Kapitel 50

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Oh man, kann mir jemand bitte den Gnadenstoß geben? Ich halte das nicht mehr lange aus, denke ich, als ich ein weiteres Mädchen in schrillen Tönen kichern höre. Am liebsten hätte ich meinen Kopf gegen die Tischplatte geschlagen, um mich bestenfalls auszuknocken oder schlimmstenfalls meine Kopfschmerzen so zu verschlimmern, dass ich den Arzt des Schlosses mit gutem Gewissen aufsuchen kann. Warum habe ich nicht einfach krank gespielt?, frage ich mich, doch ich kenne die Antwort bereits: Weil ich dieses Date dann allein mit Daimon nachholen müsste, weil das eine verdammte Pflichtveranstaltung ist und jedem Mädchen die gleiche Chance zuteilwerden soll.

Wobei Ms. Swan oder die anderen Erwählten, dieses Gruppendate wohl nie mit dem Begriff ,,Pflichtveranstaltung" bedacht hätten. Nein, das ist doch alles ein riesengroßes Geschenk, das uns gemacht wurde, weil wir die sogenannte Elite sind – die fünfzehn Mädchen, die von den anfänglichen Dreißig übrig geblieben sind. Und obwohl man anhand meines Gejammers eigentlich meinen könnte, dass ich schon seit Stunden auf diesem unbequemen Metallstuhl sitze, der nach außen hin vielleicht schön aussieht, aber eigentlich nur dafür sorgt, dass einem der Hintern wehtut, verweile ich auf diesem Gruppendate erst jämmerliche sieben Minuten und 39 Sekunden.

Ja, eine Armbanduhr zu diesem Treffen zu tragen war wohl die einzig gute Entscheidung, die ich heute getroffen habe. Gelangweilt lasse ich meinen Blick über die Wiese schweifen, auf dem Daimons Festlichkeiten stattfinden sollen. Ich sitze in mitten eines riesigen Pavillons, in dem nicht nur ein hölzerner, mächtiger Esstisch, sondern auch genug unbequeme Stühle platziert sind, um für alle Erwählten eine Sitzgelegenheit zu bieten. Des Weiteren befindet sich in dem überdachten Bereich auch ein weiterer kleinerer Tisch, auf dem hoffentlich bald etwas zu Essen aufgetischt wird. Wenn ich mich hier schon zu Tode langweile, kann ich mir dabei ja wenigstens mit gutem Essen den Bauch vollschlagen.

Daneben steht jedenfalls eine kleine Bar, auf der schon einige Getränkeflaschen zu bewundern sind, weshalb meine Hoffnung ein wenig heller zu glühen beginnt und mir ein warmes Seil bietet, an dem ich mich festhalten kann. Jedenfalls sind auf der grünen Wiese, ansonsten noch verteilt, ein paar Sofas zu erkennen, die ich demnächst sicherlich mal aufsuchen werde, da sie zum einen weiter weg von den anderen Erwählten sind und zum anderen einen bequemen Eindruck auf mich machen.

Warum ich dann nicht gleich dort rüber wate und den Rest des Abends eine einsame Wölfin spiele? Ganz einfach, mein hungriger Magen ist gerade der Befehlshaber über meinen Aufenthaltsort und vor einen leeren Teller mit übertrieben viel Besteck zu sitzen, scheint derzeitig wohl die beste Möglichkeit zu sein. Genervt schaue ich mal wieder zu Daimon rüber, der gerade erst eingetroffen ist und schon von vier aufmerksamkeitssüchtigen Garzellen belagert wird, die um ihn wetteifern als wäre er ein Hauptgewinn.

Leider ist Cassie nicht hier, um sich mit mir über diesen Anblick lustig zu machen, doch dafür habe ich das Glück heute nicht nur Mister Nervtötend, sondern auch noch meine Schwester ertragen zu müssen. Ich würde mal sagen: Jackpot. Des Weiteren wären da noch die anderen drei Erwählten. Eine kurvige Schwarzhaarige in einem enganliegenden Neonkleid (Billiggrünkohl), eine zierlicheres Mädchen mit glatten, von Erdbeeren geküssten Haaren, die einen Hang zu übergroßem Schmuck zu haben scheint (Funkelcollier) und eine weitere Blondine, die sich vor allem dadurch auszeichnet, dass ihre Hände ständig an einem anderen Ort von Daimons Körper zum Liegen kommen (Ms. Toucherritis).

Und dann wäre da natürlich auch noch ich, dass fünfte Mädchen, das Daimon heute Teil seines Gruppendates nennen darf und wahrscheinlich die Einzige, die ein Gesicht wie zehn Tage Regenwetter zieht. Jap, dieses Mal falle ich nicht nur durch meine Jeans, mein Faible für schwarz und die äußerlichen Anzeichen meiner Fähigkeiten auf, sondern auch noch durch meinen Gesichtsausdruck.

In diesem Moment setzt sich Daimon zusammen mit seiner kleinen Erwähltenschar in Bewegung, um den Weg zum Pavillon anzutreten, wobei ich mir nicht sicher bin, ob ich das jetzt gut oder schlecht finden soll. Einerseits verspricht die Anwesenheit des Prinzen die Chance, dass endlich etwas zu Essen aufgedeckt wird, während auf der anderen hässlichen Kontraseite in dicken, fetten Buchstaben steht, dass wohl keiner der auf mich zu Kommenden, eine angenehme Gesellschaft abgibt.

The chosen princessHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin