Die Verlierer - Sklaven des E...

By traumjaegerin

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[TEIL 2] Während Jay alles gibt, um der gefürchtetste Dealer der Stadt zu werden, dafür, dass jeder in Berli... More

1 | Immer noch am Gewinnen
2 | Wie in alten Zeiten
3 | König von Berlin
4 | Irrelevant
5 | Warum Herzen unnötig sind
6 | Ihr habt Gift geleckt
7 | Gnadenlos untergehen
8 | Dealer, kein Therapeut
9 | Kopflose Pläne
10 | Von Spitzentangas und Boxershorts
11 | Echte Männer brauchen keinen Trost
12 | Kaffee und Provokation
13 | Paranoia
14 | Fast Geschäftspartner
15 | Keine Moral
16 | Nur ein bisschen cool
17 | Pornos und Probleme
18 | Nicht in Hollywood
19 | Taten und Träume
20 | Ein Whirpool voller Nutten
21 | Nur Freundschaft
22 | Leggings, Tanga und Arschdellen
23 | Nur noch Dreck
24 | Gehirnmatsch
25 | Vaginas sind keine Controller
26 | Ertrunken in Wut
27 | Ausbrennen
28 | Aufgeschmissen
29 | Nehmen, was man will
30 | Wer vertraut, wird gefickt
31 | Worauf wichst du?
32 | Blut, Schweiß und Wodka Melone
33 | Niemals entschuldigen
34 | Niemals bedanken
35 | Niemals
36 | Die Welt soll bluten
37 | Keine Gefühle
38 | Kein Bock auf Menschen
39 | Zwei Flaschen Sterni
40 | Rücksichtslos
41 | So viel Hass
42 | Nichts als Verlierer
43 | Verliebt in Geld
44 | Lila Scheine
45 | Shopping Queen und Whisky
46 | Niemals daten, nur ficken
47 | Para und Palaver
48 | Marode Männlichkeit
49 | Leicht zu haben
50 | Pinke Wattewelten
51 | Angst vor Schwänzen
52 | Vom Kotti bis zum Xenon
53 | Loslassen
55 | Kokainrausch
56 | Okay, gut
57 | Braun, Gelb, Grün
58 | Ich will dir wehtun
59 | Lösch meine Nummer
Ankündigung

54 | Auf Abruf bereit

817 77 59
By traumjaegerin

Die Verbundenheit blieb. Als er wenig später einpennte und ich noch eine Kippe rauchte, versuchte, wachzubleiben, weil ich den Moment auskosten wollte. Oder als ich am nächsten Morgen mit Fede in meinem Arm aufwachte und er mit einem Blick auf sein Handy feststellte: »Scheiße, wie kanns eigentlich schon so spät sein?«

»Mh«, murrte ich und zog ihn enger an mich. Es fühlte sich gut an, wie er sich an mich gekuschelt und seinen Kopf auf meiner Brust abgelegt hatte. Sein Bein mit meinem verschlungen.

»Ich hab Bock auf so richtig geiles Frühstück. Rührei oder so«, überlegte Fede. Das war mir zu viel Energie am Morgen. »Ich mein, zu Erdkunde zu gehen lohnt sich jetzt auch nicht mehr.«

»Ja, dann mach mal, du weiß, wo die Küche is.«

»Ich dachte, du hilfst mir bestimmt«, grinste Fede. Alter. Der war mir viel zu sehr ein Morgenmensch, ging gar nicht. Grummelnd zog ich mir die Decke über den Kopf, als er sich tatsächlich löste und aus meinem Bett kletterte.


Als ich eine Weile später frisch geduscht und in Jogginghose und Hoodie aus dem Badezimmer kam, fand ich Fede und Lexie quatschend in der Küche vor. Er stand am Herd und hatte tatsächlich Eier gefunden, die er anbriet. Es roch lecker nach Zwiebeln.

»Meine Oma würde jetzt die Hände über dem Kopf zusammenschlagen«, lachte er. »Geht nämlich gar nicht, sowas zu frühstücken. Für Italiener gibt's nur süßes Frühstück, alles andere ist ne Sünde.«

Auch Lexie lachte und pustete sich eine bunte Haarsträhne aus der Stirn. Alter. Als ob die sich jetzt so verstanden.

»Ach, meine Oma ist da nicht so wählerisch. Bei ihr besteht ein Frühstück aus nem Gläschen Doppelkorn«, erzählte sie, während sie zwei Scheiben Toast aus dem Toaster nahm. Das Teil stank seit Jahren beim Verwenden nach verbranntem Plastik. Konnte nicht gesund sein.

Grummelnd ließ ich mich am Küchentisch nieder und nahm eine von Tommys selbstgestopften Kippen aus der Schachtel, die auf dem vollgestellten Fenstersims lag. Zündete sie an und inhalierte tief, während ich Fede beobachtete.

Natürlich entging ihm mein Blick nicht. Mit der Pfanne in der Hand wendete er sich zu mir um und hob belustigt seine Augenbrauen.

Ausdruckslos erwiderte ich ihn, ganz so, als würde er mich kalt lassen. Ließ langsam den Rauch über meine Lippen entweichen. »Macht mal lieber noch Kaffee, ey«, forderte ich.

»Mach doch selber«, lachte Lexie. Sie streckte mir die gepiercte Zunge raus, ehe sie sich zu Fede beugte und ein Stück Rührei aus der Pfanne klaute. »Meine Oma ist echt so'n Fall für sich. Eigentlich liebt sie uns total, aber das zeigt sie nie.«

»Liegt also in der Familie«, grinste Fede und warf mir einen provokanten Blick zu. Ja, wow. Super lustig mal wieder.

In diesem Moment spürte ich das Vibrieren meines Handys in der Hosentasche. Noch bevor ich etwas auf Fedes bescheuerten Spruch erwidern konnte. Welcher dumme Wichser wagte eigentlich, mich so früh zu stören? Das Display zeigte mir eine unbekannte Nummer ein, so wie die meisten, die mich anriefen.

»Ja?« Ich versuchte, nicht ganz so unfreundlich zu klingen. Kunden verscheuchen war nämlich eher ungeil.

»Wir brauchen dich, Jay. Ich bin gleich bei dir. Du bist da, verstanden?«, erklang Moussas Stimme und jedes einzelne Wort war ein Befehl. Ich wusste, dass ich keine Wahl hatte. Mein Herz ging schneller und wieder dachte ich an Tareks Warnung. An Hamads Leute und die drohende Eskalation.

»Worum geht's?«

»Dafür hab ich keine Zeit jetzt. Bis gleich, wir sind gerade bei der Sonnenallee«, gab er zurück. Ein kalter Schauer überkam mich und ich gab mir Mühe, mir nichts anmerken zu lassen. Was würde wohl passieren?

Sonnenallee. Dann konnte es keine zehn Minuten mehr dauern, bis sie bei mir waren. Verdammte Scheiße. Eigentlich hatte ich ziemlich Lust darauf, mit Fede zu frühstücken, aber na ja, das musste jetzt warten.

»Alles gut?«, fragte Fede angesichts meines angespannten Blicks, als ich genervt mein Handy zurück in die Hosentasche steckte. Nochmal an der Kippe zog und sie dann im Aschenbecher ausdrückte. Das war der einzige Vorteil von Tommys Existenz: Dass er im Gegensatz zu meiner Alten so dekadent war und statt benutzten Joghurtbechern tatsächlich Aschenbecher verwandte.

Ich nickte. »Nur Arbeit, dies, das«, meinte ich dann und stand auf. »Ich muss los.«

»Ich komm noch kurz zur Tür mit.«

Bei Fedes Vorschlag schaffte ich es nicht, mein Lächeln zu verbergen. Fand ich irgendwie verdammt süß, wie er extra mit mir mitkommen wollte. Von Lexie verabschiedete ich mich mit einem Nicken, sie mit: »Lass dich nicht killen, Bruderherz.«

Im Flur schlüpfte ich in meine schmutzigen schwarzroten Sneakers und band sie im Gegensatz zu sonst etwas enger zu. Klang alles so, als könnte das vonnöten sein. In meiner Hosentasche fühlte ich neben meinen Kippen das Gewicht von meinem Messer. Alles dabei, was wichtig war.

Die bevorstehende Konfrontation war jedoch nicht das einzige, das mein Herz schneller schlagen ließ. Da war auch Fede, der nur ein paar Zentimeter von mir entfernt stand und der so gut roch. So männlich. Fede, mit dem ich die ganze Nacht gekuschelt hatte.

»Also dann, wir sehen uns.« Aus Gewohnheit streckte ich ihm die Hand hin.

»Keine Umarmung?«

»Will doch nicht 'nem Kerl so nahe kommen.« Auf meinen Lippen tauchte ein Grinsen auf, ehe ich meine Arme für ihn öffnete.

»Dafür hattest du deinen Schwanz echt tief in meinem Mund.« Grinsend schloss er seine Arme um mich. »Pass auf dich auf«, murmelte er an meiner Schulter und in meinem Inneren tauchte so viel Wärme auf, dass ich am liebsten kotzen würde. Alter. Ich wollte das nicht. Nicht das mit uns so schön finden, denn das raubte nur wertvolle Zeit. Und doch war es das. Es bedeutete mir viel, wie er sich Sorgen machte. »Im Knast werd ich dich nämlich nicht besuchen«, setzte er hinzu.

Er entlockte mir ein Lachen. »Arschloch«, murmelte ich und griff bestimmt an sein Kinn, zog seinen Kopf zu mir. Gab ihm einen kurzen, aber innigen Kuss. Hektisch, weil ich jetzt echt los musste und es doch verdammt schön war, seine Lippen auf meinen zu fühlen.


Kaum, dass ich unten auf die Straße trat, ging alles ganz schnell. Der fette Geländewagen mit den dunkelgetönten Scheiben fuhr vor, ich stieg ein. Türenschlagen, Moussa ging aufs Gas. Auf der Beifahrerseite saß ein Kerl, dessen Fettmasse sogar die von Tarek übertrumpfen könnte. Mit hoher Geschwindigkeit rasten wir aus unserer Siedlung raus, die nächste Hauptstraße runter. Moussa auf der linken Spur, drängte die Autos vor ihm weg, wenn das nicht ging, überholte er rechts.

»Was'n eigentlich los?«, hakte ich nach und legte eine Hand auf der Sitzlehne vor mir ab. Saß breitbeinig und klang so, als würde mich die ganze Scheiße nicht jucken. Tat sie ja auch nicht. War halt nervig, weil sie mich um mein Frühstück gebracht hatte, ansonsten aber ganz praktisch. Ne weitere Chance, mich zu beweisen und so. »Fühlse GTA bisschen zu sehr, oder was?« Ich lachte herablassend.

Im Rückspiegel konnte ich sehen, wie er genervt die Augen verdrehte. Ein Grinsen konnte ich mir da nicht verkneifen. War schon unterhaltend, anderen auf den Sack zu gehen.

»Ich weiß nur, dass Aljoscha heute Morgen von ein paar Typen aufs Maul gekriegt hat, als er wie immer auf der Hasenheide stand. Wir haben die ausfindig gemacht und jetzt kassieren die. Das wars«, klärte mich Moussa auf und drückte die Bremse, weil vor ihm zwei langsame Autos die beiden Spuren belegten. Im Gegensatz zu den Fahrten mit Tarek musste man nicht mit einem Zusammenstoß rechnen.

Wir bogen in eine Nebenstraße ab, fuhren in ein Parkhaus. Der fette Kerl holte unter dem Sitz einen Baseballschläger hervor, hielt ihn griffbereit zwischen den Schenkeln. Eilig drückte Moussa den Knopf, damit die Schranke nach oben ging, dann rasten wir weiter. Stockwerk um Stockwerk nach oben, so schnell, dass ich das Gefühl hatte, jede Sekunde kotzen zu müssen. Fuck. Ich musste mich zusammenreißen. Es konnte sich nur noch um ein paar Augenblicke handeln, bis wir unserem Gegner gegenüberstanden. Bis wir kämpfen mussten.

Ich presste meine Lippen aufeinander. Hielt mich an dem Türgriff fest. Es war gleich vorbei.

Endlich fuhr Moussa nicht noch weiter nach oben, sondern auf ein Parkdeck. Vorbei an parkenden Autos, dann lichtete sich unser Blick. Drei, vier Karren, die da kreuz und quer standen. Zehn, fünfzehn Männer, die aufeinander einschlugen. Tarek war da, Aljoscha. Ich sah Teleskopschlagstöcke niedersausen, noch einen Baseballschläger und ich war mir sicher, dass da auch Messer im Spiel waren.

Moussa kam nur ein paar Zentimeter vor ihnen zu stehen und ich riss die Tür auf, stolperte nach draußen.

Nicht kotzen.

Konzentrieren.

Ausrasten. Allen zeigen, was in mir steckte.

»Verdammt, Kleiner, mach jetzt«, fuhr der Fette mich an. Schubste mich in die Richtung der anderen und schwang seinen Baseballschläger. So eine Wichsgeburt, ich würde ihm schon beweisen, dass mit mir nicht zu spaßen war.

Ich schluckte den sauren Geschmack in meinem Mund runter, dann rannte ich die nächsten paar Schritte. Packte den Kerl, der Tarek angegriffen hatte. Riss ihn weg, registrierte nur kurz Tareks erleichterten Blick. Noch ehe der Kerl etwas machen konnte, holte ich aus und landete einen Highkick mitten in seiner Fresse. Er stöhnte, Blut.

War vielleicht so alt wie ich, aber darüber konnte ich jetzt nicht nachdenken. Die nächsten Schläge musste ich einstecken, ich ging mit ihm zu Boden. Schmerzen in meinem Rücken. Ignorieren, keine Zeit dafür. Ausholen, Haken rechts. Der saß.

Brüllen hallte über das Parkdeck, dumpfe Schläge. Beleidigungen in verschiedenen Sprachen. Das Geräusch, wie der Baseballschläger auf Körper niederraste und verdammt, das klang eindeutig nach gebrochenen Knochen. Stöhnen. Der Geruch von Abgasen, weil irgendeine Karre noch lief.

Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Tareks Gegner in seine Hosentasche griff. Mir war sofort klar, worauf das hinauslaufen würde. »Tarek!«, hörte ich mich brüllen, noch ehe das Springmesser in seiner Hand aufklappte. Scheiße, ich musste ihm helfen, wenn er nicht schnell genug reagierte, dann-

In diesem Moment sah ich sein eigenes Messer aufblitzen. Er zögerte keine Sekunde, rammte es dem Typen kräftig in die Seite und stach nochmal zu. Keuchend griff der an die verletzte Stelle und ich war nah genug, um das Blut an seinen Hände zu sehen. Stöhnend ging er zu Boden.

Schwärze vor meinen Augen. Stechender Schmerz.

Fuck.

Was war passiert?

Ich brauchte einen Moment, um zu verstehen, dass der Kerl auf mir meine Unachtsamkeit genutzt hatte. Grob versuchte ich ihm das Knie in den Magen zu rammen. Pochen in meinem Schädel.

»Ey, die Bullen sind aufm Weg hierher, macht hinne!«, brüllte wer. Hektik brach aus und ich schubste meinen Gegner grob von mir. Rappelte mich auf, während auch er sich verpisste.

Kurz blieb mein Blick an dem blutenden Kerl auf dem Boden hängen, sah, wie Tarek nochmal zutrat, ehe ich dem schwarzen Geländewagen entgegen rannte. Moussa war noch vor mir und sprang auf den Fahrersitz.

»Hajde, hajde«, forderte uns jemand hektisch auf. Autotüren wurden zugeschlagen, Motoren heulten auf. Reifen quietschten und wir quetschten uns zu viert auf die Rückbank von Moussas Karre. Vor meinen Augen war noch immer das viele Blut zu sehen, als es Stockwerk für Stockwerk wieder abwärts ging. Mein Herzschlag ging schnell. Was, wenn die Bullen längst dicht gemacht hatten? Wir saßen hier sowas von in der Falle.

Auch Moussa war angespannt, das entging mir nicht. Seine Finger hatten sich fest um das Lederlenkrad gekrallt.

Und doch ging alles glatt. Wir erreichten die Straße, hinter uns preschten die anderen Karren hervor und im Rückspiegel entdeckte ich das Blaulicht. Noch war es so weit entfernt, dass wir nicht mal Sirenen hören konnten.

Zeit, mich um wichtigere Sachen zu kümmern.

»Mach dich mal nich so fett, Bruder«, stöhnte ich und rammte Tarek meinen Ellenbogen in die schwabblige Seite. Ich mochte zwar auf Kerle stehen, aber Alter, mit Tarek gefühlt zu kuscheln, war ein anderes Level von unangenehm.

»Fett machen? Habibi, hasse irgendwas verpasst?« Er lachte und klopfte mir auf die Schulter, während ich versuchte, irgendwie zwischen der Tür und Tarek zu sitzen. Aber änderte nichts, meine Schultern waren für diesen wenigen Platz zu breit.

»Könnt ihr mal die Fresse halten? Ich versuche den Bullen zu entkommen«, schnauzte uns Moussa an.

»Was für Bullen, digga, die sind schon längst weg.«

Ein kurzer Blick nach hinten verriet mir, dass das Blaulicht im Parkhaus verschwand. Was für Vollidioten, Alter.

»Komm auf meinen Schoß, Jay«, lachte Tarek. Klopfte auf seine Oberschenkel.

»Im Leben nich«, zischte ich und versuchte, ihn etwas weiter in Nassims Richtung zu drängen. Aber irgendetwas hatte der Kerl an sich, das ihn unbeweglich machte. Ja, gut, das waren dann die 140kg, die er auf die Waage brachte.


»Kommse noch mit?«, fragte Tarek, als wir in seiner Straße ankamen.

»Brauchs jemand, der deine Wunden pflegt?« Höhnisch lachte ich und doch war es eine Selbstverständlichkeit, dass ich noch mit zu ihm kam. Auch seine Fresse sah mies aus, mit Veilchen, die immer dunkler wurden, und Blut in seinem Bart.

Das Ganze nahm ihn mit, das entging mir nicht, als wir in seine Wohnung im dritten Stock hochgingen und uns dort mit Kühlpacks eindeckten. Tarek bereitete eine Shisha vor, die wir nach unten auf die Straße trugen, zusammen mit vergilbten Plastikstühlen aus seinem Keller und einer Schale mit Sonnenblumenkernen. Dort machten wir es uns in der Abendsonne gemütlich. Rauchten Shisha und kühlten unsere Verletzungen, auch ich hatte ziemlich abbekommen.

Tarek wirkte angespannt, das erkannte ich an seiner Mimik. Von den Menschen, die vorbeikamen, kannte er einig, immer wieder blieb wer stehen und begrüßte ihn mit Handschlag, wechselte ein paar Worte mit ihm. Manchmal Deutsch, manchmal Arabisch.

»Verdammte Scheiße, es fickt mich jedes Mal, wenn das passiert«, sagte Tarek und einen Moment lang fragte ich mich, wie viele solcher Situationen er schon mitbekommen hatte. Er hatte mindestens die letzten zehn Jahre damit verbracht, käufliches Glück unter die Leute zu verbringen. Da musste sich viel angesammelt haben.

Langsam nickte ich.

Tarek ließ seinen Blick auf seiner Faust ruhen. Ballte sie und öffnete die Finger langsam. Gleichmäßiges Blubbern klang aus der Shisha, der Verkehr verursachte ein genauso eintöniges Geräusch. Hatte was von Meeresrauschen, wenn man nicht so genau hinhörte.

»Ey, lass dich nich fertig machn davon, Kumpel. Sons hätt der dich gekillt, hättest du den nicht plattgemacht«, meinte ich und griff in die Schüssel mit den Sonnenblumenkernen. Brach sie auf und ließ die Schale achtlos auf den Boden fallen.

Tarek nickte. Sah auf die gegenüberliegende Seite, wo neben einem Handyshop ein türkisches Reisebüro und eine Fahrschule lagen. Auch dort drüben saßen ein paar Menschen draußen, andere schrien von den Fenstern runter. Berlin war irgendwie niemals ruhig.

»Was meinse, was wird aus dem?«, fragte ich ihn. Nahm den Shisha-Schlauch ab, um selbst daran zu ziehen.

»Krankenhaus. Tot. Ich weiß es nich.« Tarek hob die Schultern und sah weiter auf die Stadt, die da vor uns im Sonnenuntergang verschwand.

Irgendwie gabs da nicht so viel zu reden. Er wusste besser als ich, dass das dazu gehörte. Entweder wir oder die. Kurz sah ich ihn an, dann streckte ich meine Hand aus und klopfte ihm auf den Rücken. Er nickte mir zu, drückte sich dann wieder das in ein Küchentuch eingewickelte Kühlpack an den Kopf.

Die seichten Farben legten sich langsam auf die heruntergekommenen Häuser unseres Viertel, die so viele Schicksale beherbergten. Die Leben von Menschen, die verdammt plötzlich endeten. Nicht wie bei irgendwelchen Bonzen, die als alte Säcke verreckten. Hier konntest du jederzeit draufgehen. Und verdammt, ich wollte nicht irgendwann abgestochen auf so 'nem Parkplatzdeck liegen. Auf keinen Fall. Dafür stand mir zu viel Großes bevor. Und ich musste alles geben, damit das nicht passieren konnte. Krasser werden.

Der Stärkste.

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