Kapitel 46

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Das wird sicherlich ein großer Spaß, denke ich einige Zeit später, als ich mich gerade von einem der königlichen Leibwächter durch den Flur im dritten Stock führen lasse. Dean hat mich vor wenigen Minuten bei einer Gruppe Wachen abgeliefert, die den Eintritt in die Stätte der Königsfamilie regulieren. Und ja, genau das war die Wortwahl des Soldaten – Stätte. Denn so ehrwürdig er über die Herrscher und seinen Job hier spricht, küsst er jeden von ihnen nachts vorm Schlafen gehen sicher noch die Schuhe glänzend.

Jedenfalls sind wir nach einer Menge Lobeshymnen auf seine fünf großen Vorbilder endlich vor Macens Tür angekommen und noch ehe ich auch nur die Hand zu einem schnellen Klopfzeichen heben kann, kommt mir der Stiefellecker auch schon zuvor. >>Denk daran, nur Prinz Macen entscheidet, ob er dich empfangen möchte oder nicht. Deshalb möchte ich bei einer Ablehnung deines Aufenthaltes keinerlei Gejammer von dir vernehmen, sondern fordere, dass du dich einfach stillschweigend von mir zur Treppe führen lässt<<, verdeutlicht er noch mal das, was ich sowieso schon weiß, da er es schon ein paar Mal auf dem Weg hierhin erwähnt hat.

Für diesen kurzen Gang eine wirklich große Leistung, vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass er klingt, als hätte er ein Schriftstück aus dem Mittelalter verschluckt und müsse sich jetzt an seinen Sprachkodex halten. Ich bin mir sicher, Ms. Swan und er, würden ein hervorragendes Paar ergeben. Da stellt sich bloß die Frage, wer zu dieser Hochzeit erscheinen wird, denn beide haben einen so hohen Nervigkeitsgrad, dass die Kombination aus den beiden für jeden anderen unerträglich wäre.

In diesem Moment öffnet sich endlich die Tür vor meinen Augen, was Mister Schleimsyndrom neben mir sofort stramm stehen lässt. >>Guten Abend, Sir. Ich bitte um Verzeihung für diese kurze Störung, aber diese Dame wollte sie unbedingt sehen<<, rattert er runter, während er hingebungsvoll den Kopf neigt. Ich verdrehe einfach nur die Augen und sehe dabei zu wie Macens Kopf zwischen dem engen Spalt zwischen Tür und Rahmen erscheint. Wie immer sieht er mit seinen sandfarbenen Haaren aus, als wäre er geradewegs vom Strand gekommen und um seine Mundwinkel zuckt ein ebenso amüsiertes Lächeln, wie das meinige – auch wenn seines eine weniger genervte Präsenz versprüht.

>>Danke, Hengsten. Lassen Sie die Dame bitte passieren<<, gibt er im gleichen gestochenen Tonfall wieder, obwohl in seinen Augen ganz klar der Schalk glänzt. Es sieht so aus, als wäre ich nicht die einzige, die das Verhalten des Wachmanns einfach nur lächerlich findet. Aber das soll nicht mehr meine Sorge sein, denn er dreht sich nach einer kurzen Verbeugung und einem gemurmelten ,,Natürlich, mein Prinz" von uns weg und läuft zu seinem Ausgangspunkt.

>>Also, was führt dich zu mir, Fait? Wenn ich mich so zurückerinnere ist dies das erste Mal, dass du vor meiner Tür auftauchst<< Lächelnd sieht Macen zu mir hoch, was in mir sofort ein Gefühl von Geborgenheit auslöst. Seit seinem Outing kann ich seine strahlende Persönlichkeit ganz ohne Sorgen in mich aufnehmen, denn jetzt ist es genau so, wie es schon immer sein sollte: eine gute Freundschaft, in der man sich alles sagen kann. Na ja, fast alles, setzt eine zynische Stimme in meinem Inneren leise hinzu, obwohl ich versuche meiner Fähigkeit so wenig Beachtung und Gedankenplatz zu vermachen, wie nur irgend möglich.

>>Na ja, ich muss dringend mit dir reden. Es geht um Cameron<<

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>>Nein<< Eine kleine, schlichte Aussage, die all meine Pläne durcheinanderbringt und die ich in diesem Moment, innerlich mit mehreren Flüchen belege. Verdammt, warum lenkst du nicht ein?!, frage ich mich, während ich meine Lippen für eine lange, hoffentlich überzeugende Rede befeuchte. >>Aber das ist deine letzte Möglichkeit<<, rutscht es mir anders als geplant heraus, was Macen mir gegenüber verwirrt blinzeln lässt.

Okay, kurzer Einschub für euch. Nachdem mich Macen in sein Zimmer geleitet hat, habe ich mich etwa eine Minute der Vorstellung hingegeben ich könnte mittels meiner schlechten Small-Talk-Fähigkeiten, den Grund für meinen Besuch clever in eine Unterhaltung einbringen. Tja, diese Idee ist dann doch meinem gewöhnlichen Mit-der-Tür-ins-Haus-fallen-Verhalten gewichen. Sprich: Ich habe versucht Macen bestmöglich zu verklickern, wie viele Vorteile es hätte Cameron endlich seine Gefühle zu gestehen, doch wie ihr seht, sind meine Überredungskünste bisher auf Eis gestoßen.

The chosen princessDonde viven las historias. Descúbrelo ahora