My Brothers Keeper (TNM-#2)

9. Kapitel

9. Kapitel

Die richtigen Worte zu finden, gleicht einer Kunst. Einer brotlosen und harten Kunst, welche kein besonders schönes Bild hinterlässt. Es löst Verwirrung, Enttäuschung, Wut, Ratlosigkeit und Hilflosigkeit aus. Ich selbst hasste es wenn ich nichts wusste wie ich jemandem erklären sollte, was in meinem Inneren vorging. Meist stand ich dann nur da, schaute meinen Gegenüber an und hoffte inständig, dass die andere Person vielleicht doch zu erst etwas sagte. Doch das passierte nicht. Ich war es die reden musste. Ich war es, die alles in einen Zustand bringen musste, mit dem alle leben konnten. Vielleicht war es einfach meine Aufgabe dafür zu sorgen, dass alles in meiner Umgebung in die richtigen Bahnen kam. Vielleicht hatte ich aber auch nur Schuldgefühle und glaubte, dass der Tot an mir haftete und ich den angerichteten Schaden wieder gutmachen musste. Vielleicht war es auch lediglich ein Teil meiner Selbst, dass ich mir wünschte die Menschen um mich herum glücklich zu sehen. Also vielleicht war es reiner Egoismus der mich antrieb und dazu veranlasste all diese Dinge zu tun und zu sagen.

„Weißt du die Sache mit den Entscheidungen ist, dass sie nicht einfach zu treffen sind. Besonders wenn es um etwas wie das hier geht. Der Grund, weshalb ich so lange gekämpft habe zu entscheiden, was ich tun soll ist weil ...", ich zögerte, überlegte wie ich fortfahren konnte, ohne bereits zu viel zu verraten.

„Es gibt Dinge in unseren Leben, Entscheidungen die wir getroffen haben, Ereignisse von denen ich weiß ... denen wir wissen, von denen ich mir wünsche, dass ich sie nie erfahren hätte und sie nie passiert wären. Aber ich muss damit leben", stellte ich fest und schaute auf den Boden, um nicht länger seinen stechenden Blick ertragen zu müssen.

„Aber du nicht. Du bist frei davon. Du wirst nicht mehr davon beeinflusst in irgendeiner Art und Weise. Du kannst dich von all dem abwenden. Um ehrlich zu sein, hast du das mehr oder weniger bereits getan. Vor Jahren, als du zum Militär gegangen bist. Wenn ich tue, worum du mich bittest ... Wie soll ich entscheiden, was ich dir erzählen soll und was nicht? Und wenn ich dir alles erzähle, würdest du, würden wir dort enden wo wir begonnen haben. Und ich weiß nicht, ob ich ... ob du das willst.

Es war nicht einfach weißt du. Nichts von dem was passiert ist. Weder als wir alle zusammen gelebt haben, noch als du gegangen bist oder vermisst wurdest. Wie du dir vielleicht denken kannst, wurdest du für tot erklärt vor einigen Monaten und ich ...", ich brach ab.

Denn ich wusste, dass wenn ich weiter ins Detail gehen würde, würde ich alles noch einmal durchleben. Die Trauer, den Schmerz und die Beerdigung.

„Wenn du mich wieder bittest dir etwas zu erzählen, ob alles oder nur einen Teil, werde ich es tun. Ohne weite Gedanken daran zu verschwenden, aber ... ich will das du wirklich sorgfältig darüber nachdenkst. Ich weiß es ist eine schwer Entscheidung die du treffen musst und ich verstehe dass du alles über dich selbst wissen willst. Aber manche Dinge sollten lieber im Dunkeln bleiben. Wenn du sie einmal weißt, gibt es kein zurück. Ich weiß du siehst es als eine Strafe nichts mehr zu wissen, aber glaub mir ... auf die eine oder andere Art bin ich neidisch darauf", ich atmete tief durch, fuhr mir durchs Gesicht und war bemüht vereinzelnde Tränen zurückzuhalten.

„Ich hoffe einfach, dass du die richtige Entscheidung triffst und nicht an einem Ort endest an dem du nicht sein willst", schloss ich und schaute wieder auf.

Leo beobachtete mich, schien zu studieren was in mir vorging. Ob mit oder ohne Erinnerungen daran wer ich war, instinktiv wollte er erfassen wie es mir ging und was er tun konnte oder viel mehr sollte.

„Sagen wir ich will alles wissen und frage dich es mir zu erzählen ... würdest du ... würdest du darüber nachdenken was du mir erzählst und was nicht? Du kennst mich am Besten. Du weißt was ich bereit bin zu hören und was nicht. Und was ich wirklich wissen und was ich lieber nicht wissen will", fragte er und kam einen Schritt auf mich zu, wobei er mich eindringlich ansah.