Kapitel eins

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Harry's pov

Harry hatte eine Begabung. Doch diese Begabung war nicht etwa sowas wie: abstrakte Kunstwerke malen, außergewöhnlich gut Klavier spielen oder in der Schule keine Note schlechter als eins zu schreiben; Nein, Harrys Gabe war etwas komplett anderes, etwas größeres, unheimliches.
Er konnte das Todesdatum eines jeden Menschen vorhersagen.
Als es anfing, da war er gerade einmal 5 Jahre alt, wusste er mit den Zahlen, die da durch seinen Kopf schwirrten, sobald er jemanden berührte, noch nichts anzufangen. Immer wenn er jemandem die Hand gab, Menschen umarmte oder anderweitig in Körperkontakt mit ihnen trat, blitzte das Bild eines Tages vor seinem geistigen Auge auf.
Der kleine Harry, so kindlich und unschuldig, wie er in diesem Alter eben noch war, erzählte den Leuten immer, dass an dem Datum, welches er an demjenigen gefühlt hatte, etwas besonderes passieren würde. Alle haben immer nur gelächelt und seinen Kopf getätschelt. Erst als die Tage, einer nach dem anderen langsam geschahen, bemerkten Harrys Eltern das etwas nicht mit ihm stimmte. Sie liefen mit ihm von einem Arzt zum anderen, er bekam täglich Medikamente, die ihn müde und antriebslos machten, seine Eltern steckten ihn in Psychiatrische Behandlung und erst dann, nach all den Torturen die der kleine Junge auf sich nehmen musste, verstummte er letztendlich.
Nur seine Oma erkannte ihn als das was er war: ein Mensch mit einer außergewöhnlichen Gabe.
Sie glaubte ihm, doch wollte das Datum ihres Todeszeitpunktes nicht wissen.
Harry, der da bereits 9 Jahre alt war, wusste, dass er nicht mehr viel Zeit mit seiner Großmutter hatte und so kam es, dass er sie, bis zu ihrem Tod, fast täglich besuchen kam.
An ihrem Sterbebett teilte sie dem kleinen Jungen schließlich ihr großes Geheimnis mit:
Harrys Großmutter war wie er selbst! sie hatte genau die gleiche Begabung.
Sie sagte ihm, er solle seine Begabung geheim halten, doch niemals daran zweifeln, dass es eine Gabe ist. An jenem selben Tag beschloss Harry sein Geheimnis wohl zu hüten und herauszufinden, wie diese Fähigkeit ihm helfen konnte, seine Bestimmung zu finden.

***

Es war ein, für Englands Verhältnisse, heißer Sommertag, als der 17 Jährige Harry auf den Treppen der Holmes Chapel School saß und sich über sein kleines Notizbuch gebeugt hatte, welches auf seinem Schoß lag. In dieses kleine Buch hatte er alle Todesdaten aufgeschrieben, die er im Laufe der letzten 7 Jahre zusammengesammelt hatte. Und das waren wirklich viele.
Es reichte schon, wenn ein Fremder ihn auf der Straße anrempelte und der junge Styles wusste sofort wann dieser sterben würde.
Harry blätterte die Seiten durch, während er konzentriert auf seinem Stift umherkaute; eine blöde Angewohnheit von ihm. Er studierte die Zahlen, um nachzusehen, ob eines der Daten bereits abgelaufen war, diese strich er dann nämlich immer durch.
Da der Brünette so fokussiert auf die Seiten war, bemerkte er gar nicht, wie sich sein bester Freund von hinten anschlich und ihm plötzlich einen groben Stoß nach vorne gab, sodass er den Stift fallen ließ und kurz nach vorne taumelte. Fluchend hob er den Stift wieder auf, als Niall sich lachend neben ihn setzte.
Harry funkelte den irischen Blondschopf böse an, was Niall aber nur dazu veranlasste noch mehr zu lachen.
"Wann wirst du endlich verstehen, dass du nicht witzig bist?" knurrte Harry mürrisch und schloss sein Notizbuch. Niall war Harrys einziger Freund, dafür aber auch der Beste, wenn er ihm nicht gerade den letzten Nerv raubte. Der junge Styles wusste natürlich auch den Todeszeitpunkt des Iren, dieser lag aber glücklicherweise noch etliche Jahre entfernt, etliche Jahre die er wohl noch auskosten würde, um auf Harrys Nerven herumzutrampeln, denn die Hoffnung, dass Niall irgendwann erwachsen werde würde, hatte er bereits verloren.
"Und wann wirst du endlich verstehen, dass alle Welt mich absolut und total witzig findet, nur du nicht?" gab Niall schlagfertig zurück und Harry verdrehte die Augen.
Der Blick des Blonden wanderte zu Harrys Händen, in denen er immer noch sein Buch hielt.
"Schon wieder dieses mysteriöse Buch? Wann verrätst du mir endlich, was du da immer reinkritzelst?"
Harry ließ das Buch schnell in seinem Rucksack verschwinden, ehe Niall noch auf die Idee kam, ihm es einfach aus der Hand zu reißen, denn nicht einmal er wusste von seinem Geheimnis. Er wusste nur das, was alle anderen auch wussten, dass Harry des Öfteren in psychiatrischen Behandlungen war und Medikamente nehmen musste. Holmes Chapel war eine kleine Stadt und hier verbreiteten sich Gerüchte schneller als ein Lauffeuer und hielten sich auch hartnäckiger. Harry wusste zwar nicht, was alles hinter seinem Rücken gesprochen wurde, aber er wusste, dass ihn alle für einen Freak hielten, nur eben Niall nicht.
"Ich hab dir doch gesagt, es steht da nichts wichtiges drin, es ist nur eine Art...Tagebuch. weiter nichts"
Niall stieß hörbar die Luft aus, sodass es klang wie ein Seufzen, dann blickte er Harry vielsagend an.
"Dafür dass es nichts ist, machst du aber ein ganz schön großes Geheimnis draus" erwiderte der Blonde.
"Es ist eben einfach sehr privat, okay?" meinte Harry, stand auf und schulterte seinen Rucksack.
Niall tat es ihm gleich.


Die beiden jungen Männer hatten denselben Weg nach Hause, da sie direkt nebeneinander wohnten und manchmal glaubte Harry, dass Niall nur mit ihm befreundet war, weil er ihm immer seine Hausaufgaben ins Fensterbrett klemmte, damit Niall sie abschreiben konnte. Es fiel Harry eben schwer zu glauben, dass ihn jemand wirklich freiwillig und ohne Hintergedanken gern haben könnte.
"Hey, ich hab dir doch von Laurie erzählt? Die mit den roten Haaren?" begann Niall plötzlich eine Konversation und riss Harry somit aus seinen Gedanken.
"Uhm ja, hast du...was ist mit ihr?" fragte er und der Ire wackelte aufgeregt mit den Augenbrauen.
"Sie will mich treffen! wir sind für Freitagabend verabredet und-...oh nein" Verwirrt von dem heftigen Stimmungswechsel und dem Abbruch der Konversation, folgte Harry dem Blick seines besten Freundes und landete genau auf Zack und seinen Jungs. Wie erstarrt bemerkte Harry gar nicht, wie Niall an ihm herumzerrte und etwas davon faselte, dass sie in eine andere Richtung abbiegen sollten.
"Hey Schwuchtel!" rief Zack und steuerte lachend auf Harry und Niall zu. Harry rührte sich immernoch nicht.
"Harold Edward Styles! Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um mitten auf der Straße stehen zu bleiben! Komm jetzt mit!" zischte Niall, doch Harry dachte gar nicht daran immer vor ihm wegzulaufen. Zack hatte kein Recht dazu ihn und Niall so zu behandeln.
"Nein, wir gehen weiter, Niall" sagte der Brünette und schob Nialls Hand von sich weg, während er einfach weiter voraus ging. Er hörte den Iren hinter sich fluchen, dann holte dieser aber auf und folgte seinem Freund. "Ich hoffe du weißt, was du da tust" murmelte Niall, doch Harry antwortete darauf nicht, denn er wusste es ebenso wenig.
Zack war ein Arschloch durch und durch. Er tyrannisierte die Schwächeren, klaute und konsumierte regelmäßig Alkohol. Da sein Vater jedoch der Direktor der Schule war, kam er mit diesen Schandtaten immer davon. Doch Harry wollte keine Angst mehr haben; seit der ersten Klasse war Zack sein schlimmster Mobber. Er hatte die anderen Kinder immer dazu angestiftet ihn mit Papierkügelchen zu beschmeißen oder aus versehen seine Bilder im Kunstunterricht zu beschmieren und nie hat Harry irgendwas gesagt oder irgendjemanden beschuldigt. Das Resultat davon war, dass er eine neue "Diagnose" erhielt, da die Lehrer seine Eltern über Harrys Verhaltensauffälligkeiten informierten.
Der junge Styles hatte wegen Zack nie Freunde gehabt, weil alle ihn für komisch hielten und das obwohl er die anderen einfach nie verpetzt hatte. Erst als Niall mit seiner Familie aus Irland nach Holmes Chapel gezogen waren, erhellte sich Harrys dunkle Welt ein bisschen.
Harry und Niall waren Zack und seinen Jungs nun schon gefährlich nah und der Brünette haderte nun mit seiner Entscheidung; vielleicht hätte er auf seinen irischen Freund hören sollen? Doch nun war es sowieso zu spät, es gab jetzt kein Zurück mehr.
Die zwei Freunde hatten die Gruppe schon fast passiert und Harry wollte gerade erleichtert ausatmen, da traf ihn ein heftiger Schlag in die Magengrube.

If the last day was yesterday •Larry Stylinson• Where stories live. Discover now