Captured | Band 1

By theclaramay

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[•Wenn die WAHRHEIT dein TODESURTEIL ist ...•] Clove wünscht sich nichts sehnlicher, als endlich eine Wächter... More

Vorwort
Prolog
Kapitel 1.1
Kapitel 1.2
Kapitel 2.1
Kapitel 2.2
Kapitel 3.1
Kapitel 3.2
Kapitel 4.1
Kapitel 4.2
Kapitel 5.1
Kapitel 5.2
Kapitel 5.3
Kapitel 6
Kapitel 7.1
Kapitel 7.2
Kapitel 8.1
Kapitel 8.2
Kapitel 8.3
Kapitel 9.1
Kapitel 9.2
Kapitel 10.1
Kapitel 10.2
Kapitel 10.3
Kapitel 11.1
Kapitel 11.2
Kapitel 12.1
Kapitel 12.2
Kapitel 12.3
Kapitel 13.1
Kapitel 13.2
Kapitel 13.3
Kapitel 14.1
Kapitel 14.2
Kapitel 14.3
Kapitel 15.1
Kapitel 15.2
Kapitel 16.1
Kapitel 16.2
Kapitel 16.3
Kapitel 17.1
Kapitel 17.2
Kapitel 17.3
Epilog
Danksagung
Meet the Characters
Band 2

Kapitel 15.3

172 21 18
By theclaramay

Ich sackte in mich zusammen.

Die Überzeugung, es wäre richtig, Nik von meiner Beobachtung zu erzählen, schwand immer mehr, bis nur noch ein kleines Häufchen Elend davon zurückblieb. Und genauso fühlte ich mich auch. Elend und allein.

»Selbst wenn du recht hättest –«

»Aber ich habe recht! Ich habe es gesehen und mir nicht eingebildet!«, unterbrach ich ihn sofort.

»Selbst wenn du recht hättest«, wiederholte er mit Nachdruck, »was willst du mit diesem Wissen anfangen? Zur Regierung kannst du ja wohl schlecht laufen ...«

Sein Einwand war sinnvoll und es ärgerte mich, dass ich so weit noch gar nicht gedacht hatte.

Unsicher zuckte ich die Schultern. »Ich weiß nicht ... aber wir können sicherlich irgendetwas dagegen unternehmen, stimmt's?«

Hoffnungsvoll blickte ich zu ihm auf. Bisher hatte er mir immer geholfen.

Doch sein Blick blieb hart. »Clove, verstehst du denn nicht, dass wir rein gar nichts tun können? Wir sind nur zu zweit, was sollen wir denn allein ausrichten?«

»Dann suchen wir uns Verbündete!«, schlug ich vor.

Kopfschüttelnd wandte Nik sich ab. Er schien ebenso verzweifelt, mich von seiner Ansicht überzeugen zu wollen, wie ich ihn dazu bringen wollte, mir zu helfen.

Er tigerte ein paar Mal auf und ab, dann positionierte er sich wieder vor mir und packte mich bei den Schultern, als könnte er so meine Sichtweise in die richtige Form biegen. »Wir können in dieser Sache nichts tun. Sobald jemand Wind davon bekommt, dass wir überhaupt darüber Bescheid wissen, macht man uns einen Kopf kürzer. Außerdem glaube ich nicht, dass Bürger aus Circle geopfert werden, höchstens Rebellen ...«

»Dann glaubst du mir also doch!«

Nik überging meinen Einwurf einfach. »... und das wäre kein großer Verlust.«

Ich stockte. »Was sagst du da?«

Als Nik stoßartig ausatmete, hörte ich deutlich das Zittern. Doch als er weitersprach, war es aus seiner Stimme verbannt, als wäre es nie dagewesen. Er klang selbstsicher. Sein Blick war hart und leer. Ich erkannte ihn in diesem Moment nicht wieder und das machte mir Angst.

»Rebellen bedrohen unser Land schon seit Jahren und mir würde es nichts ausmachen, wenn ihre Zahl abnimmt«, sagte er.

Der kühle Tonfall jagte mir einen Schauer über den Rücken. Plötzlich war mir seine Nähe unangenehm und sein Griff zu fest. Panisch versuchte ich mich von ihm zu lösen und stieß ihn schließlich mit beiden Händen heftig vor die Brust, was ihn überrascht zurücktaumeln ließ.

»Das kann doch nicht dein Ernst sein! Nik, da unten liegen echte Menschen in gläsernen Kästen und werden zu Tode gefoltert! Wie kannst du sowas nur gutheißen?«, rief ich empört.

»Sie haben meine Mutter getötet!«, schrie er auf einmal zurück. Seine Worte hallten laut von den kahlen Blöcken wider, verdoppelten und verdreifachten sich, bis sie irgendwann verklungen waren.

Die Stille, die sich über uns legte, war erdrückend.

Ich versuchte, mir nicht anmerken zu lassen, wie sehr er mich damit erschreckt hatte. Stattdessen versuchte ich mich zu beruhigen und auf andere Art und Weise zu ihm vorzudringen.

»Ich weiß und das tut mir unglaublich leid«, brachte ich schließlich ruhiger hervor. Ich lief zu ihm und nahm seine Hände in meine. Mit meinen Fingerspitzen fuhr ich über die Innenflächen, an denen ich immer noch die Schwielen der harten Arbeit spüren konnte, die er in Zone Drei jahrelang verrichtet hatte, um das Geld für die Eignungsprüfung zusammenzukratzen. »Aber diejenigen, die für den Tod deiner Familie verantwortlich sind, haben schon längst ihre Strafe erhalten. Die meisten Rebellen sind damals umgekommen, nur wenigen gelang die Flucht.«

Niks Miene war noch immer distanziert. »Vielleicht. Vielleicht sind sie schon tot. Aber ihre Ansichten leben in den anderen weiter. Dort draußen sind hunderttausende, die nicht zögern würden, uns umzubringen! Jedenfalls haben sie nicht gezögert, als sie auf meine Mutter gezielt haben.«

Die Erinnerungen daran trieb Nik den Schmerz des Verlustes ins Gesicht. Das erste Mal, seit ich ihn kennengelernt hatte, sah ich mit an, wie ihm Tränen in die Augen stiegen.
Kein Anflug des typischen Grinsens, kein Funken Wärme in seinem Blick. Von einem Moment auf den anderen hatte er sich völlig verändert.

Es wäre wohl das richtige gewesen, ihn in die Arme zu schließen und ihm zuzustimmen. Dennoch konnte ich die Worte nicht zurückhalten.

»Ich weiß, wie es ist, wenn man einen geliebten Menschen verliert und ich habe auch jahrelang geglaubt, dass die Rebellen für den Tod meines Vaters verantwortlich waren. Und dennoch habe ich dort unten ein Mädchen sterben sehen.« Diesmal war ich diejenige, die ihn bei den Schultern packte, um sicherzugehen, dass er auch verstand, was ich sagte. »Sie sah mir so ähnlich, dass es war, als hätte ich in einen Spiegel geschaut, Nik. Sie hat mich angefleht, ihr zu helfen und ich konnte es nicht. Ich konnte überhaupt nichts dagegen ausrichten, was ihr widerfuhr. Sie hat geschrien, mit den Händen an das Glas getrommelt, nach Sauerstoff geschnappt. Ich habe sie sterben sehen und ich konnte den Tod nicht aufhalten. Du kannst mir nicht erzählen, dass ein Mensch – egal wer er ist – es verdient hat, so zu sterben! Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn sich das Gift in deinem Körper festsetzt wie ein widerlicher Parasit; wie die Luft aus deiner Lunge gezogen wird, sobald du einatmest, und sich stattdessen mit dichtem Nebel füllt. Es tut weh und du wirst dieses Gefühl nicht mehr ganz los! Ich kenne dich Nik, so bist du nicht. Dich beschäftigt es, wenn andere leiden ...«

Eindringlich sah ich ihn an, meine Finger krallten sich an dem Stoff seiner Jacke fest und zogen leicht daran.

Als Nik mich anstarrte, glaubte ich, einen Funken Verständnis aufblitzen zu sehen, doch er war so schnell verschwunden, wie er aufgetaucht war.

Er hob die Hände, umfasste ohne Mühe meine Handgelenke und zog meine verkrampften Finger von sich.

»Dann kennst du mich wohl nicht gut genug«, sagte er tonlos und ließ meine Arme los, die schwach zurück an meine Seite fielen. Dann entfernte er sich rückwärts einige Schritte von mir und ich hatte das Gefühl, dass er nicht nur einen körperlichen Abstand zwischen uns brachte. »Ich hoffe, du kommst zur Vernunft, Clove.«

Seine Worte trafen mich direkt ins Herz, sein Verhalten brachte es beinahe zum Bersten.

Ich kämpfte tapfer die Tränen zurück und presste meine Lippen aufeinander, damit er das Beben nicht sehen konnte – ihm entging schließlich nichts. »Ich kann es nicht ändern, Nik. Ich kann das Gesehene nicht einfach wie einen Film zurückspulen und ihn löschen. Ich hätte nur erwartet, dass du es verstehen würdest.«

Der Junge rieb sich erschöpft die Augen, setzte dann eine gleichgültige Miene auf und zuckte die Achseln. »Dann hast du dich wohl geirrt. Du weißt, wie das mit Erwartungen ist: Werden sie nicht erfüllt, sind es nichts anderes als Enttäuschungen.«

Er schien auf einmal müde zu sein, warf noch einen letzten Blick auf mich, der mich hoffen ließ, dass er es sich doch noch einmal überlegte, dann schluckte er hart und wandte sich zum Gehen. Sein Umriss wurde von der Dunkelheit verschluckt. Die Tränen, die in meine Augen traten und sogleich ihren Weg über meine Wangen suchten, taten den Rest und Nik verschwamm zu einer unscharfen Masse, bis er schließlich um die nächste Ecke bog und vollkommen aus meinem Blickfeld verschwand.

Es fühlte sich an, als hätte jemand den Faden durchtrennt, der mich die ganze Zeit über aufrecht gehalten hatte, denn kaum war er verschwunden, taumelte ich zurück, bis mein Rücken die kalte Betonwand des Schlafblocks fand. Ich fiel dagegen, rutsche hinunter auf den Boden und ließ meinen Gefühlen freien Lauf.

Ich verkniff mir nicht einmal das Schluchzen, sondern schlang nur meine Arme um mich und stützte meine Stirn auf meine angewinkelten Knie. Die Leere, die sich in meinem Körper ausbreitete, brachte eine Kälte mit sich, die nicht nur von den schwindenden Außentemperaturen herrühren konnte.

Es dauerte nicht lang, bis ich erneut ein Geräusch neben mir wahrnahm. Leise Schritte, die sich um die Ecke stahlen.

In der Hoffnung, Nik würde zurückkommen, sah ich auf und einer von Schatten ummantelten Person entgegen. Einzig und allein die gold-blonden Strähnen leuchteten in dem tiefen Blau der Nacht, als würden sie von der Sonne angestrahlt werden. Augenblicklich hörte ich auf zu Weinen, wischte mir übers Gesicht und stand auf.

Na toll, der hatte mir jetzt wirklich noch gefehlt ...

»Oh nein, was haben wir denn hier?«, ertönte eine dunkle Stimme, die jedoch keinesfalls mitleidig klang, sondern ironisch und schadenfroh.

Hale Arden löste sich von der Ecke, in der er sich verborgen hatte, und sah mit Genugtuung auf mich herab. »Bei euch hängt wohl der Haussegen schief, wie?«

»Was willst du, Arden?«, fragte ich direkt, ohne auf seine spöttischen Bemerkungen einzugehen.

Dieser zog jedoch nur die Mundwinkel nach unten und machte eine wegwerfende Geste. »Ach, ich will gar nichts ...« Er vergrub die Hände in den Hosentaschen und lehnte sich mir direkt gegenüber lässig an die Betonwand. »Ich habe nur zufällig euer kleines Gespräch mit angehört und wollte dir mein Beileid aussprechen.«

Augenblicklich versteifte ich mich. Das Blut gefror mir in den Adern und eine Gewissheit packte mich mit kalten Fingern, die meinen ganzen Körper schüttelte.

Glücklicherweise entging ihm meine Reaktion, da er damit beschäftigt war, eingehend seine Fingernägel zu studieren. Ich nutzte den kurzen Moment der Ablenkungen und fasste mich wieder.

»Und was glaubst du, gehört zu haben?«, fragte ich und sah ihn unbedarft an, als ob nichts an Niks und meinem Gespräch verboten gewesen wäre.

Könnte mich Hale Arden jedoch genauso gut lesen, wie Nik es konnte, dann hätte ich ein riesiges Problem. Denn in meinem Inneren sah es nicht einmal annähernd so entspannt aus, wie ich mich ihm gegenüber verhielt.

»Du denkst, das sage ich dir so einfach?«, entgegnete er und schnaubte.

Ich hätte es wissen müssen. So einfach rückte er mit seinem Wissen nicht heraus. Er hatte Spaß daran, mir dabei zuzusehen, wie ich mir die Zähne ausbiss, um an Informationen zu kommen, die er mir nicht einfach so unter die Nase reiben würde.

Also seufzte ich übertrieben gelangweilt, klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter und wandte mich zum Gehen. »Vielen Dank, ich bin gerührt von deiner Anteilnahme, aber dann haben wir uns ja nichts weiter zu sagen. Mach's gut!«, rief ich und hob zum Abschied die Hand.

Es dauerte einige Meter, bis der Blondschopf unter seiner eigenen Dummheit einknickte und mir nachgelaufen kam. Sicherlich hatte er sich gewünscht, mich wieder zu einem Kampf provozieren zu können, um mich in Schwierigkeiten zu bringen. Jedoch hatte selbst ich heute keine Lust mehr, ihn zu vermöbeln. Ich wollte ihn und sein dümmliches Grinsen einfach nur loswerden. Und das ging am schnellsten, wenn ich die Sache ruhig und schnell über die Bühne brachte.

»Ich bin überzeugt, dass es den Commander sehr interessieren würde, was die Drei und du zu besprechen hattet«, rückte Hale schließlich mit der Sprache heraus. Mir schnürte es die Kehle bei dem Gedanken zu, dass er alles mit angehört haben könnte und es wurde nicht gerade besser, als ich hörte, was er als nächstes zu sagen hatte. »Hunt hat ja nochmal Glück gehabt, dass er sich gegen die Rebellen ausgesprochen hat. Aber dass du dich auf ihre Seite schlägst, ist wirklich schade. Obwohl das von einer Vier eigentlich nicht anders zu erwarten war. Euch und die Rebellen trennt ja nicht viel – außer die Mauer natürlich.«

Sein betretenes Seufzen war so unecht, wie sein Recht darauf, Teil der Schutzeinheit zu sein.

Ich zwang mich jedoch, ruhig zu bleiben, hielt an und verschränkte die Arme. »Ich weiß nicht, wovon du redest.«

Mit Freude bemerkte ich, wie sein Mundwinkel langsam ungeduldig zu zucken begannen, er aber versuchte, es hinter einem selbstsicheren Lächeln zu verbergen.

»Ich habe jedes Wort gehört, Whitefield«, säuselte er. »Ich denke, wir wissen beide, auf wen der Commander eher hören wird, wenn ich ihm erzähle, dass Hunt und du von den Experimenten wisst und du dich auf die Seite der Rebellen schlägst. Du weißt schon, dass jegliche Sympathie zu den Rebellen mit dem Tod bestraft wird. Hach, so ein Jammer! Aber es steht wohl mein Wort gegen deines.«

»Hm«, machte ich und lächelte ihn an. »Und was glaubst du, wird Commander Dax sagen, wenn er weiß, dass du ebenso ein Mitwissender bist? Als ich dort unten war, habe ich ihn gesehen und belauscht. Wenn ich mich richtig erinnere, dann sagte er: Jeder, der von diesen geheimen Operationen erfahren sollte, wird sofort eliminiert! Ich würde es mir also an deiner Stelle überlegen, ob ich so große Töne spuckend zu Dax rennen würde.«

Mir war klar, dass dieser Bluff auch nach hinten losgehen könnte, doch an Ardens Miene erkannte ich, dass ich einen Volltreffer gelandet hatte.

»Du lügst doch!«, zischte er und seine unschuldige Maske fing an zu bröckeln.

Ich zuckte mit den Schultern. »Du kannst es ja ausprobieren. Dann sehen wir, ob du mit uns vor dem Lauf einer Waffe endest oder nicht.«

Erneut gab ich ihm einen freundschaftlichen Klaps auf den Oberarm, als hätte ich ihm soeben nur einen guten Rat erteilt, und hoffte, dass mein Schauspiel gut genug war, um ihn zu täuschen.

Ohne mich noch einmal umzudrehen, schlenderte ich zum Eingang des Schlafblockes und ließ erst den Vorhang aus Selbstsicherheit fallen, als die Tür meines Abteils leise ins Schloss geglitten war.

Zitternd ließ ich mich auf meinem Bett nieder. Zu meinem Glück schienen die anderen zwei Mädchen schon zu schlafen und konnten so nicht mit ansehen, wie die letzte Kraft meinen Körper verließ.

Sollte ich morgen früh von Wächtern aus dem Bett gezogen und in Handschellen abgeführt werden, würde ich wohl wissen, ob Arden meinen Lügen Glauben geschenkt oder mich durchschaut hatte.

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