METROPOLA - Band 1 - Der Jahr...

By The_Crowstorm

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Auf dem Wüstenplaneten Carth erbauen die Reste der Menschheit die Millionenstadt Metropola. Knapp vierhundert... More

METROPOLA - Band 1 - Der Jahrhundertsturm
Prolog: Schatten im Untergrund
Kapitel 1: Waffengeschäfte
Kapitel 2: Sektoren
Kapitel 3: Panic at the Disco
Kapitel 4: Vanilleschnaps
Kapitel 5: Prinzipien
Kapitel 6: Die Tischtennisplatte
Kapitel 7: Der Soldat
Kapitel 8: Unsere Familie
Kapitel 9: Dave
Kapitel 10: Die Hackerin
Kapitel 11: Um dir zu helfen
Kapitel 12: Ende des Theaters
Kapitel 13: Die Einbrecherin
Kapitel 14: Gute-Nacht-Geschichten
Kapitel 15: Der Sensenmann
Kapitel 16: Elaine
Kapitel 17: Undercover
Kapitel 18: Sicherheitsrat
Kapitel 19: Monster
Kapitel 21: Der Deal
Kapitel 22: Kalpa
Kapitel 23: Carths Wut
Kapitel 24: Der Coup
Kapitel 25: Wäschetrockner
Kapitel 26: Die schlimmste Droge
Kapitel 27: Impulse
Kapitel 28: Haftstrafe
Kapitel 29: Sektkorken
Kapitel 30: Bruderliebe
Kapitel 31: Krisen
Epilog: Rock Lobster
Schlussworte & Danksagungen

Kapitel 20: Gesetze

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By The_Crowstorm

 „Das Gericht kommt zu folgendem Schluss." Ihr Vater trug die rote Robe eines Verfassungsgerichtes, genau wie seine vier Amtskollegen, die sich alle zusammen erhoben. Um seinen Kragen war ein weißes Band gebunden, etwas, das nur dem Präsidenten des Gerichts vorbehalten war. Die Brille mit dem dünnen Gestell rutschte ihm fast von der Nase, sodass er sie wieder zurückschieben musste, während er mit der anderen Hand die schwere, aus mehreren Seiten bestehende Urteilsniederschrift hielt.

Abby saß in den Zuschauerreihen und lauschte den Worten ihres Vaters. Es waren nicht allzu viele Menschen im Saal versammelt. Scheinbar gab es auch seitens der Presse kaum Interesse an dem Verfahren und der heutigen Urteilsverkündung. In den letzten Wochen und Monaten hatten die Verfassungsrichter des Unionsverfassungsgerichtes über eine Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes entschieden. Der Antrag der Konservativen Partei war nur einer von vielen, den die Politiker des rechten Spektrums dem Gericht regelmäßig vorlegten. Ihr Vater hatte Abby erklärt, dass es bei diesem Fall um einen kleinen aber wichtigen Zusatz handelte, der nicht mit der Verfassung im Einklang stand, so der Vorwurf der Konservativen.

Abby hatte ihre pink gefärbten Haare wie sonst zu einem Zopf gebunden. Einzelne lose Strähnen hingen ihr über die Ohren, während sie den Ausführungen ihres Vaters lauschte. Das Frühjahr erlaubte ihr ihre geliebte braune Lederjacke zu tragen, für die es im Sommer viel zu warm war. Über ihre rechte Augenbraue zog sich eine feine aber doch sichtbare Narbe, die sie an eine der schrecklichsten Nächte ihres Lebens erinnerte. Der aggressive Mann hatte ihr nach Anbruch der Dunkelheit aufgelauert. Nachdem er sich auf sie gestürzt hatte und sie hinter einen Müllcontainer zog, hielt er ihr mit der einen Hand den Mund zu, während er mit der anderen ihre Bluse öffnete. Damals war sie noch fünfzehn gewesen und das erste Mal betrunken, doch noch klar genug im Kopf, um zu ahnen, was jetzt passieren würde. Mitten im Regierungs-Sektor war es sicher ... so hatte sie gedacht. In dieser Nacht wurde sie eines besseren belehrt.

Niemand war ihr zur Hilfe gekommen, also war die einzige Lösung gewesen, sich selbst zu helfen. Ihr Vater wusste es bis heute nicht, aber Abby ging niemals ohne ihr kleines Klappmesser aus dem Haus, auch heute nicht. Während sie von dem Triebtäter fixiert wurde, gelang es ihr, in ihre Tasche zu greifen, das Messer zu ziehen und auszuklappen und dem Verbrecher damit in den Hals zu stechen. Sein Blut tropfte auf ihre aufgeknüpfte Bluse, als er sie mit Angst- und Zorn erfüllten Augen anblickte und zum Schlag ausholte. Abbys Kopf prallte dabei gegen die Kante des Müllcontainers woraufhin sie stark blutete. Zu mehr war der Kerl nicht mehr imstande, als er sich röchelnd von ihr wälzte und wie ein Verdurstender durch die Dunkelheit kroch, bis er schließlich verschwand. Ob er den Stich überlebt hatte oder nicht, darüber wollte sie sich keine Gedanken machen. Zu düster war die Vorstellung, dass sie einen Menschen auf dem Gewissen hatte, auch wenn dies aus Notwehr geschehen war.

Ihr Vater wusste nichts von alledem, und das war auch gut so. Würde er je davon erfahren, wäre es aus mit ihrer sowieso schon beschränkten Freiheit. Mit vierzehn Jahren verliebte sie sich in einen Jungen aus dem UNA-Sektor. Er lebte auf der Straße, war schmutzig und laut, und doch fand Abby ihn faszinierend. Als ihr Vater von der Sache Wind bekam, verbot er ihr sämtliche Kontakte zu der Unterschicht. „In dieser Stadt wimmelt es nur so von Verbrechern", hatte er sie gewarnt. „Im Regierungs-Sektor gibt es genug Jungen, die für dich geeignet sind. Abgesehen davon bist du noch viel zu jung für sowas." Anschließend ließ er sie nicht mehr aus den Augen. Erst einige Monate später war seine Paranoia einer etwas weniger intensiven Kontrollsucht gewichen. Seitdem kämpfte Abby beinahe tagtäglich mit ihrem Gewissen, da sie ihrem Vater Lügen über Lügen auftischte und ihm Dinge verheimlichen musste, um ihn nicht wieder wahnsinnig zu machen.

Die Urteilsverkündung zog sich über eine Dreiviertelstunde, inklusive der Begründung, Beispielen und abschließenden Worten. Aus Mangel an Fragen wurde die Fragerunde, die normalerweise im Anschluss an die Urteilsverkündung folgte, gestrichen. Abby staunte wenig über das Ergebnis, hatte sie mit ihrem Vater ja die letzte Zeit darüber gesprochen. Im Grunde genommen würde sich nicht viel verändern. Menschen, die an einer ansteckenden Krankheit erkrankten, wurden nun nicht mehr bevorzugt in den Krankenhäusern der Stadt behandelt. Der Zusatz des Infektionsschutzgesetzes stammte noch aus der Zeit der großen Lothar-Virus Pandemie, an dem vor über einhundertachtzig Jahren dreißig Prozent der Menschen in Metropola starben. Mit jenem Zusatz wollte man das Infektionsgeschehen eindämmen und den Betroffenen helfen. Hamsterkäufe, Ausschreitungen und neue Dimensionen von Gewalt und Verbrechen waren die Folge der Pandemie. Manch einer behauptete sogar, dass die Pandemie der Auslöser für die Armut und die zahllosen Verbrechen und der heutigen Konstellation an mafiösen Gruppierungen in der Stadt war. Mit dem heutigen Urteil wurde der von den Konservativen geschilderte Vorwurf der Diskriminierung bestätigt. Der Zusatz im Infektionsschutzgesetz sei mit der Verfassung der Union nicht vereinbar und werde umgehend gestrichen.

An den mit Kunstholz verkleideten Wänden hingen große Tafeln mit Artikeln und Paragraphen der Unionsverfassung. Vor dem Gesetz ist jeder Mensch gleich, lautete Artikel Eins der Unionsverfassung. Jener Artikel prangte mit dicken Buchstaben über den Köpfen der Verfassungsrichter. Darunter war Justitia, die Göttin der Gerechtigkeit, abgebildet. Sie erstrahlte in goldener Farbe, während sie die ausgependelte Waage in ihrer Hand hielt. Abby würde alsbald mit ihrem Jurastudium beginnen, sobald sie ihren Hochschulabschluss in der Tasche hatte. Damit mache ich mich und meinen Vater glücklich und gleichzeitig bewege ich mich damit aus seiner Reichweite. Die Achtzehnjährige freute sich bereits seit Jahren auf die Aussicht, mit den anderen Jurastudenten im Studentenwohnheim im Regierungs-Sektor zu leben. Sie würde ihr eigenes Leben führen, sich eine aussichtsreiche Zukunft aufbauen. Straftaten wurden in der Stadt in Massen begangen. Die Gerichte suchten händeringend nach Strafverteidigern, an denen es im Gegensatz zu Unionsanwälten, Richtern und Verfassungsrichtern mangelte. Nur die wenigsten wollten sich für kleines Geld für einen Schwerverbrecher einsetzen und sich in den Ring mit Unionsanwälten und befangenen Richtern stürzen.

Auch wenn jeder Strafverteidiger in dieser Stadt einen Unterschied machte, träumte Abby davon, es besser als die anderen zu machen. Weg mit der Korruption, weg mit den geringen Gehältern für Pflichtverteidiger, und mehr Transparenz in den Reihen der Politik, vor allem im Justizministerium, das sich in den letzten Jahrzehnten kaum für die niederen Schichten der Gesellschaft interessiert hatte. Wenn ich einmal Verfassungsrichterin bin, werde ich für Gerechtigkeit sorgen. Es war ein gewagtes und schwieriges Unterfangen, das war ihr bewusst. Doch wie oft schon sah sie straffällig gewordene Männer und Frauen, junge und alte Obdachlose, Arme und Niedriglöhner, die mit Anwaltskosten überhäuft wurden, sollte der Fall zu ihren Ungunsten entschieden werden. Nur sehr wenige Leute der unteren Schichten trauten sich daher, ihr gutes Recht einzuklagen, wenn ihr Arbeitgeber Überstunden nicht anrechnete, bei den Urlaubstagen trickste oder sie gesetzeswidrig fristlos kündigte. Wenn ein Dieb einer armen Familie das ohnehin schon dürftige Geld stahl, war es an der Familie, dies zur Anzeige zu bringen. Doch die Furcht vor den Kosten ließ die Leute oftmals ohne Entschädigung oder fairen Prozess zurück. Die Unionsanwälte klagten nur bei schweren Verbrechen wie Mord, Totschlag, verschiedenen Drogendelikten und Hochverrat an. Terrorismus war zum Unwort der letzten Jahre geworden. Frauen wurden auf den Straßen missbraucht, Familien auseinandergerissen, tausende Kinder landeten auf den schmutzigen Straßen der Stadt und fielen den dort herrschenden Gangs und Drogen zum Opfer. Doch in den Augen der Union waren es die Aufmüpfigen, die Ungehorsamen, die zu den gefährlichen zählten. Vielleicht wäre eine Revolution tatsächlich angebracht. Leider bestätigten die meisten Aufmüpfigen die Sorge der Union, zumindest wenn man den Medien Glauben schenkte. Selbstmordanschläge, Straßenkriege, Krawalle und Ausschreitungen gehörten schon längst zur Tagesordnung. Die Stadt brannte, und es würde nicht mehr lange dauern, bis nur noch Asche übrig war.

Nachdem die Urteilsverkündung endete, verabschiedeten sich die Richter und verschwanden in den hinteren Räumen des Saals. Abby blieb noch einige Minuten sitzen. Nach einer Weile öffnete sich einer der Türen. Erika Browning, die fünfzigjährige Kollegin ihres Vaters, ging mit großen Schritten und der zusammengefalteten Richterrobe unterm Arm zum Ausgang. Als sie an Abby vorbeischritt, lächelte sie ihr zu. Sie war eine der ruhigen Sorte, doch stets freundlich und höflich. Jeffrey Morgans, ein klapperdürrer alter Mann mit lockigen grauen Haaren, war der nächste Richter, der den Saal verließ. Auch er bemerkte die Tochter seines Amtskollegen und nickte ihr flüchtig zu.

Nach und nach verließen alle Verfassungsrichter den Saal, bis schließlich ihr Vater vor ihr auftauchte. Vaters hellbraune Haare lagen gekräuselt auf seinem lichten Kopf. Man konnte ihm das Alter von sechsundfünfzig Jahren deutlich ansehen. Manch einer schätzte ihn sogar zehn Jahre älter. Abby wusste, wie anstrengend und nervenaufreibend die Arbeit eines Verfassungsrichters war. Daher wunderte sie sich nicht über die Augenringe und die glasigen Augen, vor allem nach den oftmals langen Sitzungen. Er trug eine Brille mit runden Gläsern und silbernem Gestell. Ihr Vater kratzte in Sachen Körpergröße bereits an der Zwei-Meter-Marke, doch leider hatte er die stattliche Größe nicht an sie vererbt. Unter dem einen Arm trug er seine Robe, in der anderen Hand eine schwarze Tasche.

„Komm, wir gehen, mein Schatz", sagte er zu ihr, als er die Zuschauerbänke erreichte. „Für heute reicht es mir."

„Du siehst müde aus", bemerkte Abby und riss ihrem Vater dabei die Tasche förmlich aus der Hand. „Uff, was hast du denn da drin? Backsteine?"

„Unterlagen, mehr als genug für zehn Prozesse." Mit dem Handrücken wischte er sich den Schweiß vom Gesicht. „Was sagst du zum heutigen Urteil? Findest du es zufriedenstellend?"

„Ich finde es gerecht. Jeder sollte das gleiche Recht auf Behandlung haben, unabhängig der Erkrankung."

„Wenn jemand mit einem geplatzten Blinddarm und eine Person, die mit dem Lothar-Virus infiziert ist, gleichzeitig ins Krankenhaus eingeliefert werden, wird der Patient mit der Lothar-Virus Infektion bevorzugt behandelt, selbst wenn der Infizierte nicht akut in Lebensgefahr schwebt. So stand es bis heute im Gesetz. Es ist ein seltenes Szenario in Zeiten wie diesen, ohne eine wütende Lothar-Virus Pandemie. Die Kapazitäten unseres Gesundheitssystems reichen natürlich aus, um beide gleichzeitig zu behandeln. Doch dieser minimale Zusatz sorgte dafür, dass es rein rechtlich keine Probleme für ein Krankenhaus bedeutete, sollten sie einen Blinddarmpatienten auf dem Flur vergessen, während sich ein Lothar-Virus Infizierter im Krankenhaus befindet."

Abby runzelte die Stirn „Wäre das wirklich so einfach gewesen?"

Ihr Vater zuckte mit den Schultern. „Es gibt leider auch in meinem Berufsstand schwarze Schafe, die ein entsprechendes Urteil fällen würden. Wie manche Richter zu ihren Entscheidungen finden, kann ich nicht im geringsten nachvollziehen."

Als Vater und Tochter nach draußen traten, wehte ihnen ein kräftiger warmer Wind entgegen. Abby blickte in den Himmel. Dunkle Wolken zogen mit rasender Geschwindigkeit über ihren Kopf hinweg. Es wirkt wie der Weltuntergang. Der Sturm sollte heftig werden. Vermehrt überschlugen sich die Medien mit Meldungen und Warnungen zum bevorstehenden Frühjahressturm. Man hatte ihm den apokalyptischen Namen Kalpa gegeben, eine Anspielung an den Hinduismus und den Buddhismus. Als Kalpa wurde ein Zyklus bezeichnet, innerhalb diesen das Universum entsteht, vergeht und in den Urgrund des kosmischen Ozeans zurückkehrt. Auch die Frühjahresstürme entstanden jedes Jahr aufs neue. Dieses Mal war etwas anders. Nicht nur, dass sich die Medien mehr als sonst auf dieses Thema stürzten (schlechte Nachrichten waren gute und vor allem Kassen füllende Nachrichten), nein, auch die meisten Meteorologen warnten eindringlich vor Kalpa und seinen Auswirkungen. Es würde eine Vielzahl an Toten geben, prognostizierten die Sozialverbände, die dazu aufriefen, Obdachlosen eine sichere Unterkunft zu bieten, bis der Sturm vorübergezogen war. Doch wer würde sich schon dazu herablassen, einen wildfremden Straßenpenner in sein Heim zu holen? Niemand, und besonders niemand aus Abbys Dunstkreis.

Abby hatte es sich immer wieder ausgemalt, wie sie ihren Vater darum bat, wenigstens einigen armem Straßenkindern eine Zuflucht vor dem Sturm zu gewähren. Doch so herzlich und liebevoll er ihr gegenüber auch war, sie wusste, für die Menschen der unteren Schichten hatte er nur wenig bis gar nichts übrig. „Zu neunzig Prozent sind diese Leute selbst für ihr Leid verantwortlich", erklärte er ihr nicht selten. „Wir säen, was wir ernten, das gilt auch für unsere Kinder, vor allem für sie. Jetzt sind es noch arme, hilflose Seelen, doch in einigen Jahren, sollten sie da noch leben, werden sie zu drogendealenden, gewaltbereiten und kriminellen Erwachsen herangereift sein. Sie tun mir leid. Doch wirklich, das tun sie. Aber man kann niemanden vor sich selbst retten." In ein paar Jahren würde sie selbst entscheiden können, mit wem sie ihr Zuhause teilte, doch dazu musste sie erfolgreich in ihrem Studium sein.

Das Anwesen der Malones war ein dreistöckiges Gebäude mit Dachterrasse inmitten weiterer Villen und Penthouses. An den schneeweißen Außenmauern kletterten Efeuranken in die Höhe, während der Sockel von kleinen Büschen und Kakteen verdeckt wurde, die gemeinsam mit einer Riege Blumen und Teichen, sowie einem kleinen Brunnen in der Form eines vergnügten Frosches den Garten bildeten. Wie alle anderen Gebäude in der Stadt erstreckte es sich in die Höhe, statt in die Breite. Schließlich musste man innerhalb der Schutzmauern der Stadt, genügend Platz für die Millionen Menschen beibehalten, auch wenn sich dies zunehmend schwieriger gestaltete. Die Mieten oder gar der Kauf der Immobilien hier im reichsten Sektor, sprengte den Rahmen eines jeden Menschen der Arbeiterklasse um ein vielfaches. Wer hier wohnen wollte, musste mindestens fünftausend Cypher im Monat verdienen, um in den Genuss der sicheren Nachbarschaft zu kommen. Sicherheitsdienste, bezahlt von der Union selbst, und einige privat angeheuerte Dienste, patrouillierten innerhalb der Grenzmauern, die den Regierungs-Sektor von den anderen Sektoren abtrennte. Kleine Vorgärten und wunderschöne Parkanlagen lagen zwischen den noblen Behausungen der Oberklasse und bildeten somit die einzigen Erholungsorte innerhalb der Stadt. Abby blickte auf das kleine Wachhäuschen vor dem Malone-Anwesen und grüßte Eldrik den Wachmann, der bereits viele Jahre schon für ihren Vater arbeitete.

Abby starrte zum Himmel. Dort warfen die Wolken einen dunklen Schatten über die Stadt, als wollten sie die Menschen warnen. Eine Warnung ist schon längst überfällig. Zuerst hatte sich Abby vor dem Sturm gefürchtet. Er könnte Schaden in Milliardenhöhe verursachen, so die Experten, die bereits seit Tagen eine Warnung mit der nächsten toppten. Rein statistisch jedoch, war es um ein vielfaches wahrscheinlicher, am helllichten Tage mitten auf der Straße überfallen und ausgeraubt zu werden, als auch nur einen Kratzer durch Kalpa oder eine andere Naturkatastrophe zu bekommen.

So ähnlich waren die Worte ihrer Mutter gewesen, zumindest laut ihrem Vater. Nolan Malone gewann vor achtzehn Jahren eine Tochter, verlor jedoch seine Frau, die seinen Erzählungen nach die liebste, herzlichste, gütigste und hübscheste Frau ganz Metropolas war. „Du erinnerst mich so sehr an sie", waren die Worte, die ihr Vater des Öfteren benutzte, wenn sie sich mal wieder stritten. Äußerlich entsprach dies der Wahrheit. Auf den alten Bildern wies sie die gleichen Gesichtszüge auf, wie Abby. Die Haarfarbe, die Augen, sogar ihre Stimmen klangen ähnlich. Auf den alten Filmaufnahmen der Hochzeit und der Babyparty, ein paar Monate vor ihrer Geburt, konnte Abby ihre Mutter hören. Wage erinnerte sie sich daran, wie sie als Kleinkind vor dem Fernseher stand und ihre Hand auf den Bildschirm gelegt hatte, als ihre Mutter zu ihrer zukünftigen Tochter sprach. „Noch bist du nicht geboren, und vermutlich wird dir dieses Video äußerst peinlich sein. Aber ich möchte dir sagen, dass wir dich bereits jetzt lieben und es kaum erwarten können, dass du auf die Welt kommst." Hinter ihrem strahlenden Lächeln tauchte das Gesicht ihres Vaters auf. Bereits damals wirkte er seltsam betrübt, als hätte er bereits geahnt, was in wenigen Monaten geschehen würde. „Der Tod deiner Mutter hat ein tiefes Loch in unsere Familie und in der Verwandtschaft hinterlassen", erklärte Vater ihr einst. „Aber das ist nicht mehr weiter wichtig. Wir haben uns, und nur das zählt." Abby wusste warum, zumindest konnte sie es sich denken. Sie geben mir die Schuld am Tod meiner Mutter. Nicht nur die eigene Verwandtschaft verteufelte und mied sie dafür. Manchmal träumte sie davon, ihre Mutter lebe noch, und wie glücklich sie sein würden, wenn Abby niemals geboren worden wäre. Nachdem sie aufwachte, wollte sie am liebsten weinen. Ich habe meine Mutter getötet ... Und doch war sie damals nur ein Baby gewesen. Sie darf nicht umsonst gestorben sein. Dieses Leben lebe ich für dich!

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