Kurzschluss

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Vorrick Attah rümpfte misstrauisch seine Nase.
„Jasper, schau dir das an", rief er seinem Kollegen zu, ohne seinen Blick von dem Schauspiel vor ihm abzuwenden. Er schüttelte den Kopf, und seine Locken klatschten ihm ins Gesicht, was von Jasper mit einem hysterischen Lachen kommentiert wurde. Vorrick konnte sich ein Grinsen nicht ganz verkneifen.
Die beiden Kommissare befanden sich im Untergrund, neun Stockwerke tief in einer Seitenstraße des Haupttunnels, nicht weit vom Trubel entfernt. Es war, so Vorrick, „ein verdammter Akt gewesen", sich da unten zurechtzufinden.
Vor einer Viertelstunde war ein anonymer Hinweis im Notruf angekommen, dass „nach Gewalt klingende Geräusche" vernommen wurden – kurz nach Mitternacht und weder Vorrick noch Jasper waren allzu erpicht darauf gewesen, sich dessen anzunehmen, bis Vorrick auf den toten Androiden vor ihnen gestoßen war. Jasper stieß beim Anblick einen erstaunten Pfiff aus.
„Ich klingle mal durch", erklärte dieser, vollkommen gelassen und klatschte Vorrick hart auf seinen Rücken. Dieser seufzte schwer, ging zurück zu seinem Dienstfahrzeug, einer Libelle, und klappte seinen Sitz auf. In seinem Rücken konnte er Jasper verschiedene Anfragen in sein Funkgerät sprechen und über den schlechten Empfang im Untergrund fluchen hören. Aus irgendeinem Grund nahmen ihn solche Szenarien nicht so sehr mit, wenn er wusste, dass es sich um einen Androiden handelte, obwohl der einzige visuelle Unterschied zu Menschen für ihn wohl ein paar Kabel und die ungewöhnliche Blutfarbe waren. Manchmal fühlte er sich schuldig, doch machen konnte er dagegen nichts. Er versuchte, nicht weiter darüber nachzudenken.
Die Straßen waren eng, die Häuser klein und die Decke niedrig. Das gelbe Licht brannte ihm in die Augen. Er mochte den Untergrund nicht. Die farbenfrohen Fassaden und die bewusste Asymmetrie ihrer Gestaltungen verschwommen zu einem abstrakten Konglomerat an brachialem Ausdruckswillen. Er fühlte sich unwohl und sehnte sich leichter zu verarbeitenden Eindrücken, einfacheren.
Aus dem Stauraum zog er einen kleinen Rucksack, in welchem die Dinge bereits zusammengestellt waren, die er für seine folgende Arbeit benötigen würde: Mundschutz, Handschuhe, Pinzette, Wattestäbchen – und so weiter und so fort.
Als er das Licht in dem dunklen Raum anschalten wollte, wurde ihm erst einmal bewusst, mit was er es hier zu tun hatte. Es knallte und aus dem dunklen, winzigen Flur konnte er eine Sicherung herausspringen hören. Er seufzte wieder, diesmal enttäuscht und zog eine kleine Lichtsonde aus dem Rucksack, der den Raum in einem kaltblauen Licht erhellte. Wie eine Murmel surrte sie ganz leise in der Raummitte umher.
Der Android, eindeutig ein robusteres Modell, wie aus dem beeindruckenden Körperbau zu schließen war, lag mit weit ausgestreckten Armen mitten im Raum, einer Art Lounge. Der Boden unter ihm war vollkommen getränkt in einer bläulich schimmernden, nach Ingwer riechenden Flüssigkeit, von der Vorrick wusste, dass es sich um ein Blutimitat handelte, welches in den Adern des Toten geflossen haben musste. Es war überall: an den Wänden (eine Steckdose hatte es erwischt), auf den teuer aussehenden Möbeln in Leder-Optik, Spritzer an der Decke konnte er ausmachen und natürlich befand sich der Großteil des Blutes am und unter dem Körper der Leiche. Von Weitem konnte man auch kleinere und größere Schnittwunden feststellen, da diese bläulich schimmerten. In das Blau hinein mischten sich Schmierflecken von Rot, einzelne Spritzer auf dem Boden, auf dem Körper. Unter der Leiche ließen sich Risse im Boden ausmachen, da der Körper in einer flachen Mulde zu liegen schien. Er betrachtete das Nachspiel eines Kampfes und der Sieger schien mehr als menschliche Kraft gehabt zu haben. Seine Nackenhaare stellten sich auf.
Vorrick hob seinen Arm, zog den Ärmel seiner Uniform zurück und stellte sich in den Raumeingang. An seinem Handgelenk befestigt war eine dicke Armschiene, welche über Sonden mit ihm verbunden war. Er wischte über den kleinen Bildschirm, der ihm Datum, Uhrzeit und Puls anzeigte und öffnete ein kleines Programm. Ein kleiner Stift schnippte aus dem unteren Ende des Bands hervor, welchen er hoch über sich hielt. Nach einem Knopfdruck schimmerte es grün und ein dreidimensionaler Scan des Raumes wurde gemacht, während er versuchte, nicht zu blinzeln oder anderweitige Grimassen zu ziehen. Auf der Datei würde er zu sehen sein und seine Kollegen waren, was peinliche Bilder anging, gnadenlos. Den Stift steckte er danach wieder in seine Halterung und begann mit seiner eigentlichen Arbeit. Manche Dinge verlangten immer noch analoge Mittel und Techniken.
Als Vorrick sich der Leiche zaghaft näherte, fielen ihm zwei markante Einschüsse auf: eine bestialische Wunde am Hals, welche allem Anschein nach von einem übersteuerten Blaster kam und den Kopf beinahe abgerissen hatte, sowie einem fransigen Einschussloch auf der Stirn des Toten, vermutlich von derselben Waffe. Die Schädeldecke des Androiden war fingerdick und an den Rändern leicht eingeschmolzen, jedoch nicht gedellt. Der Blaster hatte glatt durch ihn hindurch gestanzt. Neben dem Loch schimmerte durch das Blut hindurch die Seriennummer des Modells, sowie ein Code. Vorrick betrachtete die Nummer, betastete vorsichtig den Kopf. Die Endziffer sprang ihm ins Auge und ließ seinen Puls steigen. B7Cv3, las er in seinen Gedanken und schaute sich um. Irgendetwas rang in seinem Kopf. Die Nummer bereitete ihm Unbehagen.
„Jasper."
Er wechselte seine Handschuhe aus und fand einen Schreibtisch, auf welchem lose Dokumente verteilt waren. Flüchtig wurde er nicht fündig; das, was er suchte, war wahrscheinlich auch kein Papierdruck mehr, sondern ein holographisches Dokument. Drei Schritte neben dem Schreibtisch befand sich zwischen zwei demolierten Sofas ein altmodischer Tisch, auf welchem allerlei Kram verteilt war.
„Jasper!", rief Vorrick aufgeregt, hörte allerdings nur leises Gemurmel von draußen. Jasper hatte entweder bereits mit der Befragung möglicher Zeugen begonnen, oder der Rest von der Mordkommission wurde von ihm gerade gebrieft.
Mit einem „Zck" begann Vorrick, alle Gegenstände im Raum sorgfältig zu nummerieren und zu fotografieren. Die Fundstücke würde er schließlich im Labor auswerten. Bei einer kleinen flachen Box auf dem Boden unter dem Tisch schließlich verlor er jedoch gegen seine Neugier. Er kannte die Form – es war eine Blackbox. Ein kleiner, interaktiver Projektor, welcher oft nur ein einziges Dokument beherbergte. Beinahe unmöglich soll es sein, diese Dinger zu zerstören. Er wusste nicht, woraus sie gemacht waren, jedoch hielten sie Schüssen von Blastern (auch übersteuerten), mehreren hundert Grad Celsius, schweren Erschütterungen, Chemikalien, Präzisionslasern und den meisten großkalibrigen, panzerbrechenden Waffen stand. Sie waren dazu da, um die Echtheit und die Sicherheit eines Dokumentes zu garantieren. Seine Geburtsurkunde, sein Abschlusszertifikat, seine Hochzeitsurkunde, alle befanden sich digitalisiert auf jeweils einer Blackbox gespeichert in einem Safe in seinem Schlafzimmer. Mehr wollte er sich nicht leisten, denn die Preise für private Dokumentation waren absurd hoch angesetzt.
Vorrick zog seinen Zeigefinger am Rand der Box entlang und sofort summte und flackerte es schwach.
EINVERSTÄNDNISERKLÄRUNG las er in leuchtenden Buchstaben auf dem kleinen Hologramm. Er kratzte sich am Kopf. Das Formular bestätigte den Besitzwechsel eines Androiden – des toten Androiden? – in eine andere Familie im Falle des Ablebens oder Unfähigkeit zur Inanspruchnahme des Androiden aller rechtskräftiger Familienangehöriger. Vorrick betrachtete den Toten, dann wieder das Formular. Eine elektronische Unterschrift fehlte.
Es kam ihm zu einfach vor.
„Jasper, mach mir bitte den Besitzer des Hauses ausfindig", bat Vorrick seinen Kollegen, als er nach draußen trat und dessen Smalltalk unterbrach. Jasper nickte und machte sich an die Arbeit, während zwei Kollegen in Staubanzügen und Atemmasken den Rest der Funde sicherstellten. Kurze Zeit später meldete sich Jasper wieder zurück.
„Der äh... Besitzer ist", begann Jasper und zögerte.
„Verschwunden?", vollendete Vorrick. Er betrachtete die bunte Fassade des in den Felsen gemauerten Hauses.
„Fast. Tot."
Vorrick zog die Augenbrauen zusammen.
„Das macht noch mehr Sinn." Jasper verstand nicht und Vorrick gab seine vorläufigen Vermutungen über den Androiden preis.
„Der Tote war im dritten Lauf und sollte übertragen werden." Vorrick deutete auf etwas hin, das Jasper nicht ganz auf der Zunge lag.
„Klassischer Kurzschluss?", mutmaßte er. Die Endziffer drei rang in seinem Kopf nach.
„Wahrscheinlich." Jasper schaute zurück in das Haus und machte sich Notizen auf der holographischen Oberfläche seiner Armschiene.
„Gab es eine Meldung bei uns?" Vorrick schüttelte den Kopf.
„Das heißt, der Mediator ist ebenfalls tot, oder..."
"Wenn er tot wäre, würde entweder er mit da unten liegen oder der Android hätte keinen sauberen Kopfschuss."
"Und wenn er verblutet ist?" Vorrick nickte zustimmend.
"Das ist möglich. Aber dann hätte der Notruf doch von ihm kommen müssen, oder nicht?"
Die beiden Polizisten begaben sich wieder durch den dunklen Hausflur zurück in die Lounge, wo ihre Kollegen bereits eifrig dabei waren, alles zu protokollieren und Proben zu nehmen. Vorrick betrachtete den Boden, achtete auf Blutspuren.
„Er ist noch im Haus", erklärte er und deutete auf die Tür zum Flur. Dieser führte in eine geräumige Küche und, einen Stock weiter oben, über eine Treppe zu den Schlafzimmern. Die Küchentür war fest verschlossen und vereinzelt bespritzt, der Bereich um die Klinke jedoch sauber. Als Jasper und Vorrick die Treppe nach oben schauten, erkannten sie durch das Geländer hindurch verschiedene Blutspuren an den Wänden. Die Stufen wiesen abwechselnd Abdrücke auf.
Jasper zog seine Dienstwaffe und aktivierte eine kleine Sonde, die er an seinen Blaster klemmte, Vorrick tat es ihm gleich. Vorsichtig wagten sie sich nach oben. Am oberen Ende der Treppe erhob Jasper das Wort.
Er erklärte, wer sie waren und dass sie bewaffnet wären.
Dass ein Notruf getätigt worden war und die Lage wieder unter Kontrolle wäre.
Das kein Vermerk über einen Mediator im Auftrag bei ihnen eingegangen sei.
Keine Antwort.
Vor ihnen erstreckte sich ein enger Gang, der in vier verschiedene Zimmer führte. Jemand hatte etwas mit sich gezogen und Blutspuren in jeden Raum getragen.
Jasper öffnete jeweils eine der Türen, während Vorrick mit seiner Waffe und seiner Sonde im Anschlag hineinspähte. Die ersten Zimmer waren leer. Ein Atelier mit unfertigen Gemälden ließ darauf schließen, dass der Besitzer des Hauses wohl malerisch tätig war. Ein prunkvolles Bad zeugte vom Vermögen dieser Person. Überall fanden sie Blutreste. Schmierspuren, Tropfen, in rot und blau.
Im vorletzten Zimmer musste Vorrick sich anstrengen, vor Schreck nicht den Finger auf den Abzug zu legen.
Jasper gab sofort eine Anfrage für einen Notarzt durch sein Armband, während Vorrick seine Sonde in den Raum steigen ließ. Es blinkte kurz und augenblicklich war es taghell. Vor ihnen, gegen ein altmodisches Bett gelehnt, saß ein junger Mann auf dem Boden, scheinbar bewusstlos. Sein Kopf lag träge auf der Brust, ein Sabberfaden hing an seinem Kinn. Er trug einen zerfetzten Anzug und Blut klebte überall an ihm. Ein Blaster lag neben ihm, gemeinsam mit einer leeren Munitionskapsel. Vorsichtig näherten die Polizisten sich dem Mann, der unregelmäßig tief stöhnte, was Vorrick beruhigte.
Er war nicht tot.
Trotzdem war er übel zugerichtet. Sein linkes Bein war eindeutig gebrochen, es stand unnatürlich ab, wie glatt gestrichenes, bereits zerknülltes Papier. Sein rechtes Handgelenk war dick mit verschiedenen Stoffen verbunden und die notdürftige Binde war getränkt mit Blut. Um den Mann herum verteilt lag ein zerstörtes Terminal-Armband, seinem eigenen recht ähnlich. Die Brust des Mannes hob sich flach und zittrig.
Das erklärt einiges, dachte Vorrick, aber nicht alles.
Vorsichtig versuchten sie, den Mann zu wecken. Jasper zog eine Wasserflasche hervor und sprenkelte vorsichtig ein paar Tropfen in dessen Gesicht. Nach ein paar Momenten der Stille wachte er auf und seine Stimme klang, als würde sie an Metall schaben.
„Scheiße, ich bin doch nicht tot", lachte dieser schwach und seine Schultern bebten. Er sprach in einem leichten Singsang. Der Mann kam von hier unten, vermutete Vorrick.
„Habt ihr ihn?", hustete er. Jasper wollte zu einer Erklärung ansetzen, wurde von seinem Kollegen jedoch rasch unterbrochen. Nach einem warnenden Blick verstand Jasper und spielte mit.
„Er ist unten. Er kann erstmal keine Dummheiten machen." Nick atmete erleichtert aus.
Die Polizisten stellten sich vor und stellten dem Mann Fragen, auf welche passende Antworten kamen. Er wäre der dem Androiden zuständige Mediator, dieser hatte seinen Besitzer getötet und es wie einen Unfall aussehen lassen. Vorrick bemerkte die 3 in der Seriennummer, was der Mann, der sich Nick nannte, aufgriff.
„Ben ist ein Auslaufmodell", erklärte er. „Die sind wahnsinnig instabil."
„Inwiefern instabil?", hakte Vorrick nach.
„Wenn ein Andy einen Wipe bekommt, dann ist das nicht gut für seinen Kopf. Das kannst du nicht so oft machen. Mehr als zwei sind nicht drin, danach fangen sie im schlimmsten Fall an zu stottern und zu sabbern. Wenn sie aufmucken, Scheiße bauen, so was halt, dann wird denen der Kopf püriert. Alles wird gelöscht, das Hirn zurückgesetzt. Werkszustand durchgecheckt. Damit kriegt man die meisten Fehler weg. Die meisten nehmen das hin. Ist denen ja einprogrammiert." Nick schluckte.
„Ben nicht", folgerte Jasper. Nickt ließ den Kopf hängen und vergrub sein Gesicht in seiner unverletzten Hand.
„Warum habe ich das Gefühl, dass wir über solche Sachen Bescheid wissen sollten?", warf Vorrick ein. Die Frage blieb unbeantwortet, jedoch in den Köpfen von Nick und Jasper hängen.
„Er ist so echt", brummte er gepresst und schaute die Polizisten danach wieder mit flehenden Augen an. „Was immer er euch gesagt hat, glaubt ihm kein Wort! Ben ist mein Fall, seit er gebaut wurde", fuhr Nick langsam fort und starrte an die Decke. Zwei Sanitäter betraten den Raum und führten die ersten stabilisierenden Maßnahmen durch, von denen Nick sich jedoch nicht unterbrechen ließ.
„Manchmal hat er stundenlang begriffen, was um ihn herum abging. Das erste Mal ist er weggerannt. Danach hat er die Einrichtung seiner Familie zerstört. Zum Schluss hat er Roth hier ertränkt. Seine Besitzerin."
„Ich nehme an, dass er nicht einfach übertragen werden konnte?", warf Vorrick ein und beschrieb die Blackbox, die er gefunden hatte.
„Das war ein Setup!", stöhnte Nick, während sein Bein gerade gezogen und in eine Schiene gepackt wurde.
„Ein grenzenlos dämliches Setup! So naiv und – und es war meine Idee. Ben ist instabil, Ben weiß, was mit ihm passiert, wenn er wieder–"
„Wusste", unterbrach ihn Vorrick.
Nick verstummte.
„Wie bitte?"
Die Frage hallte einen Moment im stickigen Raum nach.
„Ben liegt zerfetzt in der Lounge. Der wird sich nicht mehr bewegen", versicherte ihm Jasper, welcher nun verstanden hatte und zog die Augenbrauen zusammen. „Wir dachten, du hast ihn erschossen?"
Nick schüttelte verständnislos den Kopf.
„Er hat mich ausgeknockt. Ich bin hier oben aufgewacht und hab mir den Arm verbunden. Ich dachte, ihr habt ihn..."
„Wir haben Fotos von seiner Leiche gemacht", fuhr Vorrick ihn plötzlich wütend an. Schnell ging er in die Knie und sah den Mediatoren eindringlich an. „Wer wusste von der Sache? Warum warst du allein hier, wenn du oder ihr wusstet, dass er instabil war? Wie kann man so fahrlässig sein?!" Er ließ einen frustrierten Schrei heraus und drehte sich mit einem tiefen Atemzug um, die Hände hinter seinen Kopf gefaltet. Die Sanitäter hielten einen Moment inne, während Vorrick sich kurz ausschüttelte und entnervt wieder umdrehte. Jasper sagte nichts.
„Ich wollte Kollateralschaden vermeiden und ihn dann unter diesem Vorwand in unsere Fabrik verfrachten, wo er so eine Scheiße nicht abziehen konnte!"
„Wieso hat er dir nicht geglaubt?", fragte Jasper mit verschränkten Armen.
"Weil ich dumm bin", grunzte Nick. "Die Idee ist einfach. Du lässt sie glauben, dass wir glauben, dass es ein Unfall war." Er tippte sich an die Schläfe. "Na wir glauben dir. Wirklich eine Tragödie. Grauenvoll. Fürchterlich. Dann glauben sie dir halt."
"Ist das nicht ein bisschen dreckig?", warf Jasper ein und kratzte sich am Kinn.
"Wer kommt überhaupt auf die Idee, dass so ein Plan auch nur im geringsten funktionieren könnte", brummte Vorrick erschöpft.
Nick zuckte mit den Schultern.
„Einen Versuch war es wert."
„Dein Versuch hat dir fast das Leben gekostet."
„Deswegen versuche ich so etwas auch nicht nochmal. Wenn ich wieder in der Firma bin, bin ich sowieso mindestens eine Woche mit Protokoll und Laborarbeit beschäftigt. Die Armschiene ist eh schon ab. Die brauche ich jetzt nicht mehr." Er lachte mitleidig. "Übermorgen ist im Naturhistorischen Museum Routine-Check. Drei Andys sind dran, das wird die Neue übernehmen müssen. Die hatte erst einen Außeneinsatz und der ging richtig daneben."
"Wir schweifen ab", holte Vorrick ihn wieder zurück. "Wie läuft das bei euch ab? Wenn ihr so tut als ob. Der glorreiche Plan." Er vollführte eine rollende Handbewegung, um seinen Spott zu untermalen. „Und wer wusste von der Sache?"
"Wir machen alles wie bei einer Übermittlung, mit Vertrag und so weiter. Dabei wird halt deren Chip im Nacken gescannt, als würde ich einen Bewusstseinstest machen. Die setzen sich hin, machen den Nacken frei und statt des normalen Scanners legst du denen einen ST1 drauf. Dann knicken sie weg und du rufst den Transport." Die zweite Frage überging Nick so trocken, dass Vorrick und Jasper nur ein paar Blicke austauschten.
"Und was hast du gemacht?", fragte Jasper, der ungeduldig zuhörte. Nick lachte.
"Mir ist der ST1 auf den Boden gefallen und Ben hat ihn für mich aufgehoben." Er schwieg einen Moment. "Weiß Gott, woher der den erkannt hat. Vielleicht hat jemand beim Wipe gepfuscht. Was weiß ich."
"Ist das schon öfter passiert?", wollte Vorrick wissen, der von den Sanitätern ernst angestarrt wurde.
"Der Mann muss ins Krankenhaus", warf die andere Sanitäterin ein und legte eine Nadel auf Nicks unverletzten Handrücken an. Den anderen hatten sie gesäubert und neu verbunden.
"Letzte Frage", wimmelte Vorrick sie ab und stand auf.
"In vierzig Jahren ein einziges Mal, hat mein Partner gesagt", lallte Nick; er würde gleich wegknicken. "Klingelt mal bei uns durch und meldet mich ab." Er trat schwach nach seiner Brieftasche, in welcher sich seine Visitenkarten befanden. Vorrick steckte sich eine ein und legte das Portemonnaie auf die Brust des Mediatoren. Die Polizisten versicherten ihm, dass dies geschehen würde und machten Platz für die Sanitäter, die den weggetretenen Nick auf einer schwebenden Bahre nach draußen beförderten. Vorrick und Jasper folgten ihnen.
"Und jetzt?", fragte Jasper, während er sich einen Schluck Wasser gönnte. Er verschluckte sich, hustete wild und bekam ein paar kräftige Schläge auf den Rücken, um sich zu beruhigen.
„Danke."
Vorrick betrachtete die Visitenkarte. Nikolai Benz, Mediator, las er unter dem Firmennamen.
"Kennst du die?", fragte er Jasper, der nur den Kopf schüttelte. Es beunruhigte ihn, noch nie von der Firma gehört zu haben, welche angeblich seit mindestens vierzig Jahren aktiv ist.
"Ich mache mich morgen mal auf den Weg zu denen."
"Wieso? Kannst du nicht anrufen?"
"Nick meinte, übermorgen soll ein Rookie drei Androiden durchchecken. Ich hab' ein ungutes Gefühl bei der Sache. Recherche schadet nicht."
Jasper nickte zustimmend und gemeinsam begaben sich die Polizisten zu ihren Libellen, zurück zum Revier.



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⏰ Son güncelleme: Sep 02, 2020 ⏰

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