Severus sah bei diesen Worten ziemlich schockiert aus, schließlich wusste er nicht, warum die Bibliothekarin so etwas stammeln sollte. Die Wahrscheinlichkeit, dass er damit gemeint war, schien ja erdrückend hoch. 

Hermine suchte unterdessen nach den richtigen Worten: „Gibt es etwas, wobei wir helfen können, Professor?"

„Ein paar Schmerztränke wären hilfreich", erwiderte die Schulleiterin. 

Im selben Moment kam ein lauter Knall aus einer Ecke des Büros, gefolgt von Stille. 

Schnell drehten sich alle um und sahen in die Richtung, aus der die Unruhe kam. Vor einem der vielen Bücherregale lag ein großer Haufen Bücher, die offensichtlich im Regal fehlten.

Wenig später hörten die Erwachsenen es von irgendwoher Kichern und Lachen und ein Buch aus dem Haufen begann einfach so zu schweben, dicht gefolgt von einem weiteren heiteren Kinderlachen. Wenig später fiel das Buch laut wieder zu Boden, nur damit etwas Größeres, schwereres und definitiv lebendigeres abheben konnte. 

„Ich fliege. Hawwy, schau. Fliegen!", quietschte der kleine blonde Junge vergnügt, als er etwa zwei Fuß über dem Boden schwebte.

Harry kicherte erneut und streckte seinen verwuschelten Kopf aus dem Bücherstapel heraus, um seinem neuen Freund zuzuschauen. Als Draco immer höher stieg, wurde aus seinem Kichern richtiges Lachen, in das auch Draco einstimmte.  

Die Erwachsenen sahen einander mehr als nur ein wenig schockiert an, bevor Severus und Hermine aufsprangen. Während Severus versuchte, seinen Patensohn aus der Luft zu holen, bückte sich Hermine und nahm ihren besten Freund auf den Arm.

Draco war inzwischen jedoch auch für den ziemlich großgewachsenen Severus außer Reichweite, was dieser gar nicht witzig fand, ganz im Gegensatz zu Draco.

„Draco, komm schon. Das ist wirklich nicht witzig! Komm wieder herunter, bevor du dich noch verletzt!", versuchte Severus den kleinen Jungen zu überreden, zwecklos scheinbar.

Severus stand daraufhin starr da und observierte haargenau jede Bewegung des kleinen Jungen und angelte ihn anschließend blitzschnell aus der Luft, als der Kleine etwas übermütig wurde.

Währenddessen war es Hermine gelungen, die Bücher zurück an ihren Platz zu stellen und Harry etwas zu beruhigen, wenn er auch immer noch munter vor sich hin gluckste. 

Von dem Ganzen schien Minerva nichts mitbekommen zu wollen und trank stattdessen einen weiteren Feuerwhiskey. Wie viele es mittlerweile waren, konnte nicht einmal sie mehr sagen. 

Mit besorgten Minen kehrten die vier in ihre Gemächer zurück, wo die beiden Übeltäter von Hermine ins Bett gesteckt wurden. 

Severus hingegen ging ins Wohnzimmer, wo er sich in seinen Sessel setzte. 

Als Hermine das Wohnzimmer betrat, fand sie ihren Mentor zusammengesunken dasitzen, das Gesicht in beiden Händen vergraben. Sie sah sie nicht den alten, stets griesgrämigen Professor für Zaubertränke, sondern einen verzweifelten Mann. 

Sie lief zu ihm herüber und setzte sich auf die Couch neben seinem Sessel. 

„Severus, ich bin mir sicher, dass es für alles eine logische Erklärung gibt."

Daraufhin setze er sich auf und erlangte wenigstens etwas Haltung. Er lehnte sich zurück, verschränkte die Arme über der Brust und überschlug die Beine an den Knöcheln. 

„Die einzigen logischen Erklärungen, die ich momentan sehe, sind entweder, dass es um einen anderen Mann namens Severus geht, Madam Pince komplett den Verstand verloren hat, oder dass meine Mutter nach all den Jahren noch immer lebt. Ich hoffe, dass es Möglichkeit eins oder zwei ist. Ich wüsste nicht, was ich machen würde, wenn es Nummer drei wäre."  Sein Tonfall war dunkel und Hermine wusste, wie ernst es ihm war.

„Ich habe in dieselbe Richtung gedacht, um ehrlich zu sein."

Eine Weile verging, in der keiner der beiden etwas sagte.  

Als das Feuer im Kamin fast abgebrannt war, fragte Hermine: „Könntest du vielleicht auf die beiden aufpassen, während ich noch einmal zu Minerva gehe? Ich habe sie zwar gerade ins Bett gebracht, aber bei unserem Glück stellen die beiden gleich wieder irgendetwas an."

Er sah sie fragend an.

„Ich muss mit ihr reden. Irgendetwas nimmt sie sehr stark mit und ich mache mir ehrlich gesagt Sorgen um sie. Sie ist immer für alle da und hört jedem zu, doch niemand ist für sie da, wie mir scheint. Ich denke, es ist Zeit, dass wir ihr helfen und etwas zurückgeben." Ihr Blick war traurig, aber auch entschlossen.

„Ich weiß, was du meinst. Geh nur, ich bleibe hier und halte die Stellung."

Er lächelte. Eine kleine Geste, die Hermine absolut nicht erwartet hatte. Doch genau das machte es für sie noch besonderer.

Mit einem Lächeln ihrerseits verließ sie die Wohnung durch den Kamin.




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