Shattered Hearts

Chapter Fourteen

Als ich bereits in Richtung des Badezimmers gehe, lässt er sich auf das Bett nieder, nicht ohne seinen Blick von mir zu nehmen, was mich meine Stirn in Falten legen lässt.

»❃«

"Du hättest mich nun wirklich nicht fahren müssen." Wiederhole ich mich zum dritten Mal – dieses Mal nur zum letzten Mal, da er bereits auf den Schulhof abbiegt. "Und ich werde da wieder nicht drauf antworten." Mein Mundwinkel zuckt nach oben, ehe ich einen Blick auf das Gebäude werfe. Die meisten Schüler sind bereits drinnen, da der Unterricht in wenigen Minuten beginnt, allerdings ... allerdings kann ich mich gerade selbst nicht motivieren auszusteigen.

Mein Kopf fällt gegen den Sitz, als ich wieder ihn anschaue, während meine Hand von der Tür gleitet. "Was war –" Was war das heute morgen, Lio? Sage mir das du das auch gespürt hast und das ich nicht das prüde und unerfahrene Mädchen, dass jeder glaubt welches ich sei. Das ich glaube welches es ist. Aber so sehr wie ich nicht aussteigen kann, so sehr schaffen es die Worte nicht über meine Lippen. "Was ist das für eine Wunde?" Die Wunde auf der ich eine Gänsehaut habe entstehen lassen. Die Wunde die sich unter seinem flachen Atem verschloss. Die Wunde die so kurz vor seinem Tattoo endete. Meine Gedanken verwirren mich selbst so sehr, dass sich eine tiefe Furche zwischen meinen Augenbrauen bildet und ich weggetreten auf das Radio Display schaue.

"Ist das wirklich deine Frage?" Mit geröteten Wangen lasse ich meinen Blick wieder zu ihm gleiten. Ich nicke. Auch wenn ich eigentlich viel lieber meinen Kopf schütteln wollen würde. Auch wenn ich eigentlich keine Antwort auf nur eine meiner Fragen erwarte.

Dennoch lässt Lio seinen schweren Atem entweichen und legt seinen Kopf an die Stütze des Sitzes. "Ich sollte von irgendeinem Schwachkopf am Samstagabend Lösegeld einfordern. Bevor ich meine Waffe ziehen konnte, hatte er bereits sein Messer gezückt." Zufall. Es ist leidlich ein Zufall, dass das Tattoo nicht– "Ich wollte mich erst gar nicht wehren." Blitzschnell verstummen meine Gedanken wieder. "Aber er hätte fast dein Tattoo ruiniert." Ein humorloses Lachen gleitet über seine Lippen, während seine Worte irgendetwas in mir auslösen. Und es gefüllt mir gar nicht, wie mein Bauch rumort. Aber dennoch – er hat so oft schon gesagt, dass es mein Tattoo ist. Das welches auf seinem Körper ist, ist meins. Symbolisch, metaphorisch, wort-wörtlich mein Tattoo. Nur dieses Mal spüre ich kaum mehr meine Beine, durch das absurde kribbelnde, taub Gefühl.

"Wieso wolltest du dich nicht wehren." Sein Kopf fällt zur Seite, sodass er mich wieder anschaut, während er eine Hand über die Mittelkonsole streckt und die meine auf meinem Schoß umfasst. "Weil der Schmerz mich daran erinnert, was man dir oder Charlie antun könnte."

"Du hast dich nicht gewehrt, weil du glaubst, dass du es verdient hättest." Mein Ton ist bitter, doch das Schweigen ist Antwort genug, sodass ich nach vorne blicke. "Du hast das Beste verdient, Lio. Das was dich glücklich macht." Sein Griff um meine Hand wird fester – trauriger. "Dann weißt du ja, wie es mir mit dir geht." Freudlos lächle ich die Weite an, als sich die Stille wieder zwischen uns legt und die letzten Schüler ihre Autos einparken.

Auch wenn ich es ungerne zugebe, aber darunter fällt auch Cohen, der bei den Footballern hält. Ich hoffe einfach nur, dass er mich jetzt gerade nicht erkennt, da Lio ihn bereits aus zusammengekniffen Augen beobachtet.

"Wusstest du, dass ..." Hitze kriecht meinen Hals hinauf, als ich meine Füße fixiere und meine Haare damit vor mein Gesicht fallen lasse. "Ich habe dich angelogen. Damals." Mein Geständnis bringt ihn wenigstens dazu, von Cohen wegzuschauen und mich dafür zu fixieren. "Der Austausch. Es gab keinen Jungen – sie hatten kein Interesse an mir, nicht einmal die Austauschschüler." Meine Augen schließen sich leicht, damit ich ruhig zu Atem komme. Allerdings reißen sie sich genauso schnell wieder auf, als er schallend zu lachen beginnt. So ehrlich und locker, dass es selbst mir wieder ein sorgloses Lächeln auf die Lippen bringt und ich es wage meinen Kopf zu heben.

"Ich habe mich schon gewundert, wann du mit der Wahrheit rausrückst." Erneut ein Lachen, dass mein Herz schwer in meiner Brust liegen lässt. Dennoch rast es bei seinen tückischen Worten. "Du wusstest es und hast dennoch nichts gesagt?" Zwar klingt seine Lache ab, aber dafür bleibt das breite Grinsen. "Dalia du bist eine schreckliche Lügnerin. Du warst wütend und auch wenn es dir erstaunlich einfach rausgeplatzt ist, so haben deine Augen dich verraten."

Seine Mundwinkel ziehen sich wie Blei nach unten, als Stille zwischen uns einkehrt.

"Tut mir leid, dass ich dein erster Kuss war." Ich glaube ich übergebe mich gleich bei meinem wirbelnden Magen. Um mich irgendwie von ihm, seinen Worten und meiner Röte abzulenken, beiße ich mir auf die Wangeninnenseite. "Das ... war doch sicherlich kein Kuss. Ich meine – wir waren beide zu erstarrt und vor allem zu geschockt." Er hätte mich auch gleich wegstoßen können. Ich hätte alles dadurch zerstören können, also kann ich mich ziemlich glücklich schätzen, dass der Kuss keine weiteren Ausmaße hatte. "Dann tut es mir noch mehr leid." Die Aufrichtigkeit in seiner Stimme lässt mich träge meinen Mundwinkel nach oben ziehen und seinen festen Blick erwidern. "Das muss es nicht. Ich glaube – ich glaube ich bin froh, dass du es warst." Keine Ahnung was ich da rede, aber meine Stirn ist bereits so verdächtig in Falten gelegt, dass ich diese Ahnungslosigkeit ausstrahle.

Nur scheint Lionel das nicht sonderlich zu bemerken oder zu beachten. Seine Lippen stehen ein Spalt geöffnet, als würde er etwas dazu sagen wollen, bringt aber selbst keinen Ton raus. Dafür aber zuckt sein Blick von meinen Augen zu meinen Lippen und verweilen dort für einen Augenblick. Einen Blinzelschlag, der mich den Atem anhalten lässt. Der mich zittern lässt. Der mein Herz rasen lässt. "Du solltest in den Unterricht." Sein rauer Ton löst einen Schauder über meine Wirbelsäule aus, als er den Blick von meinen kribbelnden Lippen löst und mir wieder in die Augen schaut. Härter als zuvor. Verschlossener und spätestens das ist der Moment in dem mir bewusst wird, dass ich nicht die einzige bin, die all das verspürt. Ich habe mir nichts eingeredet oder mich in etwas reingesteigert.

Aber ich bin auch nicht die einzige, die das alles nicht wirklich möchte. Ich bin nicht die einzige die, die Gefahr dessen kennt.

Ich greife nach meiner Tasche und schultere sie als ich aussteige und Cohens Blick begegne, der jetzt erst selbst von seinem Auto über den Parkplatz kommt. Er schaut von mir zu Lio und dann wieder zu mir, bevor er stehen bleibt. Ein eindeutiges Zeichen das er wartet, auch wenn ich am liebsten einfach nur alleine sein möchte, damit ich meine Gedanken irgendwie sortieren kann.

Da meine Finger noch in Lios Hand liegen, ist es ein leichtes mich daran wieder zu ihm zu ziehen. Seine Hand schlingt sich in meinen Nacken, während er sich selbst vorlehnt und mein Atem endgültig versagt, weil ich denke, dass er mich küssen möchte. Weil ich es denke, er es allerdings nicht tut. Stattdessen platziert er seine Lippen an meinem Ohr, als würde er mir ein Geheimnis verraten. Ich kann mich nicht entscheiden ob ich meinen brennenden Körper aus seinen Berührungen ziehen oder auf ewig hier verweilen möchte.

Freundschaft oder anders?

"Du rufst mich an oder schickst mir eine Nachricht, sobald du ein komisches Gefühl hast." Sein gepresster Ton lässt mich erahnen, wie schwer ihm der Gedanke von mir und Cohen im Magen liegt. "Und bitte sei vorsichtig." Es wäre so einfach, wenn seine Augen nicht so flehentlich sprechen würden. Dennoch nicke ich, ziehe mich aus seinem Griff und steige aus dem Auto. Steige aus und schließe die Tür. Schließe die Tür und unterbreche unseren Blick. Unterbreche unseren Blick und schaue zu Cohen.

Freundschaft oder anders – was ist es mir Wert, all das zu riskieren und noch mehr von unserer Freundschaft zu verlieren?

»❃«

Tja Dalia, was ist es dir Wert?

Sie bemerken es nun wenigstens selbst, dass die Freundschaft auf Messerschneide steht.

Was glaubt ihr wie das Date morgen mit Cohen läuft? Gut, schlecht? Katastrophal?