"Jetzt erklär mir das mal", forderte ich, "Sollte ich dich kennen?"
Im nächsten Moment hoffte ich, das nicht gefragt zu haben. Wenn die Antwort 'Ja' lauten würde, konnte das durchaus peinlich werden.
"Hm kommt drauf an", grinste er hinterhältig und musterte mich interessiert, "ich bin in so einer Band."
Obwohl ich gerne Musik hörte und auch nicht soo abgetrennt von der Außenwelt und Medien war, musste ich zugeben, dass es trotzdem nicht bei mir klingelte.
Obwohl, ... da war was.
"Sunrise Avenue oder?", erinnerte ich mich und warf die Erklärung hinterher, "Hab deinen Bildschirmhintergrund gesehen."
Er stöhnte verstehend auf und nickte: "Genau. Der Rest der Band kommt später."
"Seid ihr sehr bekannt?", fragte ich neugierig weiter und legte die Bierdeckel Rand auf Rand.
"Es geht, ein wenig in Finnland, ein bisschen in Europa ..." Der Herr war ja sehr bescheiden!
" 'Ein bisschen in Europa' heißt dann wahrscheinlich die volle Ladung, oder? Fast alle Länder, ausverkaufte Konzerte und kreischende Mädchen, hab ich recht?", mutmaßte ich weiter.
Samu verzog abschätzend das Gesicht und begann wieder mit den Händen zu gestikulieren: "Ja nein, also wie soll ich ... Moment, Elly und du tust so, als ob du uns nicht kennst? Das war doch gerade nicht wirklich geraten?" Sein skeptischer Blick traf mich, da ich mit meinen Mutmaßungen vermutlich genau ins Schwarze getroffen hatte.
"Wenn du das meinst, muss ich dich leider enttäuschen, das war es. Gute Menschenkenntnisse und so", flunkerte ich zwinkernd und tat einfach mal so, als würde es stimmen.

Ein Klingeln unterbrach unsere Unterhaltung an der richtigen Stelle.
"Entschuldige mich, das ist meins." Damit verschwand Samu kurz und nahm den Anruf an.
Ich überlegte, was noch zu erledigen war, jedoch fiel mir nichts wirklich ein. Weil ich aber auch nicht auf Samus Rückkehr warten wollte, ging ich nochmal die Bestellungen durch und verschwand im Büro um sie an die Lebensmittel- und Getränkefirmen zu faxen.

Ein Gegröhle aus der Gaststube heraus ließ mich schnell zurückeilen. Wie es schien waren 'die Jungs' da.
"Kann ich euch helfen?", fragte ich höflich, da ich nicht ganz sicher war, ob sie wirklich zu Samu gehörten.
"Hey, du bist bestimmt die, dessen Auto der Haber geschrottet hat!", 'begrüßte' mich ein braunhaariger Lockenkopf. Sie gehörten also zu Samu.
Alle lachten schadenfroh los, wobei die Lache eines blonden Mannes besonders heraustrat. War ja 'ne heitere Truppe.
"Also seid ihr Samus Sippe?", entgegnete ich, "Der müsste gleich wiederkommen."
Die Bande jubelte über meine Ausdrucksweise, was ein paar Blicke der Gäste auf sie zog.
"Kommt bitte mit, wir sollten die Leute nicht stören." Somit führte ich sie in den Hinterhof, wo auch Samu stand und gerade auflegte.

Er hatte mich wohl gehört, denn er fing an zu reden, obwohl sein Rücken uns noch zugedreht war: "Ich habe grade noch was mit der Versicherung besprochen und ..." Er drehte sich um und lachte auch freudig auf, bevor er mit allen rasch einschlug: "Da seid ihr ja!"
Dann wendete er sich ganz sachlich wieder mir zu: "...und ich werde morgen hinfahren und mit den Tanten da mal reden ... Übrigens, Leute, das ist Elly ... Ehm, also Elina."
Ein einstimmiges "Hey Elly" kam von den strahlenden Gesichtern.
"Also das ist Sami", Samu zeigte auf einen blonden Mann, der mich etwas an einen Teddy erinnerte, im netten Sinne, "Nussknacker Raul ...", ein Herr mit Glatze, "Riku Random", der der mich so 'nett' begrüßt hatte, "Und Jukka, unser Produzent." Das war der mit der aufälligen Lache.
"Ach, wie die Palme", bemerkte ich grinsend, wozu Jukka schmunzelnd zustimmte, "Naja, Kann ich mir zwar nicht alles sofort merken aber okay", gab ich kund und bat ihnen allen ebenso etwas zu Trinken an.

"Elina wo ist me... Wer ist das denn bitte alles?" Aada kam in den Hinterhof gestürmt und beäugte uns interessiert. Das Lachen der Jungs war verstummt.
"Das sind meine Bandkollegen, Leute, das ist Adda, Elinas ehm ..."
"Aada", korrigierte ich erneut und half ihm: "Stiefschwägerin."
"Stiefschwägerin!", bestätigte Samu.

"Bandkollegen? Ach ja, Veera hat da was erwähnt!"
Mich wunderte es etwas, dass Aada die Band nicht kannte. Möglich war aber auch, dass sie nur so tat, um ihre Chancen bei Samu zu erhöhen, an den sie sich im Übrigen sofort wieder ranschmiss.

"Lass mich wissen, wenn du was brauchst, ja?" Holla the forest fairy!
Die Funken spürten von ihr aus nur so gen Samu und ich meinte ein Glitzern in ihren Augen zu erkennen.
Samu zog die Augenbrauen hoch und musterte sie von oben bis unten. Sein Blick war auch nicht gerade zweideutig.
Der verführerische Ton, den Aada aufgelegt hatte, zwang ihn und sogar mich zum Schlucken.
Die Jungs bemerkten das wohl, denn sie pfiffen alle beifallend und anerkennend durch die Zähne. Kinder der Traurigkeit waren sie wirklich nicht.
"Nein danke Adda, aber Elly hat meine Wünsche bereits erfüllt", zwinkerte er zurück und ließ sich nichts weiter anmerken.
"Aada", korrigierte ihn nun sie höchstpersönlich.
"Sagte ich doch."
"Elly?", fiel nun auch Aada auf. Der Spitzname war einfach nicht geläufig.
Samu klimperte ihr gespielt entgegen: "Mir gefällt das, ist das falsch?"
Das ließ auch Aada verstummen; die wusste nicht, was sie antworten sollte und so verschwand sie wieder.
"Komische", murmelte Samu, worauf ich nur mit den Schultern zucken konnte. Na wenigstens erkannte er es.

"So Jungs, es ist gleich 19 Uhr, ich muss mal rein", erklärte ich und natürlich ließen sie es sich nicht nehmen, mitzukommen.
Ein paar Gäste waren schon da und es herrschte eine angenehme Stimmung.
Sobald die Bande sich in die Raucherecke gesetzt und das erste Bier bestellt hatte, kam auch schon Veera angedackelt und unterhielt sie auf ihre Weise.
Samu war der Einzige, der sie nicht so begnügt beobachtete und hin und wieder traf sein Blick auf mich. Immer lächelte er.

Aada tingelte auch irgendwo rum und setzte sich zu einigen Stammgästen, die nach und nach eintrudelten, natürlich männlichen Geschlechtes.
Joel stand hinter der Theke und auch Henri war dazugekommen.
"Elina, hallo", begrüßte er mich, "Sag mal, ich habe gehört ein paar Berühmtheiten treiben sich hier wegen dir rum?"
Er drückte sich immer recht gewählt aus; wahrscheinlich um zu vertuschen, dass er garnicht so ein helles Köpfchen war. Henri war trotzdem der einzige der Sippe, der okay war. Zwar nicht gerade helle, aber okay.
"Ja ich habe den Sänger kennengelernt und jetzt ist der Rest auch da. Ach und würdest du die Bestellung an Tisch 5 erledigen, bitte?" Ich wollte garnicht viel über Sunrise Avenue reden und zum Glück folgte Henri meinem Wunsch und machte sich auf. Einige Sekunden später kam er zurück: "Da sitzt niemand."
Tatsächlich, oups.
"Sorry, vier meinte ich, Tisch 4. Ich hab' mich versprochen."
Henri sah mich ungläubig an und schon wuchsen seine Augen zu der doppelten Größe heran: "Elina du hast dich versprochen? An wen denn? Herzlichen Glückwunsch! Etwa mit einem der Bandmenschen dort? Ich wusste, du findest jemanden! Aber Elina? Bist du dir sicher, dass es keine Probleme wegen ... Mikka gibt? Und Henna, was ist mit ihr?" Die Flut der Wörter ließen mich fast darin ertrinken und ich tat mir schwer, ihn zu unterbrechen: "Henri, Henri, pssscht, warte mal! Ich hab mich nicht versprochen", klärte ich ihn auf und schüttelte bei seiner Antwort den Kopf.
"Warum nicht, ist er doch nicht der Richtige?" Sein mitleidiger Blick traf mich.
Wie gesagt, der Hellste war er nicht.

"Veera bring uns bitte noch ein paar Bier, ja?", hörte ich Samus Stimme. Nicht, dass er laut geredet hatte, aber irgendwie stach diese Stimme heraus.
Ich brauchte garnicht weiter hinzuhören um zu wissen, dass Veera sofort angestürmt kam und mir befahl, eine Runde Bier zu den Jungs zu bringen.
Na ja, dann hatte ich wenigstens die Chance nochmal mit lustigen Gästen zu reden. Der Rest bestand aus älteren Paaren und für die anderen Stanmgäste war es noch zu früh.
"Wer kriegt alles eins?", fragte ich grinsend in die Runde und stellte die Getränke ab.
Samu schüttelte enttäuscht den Kopf und wandte sich an Veera, die hinter mir stand: "Veera, ich wollte so gern von die bedient werden."
Beleidigt sah ich ihn an; hieß das er wollte nicht, dass ich ihm die Bestellungen brachte?!
Jedoch zwinkerte er mir schon zu und falls das, was ich dachte, sein Plan gewesen war, schien er zu fruchten.
"Oh Samu, natürlich, tut mir leid", so Veera.

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Herzlichen Dank an die nette Leser, Voter is Reviewer!
Freue mich sehr und hoffe dass dieser Teil genauso gefiel!
Ihr könnt mich gerne eure Meinung wissen lassen.

Einblick in Kapitel 5:
Es war ewig her, dass ich neben jemanden so aufgewacht war.

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