weile. Als vor neun Jahren, im November 1922, der goldene Sarkophag des Tutanchamun gefunden worden ist, habe ich gezweifelt, ob es überhaupt etwas Schöneres geben kann.

Tucleatham beweist mir das nun.

„Unglaublich", rutscht es mir heraus, bevor meine eigene Stimme mich zusammenzucken lässt. In der stillen Kammer wirkt sie unnatürlich laut.

Langsam umrunde ich den Sarkophag, wage es aber nicht, ihn anzufassen. Es mag lächerlich klingen, dass ein über Dreißig-Jähriger Angst haben könnte, aber ein Teil von mir glaubt an die alten Flüche der Ägypter.

Langsam schreite ich die reich verzierten Wände ab und betrachte die Inschriften. Sie alle erzählen von Tucleathams Leben - und den Unerklärlichsten, Magischsten seiner Taten.

Was mich jedoch besonders berührt ist, dass die Erzählungen von einem lebhaften, gütigen Jungen berichten. Kein Wort von der tragischen Familiengeschichte und seinem unschönen Ende.

Ein leises Lächeln muss sich auf meine Lippen geschlichen haben, denen ich spüre es schlagartig verschwinden, als ich mich umdrehe und eine Gestalt hinter mir wahrnehme.

Erschrocken schnappe ich nach Luft, als das Licht meiner Taschenlampe Details einfängt.

Vor mir steht ein schlanker Junge, vielleicht sechzehn Jahre alt, mit glänzender bronzefarbener Haut, wie sie nur die Bewohner Ägyptens haben. Um seine schmalen Hüften ist ein Leinenschurz gebunden, der von einem goldenen, mit Lapislazuli besetzten Gürtel gehalten wird.

Die goldenen Armreife und der Kopfschmuck verraten sofort, dass er adeliger Herkunft ist - und aus einer anderen Zeit kommt. Dann erblicke ich seine beinahe gespenstisch leuchtenden blauen Augen, die mich unter eleganten Augenbrauen hervor mustern und ich erstarre.

Ein kalter Schauer läuft mir über den Rücken. Sehe ich jetzt Geister oder ist dieser Junge die ganze Zeit schon da gewesen? Wie soll er hier hineingekommen sein?

„Hallo?", versuche ich es zaghaft, den Blickkontakt nicht unterbrechend. Der Junge ist nicht bewaffnet und dennoch bezweifle ich nicht, dass er zur Gefahr werden könnte, wenn er wollte.

Statt verbal zu antworten, legt er den Kopf ein wenig schief. Seine blauen Augen glühen vor dem dunklen Hintergrund der Kammer schon fast.

Angespannt beobachte ich, wie er lautlos zu mir geht und mit mir gemeinsam die Hieroglyphen an der Wand mustert, als wären wir alte Freunde.

Er geht mir nur etwa bis zur Schulter. Sein Blick huscht umher, während ein trauriges Lächeln an seinem Mundwinkel zupft.

Mir dämmert eine Ahnung, die ich als rational denkender Wissenschaftler aber sofort verdränge - es kann einfach nicht sein.

Erneut räuspere ich mich.

„Was tust du hier drinnen?"

Wieder zuckt sein Blick zu mir, dann zum Sarkophag und wieder zu mir und seine Miene wird hart. Mit einer schnellen, gezielten Bewegung legt er eine schmale Hand auf die Wand vor sich, unter eine Hieroglyphe: Familie.

Ich senke den Kopf und schweige. Wie es aussieht stehe ich tatsächlich Tucleatham gegenüber, ob als Geist, Mumie oder unsterblicher Zauberer ist erst einmal irrelevant, denn unglaublich ist es so oder so.

Als ich ihn wieder ansehe, erkenne ich in seinem Gesicht, dass er weiß, dass ich es verstanden habe.

Tucleatham lächelt leicht. Dann deutet er auf mich, eine elegante Augenbraue hochgezogen. Er schafft es, erhaben und doch kindlich zu wirken.

Ich räuspere mich. „Mein Name ist Garrett, ich bin hier, um mehr über dich herauszufinden. Du bist seit vielen Hundert Jahren tot, Tucleatham, und ich möchte deine Geschichte - die wahre Geschichte, nicht die von deiner Mutter verbreitete - erzählen können.

Deswegen bin ich hier, um zu lernen."

Blaue Augen durchbohren mich. Kindliche Direktheit und alterslose Intelligenz halten mich gefangen, während ich nicht einmal mehr atmen kann.

Irgendwann nickt der tote Pharao ganz leicht und deutet mir dann mit einem Nicken, ihm zu folgen.

Einen Moment lang zögere ich, einem Geist oder Untoten mit eventuell bösartiger Absicht zu folgen, aber dann tue ich es trotzdem. Ich wäre so oder so verloren in den außer Plan verlaufenden Gängen.

Tucleatham geht mit eleganten, mühelosen Bewegungen voraus und führt mich aus der Sarkophag-Kammer durch weitere Gänge. Immer mal wieder hält er inne, zeigt auf eine Wandinschrift und gibt mir Zeit, sie zu verstehen.

Er führt mich durch Erzählungen seines gesamten Lebens. Irgendjemand hat sich damit unglaublich viel Mühe gemacht - und plötzlich verstehe ich sie alle. Jedes Mal, wenn ein besonders schöner Abschnitt beschrieben wird, erstrahlt Tucleathams Gesicht und lässt mich unwillkürlich mitlächeln.

Wir schweigen, aber es ist ein einvernehmliches Schweigen. Mittlerweile finde ich die Präsenz des übernatürlichen Wesens, was auch immer es sein mag, beinahe beruhigend und angenehm. Zu gerne hätte ich mit ihm gesprochen, ihn nach seiner Zeit gefragt und all die Dinge erfahren, von denen mich unzählige Jahrhunderte trennen.

Aber er bleibt stumm. Und ich will nichts riskieren.

Schließlich erreichen wir eine Sackgasse, die auf eine Steinplatte zuführt. Kurz durchzuckt mich Sorge, aber dann legt Tucleatham die Hand an den Stein und wie durch Geisterhand schwingt der tonnenschwere Klotz zur Seite wie eine Tür.

Helles Sonnenlicht strahlt herein, erreicht Tucleathams Zehen aber nicht. Erst jetzt realisiere ich, dass er mich sicher aus der Pyramide heraus geführt hat.

Ehrlich senke ich den Kopf und verneige mich leicht vor ihm, etwas, das ihm mehr als zusteht.

„Ich danke dir, Tucleatham. Ich werde deine Geschichte verbreiten, wenn das in deinem Sinne ist, und deine Hilfe nie vergessen."

Seine blauen Augen blitzen. Einen Moment lang scheint es, als wolle er etwas sagen, dann senkt er kurz das Kinn.

Es dauert noch einige Herzschläge, bis ich die Augen von seinem Anblick losreißen kann. Er steht vollkommen aufrecht da, elegant und schön wie eine Sphinx, und wacht über seine Ruhestätte. 

Ob er wirklich Geister auf seiner Seite hat?

Der Gedanke lässt mich auch nicht los, als ich auf den Ausgang zugehe und mich, kurz bevor ich mich an den Abstieg über die außen eingelassene Treppe mache, noch einmal umdrehe.

Doch anstatt einen letzten Blick auf Tucleatham zu erhaschen, blickt mir die gähnende Leere des Ganges entgegen.

Lächelnd nehme ich das als Antwort und mache mich auf den Rückweg. Martha drückt mir aufs Gewissen, denn ihren Tod werde ich verantworten müssen.

Ich bin schon ein paar Minuten in der sengenden Hitze unterwegs, als ich meine, den Hauch eines vertrauten Wisperns wahrzunehmen, das von der Pyramide selbst ausgeht.

Und als ich genauer hinhöre, meine ich zu verstehen:

Komm bald wieder.

Und wer würde die Bitte eines Pharaos ausschlagen?

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