Kapitel IX

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„Minerva!", rief Severus, als sie aus dem Kamin traten und er sich und seinen Patensohn abstaubte.

„Severus? Was ist denn bei dir los? Es ist 20 Minuten nach sechs. Am Morgen, wohlgemerkt. Wie kommst du denn auf die Idee, so hier rein zu stürmen und eine alte Hexe wie mich zu erschrecken!"

Gerade als Severus dabei war, ihr eine bissige Antwort zu geben, flammte der Kamin wieder auf und Hermine betrat das Büro mit Harry auf dem Arm.

„Bei Merlins Bart, Miss Granger. Kommen da etwa noch mehr, oder kann ich mich wieder entspannen?", fragte sie, in einen Morgenmantel mit Schottenmuster gekleidet. 

Hermine sah ihre Professorin zwar etwas verwundert an, dachte sich aber nichts weiter dabei und trat neben Severus.

„Nun, was bringt euch zwei denn dazu, um diese Uhrzeit mit zwei Kleinkindern durch das Schloss zu jagen?"

Die alte Hexe setzte sich mit einem tiefen Seufzen hinter ihren großen Schreibtisch und forderte ihre Besucher auf, es sich ihr gegenüber gemütlich zu machen.

„Wir haben heute früh festgestellt, dass die beiden über Nacht gewachsen sind. Zudem waren sie auf einmal in der Lage, ein paar Worte annähernd zu sprechen. Wachstum und Entwicklung sind in dem Stadium normal, aber nicht in diesem Ausmaß", erklärte Severus, während er versuchte, einen sich windenden Draco auf seinem Schoß zu halten.

„Das ist wirklich äußerst interessant und eine sehr nützliche Information. Ich werde gleich die Weasleys und die Parkinsons benachrichtigen", seufzte Minerva, die ihre ehemaligen Schüler müde aber dankbar und mit einer Spur Mitleid ansah.

Während Severus mit Draco beschäftigt war, hatte Harry es sich zur Aufgabe gemacht, mit seinen plumpen Händen Hermine möglichst stark an den Haaren zu ziehen. 

Nach einer Weile des Kampfes gaben beide auf und setzten ihre Schützlinge auf dem Büroboden ab.

Hermine und Severus beobachteten die beiden, die erst über den Boden krabbelten und sich dann versuchten, an allen möglichen Gegenständen hochzuziehen und letztendlich zum Stehen zu kommen.

Unbemerkt von den jüngeren war Minerva aufgestanden und zu ihrem Schnapsregal gegangen, sich eine Kristallkaraffe mit Feuerwhiskey herausnehmend. 

Als sie sich etwas einschenkte, murmelte sie: „Irgendwie muss ich jetzt erstmal klar denken. Irgendwo auf der Welt ist es eh nach fünf Uhr nachmittags." Nur wenig später schluckte sie die brennende Flüssigkeit hinunter, was ihr fragende und besorgte Blicke einbrachte.

„Minerva, was ist los? Du siehst erschöpft aus und seit wann trinkst du Alkohol so früh am Morgen? Irgendetwas stimmt nicht. Ich höre", forderte Severus, so höflich und charmant wie eh und je.

Minerva füllte sich ihr Glas erneut auf und setzte sich in ihren Bürostuhl.

Erst nachdem sie auch dieses Glas geleert hatte, setzte sie zu einer Erklärung an.

„Letzte Nacht haben Poppy und ich ein paar Nachforschungen in der Bibliothek angestellt. Ihr müsst wissen, dass wir Madam Pince in den Krankenflügel bringen mussten, weil sie in der Bücherei von einer Leiter gefallen war. Sie war ziemlich mitgenommen und hat viel wirres Zeug von sich gegeben."

„Was hat sie denn so gesagt?", fragte Hermine, die natürlich mehr als neugierig war.

Nach einer Weile antwortete die ältere Dame: „Sie hat häufig Sachen wiederholt, wie: ‚Lass Severus in Frieden, er hat nichts getan'. Das ist zumindest der Teil, den wir verstanden haben. Trotzdem haben wir uns natürlich gefragt, wen sie wohl gemeint hat, da uns nur ein Severus bekannt ist. Die Bibliothek war in der Hinsicht nicht sehr ergiebig, also warte ich jetzt, dass Poppy mir sagt, dass sie wieder bei klarem Verstand ist und wir sie ausfragen können."

FreiWhere stories live. Discover now