Sie saßen -einen Tag später- bereits in der Kutsche, die sie nach Hause bringen sollte. Hoseok saß dem Kaiserpaar wesentlich gut gelaunter gegenüber, als noch auf der Hinfahrt hier her.
Die Gerüchte, die zwischen Dienern und Kaisern herumgingen, Jimin und Jungkook hätten ihre Nachtruhe.. gestört.. fand er nämlich wesentlich angenehmer zu hören, als die Streiterei und das kindische Ignorieren.
Außerdem wurde die Stimmung des Ritters ohnehin durch die Tatsache gehoben, dass er die letzten Tage einen Mordsspaß gehabt und viel Zeit mit seinem Kumpel Yoongi verbracht hatte.
Jimin der neben ihm auf der Bank saß, hatte seinen Kopf entspannt an das seitliche Fenster der Kutsche gelegt. Der Kaiser auf der Bank gegenüber schlief tief und fest und sie alle warteten entspannt darauf, nach den langen und anstrengenden Feierlichkeiten endlich zurück in den Norden zu fahren..
Doch plötzlich schoss Jimins Kopf von der Scheibe nach oben, seine Augen waren panisch weit aufgerissen und seine Hände klammerten sich hilfesuchend and Hoseoks Ärmel. "H-Hobi, da draußen-", begann er zittrig, doch bevor er seinen Satz beenden oder Hoseok die Gardinen des Fensters beiseite schieben konnte, setzte sich die Kutsche eilig in Bewegung.
Die Pferde preschten in einem solchen Tempo vorwärts, dass er keine Chance mehr gehabt hätte zu sehen, was Jimin solch einen großen Schrecken eingejagt hatte.
"Was ist denn dort?", fragte er verwirrt, während er unbeholfen einen Arm um die Schulter des Jüngeren legte, um diesen zu beruhigen.
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Jimin hatte ihn genau gesehen. Diesen Oli, der ihn schon zwei mal seltsam belästigt hatte. Die ganze Zeit, hatte sein Gehirn ihm Warnsignale ausgesendet, wenn der Fremde sich bei ihm befand, doch nie war er darauf gekommen warum.
Jetzt wusste er es. Als er den Anderen durch den Spalt im Vorhang gesichtet hatte, war es ihm wie Schuppen von den Augen gefallen:
Es war seine Kleidung! Er trug genau die selben Gewänder, wie die misteriöse Gruppe, die sie gezielt im Wald überfallen hatte, als Jungkook gerade krank gewesen war.
Er war einer von ihnen.. einer von den schrecklichen Feinden, vor denen Jungkook ihn ständig gewarnt hatte.
Und dann besaß er auch noch diese Gabe, sich einfach in Luft aufzulösen, oder gar für bestimmte Menschen unsichtbar zu machen.
Jimin hatte ab diesem Moment panische Angst, die die gesamte Kutschfahrt lang nicht verschwinden wollte. Sogar die beruhigenden Worte und verwirrten Fragen des Zentauren blendete er aus, bis sie nach etlichen Stunden den Hof des Schutzes erreichten und das Gefährt sich verlangsamte.
Ebenso langsam wurde auch Jimin wieder ins Hier und Jetzt befördert, auch wenn sich immer und immer wieder die Bilder der zerfetzten Leichen in seinem Kopf abspielten und seinen Atem nicht zur Ruhe kommen ließen.
Das einzige, was ihn etwas abregte, war der Moment, in dem Jungkook aufwachte und ihn sofort feste in die Arme schloss.
"Lass uns erst mal nach drinnen gehen und dann erzählst du mir was los ist.", bestimmte der Ältere und fasste Jimins Hand, um ihn mit zu den Gemächern zu ziehen. Es war bereits wieder dunkler Abend, da sie so lange gereist waren. Demnach war es nur logisch, dass er nun zurück in die Gemächer wollte.
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Dort angekommen setzte Jimin sich erschöpft auf die Bettkante.
Er hatte sich so weit beruhigt, dass er sich nun traute dem anderen von den Geschehnissen zu erzählen.
Er schilderte alles so genau wie möglich: Jede seiner Begegnungen mit Oli und auch seine Entdeckung über dessen Kleidung.
Jungkook wirkte mehr und mehr geschockt, was Jimins Angst nicht gerade linderte..
Immerhin waren sie hier im Palast sicher.
Dachte er jedenfalls...
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"Gute Nacht.", flüsterte Jungkook ihm zu, als sie eine halbe Stunde später in den Armen des anderen zur Ruhe kamen. Der Mond beleuchtete das große Himmelbett sanft. Beide hatten sich etwas erholt und versuchten sich bloß auf ihre Herzschläge und die Wärme, die sie umgab zu konzentrieren, anstatt sich zu viel Stress zu machen.
Als Jimin am nächsten Morgen aufwachte, fehlte Jungkook neben ihm. Anscheinend war er schon aufgewacht.
Trotzdem war es ungewöhnlich für ihn, kein gemeinsames Bad mit Jimin zu nehmen oder diesem wenigstens beim Anziehen zu helfen.
War er etwa ohne ihn frühstücken gegangen?
Etwas enttäuscht und mit einem unguten Gefühl im Bauch machte der Berater sich alleine fertig, um dann die Treppen zur Eingangshalle hinab zu laufen, in der um diese Tageszeit einiges los war.
Komischerweise hatten ihn, seit er Jungkooks Privatflur verlassen hatte, mehrere Soldaten auf Schritt und Tritt verfolgt.
Warum sie das taten brauchte er gar nicht erst zu fragen- Es war natürlich bloß zu seiner Sicherheit. Doch warum legte Jungkook plötzlich einen noch höheren Wert darauf?
Hätte er nach der Sache gestern nicht schon kurz darauf den Befehl geben sollen?
Wieso verfolgten ihn die Soldaten also erst seit heute Morgen?
"Jungkook?", rief er in den Frühstückssaal.
Doch von dort ertönte keine Antwort. Als er dann seinen Kopf hinein hielt und sich umschaute, sah er, dass Jungkooks Platz bereits abgeräumt war und nur noch sein eigener Teller dort stand.
Dann blieb also nur noch eine logische Möglichkeit, wo der Kaiser sich schon so früh am Morgen aufhalten konnte:
In seinem Thronsaal!
Schnell lief Jimin durch den geraden Gang, der von der Eingangshalle zum Thronsaal führte, wobei er die Soldaten hinter sich einfach ignorierte.
"Jungkook-", rief er, als er mit Schwung die eine Tür zum Saal öffnete, doch brach bei einem Blick auf das Geschehen, mitten im Satz ab.
Dort, vor dem Thron standen über sechs Elitesoldaten des Schlosses und ihr oberster Offizier Yoongi. Vor dem Thron auf dem Boden schien jemand zu.. liegen?
Und auf dem Thron selbst saß Jungkook, der die Krone in der einen Hand hielt und sich mit der anderen die Haare raufte.
Nun drehten alle ihren Kopf zur Tür hin, während Jungkook seinen alarmiert anhob.
Normalerweise ließ der Kaiser ihn zu seinen Arbeitszeiten auf seinem Schoß sitzen, oder ihn wenigstens grob wissen, worüber er mit seinen Generälen oder Angestellten sprach, weshalb Jimin es nicht schlimm fand, über den langen roten Teppich nach vorne zu laufen.
"Jimin.", sagte Jungkook in warnendem Tonfall, doch der Berater war bereits vorne angelangt, wo die Soldaten sich eben schnell nach unten gebückt und mit einer Art Decke hantiert hatten.
Nun sah Jimin auch warum. Dort am Boden lag nicht irgendein Soldat, der sich seltsamerweise ausruhen wollte-
..dort lag zu fast hundert Prozent eine Leiche!
Der Körper der Person wurde in weiße Laken gepackt und rührte sich nicht.
Erschrocken hielt Jimin inne und bückte sich nach unten. "Was ist passiert!? Wer ist das?", fragte er bestürzt, während er bereits den Zipfel des Tuches in der Hand hielt, um die tote Person zu begutachten. Da schloss sich plötzlich ein eiserner Griff um sein Handgelenk und zog es langsam, aber bestimmt wieder nach oben.
Es war Yoongi, dessen dunkelblaue Augen sich sorgenvoll zusammengezogen hatten. "Das solltest du besser nicht zu Gesicht bekommen.", erklärte er ruhig, bevor er zusammen mit Jimin
-den er immer noch festhielt- aus seiner Hocke wieder aufstand.
"Majestät-?", begann er in fragendem Ton und ließ seinen Blick kurz zu Jimin schweifen.
Dieser schaute verwirrt von Yoongi zu Jungkook, der nur nickte und abweisend mit der Hand wedelte.
Yoongi schien es zu verstehen und zog den Berater mit einem leisen "Komm." am Handgelenk mit.
Nun standen sie in der Eingangshalle, wo der Soldat ihn hingebracht hatte. Yoongi wuschelte Jimin ein letztes Mal durch die Haare und nickte dessen Wachen freundlich zu, bevor er sich umdrehte und wortlos wieder zum Thronsaal verschwand.
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Am Abend des nächsten Tages, nachdem Jungkook den ganzen Tag lang über die Ereignisse stillgeschwiegen und Jimin nicht den Mut gefunden hatte zu fragen, reichte es ihm langsam.
"Was war los?", fragte er den Kaiser beim Abendessen.
Jungkooks Miene wechselte sofort wieder in die angestrengte, nachdenkliche, die er immer in Krisensituationen aufsetzte.
"Die Werwölfe haben erneut angegriffen. Aber ich kann dich beruhigen.. der tote Mensch, den meine Soldaten gebracht haben, war einer der Feinde."
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Dass dies nur die halbe Wahrheit war, sagte Jungkook lieber nicht. Was wirklich entscheidend war -außer der Tatsache, dass sehr wohl eigene Soldaten gestorben waren- war nämlich der Brief, den der Feind ihnen bei Nacht auf dem Hof hinterlassen hatte. Dieser Brief enthielt zwei unterschiedliche Nachrichten. Die eine war erfreulich, die andere bloß beängstigend:
Mir fällt es sehr schwer.
Wollte ich vor Zeiten noch die Krone, so ist mein Wunsch nun einzig und allein der bezaubernde Junge.
Leider kann ich nicht allzu oft mit einer Nachricht kommen, da meine Soldaten ebenfalls am leben bleiben sollen. Euer oberster Offizier ist geschickt und sehr schwer zu kriegen, dass muss man Euch lassen.
So soll dies eine meiner letzten Warnungen sein.
Mein Interesse liegt ganz bei dem Jungen. Gebt ihn mir einfach und Euer Reich bleibt verschont, Ihr werdet keine weiteren Tode erfahren.
Überreicht mir diesen Menschen. Er gehört doch ohnehin schon mir.
Die erfreuliche Nachricht, die Jungkook sofort aus dem Brief heraus lesen konnte war, dass es sich bei ihrem Feind anscheinend um einen der seltenen Bergdämonen handelte, die dafür bekannt waren, dass sie besessen darauf waren, eine Sache zu besitzen.
Dabei war es egal, ob es sich dabei um einen Gegenstand, eine Pflanze, ein Stückchen Macht oder eben eine Person handelte. Diese Wesen besaßen keine besondere Intelligenz, wenn es um andere Dinge ging und wollten niemals mehr, als das eine. Das bedeutete für sie, dass für den Rest des Reiches keine ernsthafte Gefahr ausging und die Angriffe nicht politisch bedingt waren. Dies war der positive Aspekt.
Das nicht so erfreuliche daran, war die Tatsache, dass jene Wesen so sehr auf ihren Wunsch besessen waren, dass sie mit all ihren Mächten versuchten ihn zu erlangen, bis sie ein neues Ziel gefunden hatten. Sie beanspruchten dafür teilweise viele Jahre und penetrierten gnadenlos auf das was sie haben wollten.
Der ursprüngliche 'Sinn', den diese Wesen hatten war, dass sie tief im Inneren der Berge nach ihren begehrten Edelsteinen suchten und diese in ihren Höhlen horteten. Leider hatte irgend ein irrsinniger Wanderer vor langer Zeit eine dieser Höhlen betreten, sodass ein paar Dämonen auf die Außenwelt aufmerksam geworden waren und sich dort angesiedelt hatten.
Und wenn Jimin das war, was der verrückte Dämon mit der Unsichtbarkeitsgabe begehrte, dann sah es schlecht für Jungkooks Verlobten aus.
..Zumal dieser 'Oli' -was ganz sicher nicht sein echter Name war- auch noch eine beachtliche Armee blutrünstiger Kämpfer zu besitzen schien.
Jungkook musste also in nächster Zeit alles auf Yoongi und sein Militär setzten und hoffen, dass der Palast des Schutzes seinem Namen alle Ehre machen konnte.