Kämpferherzen

By Tomoons

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Kampfsport. Sowas machen nur Jungs. Ist sowieso ein brutaler Sport. Immer und immer wieder musste Lena sich s... More

Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26

Kapitel 4

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By Tomoons

Ok, das war mein Ende. Am liebsten wäre ich unterm Tisch verschwunden, aber ich war unfähig, mich zu bewegen.

„Ah, Sie sind also der neue Referendar." Lächelnd nickte der Mathelehrer Micha zu. „Stellen Sie sich doch kurz vor, bevor ich die Klausuren austeile."

Lächelnd wandte Micha sich an die Klasse, und ich stellte eifersüchtig fest, dass die meisten Mädchen ihn verklärt ansahen. Warum musste der Kerl auch so verdammt gut aussehen?

„Ich bin Micha Korner, und ich bin jetzt ein Jahr lang an eurer Schule. Vielleicht auch länger."

Ein Jahr. Oder vielleicht auch länger. Oh mein Gott. Das durfte nicht wahr sein!

Ruhig streifte Michas Blick durch die Klasse und blieb für einen kurzen Moment an Mia und mir hängen. Bildete ich mir nur ein, dass er uns ganz leicht zulächelte?

Ich jedenfalls war nicht in der Lange zurückzulächeln. Stattdessen starrte ich ihn mit großen Augen und zitternden Fingern an, selbst als er bereits wieder den Blick abgewendet hatte.

Aber meine Augen waren nicht die einzigen, die Micha folgten, als er dem Lehrer half, die Klausuren zu verteilen. Unter den Mädchen brach leises Tuscheln los und für die Blicke, die manche Micha zuwarfen, als er ihnen die Klausur hinlegte, hätte ich die Mädchen am liebsten im hohen Bogen aus dem Fenster getreten.

Da stieß mich jemand an.

„Tief durchatmen, Lena", wisperte Mia. „Du schaffst das."

Viel zu schnell war Micha bei mir, aber ich konnte vor lauter Verlegenheit nur meinen Stift anstarren. Verdammt, ich führte mich auf wie der letzte Depp hinterm Berg, aber die Situation war einfach zu viel für mich.

„Keine Sorge. Du schaffst das", sagte Micha leise zu mir, und als ich es wagte, hoch zu linsen, sah ich, dass er mich ermutigend anlächelte.

„Danke", murmelte ich und nahm die Klausur mit zitternden Fingern entgegen.

Hoffentlich glaubte Micha, dass ich mich wegen Mathe und nicht wegen ihm so aufführte.

Kaum war Micha weitergelaufen, brach neben mir erneut wildes Getuschel los.

„Oh mein Gott, was für ein einfühlsamer Lehrer", wisperte ein Mädchen neben mir. „Er ist ja so süß!"

„Ja", wisperte ein anderes zurück. „Das er sofort erkannt hat, wer den Zuspruch am Dringendsten nötig hat ..."

Argh, ich dreh durch!, dachte ich. Ha, von wegen einfühlsamer Lehrer! Wenn die wüssten...

Unaufhaltsam stahl sich ein fieses Grinsen auf meine Lippen.

Ok, ich war die Schlechteste in Mathe, aber das war sicher nicht der Grund, warum Micha mich ermutigt hatte. Hehe, oh nein! Aber das konnten meine Klassenkameradinnen ja nicht ahnen.

Wahrscheinlich würden sie das Dojo stürmen, wenn sie auch nur den Hauch einer Ahnung hätten.

„Lena, alles in Ordnung?", fragte Mia besorgt. Augenblicklich verschwand mein breites Grinsen und ich sah sie unschuldig an.

„Alles gut. Ich krieg das schon irgendwie hin."

„Das denke ich auch", lächelte Mia und klopfte mir auf die Schulter.

„Ruhe!", rief unser Mathelehrer plötzlich durch die Klasse. „Ich will keinen Mucks mehr hören! Ihr dürft die Klausur nun umdrehen."

Meine Finger zitterten wie Espenlaub, als ich das Blatt wendete, und es kostete mich all meinen Willen, mich nicht zu Micha umzudrehen.

Mathe. Denk an Mathe. Denk an Mathe, denk ...

Verdammt, so ging das einfach nicht! Wenn ich wollte, dass Michas Bemühungen nicht völlig umsonst waren, musste ich mich mal am Riemen reißen.

Tief einatmen, tief ausatmen. Konzentrieren.

Langsam hob ich meinen Stift und begann mit Mathe.

Es dauerte einen Moment, bis ich aus den Zahlen und Buchstaben auf dem Aufgabenblatt schlau wurde, aber dann sah ich wieder Michas Zahlengebilde vor mir. Erinnerte mich, wie einleuchtend alles gewesen war.

Auch wenn ich sicher keine fünfzehn Punkte schreiben würde – die Chancen standen gut, diese Arbeit nicht völlig in den Sand zu setzen.

„So, die Zeit ist um. Alle Arbeiten zu mir", verkündete mein Lehrer. Seine Worte trafen mich zwar nicht völlig unvorbereitet, trotzdem machte sich Panik in mir breit.

„Einen Moment noch", murmelte ich, während ich hektisch die Gleichung auf mein Blatt kritzelte.

„Lena, abgeben!", wiederholte mein Lehrer, während die letzten Verbliebenen ihre Arbeiten nach vorne brachten.

„Hab's gleich", stieß ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. So schnell, dass mein Handgelenk zu schmerzen begann, schrieb ich die letzten Zahlen, als der Schatten meines Lehrers über mir auftauchte. Gerade noch rechtzeitig gelang es mir, das Ergebnis von meinem Taschenrechner abzuschreiben und den Füller hochzureißen, bevor mir das Blatt unter der Nase weggezogen wurde.

Es war, als erwache ich aus einer Trance. Leicht neben der Spur packte ich mein Mäppchen ein, was doppelt so lange dauerte, wie sonst. Den Taschenrechner ließ ich achtlos in den Ranzen plumpsen, schwang mir das Teil über die Schulter und kollidierte beim Aufstehen mit Micha, der gerade an mir vorbeilaufen wollte.

„Vorsicht, junge Dame", kommentierte mein Lehrer, aber  Micha grinste nur auf mich herab, offensichtlich nicht im Klaren darüber, welche Wirkung das zusammen mit seiner Nähe auf mich hatte.

„Und, ist die Arbeit gut gelaufen?", fragte er mich.

„Denke schon", brachte ich hervor.

„Das werden wir noch sehen", sagte mein Lehrer ungerührt. „Und jetzt raus in die Pause, junge Dame."

Das musste er mir nicht zweimal sagen. In Nullkommanichts war ich aus dem Klassenraum geflohen und zu Mia geeilt.

„Wie war Mathe?", fragte meine Freundin in einem Tonfall, der verriet, dass sie meine Antwort fürchtete. Aber im Gegensatz zu den letzten Malen stand ich nicht kurz vor einem Heulanfall, sondern war mit den Gedanken bereits ganz woanders.

„Ach, es war ok. Aber lass uns was wegen Micha überlegen", wisperte ich und zog Mia kurzerhand vom Schulhof.

Erst in einer verwinkelten, leeren Seitengasse traute ich mich wieder, in normaler Lautstärke zu reden.

„Wie soll ich denn jetzt in Jiu-Jutsu mit ihm umgehen?", fragte ich mit aufgerissenen Augen.

„So wie vorher auch?", schlug Mia vor, die durchaus amüsiert über mein verzweifeltes Verhalten schien.

„Aber er ist ein Mathelehrer!", jammerte ich.

„Das könnte deiner Note ganz guttun", grinste Mia und wich einem spielerischen Hieb aus.

„Na gut." Nachdenklich legte ich den Kopf schief. „Trotzdem brauche ich einen Plan, damit Micha mich nicht für ein langweiliges kleines Mädchen hält, das obendrein noch eine lausige Kämpferin ist."

„Vielleicht steht er ja auf machtlos unterlegene Mädchen", gab Mia zu bedenken.

„Super", knurrte ich. „Dann hat er ja neunzig Prozent der Mädchen zur Auswahl. Man, Mia, ich muss einzigartig sein!"

„Aber du bist einzigartig."

„Du weißt, was ich meine."

„Schon." Einen Moment dachte Mia nach, dann schüttelte sie seufzend den Kopf. „Andere Mädchen schaffen es doch auch irgendwie, einen Freund zu bekommen, ohne komplizierte Pläne auszuhecken. Rede mit ihm. Und immer schön lächeln, dann wirst du schon sehen, ob er Interesse an dir hat oder nicht."

„Wenn das so einfach wäre", meinte ich. Ich war ja echt nicht schlecht darin, ein Pläuschchen zu halten, aber sobald ich einen Kerl auch nur halbwegs interessant fand, gingen mir die Gesprächsthemen schneller aus als mir lieb war.

„Nimm mal deinen Mumm zusammen, Lena", riet meine Freundin mir. „Gestern Abend hattest du einen Start, davon träumen die meisten Mädchen nur. Also mach was draus."

„Gehen wir heute Abend ins Training und üben Befreiungstechniken, damit ich mich beim nächsten Kampf nicht so dumm anstelle?", bat ich mit tellergroßen Hündchenaugen, wohl wissend, dass Mia zwar gerne in Kampfsport ging, aber eigentlich einmal die Woche als ausreichend empfand.

Seufzend sah sie mich an.

„Na gut. Aber gegen Micha hast du trotzdem keine Chance, und ich bezweifle, dass ihn das stört."

„Schon klar. Aber wenn ich mich wenigstens halbwegs wehren kann, ist der Kampf nicht so langweilig für ihn", wandte ich ein.

„Es gibt auch Kerle, denen es furchtbar viel Spaß macht, ihre Überlegenheit zu demonstrieren", grinste Mia. Einen Moment lang starrte ich sie an, unsicher, was ich tun oder sagen sollte, aber dann stahl sich auch auf mein Gesicht ein breites Grinsen.

Kichernd schlenderten wir zum Schulhof zurück, beide in unsere eigenen Gedanken versunken.

„Irgendwie verstehe ich dich nicht", sagte Mia Kopf schüttelnd, als ich mit einem gehetzten Schulterblick den Schulhof verließ. „Da hast du das Glück, Micha nicht nur einmal die Woche in Jiu-Jutsu zu sehen, sondern ihm jeden Tag in der Schule zu begegnen, und du führst dich auf, als seien die vereinten Streitmächte der Hölle hinter dir her."

„Er ist Mathelehrer", röchelte ich. „Da kann ich ihn mir doch gleich abschminken."

„Nur weil du schlecht in Mathe bist ...", begann Mia, aber ich unterbrach sie mit einem finsteren Blick.

„Er ist ein Lehrer!", fluchte ich. „Und ich leider noch eine Schülerin. Got it?"

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